mySTORYs Schreibratgeber
Für Anfänger und Fortgeschrittene

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Grundlagen

Der Romanschreiber: Klärung

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"Der Romanschreiber", damit beginnt eine Artikelreihe, in der ich dir praxisnahe Tipps zum Entwickeln, Schreiben, Anbieten und Vermarkten eines Romans gebe. Anders als mit den bisherigen Artikeln will ich dir damit nicht verschiedene Wege zum Ziel aufzeigen. Zwar gilt natürlich weiterhin, dass letztlich das Ergebnis zählt, welchen Weg auch immer du beschreitest, doch als der Romanschreiber habe ich mir vorgenommen, keine verwirrende Vielfalt an Möglichkeiten aufzuzeigen, sondern (zum Teil am praktischen Beispiel) klare, einfache Strategien aufzuzeigen, die meiner Meinung nach besonders hilfreich sind.

Wenn es gelingt, solltest du diese Artikel beinahe wie eine Anleitung lesen und direkt umsetzen können. Willst du in eines der Themen tiefgründiger eindringen, stehen dir ja weiterhin die anderen Artikel zur Verfügung. Und noch einmal: Auch wenn ich in dieser Reihe beinahe so tue, den goldenen Weg für jeden gibt es nicht. Jeder muss letztlich seinen eigenen finden. Also, auf geht's!

1 Der Autor

Bevor du mit der Arbeit an deinem Roman beginnst, könntest du dich fragen, was eigentlich einen Autor ausmacht, welche Voraussetzungen man mitbringen muss, um einer zu werden. Darüber gibt es sicher unterschiedliche Auffassungen, weshalb eine nur halbwegs erschöpfende Antwort aus dem Rahmen dieser Artikelreihe fällt. Unter anderem im Artikel "Was braucht es, um ein Autor zu werden?" findest du mehr darüber.

Fragen wir uns hier also lieber, was dir mindestens hilfreich ist, wenn du einen Roman schreiben willst.

Ein bisschen Talent zum Beispiel. Das Talent, Interessantes spannend zu erzählen. Das Talent, was du erzählen willst, in die passenden Worte zu kleiden. Die Sprache deiner Erzählung untertan zu machen oder sogar mit ihr zu spielen. Figuren lebendig werden zu lassen. Und viele Talente mehr. Ganz ohne Talent(e) geht es wahrscheinlich nicht, nur hilft dir dieses Wissen leider nicht viel. Denn ob du talentiert bist oder nicht, wirst du anfangs nur schwer herausfinden. Schon gar nicht vor dem ersten Roman. Und selbst wenn du dir sicher bist, unterliegst du vielleicht einer Selbsttäuschung. Machen wir uns also um dein Talent keine weiteren Gedanken. Ein bisschen wird schon da sein. Den Rest gleichen wir eben irgendwie aus.

Wie wäre es da mit Schweiß? Tja, um den wirst du nicht herumkommen, selbst mit viel Talent. Und das solltest du dir klarmachen, bevor du mit dem Schreiben beginnst.

Sicher, wahrscheinlich hast du dir schon gedacht, dass es ziemliches Durchhaltevermögen erfordert, um einen Roman von mehreren hundert Seiten zu Ende zu schreiben. Das geht schließlich nicht von heute auf morgen. Und egal, wie sehr du darauf brennst, deine Ideen in die Tasten zu hämmern, das Schreiben macht nicht immer Spaß. Irgendwann wird es zäh, manches Problem stellt sich ein, und du weißt nicht weiter. Um trotzdem dranzubleiben, musst du dich disziplinieren.

Aber hast du auch daran gedacht, dass du vielleicht schon fleißig sein musst, bevor du die erste Zeile schreibst? Nein? Dann will ich dir das doch sehr ans Herz legen. Zwar soll es durchaus Leute geben, die sich nur an den Rechner setzen müssen, und denen, ohne dass sie sich großartig um irgendetwas kümmern, die tollsten Geschichten aus den Fingern fließen, aber glaub mir, das sind bestenfalls absolute Ausnahmen. Die meisten, die einfach nur losschreiben (und das ist das Gros der angehenden Autoren), hätten es besser anders gemacht. Du könntest dir also schon vorher ein paar Gedanken machen.

Falls du jetzt denken solltest: "Ah, der meint, ich soll mir vor dem Schreiben überlegen, wie ich den Roman angehen will, eventuell sogar ein bisschen genauer planen", dann hast du ganz recht. Plotten nennt man das in Autorenkreisen, und wir werden uns noch detaillierter damit befassen. Aber das ist noch nicht alles.

