Romane & Erzählungen
Lauschen Sie der Metapher

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"Lauschen Sie der Metapher"
Veröffentlicht am 26. Februar 2016, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben. Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen. Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.
Lauschen Sie der Metapher

Lauschen Sie der Metapher


Ich muss mich nicht vorstellen, weil ich in Ihnen zuhause bin. Es ist Ihnen nur nicht immer bewusst. Schauen Sie sich um. Vor Ihnen glänzt der Flaschenhals, nach dem Sie gestern verzweifelt griffen, als Ihnen der Kronleuchter auf den Kopf zu fallen drohte und Sie sich ängstlich am Stuhlbein festhielten.
Aber errichten Sie keine Mauer der Angst, schönes Kind. Immer wird es jemanden geben, der Ihre Korallenlippen oder Ihre alabasterweiße Haut oder das Weizenblond ihrer Haare oder die Tiefe hinter den schimmernden Fensterlein Ihrer Augen

erkennt.
Sie haben es schon bemerkt: Im Alltag bin ich leicht und umgänglich, ein einfacher bildhafter Vergleich, bei dem nur das Wörtchen „wie“ entfallen ist. Lassen Sie sich also auf den Flügeln der Fantasie an den Strand der Metaphern tragen und baden Sie genüsslich im Metaphernmeer. Am Morgen weckt sie die rosenfingrige Eos, springen die munteren Delphine der Visionen, verfliegt der Sand der Zeit unter Ihren hoffnungsfrohen Schritten, am Mittag tauchen Sie ein in die Klänge der Panflöte, erblicken Sie die entrückten Horizonte der Ideen, träumen Sie auf den Schwingen von Flamingos, am

Nachmittag trägt sie das Schiffchen der Einbildungskraft, am Abend durchfährt Sie das Feuer des schreibenden Poeten und bei Nacht besänftigt mondne Kühle Ihr glühendes Herz.

Ich vermute, dass Ihre Augensterne einige dieser Metaphern schon einmal gelesen haben. Sie ruhen als abgekürzte Vergleiche im Schatzhaus Ihrer Erinnerung und Sie können deren Gedankenflug leicht folgen.
Spannender und schöner sind aber die Metaphern aus dem Schoß der Assoziationen, die sich allein rational nicht entschlüsseln lassen:¶
„des Wahnsinns sanfte Flügel“, „ein

knöchernes Grauen“, des Ölbaums blaue Stille“ (Georg Trakl),¶
„von dem verborgenen Goldgefäß// läuft durch mein Blut ein schmerzliches Gleißen“ (Gertrud Kolmar),
„Wenn mittags das weiße Feuer//der Verse über den Urnen tanzt“ (Peter Huchel)

„Ich richte mir ein Zimmer ein in der Luft
unter den Akrobaten und Vögeln:
mein Bett auf dem Trapez des Gefühls
wie ein Nest im Wind
auf der äußersten Spitze des Zweigs.“ [...]
Hilde Domin


„Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
[…]
Paul Celan

Gönnen Sie sich die Freude, liebe Leser, im Strudel geheimnisvoller Metaphern der Poesie zu versinken, aber seien Sie wachsam im Alltag. Entdecken Sie die bittere Pille der Wahrheit unter dem Honig der Unterhaltung und spitzen Sie die Ohren, wenn Rattenfänger auf der Schalmei der Verführung

blasen.

© Ekkehart Mittelberg. Februar 2016

Ich muss mich nicht vorstellen, weil ich in Ihnen zuhause bin. Es ist Ihnen nur nicht immer bewusst. Schauen Sie sich um. Vor Ihnen glänzt der Flaschenhals, nach dem Sie gestern verzweifelt griffen, als Ihnen der Kronleuchter auf den Kopf zu fallen drohte und Sie sich ängstlich am Stuhlbein festhielten.
Aber errichten Sie keine Mauer der Angst, schönes Kind. Immer wird es jemanden geben, der Ihre Korallenlippen oder Ihre alabasterweiße Haut oder das Weizenblond ihrer Haare oder die Tiefe hinter den schimmernden Fensterlein Ihrer Augen

erkennt.
Sie haben es schon bemerkt: Im Alltag bin ich leicht und umgänglich, ein einfacher bildhafter Vergleich, bei dem nur das Wörtchen „wie“ entfallen ist. Lassen Sie sich also auf den Flügeln der Fantasie an den Strand der Metaphern tragen und baden Sie genüsslich im Metaphernmeer. Am Morgen weckt sie die rosenfingrige Eos, springen die munteren Delphine der Visionen, verfliegt der Sand der Zeit unter Ihren hoffnungsfrohen Schritten, am Mittag tauchen Sie ein in die Klänge der Panflöte, erblicken Sie die entrückten Horizonte der Ideen, träumen Sie auf den Schwingen von Flamingos, am

