Journalismus & Glosse
Fünfter Mai, sechster Mai! Und dann?

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"Fünfter Mai, sechster Mai! Und dann?"
Veröffentlicht am 13. Mai 2012, 14 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.
Fünfter Mai, sechster Mai! Und dann?

Fünfter Mai, sechster Mai! Und dann?

Beschreibung

Da fehlte doch etwas. Haben Sie es bemerkt?

 

Macht vergessen eigentlich glücklicher? Das ist eine der Fragen, die aufkommt, denke ich über die politischen Meldungen, Reden und Ereignisse der letzten Tage nach. Und noch eine Frage drängt sich mir auf. Sind Schubladen das ultimative Ordnungssystem für Geschichtsschreibung, politische Entwicklungen und Redemanuskripte?

 

Also, da war der fünfte Mai. Der Tag, den Holland, als „Tag der Befreiung“ begeht. Zufällig, denn eingeladen war ja der Vorgänger, war unser aller Bundespräsident bei den offiziellen Feierlichkeiten dabei. Und er hielt, wie sollte es auch anders sein, eine Rede über Freiheit in Verantwortlichkeit. Das fiel ihm auch leicht, denn Holland wurde ja von den Guten, also den westlichen Alliierten befreit. Aber, er gedachte auch der Widerstandskämpfer, die zu dieser Befreiung von der faschistischen Besatzungsmacht beitrugen. Dass diese zum großen Teile Kommunisten waren, brauchte er nicht zu erwähnen, da die Holländer dies sowieso wissen, was ihm auch diese Floskel leicht machte. Ebenso war erleichternd, dass er nicht unbedingt von deutscher Besatzung reden musste, denn die Nazis hatten in den Niederlanden genug Kollaborateure, die die Drecksarbeit machten. Einer davon, soll noch in Deutschland leben.

Zwar ist er in Holland bereits zum Tode verurteilt, doch liefert ihn Deutschland nicht aus. Nein, nicht wegen der Todesstrafe, dann müssten wir ja auch unsere ganze Abschiebungspraxis in Asylverfahren prüfen, außerdem ist die in Holland längst abgeschafft, die Strafe also in lebenslänglich gewandelt. Nein, nein! Deswegen nicht. Aber der Verurteilte besitzt wahrscheinlich, möglicherweise die Deutsche Staatsbürgerschaft, was eine Auslieferung nach dem Grundgesetz verbietet.

Begrüßenswert fand Gauck, dass die deutsche Justiz eine neue Überprüfung des Falles zugesichert habe. Da kann der alte Mann ja noch hoffen, bei seinen neunzig Lenzen, denn schließlich sind die Mühlen der Deutschen Justiz nicht auf dem Stand derer, in italienischen Espressomaschinen verbauter. „Wir haben kein Interesse daran, Verbrecher zu schützen!“ tönte Gauck. Die Rechtsordnung müsse aber respektiert werden, fügte er an. Damit hat er unmissverständlich klar gemacht, die BRD respektiert ihre eigene Rechtsordnung, in diesem Fall schon seit neunzehn sechsundvierzig, als es sie noch gar nicht gab! Wenn das nicht lobenswert ist, was dann? Etwa Serbien? Das seine Kriegsverbrecher ausliefert, nur damit es in die EU darf? Dieser Vergleich hinkt natürlich gewaltig! Serbien will ja in die EU, die wir, also die Deutschen, mitbegründet und groß gemacht haben! Und wir Deutsche werden auch keinen Neuaufnahmeantrag stellen, sollten doch noch Kriegsverbrecher ausgeliefert werden.

 

Auf den fünften folgte, gesetzmäßig, der sechste Mai. Was für ein Tag! Wahlen in Frankreich, in Griechenland und sogar in Schleswig – Holstein.

