Ich bräuchte wirklich mal Hilfe ...

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ICH BRÄUCHTE WIRKLICH MAL HILFE ...

Thema gestartet
von Misspelled
am 27.06.2013 - 11:33 Uhr
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Misspelled  ... ich habe ein Kapitel in meinem Buch, das finde ich todlangweilig, weil es halt nur erst einmal die Vorgeschichte erklärt. Jetzt brachte mich eine Leserin auf die Idee es etwas anders zu gestalten, da es dann halt lockerer wird.

Zur Erklärung des Buches. Die normal Bevölkerung weiß nicht was im durch das Militär abgeschirmten Gebiet vor sich geht. Sie können also nur über optische Dinge reden, nicht über den eigentlichen Grund der Geschichte. Die Hintergründen sind also nur Eingeweihten bekannt. Das ist mein eigentliches Problem.

Schaut bitte mal, welche von beiden Varianten euch besser zusagen würden, als Leser.

Ich wäre euch sehr Dankbar für eure Hilfe

Lg Miss Pelled
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::::: Altes Kapitel :::::::

Vorbereitungen

Das Gebiet östlich von Feldhusen war ein sehr dünn besiedeltes Gebiet, in dem es nur wenige Bauernhöfe gab. Das Wetter war hier sehr rau, die Ernten nicht sehr erträglich. So konnte man in dieser schweren Nachkriegszeit, ohne große Mühe, die wenigen Bauern dazu bringen, ihre Höfe und ihr Land, für eine gute Entschädigung, an das Militär abzugeben. Man bot den Neubauern in der Nähe von Klein Schwansee neues Land an, baute ihnen großzügigere und schönere Höfe, in denen sie all ihre Vorstellungen einbringen konnten. Man stellte für den Übergang Saatgut, Düngemittel und andere Hilfsmittel zur Verfügung, so dass die Bauern nicht lange überlegen brauchten.

Es war eine schwere Zeit, Anfang 1946. Der Krieg war gerade zu Ende und der Neuaufbau begann. Viele der Höfe waren zerstört oder enteignet worden. So dass die Bauern sehr schnell bereit waren, auf den Wunsch des Militärs einzugehen und umzusiedeln. Den willigen Bauern wurde jegliche Hilfe zuteil. Sie bekamen alles, was man sich wünschen und erträumen konnte. Sogar Vieh oder Landmaschinen erhielten die willigen Bauern geschenkt oder besonders günstig, zur Verfügung gestellt.

Dadurch bekam das Militär ohne großen Widerstand, das Terrain, dass man für ein langfristig geplantes Projekt benötigte. Dies sollte den Namen ?Projekt Dalinow? tragen. Der Name stammte von dem Begründer des ursprünglichen Gedankens, einem russischen Wissenschaftler, der für das Militär arbeitete und forschte.

Die Großzügigkeit des Militärs kannte wie so oft in solchen Fällen, keine Grenzen, wenn es darum ging, seinen Willen durchzusetzen. Keiner wusste, was die nächsten Jahre bringen würde. So kurz nach dem Krieg rechnete man mit allem. Also kam das Militär auf diese Weise, der betroffenen Bevölkerung sehr entgegen und hatte dadurch, gleichzeitig freie Hand.

Kaum verfügte das Militär über dieses fünfundvierzig Quadratkilometer große Gebiet, wurde es eingezäunt. Damit fertig kamen, Bedienstete des Militärs. Förster und ihre Helfer begannen, entlang des Zaunes einen Gürtel aus Hecken und Bäumen zu pflanzen. Dies alles geschah im Frühjahr des Jahres 1946.

Seit diesem Zeitpunkt, wurde der Baumbestand gehegt und gepflegt. Er wuchs schnell heran und gedieh gut. Dieser Ring aus Büschen und Bäumen war so dicht, dass man nach drei Jahren, nicht mehr hindurch laufen konnte.

Ein für die Bevölkerung der Region nicht zu begreifendes Unterfangen, das viel Raum für Spekulation bot. Nach über zehn Jahren, wunderte sich keiner mehr über den dort entstandenen Wald. Man hatte sich einfach daran gewöhnt. Hoch gewachsen waren die Fichten, genau wie die, am inneren und äusseren Rand, des anderthalb Kilometer starken Waldgürtels, angelegten dichten Hecken, die einen Sichtschutz bilden sollten. Nur von einer Schneise aus, war dieser Wald noch zu gängig.

Für die direkt am Eingang des Waldes stationierte Wach- und Pflegekompanie, wurde sogar ein Gebäude geschaffen, in dem es Bereiche zum Wohnen, Schlafen, aber auch Koch- und Sanitärbereiche gab. Immer drei Wochen am Stück, lebten diese, aus je zwölf Mitarbeiter bestehenden Einheiten, in dieser Unterkunft. Danach wechselte jeweils die Mannschaft.

***

Kaum hatte die Bevölkerung sich an den neu entstandenen Wald gewöhnt, bekamen die Spekulationen wieder neue Nahrung. Seit Ende März 1957, kaum, dass die Temperaturen etwas gestiegen waren und das Tauwetter einsetzte, fuhren immer mehr LKWs mit Baumaterialien die Landstraße aus Richtung Feldhusen nach Norden. Die Fahrzeuge bewegten sich von der L1 geradeaus in Richtung des Waldes, der vor elf Jahren angepflanzt wurde. In dessen Schneise begann man, Anfang April 1957 eine provisorische Zufahrtsstraße zu bauen. Die Baumaschinen des Straßenbaus fraßen sich Meter für Meter durch diesen Ring, in das Innere des Waldes hinein, um eine zeitweilige Zufahrtsstraße anzulegen. Es wurde in einem unvorstellbaren Tempo gearbeitet.

Danach kamen Bagger, die westlich des Deipsee?s, innerhalb des künstlich angelegten Waldes, über eine Fläche von fünftausendsechshundert mal fünftausendachthundert Metern, eine dreißig bis sechsunddreißig Meter tiefe Grube aushoben. Der Abraum aus der Grube wurde vor den geplanten elektrischen Zäunen, im Abstand von drei Metern als Wall aufgeschüttet. Zwischen dem Wall und dem Zaun, würden später kontinuierlich Patrouillen, auf einer extra dafür angelegten Straße, fahren.

LKWs brachten Kräne, Zäune, Pfeiler, Baumaterial, Zement und Kabelrollen. Hochspannungsleitungen wurden verlegt und Trafo-Stationen gebaut. In die Grube hinein, wurden unterirdische Bauten errichtet. Jedes dieser Gebäude umfasste sechs Etagen, eins sogar sieben Etagen. Alle Gebäude wurden unterirdisch miteinander verbunden.

