Romane & Erzählungen
Magersucht

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"Magersucht"
Veröffentlicht am 01. Mai 2012, 4 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Nach langer Zeit versuche ich mich wieder im Schreiben. Lange ist es her, dass mich etwas Motiviert hat. Die Zeit wird zeigen, ob diese Motivation erhalten bleibt. (12/2016)
Magersucht

Magersucht

Mein erster Gang am Morgen führt mich zum Spiegel. Zögernd stehe ich da und drehe mich dann zur Seite und blicke mich an. ‚Einen schönen Körper hast du unter deinem  Schlafoberteil‘ denke ich mir, doch dann hebe ich mein Oberteil an und sehe meinen Bauch, der mich immer so frustriert, mich niedermacht und mich zur Verzweiflung bringt. Enttäuscht streichelte ich mit der einen Hand drüber und lasse gefrustet das Oberteil wieder fallen und beginne mich umzuziehen. Doch hier muss ich immer drauf achten das ich ja etwas weitere Klamotten aussuche, schließlich will ich ja nicht dass jemand meinen dicken Bauch sieht, also wähle ich einen weiten Pulli und eine locker sitzende Hose aus. Der nächste Gang geht ins Badezimmer, hier mach ich mich fertig für den Tag, schminke mich, lächle mich an und sage mir hier, ‘Du bist ein hübsches Mädchen, heute begeisterst du die Leute in deiner Umgebung‘.

Jetzt heißt es, Schulbrot einpacken und Frühstücken, Frühstücken, jedes Mal denke ich mir, dass ich es doch gar nicht brauche, diese unnötigen Kalorien die ich aufnehme und außerdem sieht mein Bauch dann noch dicker aus als er eigentlich sowieso schon ist, aber um meine Mutter glücklich zu machen esse ich etwas. Doch meistens fühle ich mich danach unwohl und auch nicht mehr attraktiv. Wäre mein Bauch nur nicht da, dann wäre alles super.

 

In der Schule heißt es jetzt, immer gut aussehen und lächeln und wenn wir das Thema Magersucht heute weiter besprechen ja nichts anmerken lassen, da man ja sonst wieder den Spruch zu hören bekommt, ‘Du bist doch total dünn, was willst du eigentlich?‘, doch die haben doch keine Ahnung, wie viel ich mit meiner Kleidung kaschiere. Doch es bringt was, vor meinen Klassenkameraden bin ich die Jenige die voller Kraft ist und auch isst und es auch gern tut, aber eigentlich hasse ich es vor anderen Leuten zu essen, irgendwie sagt es mir das ich wieder schwach bin und mich wieder gegen meinen Körper stelle. 

Immer wieder muss ich mir ein schmunzeln verkneifen wenn ich meine Klassenkameradin sehe wie sie mit etwas essen aus der Cafeteria wieder kommen. Sie essen so viel und holen sich dann auch noch etwas aus dem Automarten und haben kein schlechtes Gewissen bei dem ganzen was sie essen, da frage ich mich doch immer wieder wie sowas geht? Wie kann man so viel essen und kein schlechtes Gewissen haben, geschweige denn sich wohlfühlen? Ich verstehe es nicht!

 

Nach der Schule gehe ich immer direkt nach Hause, meine Klassenkameradin die den gleichen Weg hat wie ich, erzählt mir immer wie oft sie bei ihrem Lieblings Laden  essen geht in der Woche, und ich grinse immer und sage ihr, dass sie es ja auch ab kann, sie freut sich dann immer und fragt auch manchmal ob ich dann mitkommen möchte, doch ich kann ja nicht, ich darf ja auch nicht, also sage ich ihr, das ich chronisch pleite bin und dann lächle ich. Mit dieser Antwort gibt sie sich immer zufrieden und ich hab meine Ruhe.

Zuhause angekommen steht oftmals auch schon das Mittagessen auf den Tisch, auch hier esse ich immer alles auf um meine Mutter glücklich zu machen, sie denkt das ich etwas zunehmen will, aber sie weiß nicht das ich eigentlich abnehmen will, was auch in Ordnung ist, schließlich ist das ja mein Körper.

Nach dem Essen verschwinde ich dann in mein Zimmer und fühle mich wieder unwohl, oftmals habe ich auch schon überlegt, mich nach dem Essen zu übergeben doch das möchte ich nicht, schließlich bin ich ja nicht krank, sondern möchte nur etwas abnehmen.

Am  Abend trinke ich dann noch ein Glas Wasser oder mal ein Glas Milch um meinen kleinen Hunger zu stillen und stelle mich ein letztes Mal für den Tag vor den Spiegel und sehe wieder ein dickes Mädchen, ein dickes Mädchen, mit den Maßen, 1,75m  und 53kg.

Niedergeschlagen lege ich mich ins Bett und verspreche mir morgen weniger zu essen um mein Wunschgewicht zu erreichen. Ich verstehe nicht, warum einige aus Spaß zu mir sagen, ich sei magersüchtig…

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Lijendra
Nach langer Zeit versuche ich mich wieder im Schreiben.
Lange ist es her, dass mich etwas Motiviert hat. Die Zeit wird zeigen, ob diese Motivation erhalten bleibt.
(12/2016)

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Lijendra Re: -
Zitat: (Original von Brubeckfan am 01.05.2012 - 19:54 Uhr) Hast Du sehr anschaulich beschrieben. Man kann sich hineindenken.
Für mich klingt's, als hätte die LyrIch schlimmere Zeiten überwunden und hier sehen wir sie mal zwischendrin auf ihrem Weg.

Lieben Gruß,
Gerd

Es freut mich zu hören, dass man sich in die Person hineinversetzten kann.
Ich danke Dir fürs lesen und kommentieren.
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Lijendra Re: -
Zitat: (Original von Montag am 01.05.2012 - 18:23 Uhr) Gut geschrieben.

Ich danke Dir fürs lesen und kommentieren.
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Brubeckfan Hast Du sehr anschaulich beschrieben. Man kann sich hineindenken.
Für mich klingt's, als hätte die LyrIch schlimmere Zeiten überwunden und hier sehen wir sie mal zwischendrin auf ihrem Weg.

Lieben Gruß,
Gerd
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Montag Gut geschrieben.
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