Schleswig – Holstein war natürlich am wichtigsten! Hurra! Die FDP hat’s geschafft, sie ist wieder im Landtag! Der Deutsche ist doch nicht so dumm, er weiß sich auf alte Hüte … pardon … Werte zu besinnen. Und alle haben gewonnen, alle! Die CDU, die SPD, die Grünen sowieso, die Dänen können gar nicht verlieren. Nur Die Linke ist raus! Richtig so! Links von der SPD lauert nur der Kommunismus! Nicht der von Marx, nein, den kennt ja keiner mehr so richtig, nicht mal die SPD, die sich einst auf ihm begründete. Nein! Diese Diktatur … na Sie wissen schon …

Aber, was für ein Tag, die Piraten … aus dem Stand! Das bringt frischen Wind in die politische Landschaft! Zwar weiß niemand, aus welcher Richtung dieser Wind weht, aber alle pusten ordentlich mit. Mich, ehrlich gesagt, stört da ein wenig der Mundgeruch! Wissen Sie, dieser Mundgeruch den nicht richtig ausgeschlafene, oder falsch ernährte Menschen verströmen. Sie werden sich voll fressen am Erfolg, Geschmack an der Macht finden, sich fürderhin falsch ernähren, fett wie Grüne werden und irgendwann einfach nur noch vor sich hin stinken. Aber, die größte Wählergruppe ist, mal wieder, die der Nichtwähler. Stört sie auch dieser Mundgeruch? Vielleicht sollten sie einfach mal die Nasenklammer anlegen, und ungültig … nein besser, mit der Bemerkung auf dem Wahlzettel, „Gegen Parteienmacht, gegen Fraktionen, für Direktwahl!“, ungültig wählen und verlangen, dass ungültige Stimmen unbesetzte Parlamentsplätze nach sich zögen. Oder doch nicht? Würde ja aussehen wie in der DDR, wo etwa zwanzig Leute des Politbüros über alles entschieden. Andererseits, sparte dies eine Menge an Diäten und späterer Pensionen.

Dann kam Frankreich!

Der kleine Merkelfreund ist weg vom Fenster. Orientiert sich Carla jetzt auch neu? Ich meine, nun ist er ja wirklich nur noch klein. (Also, ich bin nicht unbedingt größer als er, aber länger auf alle Fälle, Carla! Pardon! Aber sie ist doch so schön, die Carla!)

Und Hollande? Was wird sich ändern? Dass die anderen in der EU nicht mehr für uns mitsparen? Och, das stört Angie nicht! Sollen die ihren Reichen doch einiges abnehmen, in Deutschland geht es den Ärmsten immer noch so gut, dass man denen etwas nehmen kann!

Logisch, oder? Und umso mehr Arme, desto mehr kommt rein! Ist doch lustig, wenn man nicht arm ist, Geld nicht verdient, sondern einfach bekommt. Hauptsache, die Banken und Konzerne bleiben in Deutschland, schon wegen des Bruttosozialproduktes. Außerdem, wer soll Rot - China sonst beweisen, wer der wahre Meister ist?

Und überhaupt, der Euro! Die Franzosen wollten ihn doch, damals, im Gegenzug für ihr ja zur Wiedervereinigung! Wir sind wiedervereint, und kämen auch mit der Mark klar! Aber was hätten die Franzosen dann?

Zuletzt, am sechsten Mai, kam Griechenland.

Katastrophe! Unregierbar! Dumm gelaufen? Sind die Griechen dumm? Oder sind sie zu faul?

Zu faul für unsere – und französische Banken zu arbeiten? Und was die da gewählt haben? Linksradikale, als zweitstärkste Partei! Wieso sind die eigentlich linksradikal? Weil sie in die Schublade, links von der SPD gehören? Weil sie keinen Staat wollen, der schwächer ist als in- oder ausländische private Macht? Weil sie der Meinung sind, dass der Kreditgeber zumindest eine genauso große Verantwortung hat wie der Kreditnehmer, zumal wenn dieser fremdes Geld verleiht? (Jedes Insolvenzverfahren erkennt diese Verantwortlichkeit an!) Nein, verspekuliert haben sich die Banken und Konzerne, sie haben kein Recht irgendein Volk unter das Existenzminimum zu zwingen! Sie können nur bekommen, was darüber hinaus da ist! Und die Einlagen ihrer Sparer, die sie nicht fragten, wo sie deren Geld anlegten, haben sie zurückzustellen. Zumal sie sich diese ja schon zum zweiten Male über die Steuern der Sparer geholt haben. Und wenn sie dann pleite sind? Na, dann sind sie’s eben! Außerdem hätte Griechenland mehr, um zurückzuzahlen, wenn es die Hilfspakete direkt von der EZB, und nicht auf dem Umweg über Privatbanken erhielte. Fünf Prozent Tilgung und ein Prozent Zinsen, sind mehr für Europa, als sechs Prozent Zinsen für Privatbanken, die Verluste abschreiben und keine Steuern bezahlen. Und die Konzerne, können ihre Panzer und
U – Boote zurückholen, sparen die Griechen auch gleich den Unterhalt.