Es entstanden dort Laboratorien, Werkstätten und Schulungsräume. Ganz unten gab es sogar zwei große Schwimmhallen. Aber auch Wohnräume, eine Großküche, Friseur, Wäscherei, zwei kleine Krankenhäuser, sogar eine Einkaufsstraße entstanden hier. Alles, was man fürs tägliche Leben brauchte, würde man später einmal hier vorfinden. Hier entstand eine kleine unterirdische Stadt. Insgesamt waren es sechs riesige Bauwerke, die errichtet wurden. Sie erstreckten sich über das gesamte Terrain im Inneren des Waldes. Diese Gebäude wurden Etage für Etage durch großzügige Tunnelröhren miteinander verbunden, von denen zwei sogar an die Oberfläche führten.

Parallel zu den großen Röhren, verliefen kleinere Tunnelröhren, die für das Wartungspersonal bestimmt waren. In den einzelnen Gebäuden waren die Gänge, wie auch die großen Tunnel so konstruiert, dass man darin mit Multicars herumfahren konnte. Das waren kleine elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die größeren Tunnel, besaßen alle eine Höhe von circa vier Metern, die kleineren Tunnel allerdings, waren gerade mal zwei Meter zehn hoch, so dass man bequem darin laufen konnte. Auf diese Weise gelangte das Wartungspersonal, schnell von einem Ort zum anderen, in dieser riesigen Anlage. An den unterirdischen Gebäuden führten im Abstand von fünfzig Metern, breite Schächte nach oben, an die Oberfläche. Deren Zwecke man jetzt noch nicht erkennen konnte.

Anfang Juli 1957, waren diese Gebäude bereits fertiggestellt. Es wurde in Rekordzeit gebaut, so wie nur das Militär bauen konnte. Das Erdreich wurde bereits wieder aufgeschüttet und eingeebnet. So dass keines dieser Bauwerke mehr zu sehen war. Das übrig gebliebene Erdreich bildete eine Art inneren Wall. Dieser wurde sofort bepflanzt. Zum Wald hin mit Büschen und Bäumen, damit man den elektrischen Zaun weniger sah. Ins Innere des Objektes dagegen, mit Beeten für Blumen, Steingärten, zum Teil allerdings auch, mit Zier- oder Beerensträuchern. Es war ein gut durchdachtes Konzept, das eine Wohlfühloase schuf und nichts zu wünschen offen ließ.

Nichts erinnerte mehr daran, dass dies eine militärische Anlage war. Würde jetzt jemand über das Gelände fliegen, ähnelte es eher einer Wohnanlage oder einem Sanatorium. Genau das wollte man erreichen. Erstaunt stellte man fest, dass sich jetzt nur noch fünf an Wohnblocks erinnernde, zweistöckige Gebäude auf diesem riesigen Gelände befanden. Diese waren in einen großzügig angelegten Park eingebettet. Ein etwas größeres, nur einstöckiges, flaches Gebäude, dagegen sah aus, wie eine Mensa mit angebauter Sportanlage. Zwei schmale Zufahrtsstraßen verrieten allerdings, dass sich unter diesem Gebäude eine Tiefgarage befand. Wie groß diese war, konnte man nicht erahnen.

***

Die Bauarbeiten gingen zügig voran. Bereits im Juli 1957, fuhren immer häufiger Fahrzeuge die für den Innenausbau zuständig waren, die Zufahrtsstraße entlang. Hinein in dieses Projekt, dass die Bevölkerung zu immer neuen Spekulationen veranlasste. Da das gesamte Terrain zusätzlich mit sehr hohen elektrischen Zäunen gesichert wurde. Zäune, die eine Höhe von mindestens fünfzehn Metern hatte und deren Kronenschutz mit S-Draht versehen war. Dieser S-Draht verhinderte ein übersteigen des Zaunes, er würde die Person regelrecht festhalten und dabei schwer verletzten. Verhedderte sich jemand in diesem S-Draht, kam er alleine und ohne fremde Hilfe, nicht mehr frei. Die Personen mussten dann regelrecht aus dem Draht herausgeschnitten werden. Zusätzlich wurde die Zaunanlage mit glasverkleideten Wachtürmen bestückt, die das Terrain zusätzlich überwachen und beschützen sollten. Das gesamte Gebiet im Inneren des Waldes wurde zusätzlich, zur äußeren Zaunanlage, nochmals umzäunt. Obwohl es circa fünfundvierzig Quadratkilometer umfasste. Es erstreckte sich von Harkensee im Nord-Osten bis Wilmsdorf im Süd-Osten, von Neuhagen im Süden-Westen, bis kurz vor Wieschendorf, in Richtung Feldhusen nach Norden-Westen.

Das gesamte Terrain wurde systematisch abgesichert, so dass nicht einmal ein Maus, ungesehen hinein oder hinausschlüpfen konnte. Selbst einen kleinen Flugplatz, mit einer ausreichend langen Landebahn, von fast zweieinhalb Kilometer Länge, baute man für dieses Projekt. Durch die gepflanzten Hecken und Bäume, die sich vor den elektrischen Zäunen befanden, wurde Fremden die Sicht ins Projekt verwehrt. Keiner sah, was hinter den Zäunen vor sich ging.

Selbst die provisorische Zufahrtsstraße zu dem Projekt, wurde so angelegt, dass diese in wenigen Monaten wieder verschwunden war. Nur ein Forstweg würde noch zum ?Projekt Dalinow? führen. An dessen Eingang sich ein, in die elektrischen Zaunanlage eingearbeitetes Tor, befand. Davor war ein großer Parkplatz, der an den Komplex für das Pflege- und Wachpersonal angebaut wurde. Dieser war ebenfalls gesichert.

Das Militär plante, das ?Projekt Dalinow? im Geschlossenen durchzuführen. Diese Geheimhaltung konnte man allerdings nur erreichen, wenn man der zivilen Bevölkerung den Zutritt verwehrte. Selbst eine eigene Tankstelle besaß dieses Projekt. Die über den Luftraum, mit speziellen Flugzeugen, versorgt wurde. Man ging davon aus, dass in spätestens zwei Jahren, von der Masse der Bevölkerung, niemand mehr an die Baumaßnahmen dachte. Man diese einfach wieder vergaß. Was man nicht sah, geriet nach und nach in Vergessenheit, so die Gedankengänge des Militärs.

Nach dem Start des Projektes, würden alle notwendigen Transporte, nur noch von Flugzeugen und Hubschraubern durchgeführt. Ebenfalls alle notwendigen An- und Abreisen. Da die Zufahrtsstraße, zum Projekt, dann nicht mehr existieren würde. Der zuständige Förster, plante schon die Neubepflanzung der Schneise. Vor Ort waren jetzt, im Oktober 1957, schon die Parkanlagen fertiggestellt. Selbst ein kleiner Hain mit den uralten Buchen und Kastanien wurde in den Park integriert.

Viele verschiedene Möglichkeiten zur Entspannung, bot das circa sieben mal sechs Kilometer umfassende Parkgelände. Kleine Gärten vor den Häusern, luden zur Entspannung der Angestellten ein, genau so, wie der Volleyballplatz und das Fußballfeld. Sogar ein kleines Freibad, wurde für die Mitarbeiter angelegt. Hier entstand ein richtiges kleines Paradies.