Das Schreiben von Romanen kann und sollte man lernen. Und nein, das beherrscht man nicht einfach so. Mit dem, was dir die Lehrer in der Schule beigebracht haben, kommst du nämlich nicht aus. Sicher, manche lernen schon viel, indem sie die zukünftigen Kollegen lesen, guter Rat, ein bisschen Theorie und nicht zuletzt viel Übung sind aber mindestens ergänzend notwendig. Die wenigsten schreiben auf Anhieb einen guten Roman, schon gar nicht, wenn sie sich beim Verfassen ihres potenziellen Debüts noch überhaupt nicht mit der Materie beschäftigt haben. Nimmt man es genau, übst du mit dem ersten Roman noch für den zweiten, mit dem dann für den dritten und so weiter und so fort.

Aber was erzähle ich dir? Du liest ja schon diesen Artikel, was ja bedeutet, dass du mehr über das Romanschreiben erfahren willst. Du bist also auf dem besten Weg, das Handwerk zu lernen. Oder sagen wir lieber, am Anfang dieses Weges. In den Startlöchern. Wann du das Ziel erreichst? Na ja, ein Hundertmeterlauf wird das nicht.

2 Das Handwerk

Jetzt kann ich mich kurzfassen. Denn da ich ja eben schon vom Lernen gesprochen habe, ist dir ja klar, dass Schreiben offenbar etwas mit Handwerk zu tun hat. Aber gut, ich werde noch etwas konkreter. Weil du es bist.

Dein wichtigstes Werkzeug, das du für deinen Roman nutzen wirst, ist na? Richtig, die Sprache. Ja, genau, auch dann, wenn du dir nicht vorgenommen hast, ein sprachliches Kunstwerk zu schöpfen. Alltagssprache? Vergiss es! Schon die Schriftsprache an sich hat wenig mit Alltag zu tun, die Sprache in der Literatur mag vielfältig sein, aber nie ist sie alltäglich. Und selbst, um sie so klingen zu lassen, bedarf es viel Können. Um es böse zu formulieren: Was du und ich so täglich von uns geben, mag sich mancher zwar anhören, lesen will es keiner.

Mach dir noch einmal klar, auch der Tischler, der lediglich Gebrauchsmöbel herstellt, muss sich gleichermaßen mit seinem Werkzeug wie mit dem Werkstoff und verschiedenen Techniken, diesen zu bearbeiten, auskennen. Halten wir also fest, eine gute Übung, um einen Roman zu schreiben, ist es, sich bewusst ein bisschen mit der Sprache zu befassen. Nicht nur mal eben kurz, sondern dauerhaft.

Das bedeutet jetzt nicht, dass du einen Kurs belegen musst, schließlich hast du auch so täglich mit Sprache zu tun. Hör einfach mal genauer hin, lies genauer, schlag mal nach, wenn du dir nicht sicher bist.

3. Die Idee

Man sagt, mit der Idee fängt alles an. Das stimmt vor allem insofern, dass es bedeutet, mit der Idee ist es noch lange nicht getan.

Zum einen benötigt es zum Geschichtenerzählen weit mehr als nur eine Idee. Im Prinzip muss hier eine Idee auf die andere folgen.

Zum anderen sind all diese Ideen für sich genommen nackt, wollen erst bekleidet und bestmöglich präsentiert werden.

Viele sind der Überzeugung, es brauche vor allem eine gute, vielleicht einzigartige Idee, um einen guten Roman zu schreiben. Ich denke, die Idee(n) sind die Basis, das Fundament für eine gute Geschichte. Die Ausgangsidee oft nur der Anstoß. Dann aber muss die Idee erst einmal gut umgesetzt werden. Beides spielt dann zusammen. Wobei ich glaube, es ist einfacher aus einer soliden, aber eher mittelprächtigen Idee durch hervorragende Umsetzung einen sehr lesenswerten Roman zu machen, als eine herausragende Idee zu einem tollen Buch zu entwickeln, wenn man das Wie nicht beherrscht.

Gut, wir halten also fest: Du musst weder in Triumphgeschrei ausbrechen, weil du glaubst, die Idee des Jahrhunderts im Kopf zu haben, noch musst du verzweifeln, weil du dir nicht sicher bist, ob sie es wirklich ist.

Wichtig ist zunächst einmal nur, dass sie dich begeistert, dass du wissen willst, was daraus werden kann, und vor allem, dass du die Geschichte, die aus dieser Idee erwachsen kann, unbedingt erzählen willst.

Wenn du dir da sicher bist, darf sich auch gern noch die Frage anschließen, ob du glaubst, dass andere die Geschichte auch gern erzählt bekommen würden. Denn bei Weitem nicht alles, was man selbst auf den ersten Blick als erzählenswert erachtet, ist das auch für (viele) andere.

