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Urlaubs-Tagebuch-Brief

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"Urlaubs-Tagebuch-Brief"
Veröffentlicht am 03. September 2017, 20 Seiten
Kategorie Sonstiges
© Umschlag Bildmaterial: Alle Fotos mein Eigentum - Memory
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Über den Autor:

Meistens bin ich ruhig. Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands. Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann. Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Ergänzung: Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste ...
Urlaubs-Tagebuch-Brief

Urlaubs-Tagebuch-Brief

Urlaubs-Tagebuch-Brief Mein Liebster, eigentlich hatte ich aufgehört, dir zu schreiben. Wollte dich endlich in Ruhe lassen und dich nicht immer wieder zwingen, mir zuzuhören. Von meinem Urlaub möchte ich dir aber trotzdem erzählen. Allein Urlauben ist immer noch nicht meine Stärke, aber ich habe mich ganz wacker geschlagen. Sicher wäre ich viel lieber mit dir, Koffer an Koffer, in irgendein schönes warmes Land geflogen. Griechenland zum Beispiel hat uns immer sehr gut gefallen oder die Kanaren. Sonne, Sand und Meer, nur du und ich ...

Die Wahl musste natürlich anders ausfallen.

Ich höre dein Stimme genau - Ach nein, bitte kein Wanderurlaub! Am Ende hättest du natürlich die Wanderschuhe ins Auto geworfen und mit deinem typischen Lachen erklärt - Ich folge dir, egal wohin! Mit diesem Gedanken bin ich in das wunderschöne Altmühltal gefahren. Am Abend angekommen habe ich zuallererst einen Sonnenuntergangs-Platz gesucht. Das haben wir immer so getan.

Sonnenuntergänge waren uns immer wichtig, weil sie eine ganz bestimmte und besondere Magie ausstrahlen. Jeden haben wir geliebt und bewundert. Macht er doch deutlich, dass die Sonne immer in Bewegung ist. Genau, wie

das Leben. So dachten wir jedenfalls. Sonnenuntergänge liebe ich noch heute, wenn ich sie nun auch anders betrachte.




Mein Ziel war im wahrsten Sinne des Wortes, auf die Füße zu kommen. Ich wollte in Bewegung kommen, heraus aus der Starre. Das bedeutete viel und lange Laufen und Wandern. Anlaufpunkte und Wege gibt es dort unzählige, also ab in den Wald. Gleich am ersten Tag. Eine Burg war das Ziel. Dummerweise war ich nicht allein unterwegs. Nach einer Stunde völliger Einsamkeit traf ich drei Wildschweine. Oder sie mich. Aus etwa dreißig Metern Entfernung schauten wir uns in die Augen. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das egal war. Ganz leise und langsam trat ich den Rückzug an. Hätten wir zu Zweit anders entschieden? (Nein, es gibt hier kein Foto!) Die Burg habe ich aber trotzdem noch

besucht, einen Tag später, diesmal ohne Begleitung. Du hast Burgen geliebt und ich wollte diese ganz weit oben auf dem Berg mit deinen Augen betrachten.




Oben angekommen weiteten sich von ganz allein meine Sinne. Diese Endlosigkeit und Schönheit machte das Atmen schwer und zugleich ganz leicht. Wie ein Korn im Weltall kam ich mir vor. Wie ein verlassenes Korn. Einsam und unbedeutend. Ich wollte es so. Den Weltschmerz spüren und

Hoffnung schöpfen aus der Natur und der Weite. Tränenreich habe ich wieder einmal versucht, dich loszulassen. Welcher Platz wäre besser geeignet gewesen? Dem Himmel so nah und die Schönheit des Lebens vor Augen. Aber so einfach ist es nicht. Noch immer nicht. Noch immer begreife ich diese Endgültigkeit nicht. Herz und Kopf sprechen selten die gleiche Sprache. Wieder und wie so oft, habe ich versucht zu verstehen, dass du all das nicht mehr sehen darfst.

Auch wenn du kein begeisterter Wanderer warst, hättest du meine Lebensfreude spätestens dort oben geteilt.


So bin ich gelaufen, gelaufen, gelaufen. Habe mich manchmal gequält durch die Hitze des Spätsommers, durch Mückenwolken und durch die Einsamkeit. Aber immer habe ich nach vorn geschaut und die schönen Dinge gesucht und gesehen. So wolltest du es und nur so ist es wohl richtig. Nie soll ich zurück blicken und wenn, dann nur lächelnd. Hast du eigentlich geahnt, wie unendlich schwer das ist?



Ab und zu habe ich die Wanderwege verlassen und habe Städte angeschaut. Ich weiß, die hätten dich auch interessiert, ein bisschen Zivilisation zwischendurch schadet schließlich nicht.