Ja - radikal -, damit könnte ich mich anfreunden! Anfreunden, in dem Sinne, wie ein Arzt zu seinem Herzinfarktpatienten sagt: „Sie müssen Ihr Leben radikal umstellen, wenn Sie es noch eine längere Zeit genießen wollen!“

 

Aber da fehlt doch was! In der Tat, mir fehlte etwas in den letzten Tagen!

War der Bundespräsident krank, hatte er Urlaub? Und die Kanzlerin? Migräne?

Da war doch der achte Mai! Der Tag, den  Richard von Weizsäcker mutig, als Tag der Befreiung benannte. Nun, im Osten war er das immer, seit sechsundvierzig, aber im Westen war es eine mutige, ja die mutigste Rede eines Bundespräsidenten!

Da hätte sich Herr Gauck doch profilieren, protestantischen Mut beweisen können. Doch er wollte wohl nicht. Er wollte weder den deutschen Widerstandskämpfern gedenken, die seit dreiunddreißig ihr Leben riskierten, Rüstung sabotierten, aufklärten oder Verfolgten das Leben retteten. Warum? Befürchtet er die, deren Vorfahren willfährige Mitläufer oder Täter waren zu diskreditieren?  Niemand kann doch für seine Eltern! Er wollte sich auch nicht bei den Polen entschuldigen für die Millionen Ermordeter, das hat ja Brandt schon getan. Auch nicht bei den Griechen, den Italienern, den Serben und anderen Völker, für die verbrecherischen Strafaktionen gegen deren Zivilbevölkerung. Von den Juden ganz zu schweigen.

Aber, vor allem, wollte er wohl nicht den Völkern der ehemaligen Sowjetunion danken, für ihren heldenmütigen Kampf, den sie führten, um dieser faschistischen Bestie den militärischen Arm zu brechen. Nur dadurch konnten die Westalliierten die zweite Front eröffnen. Sie konnten es erst nach Stalingrad, nach Kursk, Moskau und Leningrad! Sie alle, Sowjets, Amerikaner, Briten und Franzosen haben uns Deutsche von einer Diktatur befreit, von der wir Deutsche uns nicht selbst befreien konnten!
Sie haben uns befreit!
Befreit wie Gerda  im Märchen, den Kai aus der Macht der Schneekönigin befreite, der seine Gefangenschaft selbst nicht erkannte, wegen des vereisten Herzens.

Doch muss man verstehen, wenn Gauck den Russen nicht dankt, oder sich bei ihnen entschuldigt. Schließlich haben „die“ seinen Vater ins Lager gebracht!

Und in „die“ schließt er alle ein! Den, der vier Jahre erst kämpfend zurückwich, sich zäh in Stalingrad verteidigte, um dann bis nach Berlin zu stürmen, um vielleicht noch vor der Reichskanzlei zu fallen. Ebenso, wie das Kind, das während der deutschen Blockade Leningrads verhungerte. Genauso wie die Unzähligen, die aufgeknüpft wurden, weil Partisanen, bei der Verteidigung ihrer Heimat, auch deutsche Soldaten töteten. Und natürlich auch die, die deutsche Bomben auf russische Städte nicht überlebten, und die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die man zu Millionen verhungern ließ.

 

Nun ja, diese Chance ist vorbei! Herr Gauck wird niemals ein Richard von Weizsäcker!

Und Frau Merkel niemals ein Willy Brandt, also nicht mal im Geiste!

 

Und vielleicht ist es ja auch besser so!

