Kurzgeschichte
Das Märchen vom halbklugen Mädchen

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"Das Märchen vom halbklugen Mädchen"
Veröffentlicht am 07. Januar 2011, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Das Märchen vom halbklugen Mädchen

Das Märchen vom halbklugen Mädchen

Beschreibung

Es geht um die Entscheidung einer Frau zwischen Geld und Liebe und darum, ob das eine wirklich besser ist als das andere.

Das Märchen von dem halbklugen Mädchen

 

Es war einmal ein Mädchen, dem fehlte es an nichts. Sie war gesund, hatte eine liebevolle Familie, welche sie in allem unterstützte was sie tat und für die sie nichts als bedingungslose Liebe empfand. Sie hatte eine Arbeit die ihr Spaß machte und viele gute Freunde mit denen sie stundenlang reden konnte. Es fehlte ihr also weder an Liebe in ihrem Leben noch an materiellem Wohlstand. Eines Tages, als sie ihre Wäsche aufhing und ihre Gedanken so umherflogen klingelte es an ihrer Haustür. Als sie öffnete stand dort ein merkwürdig aussehender Mann, mit zerrissener Kleidung und einem abgetragenen Hut in der Hand. Er entschuldigte sich für die Störung aber sein Auto sei stehen geblieben und er habe kein Handy. Nach anfänglichem Zögern ließ sie den Mann eintreten und das Telefon benutzen. Nachdem der Pannendienst bestellt worden war, bot sie dem durchfrorenem Mann einen Kaffee und ein Stück Kuchen an, und erfuhr dabei, dass er seit 4 Tagen unterwegs sei um jemanden zu finden. Sie stellte keine Fragen sondern behandelte ihn mit solcher Wärme und Herzlichkeit, dass er ganz verblüfft war, wie ein so liebevoller Mensch alleine war. „Alleine?“, fragte das Mädchen verblüfft, als er sie frage warum sie niemanden an ihrer Seite hätte. „Ich bin nicht alleine. Ich habe ein wundervolle Familie, einen Beruf den ich sehr gerne ausübe und viele Freunde mit denen ich mich regelmäßig treffe. Ich habe meine Hobbies die mir sehr viel Spaß machen, also alleine bin ich nun wirklich nicht.“

Er lächelte und fragte sie: „Angenommen du hättest drei Wünsche frei, was würdest du dir wünschen?“

„Einen Geldbeutel in dem immer 500 Euro in kleinen Scheinen drinne ist und der sich über Nacht immer wieder auffüllt. Gesundheit für meine gesamte Familie und ihre Nachfahren und als letztes würde ich mir einen friedlichen ohne Qualen ablaufenden Tod für uns, also Familie und Nachfahren, wünschen.“

Er blickte sie erstaunt an und fragte: „Wieso ausgerechnet diese Wünsche?“ Sie war verblüfft, doch er hatte etwas an sich, was sie dazu bracht ihm ehrlich und offen zu antworten. „Ich will ganz offen sein. Geld ist zwar nicht alles, doch es erleichtert die Dinge unheimlich. Da ich aber nicht gierig werden will, würde ich den Betrag auf 500 € beschränken. Des weiteren kann man Gesundheit nicht kaufen und ich will nicht, dass jemand von meinen Liebsten leidet. Deshalb die Gesundheit und der friedliche Tod wenn seine Zeit gekommen ist.“

„Du würdest dir also nicht den Weltfrieden oder einen Partner wünschen?“

„Nein. Denn die Menschen würden den Weltfrieden innerhalb eines Monats wieder zerstören, weil sie ihn nicht begreifen könnten. Sie müssen selber darauf kommen. Was die Liebe betrifft, so glaube ich fest daran, dass sie irgendwann ganz sicher kommt. Man sollte sie nie erzwingen oder sie herbeiwünschen, das hat doch etwas Künstliches oder? Sie muss auf natürlichem Weg entstehen nur dann ist sie meiner Auffassung nach perfekt und rein.“

Der Mann lächelte und wollte gerade etwas erwidern, als es an der Tür klingelte und der Pannendienst angekommen war. Auf der Türschwelle drehte er sich um, blickte dem Mädchen, dass doch vielmehr ein Frau zu sein schien, an, und sagte: „Vielen Dank für deine Hilfe du mögen sich alle deine Wünsche erfüllen.“

Am nächsten Tag erhielt sie ein Paket. In ihm war eine Geldbörse mit 500 € drin sowie ein Brief.

Liebe Larah,

Deine Wünsche haben mich so beeindruckt, dass ich sie dir erfüllen möchte. Ich wünsche dir ein glückliches Leben und eine ehrliche Lange Liebe.

Larah suchte vergeblich nach einem Absender und dachte schließlich, da hätte sich jemand einen Scherz erlaubt. Das Geld zahlte sie noch am selben Tag ein und freute sich etwas beiseite legen zu können. Am nächsten Tag wollte sie gerade zur Arbeit gehen als ihr auffiel, dass in der Geldbörse wiederum 500 € waren. Das begriff sie, dass ihre Wünsche in Erfüllung gegangen waren und freute sich sehr. Sie überwies nun Jede Woche ein vier gemeinnützige Organisationen Geld und kaufte sich alles, was sie schon immer haben wollte.

