Kurzgeschichte
Im Schatten der Sphinx - ein Märchen

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"Die Dünen verändern sich mit dem Wind, aber die Wüste bleibt dieselbe." Paulo Coelho"
Veröffentlicht am 06. November 2012, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: fleur de la coeur
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

"Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkeln." Wilhelm Busch Habe hier 2010 mit Gedichten begonnen, aber das meiste davon ist für mich inzwischen passé. Man lernt auch als Großmutter nicht aus ;-) Bin in der DDR aufgewachsen, immer berufstätig gewesen, links orientiert. In zweiter Ehe verheiratet, gehören zu meiner Familie drei Enkelinnen. Den Nick "Fleur de la coeur" hat seinerzeit meine Freundin Seelenblume ...
Die Dünen verändern sich mit dem Wind, aber die Wüste bleibt dieselbe." Paulo Coelho

Im Schatten der Sphinx - ein Märchen

Einleitung

Storybattle 19

Thema: Der Hades


Im Schatten der Sphinx passiert so vieles - doch alles ist menschlich und manchmal auch märchenhaft ... Mag sich jeder unter dem Abgrund der Seele vorstellen, was er will. Vielen Dank der Jury, hätte nicht gedacht, damit auf dem Treppchen zu landen ....

Im Schatten der Sphinx

Ein Märchen

Sie weiß bis heute nicht, was genau es eigentlich zwischen ihnen war, das sie so aneinander fasziniert hatte. War es das un- glaubliche Gefühl der als schon seit Urzeiten gespürten gemeinsamen Herzensheimat oder eher der Kontrast zwischen Nord und Süd, heiß und kalt, Sonne und Eis?

Damals hatte sie ihr schicksalhaftes Zusam-mentreffen in Ägypten, unter der Sphinx, für einen unerhörten Glücksfall gehalten, war bereit gewesen, gemeinsam mit ihm die

höchsten Berggipfel zu erklimmen, die tiefsten Meere zu durchtauchen, auf Wolke sieben Tango zu tanzen, selbst in fernen Galaxien zu verglühen… Doch stattdessen hatte er sie ganz allmählich – Schritt für Schritt - in den Hades geführt…

Schon nach kurzer Zeit ihrer Bekanntschaft war es so klar - wie die Flamme eines Gas- brenners -, dass ihre beiden Seelen sich zwar in gemeinsamen Sehnsüchten verschwistert, sich auf mystische Art miteinander verbandelt hatten, jedoch ihre Lebensuhren recht unterschiedlich tickten. Er war ein aufgeklärter, glutäugiger, galanter und sehr romantischer Fürstensohn aus dem

Morgenland, der ständig seine Bildung und Weltläufigkeit heraushängen ließ. Sie - eine eher zurückhaltende Nomadentochter aus einer abgelegenen grönländischen Provinz, mit sehr viel hintergründigem Humor, den er meistens nicht verstand, war in wesentlich geringerem Maße an der Präsentation ihres ebenfalls recht fundierten Wissens interessiert. Andere Werte und Interessen erschienen ihr wichtiger. Es störte sie nicht, dass sie ihm zu „unakademisch“ erschien. Und so fanden ihre zärtlichen, doch zuneh- mend auch streitbaren Rendezvous unter ständigem Wetterleuchten der Gefühle statt. In den langen, heißen Nächten, wenn er ihr seine Seele öffnete und nicht genug von ihren

innigen Zärtlichkeiten bekommen konnte, fühlte sie sich wie mit einem rasenden Fahr- stuhl in den siebenten Himmel gehoben. Doch gab es auch diese kühlen Zeiten seiner Gleichgültigkeit, die ihr wie ein Absturz in einen zunehmend vereisenden Underground-gletscher erschienen. . Vertrauensvoll hatte sie sich in seine Hände begeben, doch er behandelte sie mehr und mehr wie eine Freizeitsoldatin, die sich aus- schließlich an seinen - als Wünsche verpack- ten - Befehlen zu orientieren hatte. Allein nach seinem Belieben wurde sie von ihm gemaßregelt, mit Nichtachtung gestraft oder auch gelegentlich mit ein paar Nettigkeiten – wie Treuemedaillen für tapferes Ausharren –

belohnt. Stetigkeit der Gefühle, Einhalten von Versprechen – das alles gab es von seiner Seite nicht. Und dann war ja da auch noch sein Schneckenharem, der ihm auf breiter Schleimspur folgte …. So hätte es ewig mit ihnen weitergehen kön- nen, und sie vermochte oft nicht zu sagen, ob sie gerade glücklich oder traurig war, so schnell konnte das Empfinden umschlagen. Doch ihr Herz, das ihm wie keinem anderen Menschen zugetan war, das in so vielen Trä- nenmeeren bis zur aufweichenden Dünnhäu- tigkeit gebadet hatte, wurde allmählich wie im ewigen Eis trocken gelegt, während sie zu- sehen musste, wie er sich ständig weiter von ihr entfernte.

