Humor & Satire
Erziehung leicht gemacht - Bringe Deinem Kind Regeln bei

Jeder weiß es oder meint es zumindest zu wissen: Bringe Deinem Kind Regeln bei. Die besten Tipps dazu haben selbstverständlich die Omas, besonders die Schwiegeromas. Deren Kinder waren immer die schnellsten in allen Dingen, also mindestens durchschlafend zur Welt gekommen, nach 3 Monaten windelfrei und selbstverständlich naturgegeben besterzogen.

Nun wurde man leider nicht von der Schwiegeroma schwanger, sondern von deren Vorzeigeobjekt und muss in Punkto Erziehung mangels guter Gene wieder bei Null beginnen. Also lautete eine Regel:

„Du öffnest niemandem die Wohnungstür.“

Klare Ansage und einfach zu merken. Zudem eine Vorschrift mit hohem Erfolgspotential, da diese von den Erziehungssuchenden sofort angenommen wird. Gelegentlich vermute ich zwar, dass der Erziehungserfolg und die Faulheit des Kindes in direktem Zusammenhang stehen, will aber diese Vermutung nicht vertiefen, um die eigenen Erziehungserfolge nicht zu schmälern.

Unangenehm wird es allerdings, wenn Frau sich selbst aus der Wohnung ausgeschlossen hat und nun auf ein klein wenig Hilfe der Abkömmlinge angewiesen ist. Das Betreten des Hauses ist noch relativ einfach; ein Nachbar findet sich hierzu immer. Dann aber kommt die Festung Wohnungstür.

Ob zartes Klingen, leichtes Klopfen oder gesundheitsgefährdender Einsatz der Faust – die Tür blieb zu. Dabei war sich Mutter ganz sicher, dass durch die Tür das Atmen des Kindes zu hören war.

„Charlies, mach doch mal bitte auf, Mama hat den Schlüssel vergessen!“

Keine Reaktion. Niemand lässt die Zugbrücke herunter und ein Ritter auf dem weißen Pferd, der eventuell ebenfalls einen Schlüssel haben kann, macht gerade den Bürohengst. Im Übrigen wäre ein Anruf auch nicht ohne Hindernisse möglich, weil das Telefon ebenfalls in der Wohnung liegt.

Deshalb gleich noch Mal Plan B bis Z: energisches Klopfen!

„Charlies, nun komm, Du hörst doch meine Stimme, ich bin es, Mama! Mach bitte auf!“

Eiserne Stille und dann endlich, ein Signal, eine Antwort. Ein zartes Stimmchen ertönt: „Der Wolf hat auch Kreide gefressen!“.

Wie jetzt? Kreide, Wolf? Herr, lass Hirn regnen und treffe mich. Endlich der Gedankenblitz! Ich habe ihr doch „Die sieben Geißlein“ vorgelesen. Blöde Grimmsche Märchen, steht doch überall geschrieben, dass die pädagogisch nicht wertvoll sind. Jetzt hilft nur Diplomatie:

 „Ja, das stimmt, Mama hat Dir dies letzte Woche vorgelesen. Abends, im Bett. Das kann der Wolf ja nicht wissen, deshalb weißt Du jetzt, dass hier die Mama ist.“

Wieder Stille. Höre ich da etwa ein Knacken. Wird jetzt vielleicht die Wohnungstür geöffnet….

Mitnichten, die zarte Stimme flüstert erneut: „Vielleicht hat das der Nikolaus dem Wolf erzählt. Mama sagt, der Nikolaus sieht alles, der fliegt sogar am Fenster vorbei.“

Ich werde an den Regeln der Erziehung arbeiten. Als erstes erziehe ich mich dazu, nie wieder den Schlüssel zu vergessen.