Gedichte
Personalversammlung

Wieder naht die Urlaubszeit!

Dann ist es bei uns im Büro

normalerweise auch soweit

und ich reib erwartungsfroh

die Hände mir, weil sich drei Ziegen

gleich heftig in die Wolle kriegen. 

's ist jedes Jahr das gleiche Spiel:

Die Arbeit wird kurz unterbrochen

und im "Sozialraum" höchst grazil

die Urlaubsplanung abgesprochen.

Der Dinge harrend, die da kommen,

hab ich Punkt 10 Uhr Platz genommen. 

Die Damen Lehmann*, Süß* und Lauf*

(so heißen unsere Drama-Queens)

tauchen mit den andren auf.

Und ich, im Schutz des Benjamins,

der mich umhüllt mit seinen Zweigen,

hüll auch mich selbst schon mal in Schweigen. 

Man bittet um Aufmerksamkeit,

'Ring frei!' denk ich, und ein immenses

Gefühl unbänd'ger Heiterkeit

beschleicht mich: Panem et circenses!

Denn auf dem Tisch, man muss nicht suchen,

duftet verführerisch ein Kuchen. 

Frau Lauf beginnt zunächst verhalten,

sie habe da ganz ohne Frage

noch etwas Urlaub, und zwar alten,

und wolle zwei der Brückentage.

Ich lehne mich entspannt zurück

und nehm vom Kuchen mir ein Stück. 

Frau Lehmann fängt gleich an zu flattern,

sie ist recht taub auf diesem Ohr.

Die will die Tage selbst ergattern

und kramt flugs einen Zettel vor,

wer wann frei hatte, während ich

um Gnade winsel innerlich. 

Erbittert zanken die zwei Furien.

Die Chefin warnt die Amazonen

vorm Einsatz von Verbalinjurien.

Man gönnt der andern nicht die Bohnen,

weil jede denkt, sie kommt zu kurz.

Ich greif zum Kuchen - ist mir schnurz. 

Auch Frau Süß macht nun Theater,

sie brauche frei, der Enkel wegen.

Der Lehmann schwillt die Zornesader

und sie zischt der Süß entgegen,

das wäre ja nun wohl kein Grund.

Jetzt wirds mir langsam auch zu bunt. 

Die Süß lässt sich das nicht gefallen.

Ob ihrer Übellaunigkeit

ist eh gefürchtet sie bei allen.

Frau Lehmann will Gerechtigkeit

nicht erst im Himmel - nein, auf Erden!

Grundgütiger! Lass' zwölfe werden! 

In Sicht kein Ende weit und breit,

die Lauf blitzt beide böse an. 

Urplötzlich spür ich Dankbarkeit,

dass ein Blick nicht töten kann.

Frau Lehmann plärrt, sie müsse buchen,

und ich liebäugel mit dem Kuchen. 

Bevor die drei sich gar noch lynchen,

ergreift die Chefin nun das Wort

und gibt den Urlaub nach den Wünschen.

Cool! Alle drei gleichzeitig fort!

Wieder mal hat sich's gelohnt:

Ich satt, der Sommer ruhig - wie gewohnt.

© Heidi Friedrich 2008

*Die Namen sind geändert und die Handlungen selbstverständlich frei erfunden (in welcher Firma gibts denn schon soviel Bekloppte auf einem Haufen?!). Jegliche Ähnlichkeit mit real existierenden Personen ist rein zufällig und nicht im geringsten beabsichtigt 0:-)