Kurzgeschichte
Ich will ICH sein!

Ich betrachte die Tafel vor mir. Meine Lehrkraft schreibt irgendetwas an, doch ich sehe nur verschwommenes Weiß… Mein Körper sitzt auf diesem Stuhl, in diesem Raum, in dieser Schule, aber mein Geist fliegt draußen einer Schneeflocke gleich. Wie schön ein Leben als kleiner Eiskristall sein müsste… Ich würde frei durch die Luft segeln… Nur ein paar Stunden leben… Die Zeitspanne wäre viel zu kurz, als das irgendjemand mich verletzen könnte…! Ich wäre endlich einmal frei. Nur der Wind würde mich tragen. Nichts mehr hätte eine Bedeutung… Und wenn nichts eine Bedeutung hätte, dann wäre auch nichts mehr wichtig. Und wenn nichts

wichtig ist, dann hat auch nichts eine Bedeutung. Weder Freude, noch Trauer, nicht Sicherheit, noch Gefahr… nicht Spaß oder Langeweile… weder Liebe noch Schmerz… nicht leben noch sterben…

Manchmal wünschte ich, ich wäre ein Schmetterling.

Ich wünschte mir, wie ein Adler über den Wolken zu schweben.

Einfach an einen Ort zu fliegen an dem all‘ meine Probleme vergessen wären…

Wie gern würde ich die Gitterstäbe auseinanderbiegen und entfliehen!

So oft wünschte ich, dass ich einfach alle Qual vergessen könnte.

Ich wünsche mir alle Ketten zu sprengen.

Ich will doch einfach nur einmal frei sein!

Nur einmal der Sonne entgegenlaufen.

Frei wie der Wind durch die Bäume gleiten.

Wie ein wilder Löwe über den Savannenboden preschen, ungezähmt.

Nur einmal tun, was ich will, nicht was ihr möchtet, das ich tue…

Laufen, rennen, springen, nicht eingefroren sein.

Mich nicht an eure Regeln halten…

An eure in Stein gemeißelten Gesetze, die

Regeln verwerfen.

Manchmal wünschte ich, ich wäre ganz alleine auf dieser Welt.

Der einzige Mensch in der Stadt, alles für mich allein, so wie ich es will.

Dann könnte ich sein, wie ich bin!

Müsste mich nicht mehr verbiegen!

Ich will frei sein! Ich will ich sein! Lasst mich sein, wie ich bin! Lasst mich einfach in Ruhe!

Ich will frei sein! Ich will ICH sein! Nehmt es hin, dass ich bin, wie ich bin!