Gedichte
Scherben

Du stehst nur da und starrst mich an –

Starrst mich mit falsch-treuen Augen an –

Und sagst, dass die Zeit alle Wunden heilt.

Ja wie denn, wenn nichts verweilt,

Wenn alles, was mir lieb und wichtig –

Und sei es noch so klein und nichtig –

Vor meinem Blick zu Staub zerfällt,

So wie es  stürmisch Blätter nicht am Baume hält.

Wenn von einstgen Kinderträumen

Nur Scherben sind geblieben,

Die wie ein hölzner Pfahl

Mir tief ins Herz getrieben.

Wie will der Adler denn den Löwen nur verstehn,

Wenn dieser nur die Gitter, jener die Welt kann sehn.

Weißt du, wie es ist, gefangen zu sein,

Wie es ist, Tag aus, Tag ein

Von rastlosem Wahn getrieben immerzu

Auf- und abzuschreiten, ohne Ruh’,

Nur um für einen kurzen Augenblick

Einen Funken Hoffnung, ein Hauch von Glück

Im trügerischen Licht zu spüren,

Wenn sie in Wahrheit ihn nur vorführen.

Denn von einstgen Kinderträumen

Nur Scherben sind geblieben,

Die wie ein hölzner Pfahl

Mir tief ins Herz getrieben.

Doch du stehst nur da und schaust mich an –

Schaust mich so verächtlich an,

Wie der Gärtner eine Distel zu betrachten pflegt,

Sein eingeschränktes Bild von Schönheit hegt,

In dem  nur Rosen stets willkommen sind,

Wenn der Geist für wahre Werte blind;

Denn Rosendornen sind mit Blut getränkt,

Wo die Distel heimlich Heilung schenkt.

Und von einstgen Kinderträumen

Nur Scherben sind geblieben,

Die du so verständnislos

Mir tief ins Herz getrieben.