Der Architekt, der dieses Projekt plante, dachte wirklich an alles. Die großzügige Parkanlage mit vielen Bänken und Springbrunnen luden einfach nur zum Verweilen ein. Endlich, Ende Dezember 1957, waren bis auf Kleinigkeiten, alle Gebäude und auch die Parkanlage fertiggestellt.

***

Verwundert sah man sich die Gebäude an, die nicht in der üblichen Ziegelbauweise errichtet wurden, sondern in einer Plattenbauweise. Diese waren zusätzlich verputzt und mit großen schwarzen, in Rahmen montierten Glasscheiben verkleidet. Man sah diese eigenartigen Platten, ebenfalls auf den Dächern der Gebäude. Solarzellen nannte man diese Glasplatten, die zur Stromgewinnung dienten.

Die Fotovoltaik oder auch Solartechnologie diente der direkten Verwandlung von einfallendem Licht, in elektrische Energie.

Die Geschichte der Fotovoltaik, begann im Jahr 1839, als der zugrunde liegende fotoelektrische Effekt entdeckt wurde. Alexandre Edmond Becquerel entdeckte durch Zufall, bei einem Experiment mit dieser Technik, dass der Fluss des Stromes, bei Licht geringfügig größer war, als im Dunkeln. Seit einiger Zeit versuchten russische Wissenschaftler, diesen Effekt für die Stromgewinnung zu nutzen. Da man sehr viel Strom brauchen würde, im ?Projekt Dalinow?, wollte man diesem Pilotprojekt eine Chance einräumen und zur Stromgewinnung nutzen.

Die Schächte, die sich um die unterirdischen Gebäude befanden, blieben allerdings offen und wurden vollständig in die Parkanlagen integriert. Sie wurden jedoch alle mit Schutzgittern versehen, so dass man nicht in die Tiefe stürzte. Jetzt wurde auch die Funktion dieser Schächte sichtbar. Sie leiteten, über ein Spiegelsystem, das Tageslicht in die unteren Ebenen, um die unteren Bereiche, auch mit etwas Sonnenlicht zu versorgen.

Lediglich, der hinterste dieser Blöcke, besaß nur einen dieser Sonnenschächte, wie diese vom Architekt bezeichnet wurden. Das war der Block, der am nächsten am Flugplatz stand. Der einzige Block, der sieben Etagen, aber auch einem freien Zugang nach draußen besaß.

Jedoch war er im Inneren durch dicke Stahltüren, gegen unerlaubtes Verlassen und Betreten gesichert. Dort entstand ein großer Hochsicherheitsbereich. Dieser war nur minimalistisch ausgestattet. Man durfte diesen Bereich, nach Beginn des ?Projektes Dalinow? nur betreten, wenn man speziell dafür autorisiert wurde. Hier wurden die eigentlichen Forschungen durchgeführt. Alles war sehr praktisch und funktionell gehalten. Ganz anders, als die anderen Bereiche in dieser militärischen Anlage, die regelrecht im Luxus ertranken.

Sämtliche überirdisch errichteten Gebäude, besaßen rings herum laufendende Balkons und waren inmitten des Parks gelegen. Von dem Balkon aus schaute man, egal, wohin man blickte, auf die wunderschönen Grünanlagen. Entweder, hatte man einen Blick auf den Park oder den künstlich angelegten Wald. Hier ließ es sich schön wohnen.

***

Am 30. Dezember 1957 kurz vor 13 Uhr, kam ein Konvoi von Fahrzeugen auf der Zufahrtsstraße von Feldhusen in das Objekt gefahren. Es waren überwiegend schwarze und schwere Regierungsfahrzeuge, die zum großen Teil von hohen Militärs besetzt waren. Fünfzehn Generäle, vom Generalmajor bis hin zum Armeegeneral nahmen das Projekt ab. Auch ein ziviler Beamter der Regierung war zugegen.

Zufrieden mit der erbrachten Leistung, äußerten sich die Militärs und der von der Regierung Beauftragte, lobend gegenüber Hunsinger und den Baubrigaden, über die erbrachte Arbeit. Oberst Hunsinger wurde für die Organisation und Durchführung dieses Projektes geehrt. Es war allen bewusst, dass dieses Vorhaben für ein schwieriges Unterfangen darstellte.

Man inspizierte die Einrichtungen für das Personal, so wie die, für die zukünftigen Bewohner des Blocks 6, um die es in diesem Projekt ging. Einstimmig war man der Meinung, dass man das Beste Material zum Gelingen des ?Projektes Dalinow? zur Verfügung gestellt hatte. Jetzt lag es nur noch am Personal, dies auch erfolgreich durchzuführen. Man setzte große Erwartungen in Hunsinger und sein Team.

Die Abnahme-Kommission gab das Projekt frei für den Start. So konnte das ?Projekt Dalinow?, abgesegnet von den Führungsebenen, pünktlich Anfang des Jahres 1958 beginnen. Man wünschte Oberst Hunsinger und seinen zukünftigen Teams viel Erfolg.

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:::::::: Neu geschriebenes Kapitel ::::::::::

Vorbereitungen

Josef Müller stapfte missmutig die zwei Kilometer von Rosenhagen aus, in Richtung Feldhusen. Bei diesem Sauwetter, machte das nicht sonderlich viel Spaß. Aber anders kam er nun mal nicht in seine Stammkneipe, um wie jeden Freitagabend eine Runde Skat zu klopfen. Jede Woche traf man sich seit vielen Jahren in der dortige Dorfkneipe. Hier tauschte man die neusten Informationen aus. Das Gebiet östlich von Feldhusen war ein sehr dünn besiedeltes Gebiet, in dem es nur wenige Bauernhöfe gab. Das Wetter war hier sehr rau, die Ernten nicht sehr erträglich. Man hatte also nicht sehr viel Abwechslung. Durchgefroren kam Josef in der Kneipe an und setzte sich zu seinen Freund Sigi, der eigentlich Siegfried Fischer hieß, an den Stammtisch.

?Du machst mit deinem Gesicht, dem Wetter da draußen alle Ehre, Sigi?, stellte Josef trocken fest und sah dabei seinem Skatbruder mürrisch an. Schnell bestellte er sich bei Gustav, dem Schankwirt, etwas zu trinken. ?Gustav mach mir mal ein großes Blondes und einen Korn?, rief er rüber zum Tresen, an dem der Wirt einsam und verlassen herumstand. Das war bi dem Wetter kein Wunder. ?Aber ein Warmes. Manne ist mir kalt.?

?Geht klar Jo. Sag mal, willst du nicht lieber einen Grog??, meinte der Wirt breit grinsend. Gustav wusste, dass der gerade angekommene Josef Rum hasste, wie die Pest. Er stammte halt nicht von der Waterkant und wusste nicht, was bei diesem Wetter gut tat.

