Einleitung
Eine Geschichte unter dem Motto:
..... allein, weit weg von Zuhause
Wettbewerbsbeitrag.
Da wir völlig aufgelöst und verzweifelt waren, erzähle ich die Geschichte lieber aus Sicht von Attika. So, wie es wirklich war.
(für die Tierhalter, Tierliebhaber meiner Abonnenten - neu eingestellt: 30.04.2015)
Kommentierung ausdrücklich erwünscht und zugelassen.
copyright: G.v.Tetzeli
Cover: monika Heisig
Attika
Ich bin als braver Hund bekannt. In ganz Markkleeberg, das in der Nähe von Leipzig liegt, werde ich löblich erwähnt. Ich streite selten. Wenn wirklich, dann lasse ich mir aber nichts gefallen. Wenige wissen, dass Huskeys, obwohl gar nicht so stark gebaut, sogar einem Bullterrier Herr werden können.
Ich bin folgsam und Herrchen ist begeistert. Auch auf der Strasse weiß ich mich zu benehmen. An Kreuzungen halte ich an und warte bis Herrchen kommt. Das gilt immer, sobald eine Strasse überquert werden muss. Strasse ist für mich tabu, solange Herrchen kein Kommando gibt. Trotzdem macht mich Herrchen erst im Wald los.
Herrchen hat meist ein Fahrrad, damit wir ordentlich ausreiten können.
Diesmal, es war schon später am Nachmittag und die Sonne schien, folgte er mir auf seinen lächerlichen zwei Beingestängen nach. Das mit den Strassen hatte sich erledigt und wir streunten in Richtung Cospudener See. In dem Waldstück trabte ich meine Route ab, kontrollierte die Geruchswelt und jagte kurz das Eichhörnchen. Es war immer dasselbe. Sie zeigte sich immer in einem besonderen Grau. Da ich nicht farblich sehen kann, wird es von den Menschen als ein helles Braunrot bezeichnet.
Es foppte mich, wie immer, obwohl ich ordentlich durchgestartet war. Und vom
sicheren Geäst aus verhöhnte es mich mit einem lautstarken Keckern (auch, wie immer).
Wir näherten uns dem See. Er ist schon öfters umrundet worden, wenn der Olle sein Fahrrad dabei hatte. Trotzdem konnte man auf den weitläufig vorgelagerten Wiesen herrlich toben.
Dort besuchte ich häufig den unsichtbaren Friedhof der Mäuse. Mehrere Mausfamilienangehörige waren mir schon zum Opfer gefallen.
Und auf die Trauergemeinde hatte ich es abgesehen.
Aber halt, was war das?
In der Ferne an einem Hügelkamm sah ich zwei lange Ohren.
Eindeutig Hase. Nichts, wie hin!
Wollen mal sehen, wer hier der Athlet ist. Vollgas war angesagt. Und ich wurde ermuntert, weil der Hase einfach hocken blieb.
Klar, ich hatte den Wind berücksichtigt.
Herrchen brüllte irgendetwas, aber das hatte nichts zu bedeuten. Ich wetzte die Steigung hoch, aber oben angekommen, war der Hase verschwunden. Die Sasse war frisch und roch herrlich. Von hier oben verschaffte ich mir einen Überblick.
Da! Da unten, wieder einige hundert Meter entfernt, regte sich was.
Hasenvibrationen, eindeutig. Ich konnte die „Blume“ aufblitzen sehen.
Na wollen wir doch mal sehen, wer hier den Most holt!
Ich hörte noch irgendeinen lauen Ton aus der Ferne, der von meinem Herrchen stammen mochte, aber hier ging es um Wichtigeres.
Wie ein Orkan sauste ich die Anhöhe hinab und verkürzte den Abstand erheblich. Obwohl der Hase nun auch aufgesprungen war. Er hatte bis zuletzt gehofft, dass seine Deckung ausreichen würde. Er machte mich mit seinen Haken Schlagen ganz kirre. Noch verwirrter war ich, als ein zweiter Hase links schräg hinter mir ebenfalls hoch sprang.
Welcher nun? Der Eine hatte fast schon ein Waldstück erreicht, das ein sperriges Unterholz bot. Keine Chance mehr, also galt es den anderen ins Visier nehmen.
Durch das Überlegen hatte der Hase zwei
einen gehörigen Vorsprung. Ich nahm die Kurve zu eng und stolperte, aber Aufgeben ist nicht meine Sache.
Schließlich musste ich einsehen, dass die Jagd zuende war. Erfolglos, wieder einmal.
Das ist doch zum Knochenkotzen!