Okay, wahrscheinlich bist du schon von allein darauf gekommen, dass nicht jede kleine Begebenheit – gut, nennen wir es ruhig Abenteuer – mit deinem Hund, deiner Katze oder deinen Aquarienfischen Romanstoff bietet. Meine Kumpels und ich mögen die Ereignisse auf der letzten Party als spektakulär bezeichnen, wenn ich sie einfach niederschreibe, erzeuge ich wahrscheinlich beim Leser kaum mehr als ein Gähnen. Und ja, ich habe einmal eine Kurzgeschichte geschrieben, die auf wahren Begebenheiten während einer Paddeltour beruhte. Das hat auch recht gut funktioniert, aber nur, weil ich mich weit genug von der Wahrheit entfernt habe (unter anderem hatte das Käuzchen in Wirklichkeit bei Weitem kein so gutes Timing, ganz abgesehen davon, dass die gespenstischen Erscheinungen in der Gruselgeschichte gänzlich meiner Fantasie entsprangen).

Zwar heißt es, das Leben schreibe die besten Geschichten, in Wahrheit erfüllen diese jedoch höchst selten die Ansprüche, die ein Leser tatsächlich an seinen Lesestoff stellt, zumindest, solange wir nicht kräftig an ihnen feilen und sie bis fast zur Unkenntlichkeit verändern. Das Leben kann dir also Inspiration sein, Ideen liefern, Vorbild sein, einfach abschreiben solltest du es nicht, selbst dann nicht, wenn du (Auto-) Biografisches zu Papier bringen willst.

Damit können wir für diese Artikelreihe schon einmal eines festlegen: Schreib etwas Fiktives! Etwas, das sich bestenfalls an die Wahrheit anlehnt, das aus dem echten Leben schöpft, sich aber nicht zur Aufgabe macht, es einfach abzubilden. Kannst du erst mit fiktiven Stoffen umgehen, wird es dir möglich sein, auch reale Stoffe in eine ansprechende, interessante und spannende, kurz: eine lesenswerte Form zu gießen.

4. Der Leser

Jetzt habe ich dich die ganze Zeit auf das Lesenswerte hingedrängt, ist es denn nicht viel wichtiger, es einfach fließen zu lassen, zu schreiben, was aus dir herauskommt? Du willst ja kein Auftragswerk schreiben, sondern eine Geschichte, die ganz und gar deins ist. Können wir also bitte den Leser da raushalten? Der bekommt das Werk doch noch früh genug zu Gesicht!

Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht denkst du schon deshalb nicht an den Leser, weil du das, was dir da aus den Fingern fließt, einfach nur für dich selbst festhalten willst. Es muss also nur dir selbst gefallen.

Aber warum liest du dann diesen Artikel? Das lohnt sich doch gar nicht für dich! Wenn du der Einzige bist, der jemals deine selbst gekochten Spaghetti mit Tomatensoße essen wird, sie dir obendrein ausgezeichnet schmecken, machst du dich doch auch nicht auf die Suche nach Rezepten. Nur wenn du glaubst, du könntest den Genuss auch für dich selbst noch erhöhen, kann es helfen, Rezepte und Ratschläge von anderen zu studieren und auszuprobieren.

So ist es auch mit dem, was du erzählen willst. Egal, ob du es jemand anderem oder nur dir selbst erzählen willst, wenn dahinter der Anspruch steht, es so gut wie möglich zu machen, musst du schon mal über den Tellerrand schauen.

Und du brauchst eine Art Qualitätskontrolle, eine Instanz, die dir über die Schulter schaut und dich ermahnt, nicht einfach so vor dich hinzuschreiben, sondern dein Ziel, etwas besonders Gutes (Lesenswertes) zu erschaffen, nicht aus den Augen zu verlieren. Nein, halt, ruf nicht gleich jemanden an! Diese Instanz sitzt in deinem Kopf. Manche nennen sie den inneren Zensor, Kritiker oder Lektor, aber im Prinzip ist er nichts anderes als der Leser. Der, den du dir wünschst (der also wahrscheinlich genau das am liebsten liest, was dir selbst am besten gefällt) oder der, den du aus anderen Gründen erreichen willst (etwa, weil er der Zielgruppe der Geschichte entspricht, die du gerade schreibst).

Sobald du also mehr willst, als deine Geschichte einfach nur irgendwie auf Papier zu bringen, schreibst du für den Leser. Im direkten Schreibprozess für den in deinem Kopf, darüber hinaus aber letztlich mindestens für jeden Leser, der diesem Idealbild in deinem Kopf nahekommt.

Vergiss diesen Leser im Kopf nie! Er ist es, den du begeistern willst! Und ja, der kann ganz schön nerven und gibt oft genug selbst dann keine Ruhe, wenn du glaubtest, ihn gerade in Grund und Boden argumentiert zu haben.

Aber er ist auch ein Kämpfer. Und er kämpft für dich, mehr noch für deine Geschichte. Sein Antagonist ist dein innerer Schweinehund.

Und nun auf in den Kampf! Du und ich, wir kramen jetzt jeder nach einer guten Idee, und mit dem nächsten Artikel dieser Reihe machen wir uns an die Umsetzung.

Veröffentlicht am 18.07.2013
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