Josef schüttelte sich wie ein nasser Hund, nur bei dem Gedanken an einem Grog. ?Gustav, du willst mich wohl umbringen??, ein schallendes Gelächter ertönte. Denn nicht nur der Wirt lachte, sondern alle heute anwesenden Gäste. Es waren heute nur drei. Keiner der Anwesenden verstand, dass Josef nach all den Jahren, immer noch nicht vom Grog zu überzeugt war. Josef winkte ab und wandte sich wieder Sigi zu, der immer noch lachend den Kopf schüttelte.

?Was ist denn los Sigi?? Wiederholte Josef seine Frage. ?Wo sind denn die anderen? Trauen die sich bei dem Wetter nicht raus? Das ist ja was ganz neues?, stänkerte Josef etwas, denn der harte Kern der Kneipe, kam bei jedem Wetter. Da musste etwas Ernstes dazwischen kommen, so wie bei Albert heute.
? Sag bloß Jo, du hast es noch nicht gehört?? Völlig perplex sah Sigi Josef an. Der sonst eigentlich immer derjenige war, der über alles und jeden Bescheid wusste.

?Sigi, ich musste heute früh, Albert nach Rostock bringen, in die Klinik. Ich war den ganzen Tag unterwegs und bin erst vor einer reichlichen halben Stunde zurückgekommen.?

?Na ja, dann weißt du ja das Albert nicht kommt. Ekke ??, damit war Ekkehart Schwarz gemeint, der aus dem benachbarten Harkensee stammte. ?? kommt heute auch nicht und genauso wie Heiner?, erklärte Sigmar, das auch Heiner Friese, Ekkes Nachbar, nicht kommen würde.

?Warum das denn nicht? Was ist denn heute los??, schnaufte Josef wütend, weil er seinen Skatabend in Gefahr sah. ?Verdammt noch mal. Ich hab mich so auf den Abend gefreut.?

?Ekke und Heiner, hatten einen unschönen Zusammenstoß mit den Jungs vom verbotenen Wald. Was ist denn mit Albert? Wieso ist Albert eigentlich im Krankenhaus? Es ist hoffentlich nichts Ernstes.?

?Ach Sigi, ist nichts Schlimmes. Der Albert hatte plötzlich mit dem Blinddarm Probleme und muss operiert werden. Das fing gestern Nacht an. Ist alles in Ordnung mit ihm, nichts Schlimmes passiert. Was hatten die beiden für einen Zusammenstoß mit den Jungs vom verbotenen Wald? Vor allem, was für ein verbotener Wald eigentlich?? Josef verstand gar nichts, von dem was Sigi da erzählte.

?Gustav, bring mir mal einen Grog, doppeltstark und groß?, der Wirt grinst von einem Ohr zum Anderen und verschwand in der Küche.

Sigi grinste zurück. Er wusste, dass der Wirt ihm heute einen anständigen Grog machen würde. Schließlich kam Gustav wie er aus dem alten Schwanensee und ist ebenfalls vor vielen Jahren umgesiedelt wurden. Die beiden Alteingesessenen aus Schwanensee, liebte es diese Geschichte zu erzählen, obwohl es ihnen eigentlich verboten war. Aber was sollte ihnen nach all den Jahren noch geschehen, dachte sich Sigi und zuckte mit den Schultern.

Josef dagegen gehörte zu den wenigen Umsiedlern aus Schlesien, die hier geblieben waren und erst nach 1951 in Rosenhagen richtig Fuß gefasst hatte. Er kannte diese ganzen Geschichten um Feldhusen nicht, da darüber kaum gesprochen wurde.

?Was ist?? setzte Josef zu einer Frage an.

?Jo, warte bis ich meinen Grog habe. Zu einer Geschichte gehört etwas zu trinken. Anders erzählt man hier keine Geschichten. Du weißt das ist Tradition, hier bei uns an der Küste.?

Josef lachte und schüttelte den Kopf. ?Ach du alter Suffkopf. Komm lass mich nicht dumm sterben und klär mich auf. Ihr immer mit eurer Geheimniskrämerei?, forderte sich Josef eine Erklärung ein.

Im selben Augenblick kam Gustav mit einem großen Tablett voller dampfender Grog-Gläser und setzte sich zu den beiden Männern an den Stammtisch. Er winkte die anderen beiden Gäste ebenfalls heran. ?Kommt setzt euch zu uns. Heute gibt?s Grog auf meine Kosten. Sigi hat uns etwas zu erzählen.?

Kaum dass sich alle ein Glas mit Grog gegriffen hatten und vor Josef eine weiteres Bier und ein Korn standen, fing Sigi auch schon an zu erzählen.

?Ihr wisst ja, dass diese Gegend hier, nicht gerade besonders einladend ist. Oft ist das Wetter rau und der Boden der Felder, dass wisst ihr ja selber, gibt nicht besonders viel her.. Nach dem Krieg gab es hier einige Umstrukturierungen und viele von uns wurden umgesiedelt. Vor allem Rosenhagen, Harkensee und Feldhusen, bekamen dadurch viele neue Höfe.? Sigi nahm einen großen Schluck aus seinem Glas und sah zum Wirt hinüber. ?Wann war das gleich Gustav? Du weißt mit den Jahreszahlen habe ich es nicht so.?

?Sigi das war kurz nach dem Kriegsende. Also im Sommer und Herbst 1945, Bekamen die ersten Bauern die Angebote unterbreitet. Bei mir war das erst Anfang 1946.?

?Ja also im Sommer 45 kamen einige Herren vom der russischen Besatzungsmacht und fingen an, hier den Bauern die Höfe abzukaufen. Die boten uns Unsummen an Geld an. Ihr wisst ja alle noch wie das damals war. Vieles war zerstört nach dem Krieg und die meisten Großbauern hatte man enteignet. Die Bauernhöfe wurden aufgeteilt und die meisten größeren Höfe waren sowieso zerbombt oder niedergebrannt. Es kam vielen von uns gerade recht und die meisten haben da gar nicht lange überlegen müssen. Fast alle haben diese Angebote ohne zu zögern angenommen und waren froh darüber, einen neuen und vor allem besseren Hof zu bekommen. Vor allem bekamen wir nicht nur eine Entschädigung für unsere Höfe und neue größere Grundstücke, sondern auch neue Wohnhäuser, Vieh, Landmaschinen, Saatgut und Düngemittel. Das alles ohne finanzielle Aufwendungen und Anstrengungen von unsereins. Einige ganz Schlaue haben dabei noch gutes Geld verdient. Vor allem konnten wir uns so eine neue Existenz aufbauen. Es gab im Prinzip nichts, was wir nicht bekamen. Bei einigen Sachen mussten wir zwar etwas dazu bezahlen, aber meistens nicht mal ein Zwanzigstel der eigentlichen Kosten. Zu was die das Gelände brauchten, haben die uns natürlich nicht verraten. Aber wenn ich ehrlich sein soll, war mir persönlich, das auch ziemlich egal. Nicht wahr Gustav?? Sigi schaute hinüber zum Wirt, der zu allem nickte, was der Bauer erzählte.

