Kurzgeschichte
Außer Spesen, nichts gewesen. - oder doch...

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"Außer Spesen, nichts gewesen. - oder doch..."
Veröffentlicht am 18. September 2011, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Außer Spesen, nichts gewesen. - oder doch...

Außer Spesen, nichts gewesen. - oder doch...

 

Ein gepflegtes Einfamilienhaus, gelber Außenputz, drei Fenster an der Vorderfront,ein Fenster an der rechten Außenseite, im Vorgarten reich blühende Rosenstöcke lachsrosa Knospen, jede verblühte Rose sorgfältig entfernt. Die Fensterscheiben blank geputzt, die Rollläden halb hoch gezogen, exakt auf  gleiche Höhe beiallen vier Fenstern. Billige Bauweise, große schmucklose Fenster, dem Baustil nachzu schließen wurde das Haus in den späten 50er Jahren erbaut. Die Vorhänge, nichtmehr das neueste Design, sind   sorgfältig gerafft. Der äußere Eindruck lässtauf ordnungsliebende Bewohner schließen, wahrscheinlich ältere Leute, denn es gibt augenscheinlich keine Garage, ja nicht einmal einen Autoabstellplatz. Ein Haus wie geschaffen für mein Vorhaben, diesmal müsste es klappen. Erwartungsvoll betätige ich die Klingel.

 Durch ein schmiedeeisernes Tor gelange ich am Haus vorbei in einen kleinen betonierten Innenhof. Blühende Oleandersträucher stehen in großen Kübeln rund um einen alten Brunnen. Eine Wäschespinne an der rechten Hofseite, blütenweiße Wäsche flattert im Wind, darunter ein gelbes Plastikkörbchen mit Wäscheklammern. Eine schwarz-weiß gefleckte Katze kommt mir zur Begrüßung laut miauend entgegen. Über vier Stiegen gelange ich an der Rückseite des Hauses in ein kleines schmuckloses Vorzimmer. Alter, billiger Kunststoffbelag, könnte auch wieder einmal eine Wachsschicht gebrauchen, stelle ich mit Kennerblick fest. Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad - vier einladend geöffnete Türen erleichtern die Orientierung. In der Küche ein Küchenblock in hellbraun mit dunkelbrauner Abdeckplatte und  eine braun-grün gemusterte Sitzecke. Zwei Sessel und ein Tisch mit geblümter Plastiktischdecke vervollständigen die Einrichtung. Gelbe Vorhänge und eine rotbraune Küchenuhr versuchen dem Raum ein wenig Gemütlichkeit zu geben. Am Fußboden der gleiche glanzlose Kunststoffbelag wie im Vorzimmer, diesmal nicht in grauer, sondern in hellbrauner Farbe.

 

Die Hausfrau, eine äußerst nette ältere Dame mit weißen Löckchen und freundlichen Augen begrüßt mich freundlich und bietet mir Platz an. Sie freue sich über jeden Besuch, versichert sie mir. Seit ihr Mann vor einigen Jahren verstorben sei, sei sie sehr einsam. Die Kinder seien schon lange aus dem Haus und kämen nur an den Wochenenden kurz zu Besuch. Ja natürlich, so ein Haus gäbe schon sehr viel Arbeit, man möchte ja alles sauber haben.

Aber sicher dürfe ich ihr ein bisschen helfen. Ein neues Universalhaushaltsgerät, das Staub saugen, Boden wischen, Polstermöbel reinigen und noch vieles  mehr kann, das würde sie natürlich interessieren.

Ich beginne mit meiner Vorführung: Zuerst reinige ich den Boden in Küche und Vorzimmer mit heißem Dampf und danach trage ich eine dünne Wachsschicht auf. Anschließend wasche ich die weißen Wandfliesen im gegenüberliegenden Badezimmer, reinige Waschmuschel und Badewanne, putze den großen Spiegel und versehe die dunkelblauen Bodenfliesen mit einer Imprägnierschicht. Mein „Mister Blitzblank“ arbeitet einwandfrei. Fast geräuschlos erledigt er Arbeitsgang um Arbeitsgang. Die Toilette hinter der Tür übersehe ich geflissentlich, es hat eben alles seine Grenzen.

