Weihnachtsgedichte
Die Legende vom Tannenbaum - ein uraltes Weihnachtsgedicht mit Tradition

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"Kindliche Weihnacht"
Veröffentlicht am 19. November 2013, 8 Seiten
Kategorie Weihnachtsgedichte
© Umschlag Bildmaterial: Kirill Kedrinski - Fotolia.com
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Über den Autor:

Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht: Der Winter ist ein Bösewicht, die Bäume tragen Schneegewicht, die Stämme sind kahl und so schwarz wie ein Pfahl, die Felder sind weiß und auf dem See liegt Eis. In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.
Kindliche Weihnacht

Die Legende vom Tannenbaum - ein uraltes Weihnachtsgedicht mit Tradition

Weihnachtliche Kindheitserinnerungen


Die Legende vom Tannenbaum ist für mich DAS Weihnachtsgedicht. Ich habe es - kaum des Lesens mächtig - am Weihnachtsabend gemeinsam mit meiner Schwester aufsagen müssen.

Wir sind damit aufgewachsen, auch wenn es jedes Jahr nicht leichter wurde, sich den ganzen Text zu merken.

Dieses Weihnachtsgedicht stammt wohl aus dem 19. Jahrhundert - hat aber all die Jahrzehnte überdauert und findet vielleicht auf diesem Weg eine Familie,der es Freude machen würde, diese Tradition fortzuführen, damit es nochmal 150 Jahre lebt.

DIE LEGENDE VOM TANNENBAUM

In der Bergpredigt, wie bei Matthäus zu lesen, ist auch von Bäumen die Rede gewesen. Der Heiland hatte gesagt, daß Feigen nicht reiften auf Distelzweigen, daß Trauben nicht wüchsen am Dornenhage, und daß der Baum, der nicht Früchte trage, zu gar nichts wert erscheine auf Erden, als abgehauen und verbrannt zu werden.


Und als er geendet, da ist schon bald, ein Streiten entstanden im nahen Wald. Die Disteln, welche die Rede gehört, waren über die Maßen empört; die Dornen reckten die scharfen Spitzen und knarrten: das lassen wir nicht auf uns sitzen. Die Trauben blähten sich gar nicht schlecht und meinten geschwollen: so ist es recht;

und die gelben aufgedunsenen Feigen zeigten ein sattes, blasiertes Schweigen.

Nur ein zierlicher Tannenbaum stand verschüchtert, rührte sich kaum, horchte nicht auf das Rühmen und Klagen, hatte sich still und bescheiden betragen und dachte und dachte in einem fort an des Heilandes rügendes Wort. Er fühlte sich ganz besonders getroffen, er hatte kein Recht auf Gnade zu hoffen, die erste Axt würde ihn zerschlagen, er wußte nur Tannenzapfen zu tragen. Früchte hatte er nie gebracht, das hatte ihn niedergeschlagen gemacht.

Und als sich nun aber die Sonne versteckt und tiefes Dunkel die Erde bedeckt, und ermüdet vom Regen und Klagen,

die anderen Bäume im Schlummer lagen,

wollte er nichts von Schlummer wissen, hat die Wurzel aus dem Erdreich gerissen und sich unbemerkt in der stillen Nacht auf den Weg zum Heiland gemacht, um den gestrengen Herrn zu sehen und sich milderes Urteil zu erflehen.

Und als er nach mühseligen Stunden den lange Gesuchten endlich gefunden und ihm recht herzlich sein Leid geklagt, da hat der Heiland lächelnd gesagt: Wisse, daß seit Beginn der Welt ein jeglicher Fluch seinen Segen enthält, und daß in jeglichem Segensspruch verborgen liegt ein heimlicher Fluch.

Den Feigen brachte nur Fluch mein Segen, weil sie jetzt sündigen Hochmut hegen; die Trauben haben mir nicht gedankt,

sie haben sich mit den Dornen gezankt;

die Disteln ließen sich nicht belehren, die konnten den Fluch nicht zum Segen kehren.

Du aber hast es besser gemacht, Du hast aus dem Fluch einen Segen gemacht. Dein Bittgang sei nicht umsonst gewagt, zwar, was gesagt ist, bleibt gesagt, Dein Schicksal ist nun nicht mehr zu trennen, vom Abhauen und im Ofen verbrennen; aber ich will Dich erheben und ehren, ich will einen rühmlichen Tod Dir bescheren. Kein Winterschlaf soll Dich traurig umschließen, ein doppeltes Leben sollst Du genießen; und auf Deinen zierlichen Zweigen, sollen die herrlichsten Früchte sich zeigen, soll man Lichter und Zierat schauen, freilich erst, wenn Du abgehauen.