?Na ihr seht es ja selber. Der Gasthof hier, der wurde auch erst im Mai 1946 fertig gestellt. Im März 46 fingen die an zubauen. Vor allem müsst ihr wissen, die haben alles genau nach meiner Vorstellung gebaut. Ich konnte den Jungs die dieses Gebäude in Rekordzeit hochgezogen haben, genau sagen, so und so will ich das haben. Egal, was ich an Vorstellung eingebracht habe, die haben mir einfach alles gebaut. Sogar den Anbau mit dem Gästezimmer bekam ich. Obwohl das meine alte Gastwirtschaft gar nicht hatte. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich mich da nicht zurück gehalten habe.?

Josef nickt und verstand sehr wohl, was der Wirt meinte. Er hatte sich immer gewundert, dass dieses Anwesen so wunderschön ist. Jetzt ging ihm ein Licht auf. ?Wo habt ihr denn da vorher gewohnt? Hier gibt es doch gar kein Gebiet, das vom Militär besetzt ist?, verwirrt schaut Josef in die Runde.

Sigi, wie auch Gustav grinsten breit. ?Jo, genau dort ist ja der verbotene Wald.?

Immer noch verstand Josef nicht, was die Männer im sagen wollten. ?Hier gibt es doch nur einen Wald und dort kommt man ??, mit einem Male fiel bei ihm der Groschen und er verstand, was die Männer ihm die ganze Zeit sagen wollten, ohne es auszusprechen. ?? am Deipsee unten. Dieses große eingezäunte Waldgebiet westlich des Deipsees. Dort wo das große Gebäude am Waldrand steht??

Sigi und auch Gustav nickten heftig mit dem Kopf. ?Genau da?, sagten beide wie aus einem Mund.

?Aber dieser Wald ist doch riesengroß, Gustav?, wunderte sich Josef.

Sigi übernahm wieder das Zepter der Erzählung. ?Klar ist das riesig, dass sind gute fünfundvierzig Quadratkilometer und es erstreckte sich von Harkensee im Nord-Osten bis Wilmsdorf im Süd-Osten, von Neuhagen im Süden-Westen, bis kurz vor Wieschendorf, in Richtung Feldhusen nach Norden-Westen. Das war ja das komische an der ganzen Sache. Zu was braucht man so ein riesiges Waldstück. Aber es kommt noch eigenartiger. Hör genau zu.

Kaum dass die Militärs das Gelände ihr Eigen nannten, bauten sie als Erstes, im Süden des Geländes, ein großes Gebäude. In dem wohnt seitdem die Wachmannschaft. Danach wurde eine regelrechte Sicherheitsanlage um dieses Gelände hochgezogen. Fünf Meter hohe Zäune und obendrauf noch Stacheldraht. Wir dachten erst, die bauen hier eine Art Konzentrationslager auf. Weißt du, ähnlich dem damals in Ahrensbök. Du kannst sicher vorstellen, dass wir kein gutes Gefühl dabei hatten und richtige Angst bekamen. In dem Gebäude der Wachmannschaft wohnen soviel ich weiß immer zwölf Leute, ein Förster und elf Forstarbeiter. Alle sind die beim Militär angestellt, denn die tragen alle Uniformen. Im Frühjahr 1946 begannen die dann damit, im Inneren des Zaunes einen Ring aus Hecken zu pflanzen. Dann pflanzten sie Fichten und im Anschluss nochmals Hecken. Es ist nicht das gesamte Gebiet Wald, wie man jetzt denken könnte. Innen in dieses Gebiet gibt es eine riesige Freifläche. Glaub mir Josef, wir haben uns nicht nur einmal an den Kopf gegriffen. Keiner von uns hat je verstanden, warum das Militär so einen Quatsch macht.? Sigi griff nach seinem Glas und nahm immer noch kopfschüttelnd, einen Schluck Grog, der in der Zwischenzeit kalt geworden war.

Gustav stand auf, holte einen Kessel heißes Wasser und noch eine Buddel mit Rum und füllte noch einmal nach. Sogar Josef griff sich jetzt einen Grog. Er war so fasziniert von den Erzählungen von Sigi und Gustav, dass er dies gar nicht mitbekam, sondern einfach nach dem Glas griff und sich den Mund verbrannte.

?Mist ??, schimpfte Josef, wie ein Rohrspatz und hatte Tränen in den Augen. Die anderen mussten wieder einmal, über Josef lachen. Er würde es wohl nie lernen.

Gustav erbarmte sich des Stammgastes und holte ihm ein Bier und ein Korn. ?Hier Jo, damit du dir nicht wieder dein Mäulchen verbrennst.?

Josef war aber immer noch nicht richtig bei der Sache. ?? und dann??

?Dann gar nichts mehr Jo. Die pflegten und hegten die Bäume und Hecken, sonst nichts. Das ist ja das komische an der Sache.? Sigi nahm noch einen kräftigen Schluck und grinst breit. ? Na ja, Ekke, Heiner, Gustav und meine Wenigkeit gehen seitdem regelmäßig dort Pilze suchen. Es gibt eine Stelle am Deipsee, dort kann man unter dem Zaun durch. Genau da, wo der Wald direkt ans Ufer grenzt. Man kommt da gut in den Waldgürtel rein und kann da herrlich Pilze und Beeren finden. Es traut sich ja keiner dort rein. Es ist ja der verbotene Wald, Sperrzone. Aber du weißt ja, wo kein Kläger ist ??, vielsagend zieht Sigi die Schultern hoch und sieht zu den anderen. ?? nach drei Jahren, war der Gürtel aus Hecken und Bäumen so dicht, dass keiner mehr etwas sehen konnte. Mittlerweile, sind die Bäume riesig geworden und der Wald sieht aus, als wenn er schon immer da gewesen ist. Nur wir alten Bauern, die mal im alten Schwanensee gewohnt haben, wissen dass dies nicht der Fall war. Es redet keiner mehr drüber. Aber vergessen haben wir das nicht. Das Militär hat uns das Versprechen abgenommen, darüber zu schweigen. Deshalb halten wir auch fast immer die Klappe. Aber so wie heute, muss man auch mal drüber reden. Aber zurück zum verbotenen Wald. Der ist wie gesagt völlig abgeriegelt, so dass da niemand rein kann. Nur eine schmale Schneise führt in das Innere des Waldes. Aber was im Inneren ist haben wir nie herausgefunden. Na ja und heute haben die Forstleute am Durchschlupf auf Heiner und Ekke gewartet und haben die Beiden festgenommen. Den ist das Herz tief in die Hose gerutscht. Vor allem haben die so eine auf den Deckel bekommen, dass denen heute sogar den Skatabend verdorben war. Dazu gehört schon einiges. Den Durchschlupf haben die vom Forst jetzt so dichtgemacht, da kommt keiner mehr rein in das Gelände. Schade, jetzt gibt es keine Pilze mehr?, beendete Sigi seinen Bericht.