Und schon waren die Tage vorbei. Wenn du mich fragen würdest, ob der Urlaub schön war, was würde ich antworten? Die Zeit der schönen Urlaube ist - ohne dich - vorbei. Nein, schön war er also nicht. Aber es war gut, dass ich die Zeit genutzt habe, für mich, für uns und für ein kleines Stück Seelenfrieden. Irgendwann ... In leiser Liebe deine H.





© Memory (September 2017)

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Über den Autor

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Meistens bin ich ruhig.
Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands.
Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann.
Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben.
Ergänzung:
Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste meinen Mann, meine große Liebe, ziehen lassen. Seit dem steht die Welt still.

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Enya2853 Liebe Sabine,
beim Lesen musste ich vermehrt innerhalten, in mich gehen. nachempfinden und an ein paar Tränen schlucken.
So, wie du es schreibst, habe ich einige Urlaube verbracht. Allein (und doch irgendwie nicht), mit vier Augen gesehen, gefragt, geweint, aber auch leise gelächelt.
Das Altmühltal kenne ich, ich bin dort öfter gewandert, auch mal mit dem Fahrrad gefahren. Deine schönen Bilder haben ganz viel wachgerufen.
Und dann die Sonnenuntergänge ... zu zweit und jetzt nie mehr SO. Ich habe auch öfter darüber geschrieben.
Das Loslassen, es ist so schwer, und ich frage mic h, ob das überhaupt immer sein muss.
Bei manchem ja, aber ich habe mich auch entschieden (irgendwann) adieu zu sagen, und doch das unsichtbare Band nie zu durchtrennen.

Ich bin so ganz eingetaucht in deinen Tagebuchbrief. Danke.
Eine liebe Umarmung.
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Liebe Enya,
vielen vielen Dank ♥♥♥
Da hast du dir ja wieder was ausgesucht ...
Heute würde ich das Buch wohl so nicht mehr veröffentlichen. Aber damals war es wichtig für mich, die Gefühle mussten irgendwo hin.
Ich weiß, dass du die Zeilen nachempfinden kannst, weil du sie selbst kennst. Das macht deinen Kommentar für mich besonders wertvolll.

Mit dem "Loslassen" habe ich ja lange gehadert, bis mir jemand gesagt hat, dass ich das gar nicht muss. Ich soll es mit "Zulassen" versuchen. Und DAS hat mir wirklich weiter geholfen.

Ganz liebe Umarmungsgrüße zurück zu dir
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Liebste Sabine,
nun bin ich an deinem Bücherschrank gewesen und hier noch mal - ein bisschen tränenfeucht - hängen geblieben ...
Noch nicht mal zwei Jahre her und ich kann mich noch gut an deine Ausflugsempfehlung nach Kehlheim/ Kloster Weltenburg erinnern, der wir ja dann auch im Mai 2018 nachgekommen sind ...
Lass dich drücken, du Liebe, Tapfere,
deine Erinnerungsblume
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Ach du Liebe,
da hast du ja tief gegraben ...
Auch wenn ich das Buch heute wohl nicht mehr so schreiben würde, hatte ich beim Lesen eben das Gefühl, nicht wirklich weiter zu sein.
Ich drück dich auch.
Liebsten Gruß und DANKE
deine Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Liebe Sabine,
so berührende Zeilen und deine Bilder ..., dass sich mir ein Kloß im Halls bildete.
Drücke dich ganz herzlich.
Liebe Grüße Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Vielen Dank, liebe Manuela.
Ich bin dankbar, dass du hier warst und freue mich auch über deine Geschenke.
Drück dich auch!
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Moscito Nun da mir das Sitzen im Moment besser und vor allem (fast) schmerzfrei gelingt, will ich mich mal hier langsam durcharbeiten. Dieses war mein erstes/letztes Buch, welches mir angezeigt wurde in der Vielzahl der Abos und irgendwo muss ich ja anfangen. Warum also nicht mit diesem, deinem Brief.
Wehmut befällt mich trotz der schönen farbenfrohen Bilder, kann ich mir doch das Lachen vom Anfang und die flegenden Wanderschuhe sehr gut vorstellen. Mit einem Tränchen und dennoch einem Lächeln auf den Lippen habe ich weitergelesen und diese tiefe Verbundenheit gespürt, die immer noch da ist. Ein Urlaub zum Loslassen - ich denke es wird noch dauern, aber es wird ...
Liebe Grüße
Silke
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Auch hier vielen Dank fürs Lesen, deine Worte und die Geschenke.
Loslassen ist nicht das Ziel. Ich glaube, das kann ich nicht, auch wenn es mir immer wieder eingeredet wird. Wenn ich es irgendwann akzeptieren kann, dann bin ich ein Stück weiter.
Lieben Gruß auch hier
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Annabel so berührend - wundervoll. Ganz lieben Gruß an dich
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Danke, liebe Annabel.
Liebe Grüße zu dir
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
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