Sei wie ein Held, der für andere leidet,

der in blühender Jugend verscheidet, damit Dein Leben, das kurze – doch reiche, meinem irdischen Wandel gleiche; Du sollst ein Bote des Friedens sein, Du sollst glänzen wie im Heiligenschein, den Kindern sollst Du Freude bereiten, den Sünder wecken aus seinen Sünden. Gesang und Jubel soll Dich umtönen, mein lieblichstes Fest sollst Du lieblich verschönen. So bist Du von allen Bäumen hienieden der gesegnetste – ziehe hin in Frieden.

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Über den Autor

KatharinaK
Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht:
Der Winter ist ein Bösewicht,
die Bäume tragen Schneegewicht,
die Stämme sind kahl
und so schwarz wie ein Pfahl,
die Felder sind weiß
und auf dem See liegt Eis.
In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.

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FLEURdelaCOEUR 
Sorry, ich stehe jetzt mal voll auf dem Schlauch. Habe "dein" Gedicht im Battle gefunden und wundere mich schon sehr. Es ist zweifellos sehr schön und symbolhaft, aber doch offenbar nicht von dir!
Heißt das, ich könnte demnächst auch mit Goethes Prometheus oder so ... hier einsteigen und sogar eine Runde oder mehr weiter kommen?
Ich war bisher immer davon ausgegangen, dass man eigene Texte einzustellen hat .... und zwar neu geschriebene, nach Vorgabe ...
aber das ist nun anscheinend nicht mehr in.... Schade irgendwie ...

Lieben Gruß
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Wenn es nicht gelten würde, hätte es "von oben" ja entfernt werden können. So habe ich es drin gelassen. Auch wenn es nicht von mir ist.
Liebe Fleur, daß es "weiterkommt", damit hatte ich nicht gerechnet. Sollte es sich unberechtigt Weihen verdienen (ich denke nicht), dann ...
Liebe Grüße,
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Liebe Katharina,
ich kann mir nur vorstellen, dass von zuständiger Stelle dein Vorwort "überlesen" wurde.
Findest du denn nicht selbst, dass es irgendwie der Idee des Battles widerspricht, wenn man dort mit fremden Texten antritt?
Es ist ja nicht, dass ich dir deinen Erfolg nicht gönne, aber den kannst du doch auch mit deinen schönen selbst geschriebenen Geschichten einfahren.
Aber wenn es so gewollt ist - mir kann es egal sein. Doch das Battle wäre damit für mich gestorben.

'Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Eisauge Ja wie wäre es mit vortragen..:-)) Hörbuch!
Das wäre ein Hochgenuss!
Lg Noah
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Oh wei, Noah, ich habe das "Vergnügen" dieses Jahr sicher noch, ob es hier als Hörbuch reinkommt? Ich weiß nicht, soll ich wirklich?
Aber irgendwie hast Du wohl recht. Danke für Dein Päckichen Lob, liebe Grüße,
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
Eisauge ich freu mich drauf...:-))
liebe Grüße
Noah
Vor langer Zeit - Antworten
Jeremy_Jackson das kenn ich irgendwo her

das gibts schon das gleiche von Marx Möller .!!!
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK ... oder evtl. Friedrich Wilhelm Güll - ich weiß nicht genau, wer es geschrieben hat, aber es symbolisiert MEINE kindliche Weihnacht. Ich bin damit aufgewachsen.
Danke für Deinen Kommentar dazu. Liebe Grüße in Dein 2. Adventswochenende,
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre Ein echter Klassiker, aber schon sehr lang für ein Kind....aber wenn man in der Spur bleibt und einen roten Faden hat...aber nix mehr für
"Schakkeline"...lach!!!
Herzlichen Gruß
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK Schakkeline kann das Gedicht nicht lernen, es geht nur auf Hochdeutsch. Mein Großvater hätte mich gesteinigt, wenn er mir manches Mal zuhören müßte. Da mischt sich Ruhrpott mit Bayern, Westfälisch mit Berlin. Aber auch so war und bleibt dieses Gedicht für mich DAS Signal für Weihnachten, erst dann ist Weihnachten für mich, wenn ich diesen Text vortragen darf. Mal sehen, ob es hier mir ein drittes Mal gelingt.
Liebe Grüße - auch an Schakk... -
Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
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