?Und was passiert dort jetzt? Die wussten bestimmt die ganze Zeit, dass ihr euch dort Pilze geholt habt.?

Ein großes Achsenzucken auf allen Seiten. Weder Gustav noch Sigi konnten darüber Auskunft geben. Sigi versuchte trotzdem zu antworten. ?Keine Ahnung Jo, ob die das gewusst haben. Aber ich denke mal schon. So blind können die ja gar nicht sein. Wir wussten ja immer durch Gustav, in welchem Gebiet die gerade unterwegs waren. Die Jungs dort waren schon immer in Ordnung. Du musst wissen, die holten sich bei Gustav immer ihre Getränke oder ließen es sich liefern, je nach Jahreszeit. Vorige Woche gaben sie Gus durch die Blume zu verstehen, dass wir nicht mehr in den Wald gehen sollen. Aber ihr wisst ja selber, wie Ekke und Heiner sind, die hören ja nicht auf uns. Wir hatten sie gewarnt. Gustav hat denen vor zwei Tagen ihre Getränke geliefert. Daher wissen wir auch, dass die dort in dem Gebäude alles haben, was zum Wohlfühlen notwendig ist. Einer der Förster hatte mal etwas viel getrunken hier in der Kneipe. Hatte wohl tüchtigen Liebeskummer und musste mal raus aus dem Wald. Gustav hat ihn dann lieber zurückgebracht, da hat ihm der Förster aus Dank, alles gezeigt. Die haben dort nicht nur Schlafräume, sondern auch Wohnräume, Koche und Sanitärräume. Vor allem alles vom feinsten. Also eine Rundumversorgung ist dort möglich. Vor allem haben die Arbeitszeiten, die man sich nur wünschen kann. Die bleiben drei Wochen dort am Wald, dann haben die drei Wochen Frei und können zu ihren Familien. So möchte ich auch mal arbeiten. Na ja, aber wie es scheint, tut sich da jetzt wieder etwas. Denn seit voriger Woche, geht dort die Post ab. Elf Jahre war hier Ruhe und nun dass, weiß der Teufel, was da auf uns zu kommt. Mir ist gar nicht wohl bei der ganzen Sache.? Beendet Sigi seinen langen Bericht und nimmt den letzten Schluck Grog.

?Mir auch nicht?, kam von allen Seiten.

?Ach Himmel ist das schon spät?, stellte Josef erschrocken fest. Ein Blick auf die Uhr teilte ihm mit, dass der neue Tag schon eine Stunde alt war und es bereits der 1. April 1957 war. Ich muss heim Leute, sonst bringt mich meine Frau um. Sagt mal, wo ist denn die Zeit geblieben.?

Grinsend sah ihn Gustav an. ?Die hat dir Sigi geklaut. Nicht mal Geld verloren haste und zahlen musste auch nichts. Heute geht mal alles aufs Haus?, teilte der Wirt lachend mit.

?Dann komme ich öfters. Nein keine Angst Gustav, bis nächsten Freitag.?

Sofort zog sich Josef an, genau wie die Anderen. Gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg. Jeder hing seinen Gedanken nach und alle machten sich mehr oder weniger Sorgen, um das, was im Waldgürtel vor sich ging. Keiner wusste Genaueres. Es war viel Platz da, für Spekulationen. Die durch viele Ungereimtheiten, neue Nahrung bekommen würde. Die Bevölkerung kam auf immer absurdere Gedanken.

***

Was die Bevölkerung unbekannt war, ist die Tatsache, dass hier ein langfristiges Projekt seinen Anfang genommen hatte. Dies sollte den Namen ?Projekt Dalinow? tragen. Der Name stammte von dem Begründer des ursprünglichen Gedankens, einem russischen Wissenschaftler, der für das Militär arbeitete und forschte.

Seit Ende März 1957, kaum, dass die Temperaturen etwas gestiegen waren und das Tauwetter einsetzte, fuhren deshalb immer mehr LKWs mit Baumaterialien die Landstraße aus Richtung Feldhusen nach Norden. Die Fahrzeuge bewegten sich von der L1 geradeaus in Richtung des Waldes, der vor elf Jahren angepflanzt wurde. In den man jetzt eine Schneise geschlagen hatte.

Nur wenige Tage nach dem Gespräch in der Kneipe Gustavs, begann man eine provisorische Zufahrtstraße zu bauen. Die Baumaschinen des Straßenbaus fraßen sich Meter für Meter durch diesen Ring, in das Innere des Waldes hinein, um eine zeitweilige Zufahrtsstraße anzulegen. Es wurde in einem unvorstellbaren Tempo gearbeitet.

Danach brachten Schwertransporter einen riesigen Bagger der innerhalb des künstlich angelegten Waldes, über eine Fläche von fünftausendsechshundert mal fünftausendachthundert Metern, eine dreißig bis sechsunddreißig Meter tiefe Grube aushob. Dies dauerte keine drei Tage. Der Abraum aus der Grube wurde sofort vor den geplanten elektrischen Zäunen, im Abstand von drei Metern als Wall aufgeschüttet. Zwischen dem Wall und dem Zaun, würden später kontinuierlich, Patrouillen auf einer extra dafür angelegten Straße fahren.

Unzählige LKWs fuhren die L1 entlang, so viele Fahrzeuge hatten die Anwohner sonst in einem Jahr nicht gesehen. Sie brachten Kräne, Zäune, Pfeiler, Baumaterial, Zement, große schwarze Glasscheiben und Unmengen an Kabelrollen. Es wurden neue Hochspannungsleitungen verlegt und Trafo-Stationen gebaut. In die Grube hinein, wurden unterirdische Bauten errichtet. Jedes dieser Gebäude umfasste sechs Etagen, eins sogar sieben Etagen. Alle Gebäude wurden unterirdisch miteinander verbunden.
Dies alles geschah, ohne dass die Bewohner der Region etwas mitbekamen. Sonst hätte es noch mehr Spekulationen gegeben. Es kamen natürlich immer mal einige Leute in die Nähe des Waldes. Einfach um zu sehen, was dort gebaut wurde. Allerdings gab es keinen Durchschlupf, denn das Gebiet wurde regelrecht abgeriegelt. Keiner kam auch nur in die Nähe dieser Baustelle. Dort wurde ein riesiges Heerlager errichtet, in denen die Baubrigaden lebten und versorgt wurden.

In den neuerrichteten Gebäuden entstanden Laboratorien, Werkstätten und Schulungsräume. Ganz unten gab es sogar zwei große Schwimmhallen. Es gab allerdings auch unwahrscheinlich viele Wohnräume, eine Großküche, Friseur, Wäscherei, zwei kleine Krankenhäuser, sogar eine Einkaufsstraße entstanden hier. Alles, was man fürs tägliche Leben brauchte, würde man später einmal hier vorfinden. Hier entstand eine kleine unterirdische Stadt, ohne dass die hiesige Bevölkerung etwas davon mitbekam. Insgesamt waren es sechs riesige Bauwerke, die errichtet wurden. Sie erstreckten sich über das gesamte Terrain, im Inneren des Waldes. Diese Gebäude wurden Etage für Etage durch großzügige Tunnelröhren miteinander verbunden, von denen zwei sogar an die Oberfläche führten.