Außerdem war ich völlig ausgepumpt. Weite Strecken machen mir nichts, aber dieses Spurten mit Höchstgeschwindigkeit halte ich nicht lange durch.
So lag ist erst mal gute 10 Minuten im Gras, um mich zu erholen.
Ach guck, Ännchen kam vorbei. Sie kannte ich schon von früher und war ihr freundschaftlich verbunden.
Ännchen schnupperte, dann begann sie zu erzählen.
Alex war hinter ihr her, und wie! Dabei konnte sie als Zwergpinscher mit einem Golden Retriever wenig anfangen.
„Bei mir flippt er auch immer aus", fügte ich hinzu.
“Manchmal muss ich ihn direkt zur Raison bringen.“
„Männer halt! Wollen immer nur das Eine“, bemerkte Ännchen.
Wir spazierten noch ein wenig ausgelassen in der Gegend herum, da ertönte ein Ruf.
"Ich muss losmachen“, sagte Ännchen.
„Frauchen ruft. So long dann, man sieht sich.“
Ich war nun allein.
Wo war ich denn eigentlich?
Von der üblichen Tour war ich meilenweit entfernt.
Da war ich noch nie, das wusste ich genau. Dass man hier Ännchen begegnen kann, war mir neu, aber vor allem, wo war Herrchen?
Hatte er bei der schönen Jagd vielleicht nicht mitgemacht, der Faule?
So weit weg von Zuhause fühlte ich mich einsam.
Mein Rudel fehlte mir.
Da gab es nur eines: Zurück!
Also erst einmal orientieren.
Einfach den Weg genauso verfolgen, wie ich ihn auf der Jagd zurückgelegt hatte, war angesagt. Das konnte ich, denn Huskeys haben einen ausgeprägten Orientierungssinn. Nachdem ich eine Zeit lang im Huskeytrab lief, kam ich endlich in bekanntes Gebiet. Nun war es leicht. Ein paar
Markierungen lief ich ab, aber Herrchen war nicht zu finden. Er stellt sich manchmal wirklich doof an. Also musste ich die Sache selbst in die Hand nehmen. Wo konnte ich ihn aufgabeln?
Genau, am Supermarkt! Da war er oft mit mir.
Und weil ich mich inzwischen auskannte, nahm ich eine Abkürzung. Die vier Kilometer ließen sich auf drei verkürzen, denn ich hatte es ja eilig.
Die Route führte nicht durch das Waldstück nach oben zur vielbefahrenen Strasse, sondern eine kleine Seitenstrasse hinauf. Diese Tour gingen wir zwar sehr selten, aber hier war Eile geboten.
An der Kreuzung angelangt, bekam ich ein Problem. Ohne Kommando überqueren?
Aber sagen sie mir ehrlich, was blieb mir
denn übrig?
Ich wartete ein kleines Weilchen, dann packte ich es und rannte über die Straße. Irgendwann muss man doch starten. Hinter mir hupte es und auch ein Quitschen war zu vernehmen, aber das war mir Wurst.
Jetzt nur noch 400 Meter auf dem Gehweg zurücklegen, dann war ich am Supermarkt. Zum Supermarkt nahm mich Herrchen immer mit. Das war mein einziger Gedanke. Sicher würde er dort auf mich warten.
Wenn er dann heraus kam, dann gab es auch ein Leckerli.
So setzte ich mich an die Stelle wo er mich immer anleinte und wartete. Irgendwann musste er ja heraus kommen.
Und vom Supermarkt waren es nur 250 Meter nach Hause!
Ich wartete und wartete.
Und nun heulte ich (das klingt bei einem Huskey wie der Ruf der Wölfe).
Angestellte vom Supermarkt kamen heraus und streichelten mich. Sie brabbelten irgendetwas in ein Handy.
Endlich, endlich, da kamen sie!
Herrchen kam gelaufen, auch Frauchen war dabei. Mehrere Bekannte, die ich immer gerne als Gäste begrüßte, fanden sich auch ein. Einige hatten Tannennadeln an der Kleidung und rochen nach Wald, aber alle waren außer Atem und furchtbar nervös. Es war richtig, wie am Rummelplatz.
Und ich war die Hauptperson!
Mann, war ich froh.
Ich gebe zu, dass auch ein paar ernste Töne fielen, aber darüber sah ich hinweg.
So allein weit weg von Zuhause ist zwar aufregend, aber dass sie so begeistert sein würden, wenn ich wieder da bin, das hätte ich nicht gedacht.
Das Würstchen hat übrigens geschmeckt.
Und nebenbei gesagt, ich bekam mit, dass Herrchen und Frauchen noch eine ganze Weile trommelnden Herzschlag hatten.