Romane & Erzählungen
Weihnachten mit Traummann??? -

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"So was wie Chick-lit..."
Veröffentlicht am 21. Januar 2018, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Das Schreiben begleitet mich seit ich es gelernt habe. Mein erstes Tagebuch bekam ich mit 8 Jahren und kritzelte es mit Begeisterung voll! Egal, wo ich war, ohne Stift und Notizbuch ging es nicht. Das hat sich bis heute nicht geändert. In meinen Geschichten schaue ich gerne hinter die Fassaden. Mich interessiert es, was die Menschen tief in ihrem Inneren bewegt! Das versuche ich zu Papier zu bringen.
So was wie Chick-lit...

Weihnachten mit Traummann??? -

Nachdem ich all die Geschenke verpackt, die Gans in den Ofen geschoben und Mann und Kinder mit den kleinen Aufmerksamkeiten für die Nachbarn rausgeschickt hatte, kehrte endlich die wohlverdiente Ruhe in unserem Haus ein. In meine Kaschmirdecke eingewickelt ließ ich mich erschöpft auf unsere Eckbank in der Küche fallen. Der Bratenduft sollte mich zufrieden machen. Der Anblick des geschmückten Weihnachtsbaumes mit den Geschenken für meine Lieben darunter glücklich. Doch nichts geschah. Grau und in Wolken gepackt lag die Welt da draußen auf meinem Gemüt. Und noch ehe ich mich´s versah, kam sie wieder - die altbekannte Sehnsucht, die mich seit Jahren zuverlässig am Weihnachtstag besuchte. Ich spürte, wie sie ihre langen, dünnen Finger nach meinem Herzen ausstreckte, es umfasste und schüttelte, bis mir die Tränen

kamen. Ich musste es vor mir selbst zugeben: Meine Sehnsucht lag nicht mehr in der Zukunft. Sie lag in der Vergangenheit. Die Sehnsucht nach diesem einen, besonderen Abschnitt in meinem Leben.

Und nach meinen Freundinnen, die diesen mit mir geteilt hatten. Freundinnen, die sich ohne Worte verstanden. Und die immer füreinander da waren. Für eine Sache besonders: Für unsere große, selbstauferlegte Mission. Wir wollten uns hineinlieben in die graue, triste Welt da draußen mit ihren immer dünner besiedelten Galaxien etwaiger Traummänner. Unsere Freundschaft war definiert und getragen von wichtigen Gemeinsamkeiten. Wir alle waren frei, ungebunden und weitestgehend abgenabelt von unseren Herkunftsfamilien - dachten wir jedenfalls. Das ganze Leben lag vor uns.

Und wir hatten Wohnungen! Wunderschöne, gemütliche, eigene Single-Frau-Wohnungen! Wohnungen, die wir, ohne mit der Wimper zu zucken, jedes Mal auflösten, wenn ER endlich vor unserer – auf der Innenseite mit Postkarten bepinnten - Tür stand. Die Postkarten hatten wir uns gegenseitig geschickt:


Hinfallen – Krone richten – weitergehen

Was kostet es eigentlich TRÄUME wahr werden zu lassen? Mut. Einfach nur Mut.

Und plötzlich weisst du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.  

Wenn der Traummann vor eben dieser Tür stand (die wir nur halb öffneten, um uns sofort theatralisch in seine Arme zu werfen - damit er keine, aber auch wirklich gar keine Chance hatte, einen Blick auf jene Karten zu werfen!),

ließen unsere Freundinnen alles stehen und liegen, um uns sehr bald beim Auszug aus der Single-Wohnung und beim Einzug ins traute Heim der Zweisamkeit zu helfen. 

Das wichtige Telefonat für den nächsten Karriereschritt?  

Weg damit! 

Das Nachreichen der verbummelten Unterlage vom Finanzamt – zehn Tage nach dem eigentlichen Abgabgetermin? 

Wen interessiert´s?! 

Die Bereinigung von Familienlasten – weil man vor zwei Wochen der neuen, todlangweiligen Freundin des Bruders etwas zu voreilig über den Mund gefahren war?

Wie unwichtig!

Die Freundin hatte schließlich ihren TRAUMMANN gefunden, das glücklichste, schicksalsweisendste Kapitel ihres Lebens aufgeschlagen, das wollte, das konnte man doch nicht so einfach

ignorieren! Darin lag ein ganz persönlicher Hoffnungsschimmer. Mit jedem dieser perfekten Exemplare, die wir in unser Leben zogen, bewiesen wir, dass es möglich war. Immer noch. Es gab IHN, irgendwo da draußen. Und er, wirklich nur er allein, vermochte es, uns von jenem Makel unseres Daseins zu befreien, der uns zuverlässig an jedem Heiligabend von den uns liebenden Müttern aufgetischt wurde. Denn auch wenn wir selbst es verdrängten. Sie wussten, wie es um uns stand: Wir waren nicht mehr Anfang 20.

Nicht Mitte 20.

Und auch nicht Ende 20. Die 30 hatten wir schon längst überschritten. Unsere Mütter brachten ihre Verzweiflung regelmäßig unter dem Weihnachtsbaum - mehr oder weniger subtil - zum Ausdruck:

Ach Kind, was habe ich nur falsch gemacht, dass du immer noch keinen Mann hast? 