Die nette Dame beobachtet genau jeden meiner Handgriffe. Ja, man sähe, ich hätte eine gute Erziehung genossen, sei ein tüchtiger junger Mann. Sie würde mir ja gerne helfen, aber ihr Rücken, ihre Bandscheiben und vor allem das Herz. Während sie ständig um Luft ringt, folgt eine  detailgetreue Schilderung ihrer Herzprobleme.

 

Langsam werde ich ungeduldig. Ich brauche unbedingt einen Kaufabschluss, doch sie weicht  meinen diesbezüglichen Andeutungen immer geschickt aus. Die längst notwendige Autoreparatur, mit der Miete bin ich auch drei Monate im Rückstand, - ich zwinge mich zu einem  Lächeln und arbeite tapfer weiter. Ja, die Technik habe eben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Sicher könne auch sie mit so einem Gerät umgehen, die Bedienung sei ja kinderleicht, erkläre ich immer wieder. Ob man mit dem Gerät auch Polstermöbeln reinigen könne, zeigt sie sich interessiert.

Aber natürlich, kann ich ihr versichern. Sie drängt mich ins Wohnzimmer. Der hellgraue Teppichboden ist schnell gesaugt. Die dunkelrote Sitzgruppe würde schon mehr Zeit in Anspruch nehmen. Nachdem ich den Reinigungsschaum aufgetragen habe, hole ich ein Bestellformular aus der Tasche.

“So, der Schaum muss jetzt kurze Zeit einwirken und wird dann abgesaugt. Darf ich in der Zwischenzeit das Bestellformular ausfüllen?“, höre ich mich fragen.

 

„Bestellformular? Aber junger Mann, wo denken Sie hin?

Ihr Gerät ist interessant, wirklich sehr interessant. Nur leider habe ich keine Verwendung mehr dafür. Einige Jahre früher hätte ich es gut gebrauchen können. Aber jetzt - sie sehen ja selbst - ich bin alt geworden. Zu alt um mich noch länger allein um das Haus und den Garten kümmern zu können, darum werde ich demnächst in ein Seniorenheim übersiedeln. Ich bin ihnen wirklich sehr dankbar für ihre Mithilfe, es ist eben ein gutes Gefühl, das Haus sauber zu hinterlassen."

 

Ich sehe geradewegs in ihre weit aufgerissenen Augen, als ich den letzten Rest des Reinigungsmittels auf dem Teppich verteile - natürlich unverdünnt. Der giftige Dampf raubt mir fast den Atem. Stark ätzend - höhnisch grinst mich die Schrift auf dem Etikett des Behälters an. Sicherheitshalber führe ich immer einen großen Kanister mit, man weiß ja nie. Während ich die Tür schließe, höre ich einen dumpfen Knall.

Natürlich habe ich ihr das Gerät samt Zubehör für einige Tage leihweise überlassen, nachdem sie mich so darum gebeten hatte - oder, was hätten Sie gemacht, Herr Kommissar - höre ich mich im Geist sagen, während ich den Wagen starte.

 

 

 

 

 

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ulla Re: Re: Re: Wirklich - schon sehr makaber ;-)) -
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 09.10.2011 - 23:18 Uhr)
Zitat: (Original von ulla am 09.10.2011 - 21:17 Uhr)
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 02.10.2011 - 11:57 Uhr) Hätte ich gar nicht von dir gedacht, Ulla, *lach*

Sonnensonntagsgruß
fleur


Steckt nicht in jedem von uns auch ein winzigkleiner Bösewicht ;-))
manchmal kommen mir eben die sonderbarsten Ideen und - wollen aufs Papier...
Danke für deinen netten Kommi
glg
ulla


Mein Bösewicht/Teufel nimmt mitunter beträchtliche Größe an.... ;-))))))