Parallel zu den großen Röhren, verliefen kleinere Tunnelröhren, die für das Wartungspersonal bestimmt waren. In den einzelnen Gebäuden waren die Gänge, wie auch die großen Tunnel so konstruiert, dass man darin mit Multicars herumfahren konnte. Das waren kleine elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die größeren Tunnel, besaßen alle eine Höhe von circa vier Metern, die kleineren Tunnel allerdings, waren gerade mal zwei Meter zehn hoch, so dass man bequem darin laufen konnte. Auf diese Weise gelangte das Wartungspersonal, schnell von einem Ort zum anderen, in dieser riesigen Anlage. An den unterirdischen Gebäuden führten im Abstand von fünfzig Metern, breite Schächte nach oben, an die Oberfläche. Deren Zwecke man jetzt noch nicht erkennen konnte.

Anfang Juli 1957, waren diese Gebäude bereits fertiggestellt. Es wurde in Rekordzeit gebaut, so wie nur das Militär bauen konnte. Das Erdreich wurde bereits wieder aufgeschüttet und eingeebnet. So dass keines dieser Bauwerke mehr zu sehen war. Das übrig gebliebene Erdreich bildete eine Art inneren Wall. Dieser wurde sofort bepflanzt. Zum Wald hin mit Büschen und Bäumen, damit man den elektrischen Zaun weniger sah. Ins Innere des Objektes dagegen, mit Beeten für Blumen, Steingärten, zum Teil allerdings auch, mit Zier- oder Beerensträuchern. Es war ein gut durchdachtes Konzept, das eine Wohlfühloase schuf und keine Wünsche offen ließ.

Nichts erinnerte mehr daran, dass dies eine militärische Anlage war. Würde jetzt jemand über das Gelände fliegen, ähnelte es eher einer Wohnanlage oder einem Sanatorium. Genau das wollte das Militär erreichen. Erstaunt stellte man fest, dass sich jetzt nur noch fünf an Wohnblocks erinnernde, zweistöckige Gebäude auf diesem riesigen Gelände befanden. Diese waren in einen großzügig angelegten Park eingebettet. Ein etwas größeres, nur einstöckiges, flaches Gebäude, dagegen sah aus, wie eine Mensa mit angebauter Sportanlage. Zwei schmale Zufahrtsstraßen verrieten allerdings, dass sich unter diesem Gebäude eine Tiefgarage befand. Wie groß diese war, konnte man nicht erahnen.

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Die Bauarbeiten gingen zügig voran. Bereits im Juli 1957, fuhren immer häufiger Fahrzeuge die für den Innenausbau zuständig waren, die Zufahrtsstraße entlang. Hunderte von Möbelwagen, fuhren in den Wald hinein, in dieses undurchschaubare Projekt. Dass die Bevölkerung zu immer neuen Spekulationen veranlasste.

Die alten Stacheldrahtzäune wurden abgerissen und durch sehr hohe elektrische Zäune ersetzt. Zäune, die eine Höhe von mindestens fünfzehn Metern hatte und deren Kronenschutz mit S-Draht versehen war. Dieser S-Draht verhinderte ein übersteigen des Zaunes. Er würde die Person, die das versuchen wollten, regelrecht festhalten und dabei schwer verletzten. Verhedderte sich jemand in diesem S-Draht, kam er alleine und ohne fremde Hilfe, nicht mehr frei. Die Personen mussten dann regelrecht aus dem Draht herausgeschnitten werden. Zusätzlich wurde die Zaunanlage, mit glasverkleideten Wachtürmen bestückt, die das Terrain zusätzlich überwachen und beschützen sollten. Das gesamte Gebiet im Inneren des Waldes wurde zusätzlich, zur äußeren Zaunanlage, nochmals mit einem ausfahrbaren Zahnversehen, der eine Höhe von dreißig Metern erreichen konnte. Obwohl dieses Gebiet circa fünfundvierzig Quadratkilometer umfasste.

Das gesamte Terrain wurde systematisch abgesichert, so dass nicht einmal ein Maus, ungesehen hinein oder hinausschlüpfen konnte. Selbst einen kleinen Flugplatz mit einer ausreichend langen Landebahn, von fast zweieinhalb Kilometer Länge, baute man für dieses Projekt. Durch die gepflanzten Hecken und Bäume, die sich vor den elektrischen Zäunen befanden, wurde Fremden die Sicht ins Projekt verwehrt. Keiner sah, was hinter den Zäunen vor sich ging.

Selbst die provisorische Zufahrtsstraße zu dem Projekt, wurde so angelegt, dass diese in wenigen Monaten wieder verschwunden war. Nur ein Forstweg würde noch zum ?Projekt Dalinow? führen. An dessen Eingang sich ein, in die elektrischen Zaunanlage eingearbeitetes Tor, befand. Davor war ein großer Parkplatz, der an den Komplex für das Pflege- und Wachpersonal angebaut wurde. Dieser war ebenfalls gesichert.

Das Militär plante, das ?Projekt Dalinow? im Geschlossenen durchzuführen. Diese Geheimhaltung konnte man allerdings nur erreichen, wenn man der zivilen Bevölkerung den Zutritt verwehrte. Selbst eine eigene Tankstelle besaß dieses Projekt. Die über den Luftraum, mit speziellen Flugzeugen, versorgt wurde. Man ging davon aus, dass in spätestens zwei Jahren, von der Masse der Bevölkerung, niemand mehr an die Baumaßnahmen dachte. Man diese einfach wieder vergaß. Was man nicht sah, geriet nach und nach in Vergessenheit, so die Gedankengänge des Militärs.

Nach dem Start des Projektes, würden alle notwendigen Transporte, nur noch von Flugzeugen und Hubschraubern durchgeführt. Ebenfalls alle notwendigen An- und Abreisen. Da die Zufahrtsstraße, zum Projekt, dann nicht mehr existieren würde. Der zuständige Förster, plante schon die Neubepflanzung der Schneise. Vor Ort waren jetzt, im Oktober 1957, schon die Parkanlagen fertiggestellt. Selbst ein kleiner Hain mit den uralten Buchen und Kastanien wurde in den Park integriert.

Viele verschiedene Möglichkeiten zur Entspannung, bot das circa sieben mal sechs Kilometer umfassende Parkgelände. Kleine Gärten vor den Häusern, luden zur Entspannung der Angestellten ein, genau so, wie der Volleyballplatz und das Fußballfeld. Sogar ein kleines Freibad, wurde für die Mitarbeiter angelegt. Hier entstand ein richtiges kleines Paradies.

