Biografien & Erinnerungen
Waschtag - Kindheitserinnerungen IV

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"Waschtag - Kindheitserinnerungen IV"
Veröffentlicht am 15. April 2012, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Wer mich nicht sieht kann mich hören. Mein Markenzeichen ist ein herzhaftes Lachen, welches schwerlich zu überhören ist und auf jeden Fall ansteckend. Trübe Tassen sollten daher meine Nähe meiden. Ich bin außerdem ein total positiv denkender Mensch und zukunftsorientiert. Bin ein bekennender Widder und auch genau so, wie er beschrieben wird.
Waschtag - Kindheitserinnerungen IV

Waschtag - Kindheitserinnerungen IV

Beschreibung

Ein Waschtag vor 60 Jahren war ein echtes Ereignis.

 

Waschtag - Mitte des 20sten Jahrhunderts

 

So ein Waschtag in den 50-er Jahren des vorigen Jahrhunderts war das Hausfrauenereignis schlechthin. Da konnte sie zeigen, was an Planung, Organisation und genauem Zeitplan in ihr steckte. Alle 4 Wochen, ein paar Tage rauf oder runter, fand dieses Familienereignis statt. Nun konnte man da nicht irgendeinen Tag nehmen, der einem gerade in den Sinn gekommen ist. Wir lebten damals in einem Fünffamilienhaus und jede Familie brauchte  ihren Waschtag. Zu Beginn eines neuen Jahres wurde der Jahreskalender an die Waschküche gehängt, und fünf Hausfrauen standen olympiamäßig in den Startlöchern und wollten als erste den Kalender in ihren organisatorischen Besitz bringen. Meine Mutter hatte manchmal dieses Glück und konnte nun, frei nach ihrer Wahl, die Waschtage für das ganze Jahr eintragen. War 

 

 

War dieser Sieg errungen, durfte man gelassen ins neue Jahr blicken.

Nun fing so ein Waschtag nicht einfach so mal am Morgen an und endet am Abend. Nein, für ein Kind war der Waschtag das ganze Jahr über allgegenwärtig. Das zeigte sich in folgender Weise.

“Wie siehst Du denn schon wieder aus? Ich habe doch gerade erst gewaschen!” “Mach Dich ja nicht dreckig. Das musst Du morgen noch ‘mal anziehen. Ich habe erst nächste Woche die Waschküche.” Ich hätte noch mehr solche Sprüche auf Lager, doch ich will niemanden langweilen.

Der große Tag nahm seinen Anfang am Spätnachmittag des Vortags. Unsere Waschküche war ca. 20 qm groß und in der Mitte befand sich ein großer ummauerter Waschkessel. Unter dem Kessel befand sich eine Feuerstelle wie bei einem Küchenherd. 

 

 

Der Kessel wurde mit den Wäschestücken gefüllt, Wasser und Waschpulver dazugegeben und dann Papier, Holz und Kohle angezündet. Während des Kochvorgangs musste die Wäsche mit dem Wäschestampfer mehrmals bewegt werden. Hausstaubmilben oder Kopfläusen ging es gnadenlos an den Kragen. Dann kam die Arbeitskleidung an die Reihe. Eine Zinkwanne wurde mit Wasser gefüllt und tüchtig “Imi” eingerührt. Imi war für alles gut. Besonders erfolgreich konnte man den Fußboden damit scheuern, wobei man dann auf den Knien durch die Wohnung robbte und mit einer Wurzelbürste den Boden schrubbte. Da war nix mit Wischmopp am Teleskopstiel. Bevor ich total abschweife, Imi war für fast alles gut. In besagter Zinkwanne wurde dann die Arbeitskleidung über Nacht eingeweicht.

Am anderen Tag, sehr früh, ging meine Mutter dann in die Waschküche. Auf einen Holzbock wurde eine Holzwanne gestellt, in die dann,

 

 

 

gut sortiert, das Waschgut kam. Zuerst natürlich die helle Wäsche. Auf einem Waschbrett, auch Rumpel genannt, wurde die Wäsche nun bearbeitet. Für zu entfernende Flecken lag noch Kernseife und Wurzelbürste bereit. Der Spülvorgang fand in einer Zinkbadewanne statt. Dort wurde mit dem Wasserschlauch immer frisches Wasser zugegeben; wenn die Seifenlauge ausgespült war,  ging es ans auswringen. Das ging teilweise nur zu zweit. Später hatten wir dann eine Wäschewringe. Sie bestand aus zwei Walzen und mit einer Kurbel musste die Wäsche da durchgezwängt werden.

War die Wäsche dann optisch rein, so wurde sie zum Wäscheplatz transportiert und zum Trocknen aufgehängt. An Regentagen gab es dafür einen Trockenboden. Am Abend, nachdem die Waschküche gereinigt war, wurde die Wäsche abgenommen und nach Roll- (Mangel-) oder Bügelwäsche getrennt. Die 

 

 

 

Rolle (Mangel) war ein Höllengerät, welches mir  immer tüchtig Angst machte. Doch das ist schon wieder ein anderer Tag.

Ja, so ein Waschtag war schon anstrengend. Das war wohl auch der Grund, warum die berufstätigen Frauen (in der DDR) einen bezahlten Haushaltstag im Monat erhalten hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

von Fiona48 April 2012

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Fiona48
Wer mich nicht sieht kann mich hören. Mein Markenzeichen ist ein herzhaftes Lachen, welches schwerlich zu überhören ist und auf jeden Fall ansteckend. Trübe Tassen sollten daher meine Nähe meiden.
Ich bin außerdem ein total positiv denkender Mensch und zukunftsorientiert.
Bin ein bekennender Widder und auch genau so, wie er beschrieben wird.

