Romane & Erzählungen
Winterliche Eindrücke eines Katers

Alles beginnt an einem Abend, am Tag fünf nach dem Beginn des neuen Jahres.

Mein Herrchen wieder fleißig arbeitend kommt nach einem langen Tag, um für mich das geliebte Futter kaufen zu können, wieder nach Hause. Begleitet wird er von erbsengroßen Eisklumpen die vom Himmel fallen und Schmerz auf Fell und Haut erzeugen. Blitz und Donner hallt drohend und unheimlich durch das Tal der großen Berge, wo sich meine Heimat befindet.

Es beginnt ein starker Flockenwirbel um die Häuser zu ziehen, der innerhalb kürzester Zeit, zu einem für Katzen unüberwindbaren weißen Teppich heranwächst.

Ein Flockenwirbel der die verschiedensten Menschen aus ihren Wohnungen lockt, aber nicht etwa, um sich an die schöne Schneelandschaft zu ergötzen.

Nein, die Menschen beginnen mit großen lauten Maschinen den Schnee auf den Gehwegen zu vertreiben, was eigentlich schier unmöglich ist, denn der Schnee wächst und wächst stetig neu, wie die Köpfe eines Drachens aus einem Märchen der Gebrüder Grimm, welches ich im Fernsehen einmal gesehen habe.

Der Lärm dieser Maschinen geht mir furchtbar auf die Ohren, denn wir Katzen mögen keinerlei Lärm.

Dennoch herrscht irgendwann selige Ruhe. Vermutlich sind die Menschen ermüdet ins Bett gefallen oder gar beim Arbeiten eingefroren.

Nach einer Nacht schöner Katzenträume, wo unter einem Apfelbaum Mäuse, Vögel und anderes Getier auf mich warteten, beginnt die Wahrheit eines neuen Tages Realität zu werden, denn die Menschen mit ihren lärmenden Maschinen versuchten den bereits stark angewachsenen Schnee immer wieder zu vertreiben, was ihnen erneut nur ganz schwer gelingt.

Die Schneehöhe beträgt mittlerweile die Hälfte der Größe eines Zweibeiners.

Nach wie vor fällt der Schnee dicht und großflockig auf die weiße Landschaft hernieder.

Ich sitze auf meinen warmen Kratzbaum und betrachte dieses ganze Treiben aus blinzelnden Augen.

Gott sei es gedankt, dass durch diese Schneehöhe, mein Herrchen und Dosenöffner zu Hause bleiben muss!

Irgendwann schlief ich bei diesen Gedanken, glückselig und wohlbehütet ein.

Was war das?

„Es ziehen aus weiter Ferne drei Könige einher, sie kamen von drei Bergen und fuhren übers Meer …“, drang liebsäuselnd an meine Katzenohren.

Ich erwache und meine Augen sehen, draußen vor dem Fenster merkwürdige Zweibeiner in bunter scheinbar wertvoller Kleidung Lieder singen. Der weiße Flockenwirbel scheint nach ihrem Gesang zu tanzen.

„Hier kommen die Könige, sie folgen einen Stern. Sie gehen von Haus zu Haus und suchen unseren Herrn…“

Wie bitte? Was singt ihr denn da nur für einen Blödsinn? Ihr braucht nicht von Haus zu Haus zu gehen. Mein Herr und Herrchen ist hier und macht gerade die Katzentoilette sauber.

Plötzlich steht das Herrchen hinter mir, streichelt mich liebevoll und sagt sanft, als habe er meine Gedanken erraten: „Heute ist der Tag der drei heiligen Könige und diese Menschen sind die Sternsinger.“

Ich verstehe seine Worte nicht, aber es muss wohl etwas Feierliches und Festliches in der Welt der Zweibeiner sein.

 

Copyright by Steffen Fuchs 06.01.2012