Eines Tages wollte sie wieder einmal die Notbremse ziehen, um von diesem Zug ins Nirgendwo endgültig abzuspringen. Doch er kam ihr zuvor, indem er ihr Styx, den Toten-fluss, in dem er unvermittelt - ohne jede Er- klärung - versinken wollte, an ihren Seelen- himmel beamte. Es wurde finstere Nacht um sie, mit Bildern - so kalt und grauenhaft, dass sie selbst in ihren Träumen blutige Rosen aus seinem toten Mund wachsen sah…

Angesichts dieser schrecklichen Visionen war sie viel zu traurig, um noch weinen zu kön- nen. Die Schreie des schwarzen Terrorvogels überschatteten ihr Leben, während er sich längst wieder von Styx abgewandt und sein

Beduinenzelt am besonnten Ufer einer überaus zierlichen und anmutigen Harems-prinzessin aus tausendundeiner Nacht auf-geschlagen hatte. Lange konnte sie nach diesem schmerzvollen, unauslöschlichen Blick in seine Unterwelt keine Ruhe mehr finden, doch jetzt – nach ihrer Heimkehr unter die unendliche Weite des grönländischen Himmels - ist auch ihr Seelen-firmament endlich wieder aufgeklart. Man mag sich fragen, was ihn wohl zu der- artigem Verhalten veranlasst haben könnte. Es blieb nur sein rätselhaftes Schweigen – gleich dem der Sphinx, unter der die Gschichte ihren Anfang genommen hatte ...

Für sie war, ist und bleibt alles nur ein Märchen. Es war einmal ….. © fleur 2012

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Hörbuch

Über den Autor

FLEURdelaCOEUR
"Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkeln."
Wilhelm Busch

Habe hier 2010 mit Gedichten begonnen, aber das meiste davon ist für mich inzwischen passé. Man lernt auch als Großmutter nicht aus ;-)
Bin in der DDR aufgewachsen, immer berufstätig gewesen, links orientiert. In zweiter Ehe verheiratet, gehören zu meiner Familie drei Enkelinnen.

Den Nick "Fleur de la coeur" hat seinerzeit meine Freundin Seelenblume für mich ausgesucht. Er hat nichts mit der Gestalt aus den Harry-Potter-Büchern Fleur Delacour zu tun.

Inzwischen bin ich im letzten Lebensquartal angelangt, da küsst mich die Muse nur noch selten. ;-(

mariewolf43@gmail.com

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KaraList Liebe Fleur,
was für eine Überraschung ... eine Geschichte von Dir. :-)
Sie gefällt mir gut. Ein interessanter Handlungsort, Protagonisten aus unterschiedlichen Kulturen, den Fluss aus der griechischen Mythologie und eine enttäuschte Liebe ... der Stoff für ein trauriges Märchen.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Liebe Kara,
dass das Märchen traurig war, lag an der HADES-Vorgabe, ich als Autorin war es beim Schreiben - und auch danach - keineswegs. Im Gegenteil. Es hat mich sehr amüsiert, dass die " Haremsdame" sich hier sogar mit einem löblichen Kommi verewigt hat.;-)
Ich denke mal, die Sätze waren zu lang. Dir liegt das Schreiben von Prosa besser.
Ganz lieben Dank für alles und Abendgruß,
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
derrainer Liebe fleur
Man kann viel erklären, viel erzählen
Es ist einfacher das Weltall , als die liebe zu erklären,
Eine schöne Geschichte
Lieben Gruß zu dir Rainer
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Ja, du hast Recht, man kann sie eigentlich nicht erklären. Und mitunter vergeht sie auch irgendwann wieder, so plötzlich, wie sie gekommen ist ... Das Leben normalisiert sich und macht Platz für neue Gefühle.
Lieben Dank und Gruß zu dir, lieber Rainer,
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Ein Märchen von dir - wie schön, liebste Blume.
Du erzählst es sehr realistisch und modern, was mir sehr gut gefällt.
Manchmal wird die große Liebe eben nicht mal im Märchen wahr. Schade!
Die Absichten oder Beweggründe waren offensichtlich zu verschieden. Vielleicht hat sie sich blenden lassen? Er wollte vielleicht noch eine mehr von vielen?
Wer weiß ...
Ich wünsche dir jedenfalls einen märchenhaften Abend und grüße dich lieb.
Deine Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Liebste Sabine,
ich freue mich sehr, dass es dir auch gefällt und danke dir herzlich. An deinen Vermutungen könnte sicher was dran sein, aber dieses Märchen ist längst vorbei, es war einmal ... ;-))
Und mancher ist gut bedient, wenn sich ein sehnsüchtiger Wunsch am Ende nicht erfüllt, schrieb mir vor langer Zeit mal eine 18jährige Schülerin. ;-)
Ich wünsche dir auch einen schönen Abend und grüße dich ganz lieb zurück,
deine Märchenblume
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Liebe Fleur,
natürlich möchte ich nach dem Warum fragen, nach ihren Beweggründen, sich in diese abhängige Liebe zu begeben, die sie letztlich nur verletzen kann.
Aber das ist müßig, so etwas wird man nicht ergründen können.

Vielmehr begeistert mich, wie bezaubernd du in deiner Bildsprache diesen Weg zeichnest, ein Weg, der den Leser mitnimmt, ihn fiebern und hoffen, aber auch die Traurigkeit und Melancholie spüren lässt.

Bleibt zu hoffen, dass sie die Abgründe seines Hades' als märchenhafte Traumsequenzen abhaken und die erlebten Glücksmomente in Erinnerung behalten kann.

Fantastisch, meine Liebe.
Enya

Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Liebe Enya, durch dein Märchen habe ich mich wieder dran erinnert ...
Selbst ein Psychologe, der das Ganze zufällig vom Rande her beobachtete, hat die Nomadin nicht von ihrer schmerzlichen Herzensverirrung zu diesem Narzissten abbringen können. Die "zierliche" Haremsdame, so wurde gemunkelt, soll sich später als eine Zweizentner-Walküre erwiesen haben ;-))
Ich danke dir sehr für alles!
Ganz lieben Abendgruß,
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre Liebe fleur
ich sage Chapeau
zu dieser großartig
verfassten Geschichte
lieben Gruß
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Danke, liebe Feedre, ich freue mich sehr!

Lieben Gruß zu dir
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
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