Kurzgeschichte
Wenn es doch so einfach wäre - SP 93

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"Wenn es doch so einfach wäre - SP 93"
Veröffentlicht am 10. November 2021, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Lebe meine Träume, pflege meine Laster, denke positiv. Bin wie ich bin und manchmal anders
Wenn es doch so einfach wäre - SP 93

Wenn es doch so einfach wäre - SP 93

Schreibparty 93



Thema: Teilen


Vorgabeworte:

variieren, konstruieren, unterzeichnen,

reklamieren, Licht, Herz, Brot, Wärme



Text und Buchcover:

von Martina Wiemers

Fabian, mein 5-jähriger Enkel, sitzt unter dem Weihnachtsbaum und spielt mit den Geschenken. Die Geräusche aus seinem Mund für die Autos in der Autogarage, für das Flugzeug und die Rakete variieren je nach Spielintensität und Mittelpunkt in seiner Fantasie.

Die Familie sitzt gemütlich beisammen. Der Weihnachtsmann war da und niemand

hat Grund, seine Geschenke zu reklamieren. Das Licht der Kerzen auf dem festlich gedeckten Tisch und die Wärme vom flackernden Feuer im Kamin verbreiten eine festlich wohlige Stimmung.


Mitten im Spiel fragt Fabian nachdenklich: "Oma, bringt eigentlich der Weihnachtsmann die Geschenke persönlich bis zu den Kindern an den Stacheldrahtzaun oder hat er Angst und liefert sie vorher bei den Soldaten mit den Gewehren ab. Der Mann gestern im Fernsehen sagt, dass die Kinder im Zelt oder draußen übernachten müssen, kein Brot haben und auch nur eine dünne Decke in der Nacht. Ob der Weihnachtsmann das weiß? Sie tun mir leid. Auch den Zaun finde ich doof. Es sind doch keine wilden Löwen im Zoo.“

Ich schaue ihn an und schäme mich für meine Erklärungsnot. Seit Jahren

unterzeichnen die Mächtigen der Welt Verträge, konstruieren gedankliche Lösungen, doch es gibt Krieg, Vertreibung, Hungersnot und Kinderarmut. Mir fehlen die Worte. Die Lage scheint ausweglos. Das menschliche Leid unermesslich.

„Weißt du Oma“, sagt Fabian, wir rufen den Mann im Fernsehen gleich mal an. Bei mir im Zimmer ist doch noch Platz und genug Spielzeug hat mir der Weihnachtsmann auch gebracht. Vorher sprechen wir noch mit Herrn Schmidt von nebenan. Seine Frau ist doch gestorben. Die ist Wohnung ist groß, warm und es ist viel Platz in den

Zimmern. In seinem Garten kann man gut toben. Er wäre dann nicht mehr so einsam und allein und ich muss nur an seine Tür klopfen, um mit ihm und den Kindern zu spielen."

Mein Herz schlägt laut. Ich nehme meinen Enkel in den Arm. Möchte ihm so viel erklären, doch ich lächle ihn nur an, streiche ihm über sein rotes Haar und denke: „Wenn es doch so einfach wäre“.

              © Martina Wiemers

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Kornblume
Lebe meine Träume,
pflege meine Laster,
denke positiv.

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AnneSeltmann Und sofort habe ich Bilder im Kopf. Deine Geschichte erinnert sofort an den Jungen im gestreiften Pyjama! (Kennst du das Buch, oder den Film) Es gibt wohl kaum ein sensibleres Thema.

Ein toller Beitrag!

Liebe Grüße

Anne
Vergangenes Jahr - Antworten
Drehpunkt Trifft nicht ganz den Kern des Problems aber zum Wachrütteln allemal ausreichend. Und wenn wir alle wach sind machen wir noch mehr Konferenzen über die Konsequenzen von Nichtstun außer reden und schreiben. Bis dahin kommen auch keine dummen Fragen mehr.

MFG!
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume wenn dann alle wach sind, drehen, wenden, reden, schreiben und holen wir hoffentlich endlich die Probleme unter den Teppichen hervor, unter die sie gekehrt wurden. Doch um auf den wunden Punkt zu drücken, irgendwelche Schnarchnasen halten die Besen sicher schon in den Händen, um neue Haufen zu kehren.
Diese kleine Episode (Beitrag zur Schreibparty 93) hat sich am Heiligen Abend 2020 in meinem Wohnzimmer fast so zu getragen. Ein bisschen künstlerische Freiheit um die Vorgabeworte im Text möglichst sinnvoll unterzubringen sei mir als Autorin erlaubt.
Hast Du nicht Lust mitzumachen?
Freundliche Grüße zurück schickt die Kornblume.
Danke für Lesen und Kommentieren.
Vor langer Zeit - Antworten
Valerina 
Ein wundervoller Beitrag!
Sehr berührend geschrieben.

LG Valeri
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume danke sagt die Kornblume und schickt blaue Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Ein kleiner Bursche mit großem Herzen und praktischem Verstand.
Und eine kleine Episode, die als symbolische Geschichte zu Weihnachten (und immer) taugt.
Viele Grüße!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Gerd,
diese kleine Episode hat sich am Heiligen Abend 2020 so ähnlich in meinem Wohnzimmer zu getragen. Ein bisschen künstlerische Freiheit zum sinnvollen einfügen der Vorgabeworte sei dabei erlaubt.
Kornblumenblaue Grüße von mir an Dich
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Wie soll man auch einem Kind erklären, was wir Erwachsenen selbst nicht verstehen, liebe Kornblume? Wir sehen einerseits die schrecklichen Bilder aus den Wäldern von Belarus, von Naturkatastrophen aller Art, hilferufenden Mediziniern, streikendem Pflegepersonal ... und hören andererseits von verantwortungslosen und/oder inkompetenten Politikern immer nur, dass sie einfach nicht zu Potte kommen wollen oder können. Manche sind auch einfach nur kriminell ...

Ich wünsche dir viel Erfolg!
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Du hast recht,liebe Fleur, ich konnte es ihm wirklich nicht erklären meinem kleinen süßen Enkel am Heiligen Abend 2020 unterm Weihnachtsbaum. Seine Gedanken haben uns alle sehr betroffen gemacht. Unsere Hilflosigkeit war für ihn unverständlich ,denn sein Teilen und sein Mitleid waren selbstlos und der Wunsch nach Hilfe kam aus dem Herzen..
Grüße an Dich schickt die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber ./.
Vor langer Zeit - Antworten
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