Im Laufe der verstreichenden Jahre ließen unsere Mütter ihrer zunehmenden Verzweiflung Taten folgen: Da wurden altmodische Aussteuerschränke aufgelöst und ihre Inhalte dem örtlichen Caritasverband gespendet. Hochzeitskonten in wuchtige Sofas für die neue (Single-)Wohnung verwandelt. (Siehst du, Kind, ich akzeptiere doch, wie du lebst!) In einzelnen Fällen kam es sogar zur vorzeitigen Erbausschüttung - damit war die Reise in die Karibik gesichert. Die Torschlusspanik unserer Mütter bereicherte finanziell unser Singleleben, ohne Frage. Doch als emotional hochbegabte Töchter waren wir uns der eigentlichen Botschaften durchaus bewusst. Und sie kratzten an unserem Selbstwertgefühl wie ungezogene, kleine Schoßhunde, die mit ihren putzigen Pfötchen unsere frischrasierten Unterschenkel massakrierten. 

Wir hatten es vergeigt. 

Es wieder einmal nicht geschafft. 

Weder damit, den Rollenvorbildern unserer Eltern die nötige Ehre zu erweisen, indem wir diese in unser eigenes Leben hineinkopierten. Noch hatten wir in uns und unsere emotionale Zukunft investiert. Die biologische Uhr spielte hierbei keinerlei Rolle, sie wurde nicht einmal erwähnt. Keiner hörte sie. Weder unsere besorgten Mütter noch wir. Sie hatte nicht etwa aufgehört zu ticken. Nein, sie war bei uns frühzeitig aus dem Sortiment genommen worden. Denn nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage gab es für sie keinen Absatzmarkt -sie wurde in unserem Leben schlicht und ergreifend nicht gebraucht. Unser Sexleben lag brach, bis auf ein paar hormonelle Ausrutscher nach weinseliger Nacht, in welcher wir uns einen kurzlebigen Traummann zurechtgesoffen hatten. So war unser Singleleben lange Zeit wohl am ehesten vergleichbar mit einer wabernden, bunten Seifenblase, die stets ums sich selbst

drehend und eiernd langsam durch den dunklen Raum einer für uns angebotsfreien Traummann-Galaxie dümpelte. Und durch deren zarte, schillernden Hüllen unsere immer hochwertiger eingerichteten Single-Appartments zu erkennen waren. Wohnräume, die doch viel zu schnell aufgegeben wurden für den nächsten gestrandeten Astronauten vom Planeten Illusion.

So zogen wir von Wohnung zu Wohnung, begleiteten uns treu auf unseren emotionalen Höhenflügen und waren stets füreinander da, wenn der nächste Zusammenbruch drohte. Die nächste Wohnung wurde umso gemütlicher, zum Hafen unserer Sicherheit auserkoren. In diesem sich immer weiter ausdehnenden Zeitabschnitt unseres Lebens änderten wir eingeschlagene berufliche Richtungen wie die Unterwäsche und probierten verschiedene Lebenskonzepte aus. Und wir tauschten – endlich! - die Postkarten an

der Innenseite unserer Türe aus. Nun waren die Sprüche etwas kerniger:


Kannste so machen – dann ist es halt Kacke!

Lass mich – ich muss mich da jetzt reinsteigern!

Nett kann ich auch – bringt aber nix!

Ich dachte, ich wäre verliebt – aber ich hatte noch nur Hunger!


Und auch wenn Familienangehörige wie Arbeitgeber regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammenschlugen bei dem Versuch, den Zickzackkurs unseres Lebenslaufes zu entwirren, so zeigte sich für uns doch eine Linie immer sichtbarer: Die Linie unserer Freundschaft.

Wir wurden stark. Wir wurden unzerstörbar. Wir steuerten auf die nächste Galaxie zu. Die ohne

Traummänner. Es war die beste Zeit meines Lebens. Bis, ja bis ich an jenem Tag auf der Straße gestolpert war. Unvermittelt ausgerutscht und liegengeblieben. Es war mein idiotischer rechter Knöchel, den ich mir als Kind schon zig-Mal verstaucht hatte. Es hätte ein durchaus mitleidserregender Sturz inmitten des vorweihnachtlichen Treibens in der Fußgängerzogen sein können. Wenn nicht genau jener Fuß in dem kaum sichtbaren, aber geschmacklich intensiven Hundehaufen gelandet wäre. Und noch während ich fluchte, beugte ER sich über mich:

Mein Traummann. Das war der Anfang. Von etwas, das größer war als ich. Ich spürte es. Doch es verlief so anders, als ich es je vermutet hätte. In eine Richtung, die mir nicht gefiel. Schon nach einem halben Jahr wusste ich es. Doch da war es zu spät.



- to be continued-

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Hörbuch

Über den Autor

RachelWonder
Das Schreiben begleitet mich seit ich es gelernt habe. Mein erstes Tagebuch bekam ich mit 8 Jahren und kritzelte es mit Begeisterung voll! Egal, wo ich war, ohne Stift und Notizbuch ging es nicht. Das hat sich bis heute nicht geändert. In meinen Geschichten schaue ich gerne hinter die Fassaden. Mich interessiert es, was die Menschen tief in ihrem Inneren bewegt! Das versuche ich zu Papier zu bringen.

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roxanneworks 
Ich kann mich dem Kommentar von Sabine nur anschließen, liebe Victoria...Sprache und Inhalt begeistern und ergeben ein großartiges Lesevergnügen.
Ich hoffe ebenfalls, dass die Geschichte weiter geht...!
Liebe Grüße
roxanne
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Memory 
Liebe Victoria,
deine Geschichte gefällt mir wieder sehr sehr gut. Du schreibst sprachlich perfekt, gekonnt mit viel Witz zwischen den Zeilen und mit solch bezauberndem Charme, dass es eine Freude ist, zu lesen. Ich hätte sehr gern gleich weiter geblättert und hoffe, dass die Fortsetzung bald erscheint.
Ganz liebe Grüße
Sabine
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