Unvorstellbar, wenn er erklärte, wir müssten ja unsere Rechtsordnung respektieren, zu der damals auch die Nürnberger Rassegesetze gehörten. So gesehen, war dann alles Rechtens, was östlich von Deutschland geschah! Kein Deutscher hätte anders handeln können. Denn slawischen Untermenschen zu helfen, sie nicht verhungern zu lassen, war verboten …

 

PeKa

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pekaberlin
Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.

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DoktorSeltsam "Ein weites Feld!" - Das legte Fontane Effie Briests Vater in den Mund - immer dann, wenn etwas den Horizont des braven Mannes überstieg. Ja, Gerechtigkeit und Gerechtigkeit widerfahren lassen, das sind zwei grundverschiedene Dinge. Als Brandt in Polen den Kniefall machte, erhob sich ein Sturm der Entrüstung in der alten Bundesrepublik. Dieser VATERLANDSVERRÄTER! Auch ich, ein Kind damals, dachte: "Warum tut der das?" Heute ist Brandt eine Ikone. Da fragt man sich, was schlimmer ist: Ikone sein oder Vaterlandsverräter? Und die "Rote Armee"? Da fällt mir immer das schreckliche Wort Blutzoll ein. Die haben ihn weiß Gott entrichtet, den Blutzoll. Auch ihnen, den toten Soldaten ebenso wie denen, die überlebt haben, wird heute keine Gerechtigkeit mehr widerfahren. Schließlich waren sie von Väterchen Stalin gesandt...Ein weites Feld, Bruder, ein sehr weites Feld. Vielleicht sogar zu weit für meinen begrenzten Horizont.

Liebe Grüße

Peter
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FLEURdelaCOEUR Wieder richtig schön bissig ..... - Da ich vom 5. bis 12. Mai auf einer Flusskreuzfahrt war, habe ich nur selten Nachrichten gesehen, aber dass der 8. Mai irgendwie untergegangen ist, fiel mir schon auf ..... Du hast noch das gängige "Wessi"-Argument ausgelassen, dass Hitler nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" ja den Krieg beginnen m u s s t e, da Stalin ihm sonst zuvorgekommen wäre ....... demzufolge wären die Deutschen sowieso schuldlos am Krieg....

Wunderbare Glosse, Peter!
Lieben Gruß

fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Wieder sehr erfrischend! - Tja Carla und Du, das wäre gar nicht schlecht. Hast Du sie mal singen hören? Ich kenne jedenfalls nur gaaanz gaanz ruhige Sachen, Narkosi quasi. Wäre doch der Ausgleich für Deine Aufregung über den ganzen Kram. Schon auf die Art könnte sie Deinen Kreislauf gesund halten.

Viel Erfolg!
Schreib ein stolzes Gedicht dann.

Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Wow, welch bitterböse Satire. - Oder solls vielleicht gar keine Satire sein, sondern ist wirklicher, wahrhaftiger Ernst. Ich muss gestehen, ich verfolge Wahlen nicht mit besonderem Interesse, da man ja sowieso nicht weiß, wen man eigentlich wählen soll. Wählt man ´ne Farbe, weiß man nicht, wer dahinter steht, wählt man ´ne Partei, ist´s das Gleiche und Piraten..., das hat für mich auch so´nen Beigeschmack von Freibeuterei. Ich wähle lieber ???? Weiß auch nicht. Die Banken? Nö! 1992 hat mal so ein Westdozent gesagt: "Bankeinsteiger sind Aufsteiger..!" Ich bin trotzdem bei meiner guten alten Sparkasse geblieben und ich glaube das war richtig. Jetzt müsste er den Satz wohl anders formulieren.
Und von den Griechen, da kenn ich nur die, die hier im Ort schon seit Jahren ein gut gehendes Griechisches Restaurant betreiben und bei denen das Essen auch wirklich schmeckt.
Und Russen kannte ich auch nicht, bis auf einen als Kind. Der war ganz lieb und brachte mir immer Schokolade mit. Das kannte ich damals gar nicht. Aber das gehört auch schon wieder in die Schublade der Erinnerungen.
So nun habe ich Dich lange genug vollgequasselt.

Liebe Grüße
Bärbel
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