Die Fabrik
Rand zum Forumbattle 64:Thema "Aufgewacht im Märchen"
Vorgabeworte:
Rachegelüste, Wasserfall, Schornstein, Schere, Rechenmaschine, Sturmböe, Ofen, Esel, Thron, Festmahl, Fliege,Mühle
Die Fabrik
Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit ein klein gewachsener Mann namens Rasputin. Er war gewieft und hatte in
der Fabrik seines Onkels den Posten des Managers inne. Seit vielen Jahren träum-te er davon, einmal den Thron zu be-steigen und den Chef ganz abzulösen. Wie eine Fliege das Festmahl umschmei-chelte er den Onkel und belog ihn, was die Firmenpolitik anging. Er änderte die Arbeitszeiten in Schichten, um noch mehr Profit heraus zu schlagen. Die Unter-tanen, all seine Angestellten, schufteten Tag und Nacht für den Giftzwerg, wie sie ihn inzwischen nannten, denn Rasputin wurde zum Raffputin. Immer mehr in immer kürzerer Zeit wollte er verdienen. Seine Rechenmaschine glühte förmlich, wenn er jeden Abend den Tagesumsatz überschlug. Das war Wasser auf seiner
Mühle. Er sah nur das Kapital, nicht die Menschen dahinter, die ihm den Umsatz erwirtschafteten.
Dies wurde auch seinem Onkel gewahr, der mitbekam, dass Rasputin sich selbst bereicherte und immer größere Schlitten
kaufte, statt in das Unternehmen zu investieren. Onkel Eberhard nahm sich vor, das Ruder noch einmal rumzureißen und enthob seinen Neffen des Amtes.
Als er Rasputin zu sich bestellte, regte er sich sehr auf und schrie erbost: "Du bist eine Enttäuschung für mich. Das Geld der Fabrik stürzt bei Dir wie einen Wasserfall herunter. Du bist für mich ein echter Reinfall. Ab heute nehme ich die Zügel wieder selbst in die Hand. Es ist aus, Junge! Du jagst im Grunde nur das Kapital durch den Schornstein und die Schere zwischen den Mitarbeitern und ihrer Verbundenheit meiner Firma gegen-über klafft immer weiter auseinander,
seit Du am Ruder bist!" Rasputin war geschockt über die Ansage des Onkels in ihm brodelten Rachegelüste. Er dachte bei sich, dass der alte Esel ruhig wettern sollte, er würde mit seinen 80 Lenzen die nächste Sturmböe wohl kaum überstehen.
So kam es dann. Sein Onkel wurde ernst-haft krank und verstarb innerhalb von wenigen Wochen. Rasputin witterte Morgenluft bei der Eröffnung des Testamentes. Um so größer war seine Enttäuschung, als er vernahm, dass die Anteile der Fabrik unter den Mitar-beitern aufgeteilt wurden. Der Giftzwerg setzte sich auf seinen Ofen und ward nimmer mehr gesehen. Doch
im Morgenblatt konnte man von einer Heuschreckenplage im Nachbarland lesen, welche die Wirtschaft heimsuchte. Manager bereicherten sich an Firmen und wirtschafteten sie in den Ruin, um dann weiterzuziehen. Und weil sie nicht
gestorben sind, schadet diese Art von Ungeziefer dem Volk noch heute.
Eberhards Firma dagegen blühte auf und entwickelte sich zu einem führenden Unternehmen, welches in dieser Form wohl einzigartig war. Frei nach dem Motto: "Bleibe im Lande und nähre dich redlich!" Den Mitarbeitern kam es vor, als seien sie im Märchen aufgewacht, denn alles, was sie erarbeiteten, kam ihnen zu Gute.