Biografien & Erinnerungen
Von Anwendungen und Zuwendungen

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"Von Anwendungen und Zuwendungen"
Veröffentlicht am 09. Januar 2011, 4 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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einer der auf dem Weg ist ...
Von Anwendungen und Zuwendungen

Von Anwendungen und Zuwendungen

Von Anwendungen und Zuwendungen

 

Mein Vater war ein BÜROkrat.

Er verließ am Morgen als Erster das Haus. Beim verlassen der Wohnung öffnete er unsere Kinderzimmertür, rief irgendetwas Aufmunterndes, wie „Reise, Reise – aufstehn!“ und war schon die Treppe hinab aus dem Haus.

Am Abend gab es dann „Hasenbrot“. Wir, mein Bruder und ich, bekamen Hasenzähne und wollten eigentlich was Frisches.

Mit dem Aufstieg auf der Karriereleiter bekam der „Alte“ privat gebundene Beförderungsmittel zugeordnet. Erst eine schwarze RT aus Zschopau, ein Motorrad mit 125 ccm. Außer unserem schwergewichtigen Erzeuger war sogar noch für einen zweiten Mitfahrer Platz. Doch wir hatten falsch vermutet, uns zu früh gefreut.

Vor die Freude hatte der Vater das Putzen auf Befehl und nach System gesetzt. Dann durfte der „Diensthabende“ nach 2-5mal Putzen auch einmal mitfahren. Diese Ausritte waren so kurz, dass ich mich nicht an einen erinnern kann.

Der Gipfel war das Dienstauto, ein EMW Kombi, ein ehemaliger SANKA – Sanitätskraftwagen.

Allein der Transport im Winter über den Rennsteig zum Umbau/ zur Rekonstruktion, war eine Geschichte für sich.

Das Putzen dieses Luxusliners aber auch.

Da waren 2 Kerle und 4 Hände gefragt.

Mitgefahren bin ich einmal sogar bis nach Leipzig. Mit den Damen vom Konsum Kaufhaus, die waren in meinen Augen steinalt.

Schuhe putzen war eine andere Anwendung, die wir als Sklavendienst empfanden. Die Nähte mussten extra mit Lederfett bearbeitet werden und wenn der Steg nicht schwarz gewienert war, ging die ganze Charge zurück. Da capo!

Zensuren stellten in ihrer Folge ein ausgeklügeltes Anwendungsmodel dar.

Für eine „Eins“ gab es eine Mark. Für 2 – 3 null Zuwendung.

Eine „Eins“ und eine „Zwei“ durften wir dem Vater zum signieren vorlegen.

Eine „Drei“ musste Mutti abzeichnen (bei mir öfter) und weiter ging es eigentlich nicht.

Neulich fiel mir mein erstes Sparbuch in die Hände. Der erste Eintrag von 25,00 Mark datiert auf den 15.1.1964 und war noch echt Hand geschrieben.

Damals verdiente ich mein Taschengeld nebenan beim Bäcker mit saubermachen.

Mein väterlicher Speditionskaufmann (auch Erzeuger genannt) legte mir ein Oktavheft an. Es enthielt 5 Spalten. Vorn, ganz schmal, das Datum. Dann recht breit „Was, woher, wofür, wohin“. Und rechts drei gleiche Spalten „Eingang“; „Ausgang“; „Bestand“.

Immer im Laufe des Sonnabends kam ein Revisionstermin. Mutti musste vorher ihr Haushaltsgeld abrechnen.

Dann kam ich.

Wehe, wenn in meiner Kasse ein Pfennig zu viel war. Dann erklärte Rudi: „Überschuss ist genauso schlimm, wie Manko!“; trug im Eingang den Differenzbetrag ein und zeichnete ab. Hin und wieder bekam ich die schriftliche Auflage „20,00 zur Bank“ und diese wurden ausgebucht.

Der Erfolg war einen zunehmender Geiz und wachsender Trickreichtum.

Ich deklarierte meinen Zigarettenkonsum in gekaufter Cola und lernte so die Preise kennen.

Später, beim Studium, rauchte ich gern die holländische Marke „van Anderen“, bis mir einer die Spitze gab, meine Zigaretten seien wohl noch im Automat.

Von da an war ich ein wenig vom Geiz geheilt.

 

2011-01-09

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Boris
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Boris Re: Re: Re: Sehr interessant, - ach ja - danke

Zitat: (Original von wega am 09.01.2011 - 16:15 Uhr)
Zitat: (Original von Boris am 09.01.2011 - 16:10 Uhr) Danke für deine Hinweise
ich habe noch ein paar Verbesserungen vorgenommen

LG und Dank

ich
Zitat: (Original von wega am 09.01.2011 - 16:05 Uhr) deine Erinnerungen. Aber das Motorrad stammte sicherlich nicht aus Schkopau (BUNA-Werke), sondern aus Zschopau im Erzgebirge.
Ich habe für die Zweien immerhin noch 'nen Fünfziger bekommen....

Die Zeile über dem SANKA verstehe ich auch nicht ganz. Wieso SIE?
Ist damit deine Schwester Lonchen gemeint?

LG wega



"Diese Ausritte waren so kurz, dass sie sich nicht an einen erinnern kann." ?? >>> "... dass ICH MICH nicht an einen erinnern kann." ??
w.

Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Re: Re: Sehr interessant, -
Zitat: (Original von Boris am 09.01.2011 - 16:10 Uhr) Danke für deine Hinweise
ich habe noch ein paar Verbesserungen vorgenommen

LG und Dank

ich
Zitat: (Original von wega am 09.01.2011 - 16:05 Uhr) deine Erinnerungen. Aber das Motorrad stammte sicherlich nicht aus Schkopau (BUNA-Werke), sondern aus Zschopau im Erzgebirge.
Ich habe für die Zweien immerhin noch 'nen Fünfziger bekommen....

Die Zeile über dem SANKA verstehe ich auch nicht ganz. Wieso SIE?
Ist damit deine Schwester Lonchen gemeint?

LG wega



"Diese Ausritte waren so kurz, dass sie sich nicht an einen erinnern kann." ?? >>> "... dass ICH MICH nicht an einen erinnern kann." ??
w.
Vor langer Zeit - Antworten
Boris Re: Sehr interessant, - Danke für deine Hinweise
ich habe noch ein paar Verbesserungen vorgenommen

LG und Dank

ich
Zitat: (Original von wega am 09.01.2011 - 16:05 Uhr) deine Erinnerungen. Aber das Motorrad stammte sicherlich nicht aus Schkopau (BUNA-Werke), sondern aus Zschopau im Erzgebirge.
Ich habe für die Zweien immerhin noch 'nen Fünfziger bekommen....

Die Zeile über dem SANKA verstehe ich auch nicht ganz. Wieso SIE?
Ist damit deine Schwester Lonchen gemeint?

LG wega

Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Sehr interessant, - deine Erinnerungen. Aber das Motorrad stammte sicherlich nicht aus Schkopau (BUNA-Werke), sondern aus Zschopau im Erzgebirge.
Ich habe für die Zweien immerhin noch 'nen Fünfziger bekommen....

Die Zeile über dem SANKA verstehe ich auch nicht ganz. Wieso SIE?
Ist damit deine Schwester Lonchen gemeint?

LG wega
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