Pst, nicht weitersagen, meiner auch.
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Re: Re: Wirklich - schon sehr makaber ;-)) -
Zitat: (Original von ulla am 09.10.2011 - 21:17 Uhr)
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 02.10.2011 - 11:57 Uhr) Hätte ich gar nicht von dir gedacht, Ulla, *lach*

Sonnensonntagsgruß
fleur


Steckt nicht in jedem von uns auch ein winzigkleiner Bösewicht ;-))
manchmal kommen mir eben die sonderbarsten Ideen und - wollen aufs Papier...
Danke für deinen netten Kommi
glg
ulla


Mein Bösewicht/Teufel nimmt mitunter beträchtliche Größe an.... ;-))))))
Vor langer Zeit - Antworten
ulla Re: So kann 's kommen, Ulla! -
Zitat: (Original von pekaberlin am 02.10.2011 - 17:00 Uhr) Ich sag meinen Söhnen auch immer: "Ihr seid inzwischen viel stärker als ich! Aber ich bin viel fieser!"
Wer will es also der Jugend übelnehmen, wenn sie so reagiert!
Liebe Grüße Peter


Aber Peter, nicht doch...
Hast du nicht Angst, dass sie dich eines Tages überflügeln... lach
Danke fürs Lesen und dir noch einen netten Abend
lg
ulla
Vor langer Zeit - Antworten
ulla Re: So, so, -
Zitat: (Original von Herbsttag am 02.10.2011 - 12:15 Uhr) es klopft und saugt der Heinzelmann,
wo Mutti nicht mehr saugen kann...
Ganz schön listig dieser junge Mann.
Gefällt mir gut, deine heiter-schwarze Geschichte.
Ob ich allerdings den nächsten Kobold-Vertreter ins Haus lass', na ich weiß nicht.
Schöne Tage für dich. Ira


Ja Ira, man kann nicht vorsichtig genug sein... lach
wollen mir mal hoffen, dass er noch immer sicher hinter Schloß und Riegel sitzt...
Danke fürs Kommentieren und noch einen netten Abend
ulla
Vor langer Zeit - Antworten
ulla Re: Wirklich - schon sehr makaber ;-)) -
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 02.10.2011 - 11:57 Uhr) Hätte ich gar nicht von dir gedacht, Ulla, *lach*

Sonnensonntagsgruß
fleur


Steckt nicht in jedem von uns auch ein winzigkleiner Bösewicht ;-))
manchmal kommen mir eben die sonderbarsten Ideen und - wollen aufs Papier...
Danke für deinen netten Kommi
glg
ulla
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin So kann 's kommen, Ulla! - Ich sag meinen Söhnen auch immer: "Ihr seid inzwischen viel stärker als ich! Aber ich bin viel fieser!"
Wer will es also der Jugend übelnehmen, wenn sie so reagiert!
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag So, so, - es klopft und saugt der Heinzelmann,
wo Mutti nicht mehr saugen kann...
Ganz schön listig dieser junge Mann.
Gefällt mir gut, deine heiter-schwarze Geschichte.
Ob ich allerdings den nächsten Kobold-Vertreter ins Haus lass', na ich weiß nicht.
Schöne Tage für dich. Ira
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Wirklich - schon sehr makaber ;-)) - Hätte ich gar nicht von dir gedacht, Ulla, *lach*

Sonnensonntagsgruß
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
ulla Re: ***** -
Zitat: (Original von erato am 19.09.2011 - 12:57 Uhr) Makaber, makaber - aber sicher auch voller
Realität und Verständnis -
hat mir sehe gefallen, lieb Ulla.
GhG Thomas


Ab und zu sticht mich eben der Hafer und ich versuche mich an solchen Texten... lach
Danke, dass du es t rotzdem gelesen hast
glg
ulla
Vor langer Zeit - Antworten
erato ***** - Makaber, makaber - aber sicher auch voller
Realität und Verständnis -
hat mir sehe gefallen, lieb Ulla.
GhG Thomas
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