Der Architekt der dieses Projekt geplant hatte, dachte wirklich an alles. Die großzügige Parkanlage mit vielen Bänken und Springbrunnen luden einfach nur zum Verweilen ein. Endlich, Ende Dezember 1957, waren bis auf Kleinigkeiten, alle Gebäude und auch die Parkanlage fertiggestellt.

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Verwundert sah man sich die Gebäude an, die nicht in der üblichen Ziegelbauweise errichtet wurden, sondern in einer Plattenbauweise. Diese waren zusätzlich verputzt und mit großen schwarzen, in Rahmen montierten Glasscheiben verkleidet. Man sah diese eigenartigen Platten, ebenfalls auf den Dächern der Gebäude. Solarzellen nannte man diese Glasplatten, die zur Stromgewinnung dienten.

Die Fotovoltaik oder auch Solartechnologie diente der direkten Verwandlung von einfallendem Licht, in elektrische Energie.

Die Geschichte der Fotovoltaik, begann im Jahr 1839, als der zugrunde liegende fotoelektrische Effekt entdeckt wurde. Alexandre Edmond Becquerel entdeckte durch Zufall, bei einem Experiment mit dieser Technik, dass der Fluss des Stromes, bei Licht geringfügig größer war, als im Dunkeln. Seit einiger Zeit versuchten russische Wissenschaftler, diesen Effekt für die Stromgewinnung zu nutzen. Da man sehr viel Strom brauchen würde, im ?Projekt Dalinow?, wollte man diesem Pilotprojekt eine Chance einräumen und zur Stromgewinnung nutzen.

Die Schächte, die sich um die unterirdischen Gebäude befanden, blieben allerdings offen und wurden vollständig in die Parkanlagen integriert. Sie wurden jedoch alle mit Schutzgittern versehen, so dass man nicht in die Tiefe stürzte. Jetzt wurde auch die Funktion dieser Schächte sichtbar. Sie leiteten, über ein Spiegelsystem, das Tageslicht in die unteren Ebenen, um die unteren Bereiche, auch mit etwas Sonnenlicht zu versorgen.

Lediglich, der hinterste dieser Blöcke, besaß nur einen dieser Sonnenschächte, wie diese vom Architekt bezeichnet wurden. Das war der Block, der am nächsten am Flugplatz stand. Der einzige Block, der sieben Etagen, aber auch einem freien Zugang nach draußen besaß.

Jedoch war er im Inneren durch dicke Stahltüren, gegen unerlaubtes Verlassen und Betreten gesichert. Dort entstand ein großer Hochsicherheitsbereich. Dieser war nur minimalistisch ausgestattet. Man durfte diesen Bereich, nach Beginn des ?Projektes Dalinow? nur betreten, wenn man speziell dafür autorisiert wurde. Hier wurden die eigentlichen Forschungen durchgeführt. Alles war sehr praktisch und funktionell gehalten. Ganz anders, als die anderen Bereiche in dieser militärischen Anlage, die regelrecht im Luxus ertranken.

Sämtliche überirdisch errichteten Gebäude, besaßen rings herum laufendende Balkons und waren inmitten des Parks gelegen. Von dem Balkon aus schaute man, egal, wohin man blickte, auf die wunderschönen Grünanlagen. Entweder, hatte man einen Blick auf den Park oder den künstlich angelegten Wald. Hier ließ es sich schön wohnen.

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Am 30. Dezember 1957 kurz vor 13 Uhr, kam ein Konvoi von Fahrzeugen auf der Zufahrtsstraße von Feldhusen in das Objekt gefahren. Es waren überwiegend schwarze und schwere Regierungsfahrzeuge, die zum großen Teil von hohen Militärs besetzt waren. Fünfzehn Generäle, vom Generalmajor bis hin zum Armeegeneral nahmen das Projekt ab. Auch ein ziviler Beamter der Regierung war zugegen.

Zufrieden mit der erbrachten Leistung, äußerten sich die Militärs und der von der Regierung Beauftragte, lobend gegenüber Hunsinger und den Baubrigaden, über die erbrachte Arbeit. Oberst Hunsinger wurde für die Organisation und Durchführung dieses Projektes geehrt. Es war allen bewusst, dass dieses Vorhaben für ein schwieriges Unterfangen darstellte.

Man inspizierte die Einrichtungen für das Personal, so wie die, für die zukünftigen Bewohner des Blocks 6, um die es in diesem Projekt ging. Einstimmig war man der Meinung, dass man das Beste Material zum Gelingen des ?Projektes Dalinow? zur Verfügung gestellt hatte. Jetzt lag es nur noch am Personal, dies auch erfolgreich durchzuführen. Man setzte große Erwartungen in Hunsinger und sein Team.
Die Abnahme-Kommission gab das Projekt frei für den Start. So konnte das ?Projekt Dalinow?, abgesegnet von den Führungsebenen, pünktlich Anfang des Jahres 1958 beginnen. Man wünschte Oberst Hunsinger und seinen zukünftigen Teams viel Erfolg.

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Vor langer Zeit - Antworten
Fogomains  Werde beide Versionen ausdrucken. Melde mich dann
LG
Vor langer Zeit - Antworten
Misspelled  Vielen lieben Dank Fogomains
Vor langer Zeit - Antworten
Robbie  Hallo Misspelled,
also im Vergleich alte/neue Version, liest sich die neue wirklich viel frischer :) Das liegt daran, dass der Leser die Infos quasi live im direkten Gespräch miterleben kann. (Show don't tell) Das finde ich sehr gut.
Im Grunde habe ich Deinen Text nur überflogen und das was mir auffiel ist, dass Vieles von den Erzählungen in deiner Geschichte in Wörter wie: Ihr wisst ja selbst, Du weisst ja, ihr wisst ja, usw. eingebettet ist. Zusammengefasst: Es wird über Offensichtlichkeiten gesprochen, die jeder weiss! Wenn Du mir eine Offensichtlichkeit erzählst, ist es egal ob Du es heute, morgen, in drei Jahren oder gar nicht tust. Ich kenne die Information ja bereits. Resultat: Es wird keine Spannung erzeugt! Versuche mal das genaue Gegenteil zu machen! z.B. Wusstet ihr, dass...?, Ich habe bisher nie darüber gesprochen, denn..., usw
Da bleibt man viel eher am Ball ;)

Viele Grüße
Robbie
Vor langer Zeit - Antworten
Misspelled  Hallo Robbie ...

... vielen lieben Dank. Genau solche Hinweise habe ich mir schon seit langem erhofft. ich werde es ändern. Genau das war es was mich unbewusst gestört hat, aber ich wusste nicht genau was nicht stimmig ist. Diese Zeitperspektiven fallen mir immer noch sehr schwer. Danke für den Hinweis.

Lg Miss Pelled
Vor langer Zeit - Antworten
Robbie  Gern geschehen. :)
Vor langer Zeit - Antworten
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