Nachmittag trägt sie das Schiffchen der Einbildungskraft, am Abend durchfährt Sie das Feuer des schreibenden Poeten und bei Nacht besänftigt mondne Kühle Ihr glühendes Herz.

Ich vermute, dass Ihre Augensterne einige dieser Metaphern schon einmal gelesen haben. Sie ruhen als abgekürzte Vergleiche im Schatzhaus Ihrer Erinnerung und Sie können deren Gedankenflug leicht folgen.
Spannender und schöner sind aber die Metaphern aus dem Schoß der Assoziationen, die sich allein rational nicht entschlüsseln lassen:¶
„des Wahnsinns sanfte Flügel“, „ein

knöchernes Grauen“, des Ölbaums blaue Stille“ (Georg Trakl),¶
„von dem verborgenen Goldgefäß// läuft durch mein Blut ein schmerzliches Gleißen“ (Gertrud Kolmar),
„Wenn mittags das weiße Feuer//der Verse über den Urnen tanzt“ (Peter Huchel)

„Ich richte mir ein Zimmer ein in der Luft
unter den Akrobaten und Vögeln:
mein Bett auf dem Trapez des Gefühls
wie ein Nest im Wind
auf der äußersten Spitze des Zweigs.“ [...]
Hilde Domin


„Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
[…]
Paul Celan

Gönnen Sie sich die Freude, liebe Leser, im Strudel geheimnisvoller Metaphern der Poesie zu versinken, aber seien Sie wachsam im Alltag. Entdecken Sie die bittere Pille der Wahrheit unter dem Honig der Unterhaltung und spitzen Sie die Ohren, wenn Rattenfänger auf der Schalmei der Verführung

blasen.

© Ekkehart Mittelberg. Februar 2016

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Hörbuch

Über den Autor

Phantasus
Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben.
Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen.
Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.

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KaraList Eine sehr interessante und kurzweilige Abhandlung über ein Thema, das oftmals Kontroversen auslöst. :-)
Der letzte Satz gefällt mir besonders gut.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Gracie, Kara, "interessant und kurzweilig" ist ein schönes Lob.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Ameise Ich zerfliesse in Deinen Worten. lg Anja
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Anja. Der Tau blitzt im Sonnenlicht.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie Danke für die Entführung in diese bezaubernde Welt, Ekki, ...
Herzlichst
Manu
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Ich habe dir zu danken, Manu.
Herzlichst
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Besonders dein letzter Satz gefällt mir sehr gut.
Zu oft unterliegt man falsch gedeuteten Worten oder Metaphern, weil sie oh so verführerisch klingen.
Manch einem täte es gut, ein bisschen genauer hinzuhören oder zu lesen.
Liebe Grüße
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Grazie, auch für den Favo, Sabine. Ja, gerade weil einem Metaphern so schnell aus der Feder fließen, bedürfen sie besonderer Aufmerksamkeit.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Oh ja, lieber Ekki, ich mag sie auch sehr!
Gerade die imaginären, irrealen, unter denen sich der Leser eigentlich nichts Konkretes vorstellen kann.
Doch für meinen Geschmack dürfen sie nicht zu gedrechselt und süßlich klingen und, vor allem, ein Gedicht nicht überladen.
Du hast mir hiermit gerade eine große Freude gemacht, vielleicht sogar die Lust am Schreiben wiedererweckt, die ich schon verloren glaubte ... Auch gelesen habe ich hier in letzter Zeit sehr wenig, war einfach mal zwanglos abseitig ...

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, auch für den Favo, liebe Fleur. Es freut mich sehr, dass ich dich ein wenig inspirieren konnte. Abgesehen davon muss man von Zeit zu Zeit ausscheren, um nicht in der Routine zu versinken.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
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