Und so lebte Larah ein langes gesundes Leben, litt Hunger, hatte immer genügend Geld und war froh, dass es ihr und ihrer Familie so gut ging. Sie blieb immer fröhlich, lachte viel, half wo sie helfen konnte und war niemals undankbar, doch einen Mann fürs Leben traf sie nie.

Eines Tages, viele Jahrzehnte später schlief sie eines Nachmittags ein und wachte nicht mehr auf. Sie hatte genau wie alle vor ihr, den friedlichen Tod bekommen, wurde abgeholt und schwebte dem Jenseits entgegen. Als sie an die Himmelpforte kam trat ihr ein Engel entgegen und sprach: „ Sage mir, bist du aus freien Stücken hierher gekommen?“ „Ja, das bin ich.“

„Dann tritt ein und geh zu den Deinen.“ „Noch beim Eintreten brannte ihr die Frage auf der Zunge und sie drehte sich um. „Bitte. Darf ich etwas fragen?“ „Natürlich.“ „Wieso habe ich nie die Liebe gefunden und andere schon?“

„Gefunden hattest du sie, doch du bist an ihr vorbeigelaufen und hast sie liegengelassen.“

„Liegengelassen?“

„Ja. Du warst so mit anderen Dingen beschäftigt, dass du dich selber ganz vergessen hast. Denn immer wenn jemand seinen Partner gefunden hatte, hast du die Freude, die du für sie empfunden hast so intensiviert und deine eigen Einsamkeit in weltlichen Gütern ertränkt, dass die wahre Liebe bei dir keine Möglichkeit hatte sich einen Platz zu erobern.“

Und dann erkannte sie in dem Engel den Mann, der damals bei ihr auf den Pannendienst gewartet und dem sie ihre drei Wünsche erzählt hatte. „Welchen Wunsch hätte ich ersetzen sollen?“ Er blickte sie trübselig an und antwortete: „Was andere Menschen betrifft, warst du immer ein guter Mensch. Allen hast du geholfen und immer warst du für die Menschen die du liebtest da. Doch hast bei all deiner Nächstenliebe dich selbst vollkommen vergessen. Du hast dich nicht selbst geliebt, du hast dich bezahlt mit Kleidung und anderen Gütern um die dich viele beneidet haben. Hättest du dich selber angefangen zu lieben, in dem Moment wo du deine Wünsche geäußert hast, wäre dein erster Wunsch nicht das Geld gewesen. Du dachtest die Liebe würde schon irgendwann kommen und du hast nie dein Schicksal selber in die Hand genommen und hast die Liebe kommen lassen. Nie hast du ihr geholfen dich zu finden und wenn sie dann mal den holprigen steinigen Weg überwunden hatte, warst du meist schon fort oder hattest anderes im Sinn. Und hättest du die Liebe anstelle des Geldes gewählt wärst du nicht so glücklich geworden wie in deinem gelebten Leben.“

„Aber warum? Was habe ich falsch gemacht?“

„Du hast dich blenden lassen und dich nicht auf das Wesentliche konzentriert. Du hast dich damals für das Geld entschieden und das war dein gutes Recht. Doch das alles hatte seinen Preis.“

„Seinen Preis? Ich wollte doch nur ein unbeschwertes Leben ohne finanzielle Sorgen. Ist das denn verwerflich?“

„Nein. Aber immer wenn man dir jemanden schickte hast du ihn nie ernst- oder wahrgenommen. Das Geld hat dich blind gemacht und deine Liebe eingenommen.“

Und so drehte sich Larah um und ging in den Himmel hinein. Sie setzte sich zu ihren Eltern, die sie liebevoll anschauten. Sie hatte trotz allem ein halbglückliches Leben gehabt und doch auf ihre Art und Weise eine halbkluge Entscheidung getroffen.

 

 

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Georgette

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LordUltra 500 ? - Man kann - zumindest in deiner Geschichte - 500 ? beliebig oft ausgeben, doch das Leben, die Zeit, kann man nur einmal "verbrauchen". Immer wieder in seinem Leben entscheidet man, in was man sein Leben "investieren" möchte. Geld und Liebe schließen sich oft aus, da beides meistens eine kräftige Investition voraussetzt.

Ich möchte noch hinzufügen, dass der Romantiker in mir sich über die Entscheidung für die Liebe sehr gefreut hätte, aber dann wäre es vermutlich eine reine Wohlfühlgeschichte geworden...

LG
Lord Ultra
Vor langer Zeit - Antworten
adventor89 halb - Es ist eine Antwort auf die Fragen der Lebensinhalte ... und sie schweben tatsächlich zwischen Glück und Unglück irgendwo dazwischen. Wenn man es richtig bedenkt, beschreibst Du eine tiefe Problematik unserer Gesellschaft: Die Suche nach materiellem Wohlstand und Karriere, hat noch nie so viel Einsamkeit gebracht wie heute.
Dies meine Gedanken zu sehr interessanten Zeilen.

Viele Grüße
Michael
Vor langer Zeit - Antworten
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