Wie oft sehe ich auf den Straßen
Menschen die nicht lieben sondern hassen,
Menschen, die nur neidisch sind
auf ein großes Haus, auf Auto und Kind.
Ich spüre Missgunst, spüre den Neid
auch auf ein simples Abendkleid.
Ich merke in der Nachbarschaft,
wie mancher ins Nachbarfenster gafft,
wie viele sich das Maul zerreißen,
sich ihre Zähne daran ausbeißen,
um so wie andere zu sein.
Dann setzt eine Fußballmeisterschaft ein.
Plötzlich kann alles anders sein.
Plötzlich ist niemand mehr allein.
Der, mit dem man schon lange nicht mehr sprach,
fragt plötzlich bei seinem Nachbarn nach:
„Na, wie ist das Spiel gewesen?
Hast du über unseren Sieg gelesen?“
Jubelnd liegen sie sich in den Armen,
die vorher kaum zusammenkamen.
Da ist der Türke, hier geboren,
als Prügelknabe auserkoren,
weil er doch völlig anders ist.
„Auch wenn du hier geboren bist,
Deutscher wirst du nie im Leben sein,
auch nicht als Mitglied im Verein.“
Da Ali sich als Deutscher fühlt,
im Verein auch gerne Fußball spielt,
Hisst er die Deutschlandfahne nun,
wie es auch tausend andere tun.
Er jubelt mit den anderen im Chor,
schießen die Deutschen mal ein Tor.
Jetzt ist er plötzlich einer von denen,
die sich schon heut als Sieger wähnen.
Ich könnte viele Beispiele nennen
von Leuten, die sich nicht mögen oder kennen,
von Vorurteilen hier und dort.
Die Fußballmeisterschaft spült sie fort.
Ich höre das Jubeln, höre das Schrein,
ich denk, könnte es nicht immer so sein?
Müssen einige Männer Fußball spielen,
damit wir uns als ein Volk fühlen?
Ist wirklich Sportsgeist dafür wichtig,
dass Streitigkeiten plötzlich nichtig,
dass wir andere als Menschen sehen?
Ich kann das nicht so recht verstehen,
doch denke ich wenn es nun mal so ist,
dass Fußball uns zusammenwachsen lässt,
dann stimme auch ich in den Jubel ein:
Ach, könnte doch öfter Fußballmeisterschaft sein.