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Coeur ach, da war ich doch schon mal...
vor langer, langer zeit...
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Siouxi Ja das waren schon noch ganz andere Zeiten, obwohl es noch gar nicht so lange her ist!

Herrlich! Ich liebe solche Geschichten aus dem Alltag, der ja doch etwas anders war, als wir es heute gewöhnt sind :-))

lg Imke
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur da ist sie wieder die gute alte Zeit - zum Glück ist sie vorbei!
grins!
kann mich nur zu gut an diese Zeit errinern :)
LG Erna
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Ich kann mich auch noch gut erinnern.
Meine Oma besaß eine Bottichwaschmaschine aus Holz.
Darin rotierte ein vierarmiges Teil und bewegte die Wäsche ...
Das Kochen der Wäsche musste jedoch zuvor auch im Kessel erfolgen ....

ICh hatte anfangs in unserer Einraumwohnung keinen Platz für eine Waschmaschine und habe die Wäsche in einem großen Topf auf dem Gasherd gekocht .... Bettwäsche wurde in die Wäscherei gegeben...
Die erste Waschmaschine, ein Halbautomat, war dann eine Riesenerleichterung!

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Fiona48 Re: Solche Waschtage kenne ich auch noch -
Zitat: (Original von baesta am 19.04.2012 - 20:55 Uhr) aus meiner Kinderzeit. Es kommt mir vor, alss hättet ihr bei uns gewaschen. Unser "Waschhaus" stand im Hinterhof. Es gab diesen, von Dir beschriebenen Kessel und diese zwei Rollen, wo man die Wäsche zum Auswringen durchschob. Ich musste immer die Kurbel drehen. Danach wurde aber noch auf dem Rasen im Garten gebleicht, d.h. die Wäsche wurde auf dem Rasen ausgelegt und immer mal begossen. Ich dachte damals immer, das wird gemacht, damit sie wächst. Danke für die Erinnerung.

Liebe Grüße
Bärbel


Danke liebe Bärbel,
Bettlaken wachsen lassen für XXXL Betten. :-))))
Ja, das Bleichen kenne ich auch, doch das ging bei uns nicht. In der Großstadt fehlen dazu die Wiesen und in den Parkanlagen hätte es sicher sehr komisch ausgesehen.
Auf jeden Fall freut es mich immer wieder, dass meine Geschichten auch bei euch die Erinnerungen wecken.

Liebe Grüße von Fiona
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Solche Waschtage kenne ich auch noch - aus meiner Kinderzeit. Es kommt mir vor, alss hättet ihr bei uns gewaschen. Unser "Waschhaus" stand im Hinterhof. Es gab diesen, von Dir beschriebenen Kessel und diese zwei Rollen, wo man die Wäsche zum Auswringen durchschob. Ich musste immer die Kurbel drehen. Danach wurde aber noch auf dem Rasen im Garten gebleicht, d.h. die Wäsche wurde auf dem Rasen ausgelegt und immer mal begossen. Ich dachte damals immer, das wird gemacht, damit sie wächst. Danke für die Erinnerung.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Fiona48 Re: -
Zitat: (Original von Celine1 am 16.04.2012 - 07:58 Uhr) Ob da auch noch die Eigenart mancher älterer Leute herkommt, die Wäsche an ganz bestimmten Tagen zu waschen, obwohl man eigentlich jederzeit könnte? Meine Oma hat immer dienstags ihren Waschtag.
Ich wasche dann, wenn genug Wäsche anfällt.
LG Celine



Das ist durchaus möglich. Gewohnheiten werden auch weiter gegeben. Das hat sich wohl erst etwas geändert, als die Frauen auch berufstätig wurden. Das ist auch gut so.
Danke für Deinen Kommentar. Du hast damit ein neues Thema für meine Kindheitserinnerungen angeschubst. Manches muss eben auch bei mir erst ausgegraben werden.

Liebe Grüße von Fiona
Vor langer Zeit - Antworten
Fiona48 Re: Liebe Fiona, -
Zitat: (Original von SaenaPJ am 16.04.2012 - 07:37 Uhr) Mal ganz ehrlich, wenn die Jugend heute so waschen müssten
wie sie es damals alles mit der Hand bewältigten und sei es nur für 1 Monat sie hätten sicher mehr Respekt und würden viele Dinge nicht mehr als selbstverständlich betrachten

Ich kenne diesen Waschtag auch noch sehr gut von meiner Mutter

Liebe grüße und DANKE für das was du uns hier an Erinnerungen Preis gibst ,sie lässt einiges erwachen

Liebe Grüße petra-josie



Ich freue mich auch, wenn ich Deine Erinnerungen zum Erwachen bringe.
Immer wieder nett, Deine Kommentare. Danke.

Liebe Grüße von Fiona
Vor langer Zeit - Antworten
Fiona48 Re: liebe fiona -
Zitat: (Original von derrainer am 15.04.2012 - 20:17 Uhr) dein e geschichte , erinnert mich an früher es war bei uns nicht anders ,
waschtag war eine herausforderung , und nicht einfach , ich sehe meine mutter noch mit stiefeln und gummi schürze , und im kessel brannte das feuer ,

lieben gruß zu dir rainer



...und unter der Gummischürze eine bunt gemusterte Kittelschürze. Die Kittelschürze war damals ja angesagt.
Danke für den Kommentar.

Liebe Grüße von Fiona
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Celine1 Ob da auch noch die Eigenart mancher älterer Leute herkommt, die Wäsche an ganz bestimmten Tagen zu waschen, obwohl man eigentlich jederzeit könnte? Meine Oma hat immer dienstags ihren Waschtag.
Ich wasche dann, wenn genug Wäsche anfällt.
LG Celine
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