Keine für eine Nacht
Schreibparty 113 zum Thema: 
"Perfekte Ausrede"
Vorgaben: Pferdeschwanz, launisch, Erdanziehungskraft, staunen, Nacht, Zettelwirtschaft, Abenteuer, Publikum
Eine erdachte Kurzgeschichte von Darkjuls mit einem Coverbild by Pixabay
Keine für eine Nacht
Wie lange war ich schon nicht mehr in einer Disco? Hach, vielleicht bin ich ja inzwischen mit Ende Dreißig auch zu alt dafür. Ich hätte schon Lust, mich mal wieder beim Tanzen so richtig zu verausgaben oder überhaupt unters Volk zu mischen, um mich zu amüsieren. Seit meiner Trennung von Jens vor drei Monaten war ich gar nicht mehr unterwegs. Wisst ihr was? Ich gehe heute ins "La Fe", einem angesagten Club der Stadt. Ist da nicht dienstags immer Mottoparty? Vielleicht sogar Disco für mein Alter?
Zuerst muss ich mich dazu etwas 
aufhübschen, denke ich. Also beäuge ich mich im Badspiegel genauer, binde mir 
die Haare zu einem Pferdeschwanz, weil mich das meiner Meinung nach jünger aussehen lässt. 
Ein wenig Lippenstift aufgelegt, noch die Augen kräftig betont und schon steht das Thema "Anzugsordnung" auf meinem Programm. Ein sexy Outfit finde ich schnell. Meine schwarze Lederhose und dazu eine petrolfarbene Bluse. Ohne BH kann ich wohl nicht gehen, denn die 
Erdanziehungskraft schlägt auch bei  
mir erbarmungslos zu. Ach was soll´s, sieht man die Wäsche eben durch, na und, überlege ich laut. Schließlich ist der BH spitzenbesetzt und schwarz. Das sieht durch den dünnen Blusenstoff ganz ansprechend aus. "Also Linda, auf ins Nachtleben!", rufe ich dem Spiegelbild zu und mache mich auf den Weg. 
Als ich den Club betrete, stelle ich doch etwas überrascht fest, dass das Publikum                 
überwiegend jugendlich ist und gerade Hip-Hop gespielt wird. Das ist so gar nicht meine Musik. Also keine "Ü 30 Party". Schließlich setze ich mich an die Bar, um mir etwas zu bestellen. 
Der Barkeeper ist zwar mit seinen blonden Haaren und blauen Augen nicht mein Typ, doch ich beginne gleich intensiv mit ihm zu flirten. "Hey Süßer", strahle ich ihn mit einem gekonnten Augenaufschlag an. "Für den Moment will ich von Dir nur eine Wodka-Cola mit extra viel Schuss bitte!" Chris, so erklärt mir der Gute, ist Student und jobt hier nebenbei. Er staunt zwar über meine direkte Art, ist aber, wie er verlauten lässt, einem sexuellen Abenteuer mit einer reifen Frau wie mir nicht abgeneigt. 
Einige Dinks später fragt mich mein neuer blonder Freund: "Gehen wir zu
dir? Bei mir sind noch zwei Studenten mit auf der Bude oder stehst du vielleicht darauf?" Wie platt ist das denn? Ich verdrehe genervt die Augen. Mich ihm entgegenbeugend frage ich, ob er überhaupt noch durchblickt bei der Zettelwirtschaft hinter dem Tresen. "Das ist wohl eine Sammlung von Telefonnummern der Mädels von heute Abend, was?"
Er winkt ab und pocht auf seine Uhr: "Gleich ist Feierabend, dann können wir beide hier verschwinden." Das geht mir jetzt doch zu weit. Ich will lediglich ein bisschen Unterhaltung und bin keine für eine Nacht, denke ich. "Lass gut sein,
mein Lieber!", wehre ich nun bestimmt ab. "Ich würde ja mit dir, du weißt schon, eine aufregende Nacht verbringen, aber..." Ich hole tief Luft und flüstere ihm dann mit einem plötzlichen Anflug von tiefem Bedauern ins Ohr: "Da hat meine Frau sicher etwas dagegen."
Chris schaut mich nun völlig verdutzt an und entgegnet: " Du stehst auf Frauen?  So etwas Launisches. Erst wild flirten, es darauf anlegen und dann sowas!" Ich bezahle brav, inclusive einem kleinen Trinkgeld, wende mich ab und verlasse schließlich die Disco, ohne überhaupt auch nur einen Schritt auf die Tanzfläche gesetzt zu haben.