Kinderbücher
Wuselchen - Erinnerungen an meinen kleinen Goldhamster

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"Kinder können doch manchmal grausam sein...."
Veröffentlicht am 16. Mai 2010, 12 Seiten
Kategorie Kinderbücher
© Umschlag Bildmaterial: Genestro - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, ...
Kinder können doch manchmal grausam sein....

Wuselchen - Erinnerungen an meinen kleinen Goldhamster

Einleitung

Ich erzähle hier eine Geschichte aus meiner Kinderzeit und sie ist vor mehr als 50 Jahren passiert. Aber auch heute noch brennt sie auf meiner Seele, denn ich habe ein Tier getötet, ohne Absicht zwar, aber in Unkenntnis darüber, wie man mit Tieren umgeht. Es war eine der schlimmsten Erfahrungen für mich. Aber ich will der Reihe nach erzählen.

Wuselchen

 

Meine Mutter war mit mir, nach der Trennung von meinem Vater, wieder zu meiner Oma gezogen, wo wir anfangs zu dritt in zwei kleinen Zimmerchen ohne fließendes Wasser, ohne Vorsaal, Bad und Toilette „hausten“. Ein paar Jahre später hatten wir dann das gesamte Dachgeschoß des Hauses, in dem wir wohnten, für uns und somit auch

 mehr Platz. Wir hatten jetzt eine Wohnküche, eine Wohnstube, die nur Sonntags betreten werden durfte und zwei Schlafzimmer. In dem einen schlief Oma und im anderen meine Mutter und ich. Endlich hatte ich ein eigene Bett.

Ich war vielleicht 6 Jahre alt und bekniete

meine Mutter ständig wegen eines Haustieres. Sie weigerte sich jedoch standhaft, Tiere ab Katzengröße in der Wohnung zu halten. Aber eines Tages hatte ich meinen Kopf durchgesetzt und bekam einen kleinen Goldhamster. Für ihn hatten wir ein kleines Aquarium aus Vollglas gekauft und mit Sägespänen ausgestreut (was heute schon den Tierschutz auf den Plan rufen würde). In eine Ecke wurde etwas Holzwolle gelegt und daraus baute sich Wuselchen sein Schlafnest. Damals gab es halt nichts anderes und meine Mutter war nicht so vermögend, dass wir hätten noch viel Interieur kaufen können.

Außerdem wusste man noch recht wenig über diese Tierchen. Eigentlich war nur bekannt, dass sie nachtaktiv sind und somit war das ja nun gar kein geeignetes Tier für mich, aber damals wusste man es halt nicht besser. So weckte ich ihn natürlich immer am Tag, was er gar nicht so gut fand und sich zum Dank in meiner Fingerkuppe verbiss. Wenn er jedoch dann munter war, lief er auf unserem Küchentisch herum und stopfte sich die Sonnenblumenkerne oder anderes Obst und Gemüse in die kleinen Backentaschen. Das sah immer sehr lustig aus, wenn diese immer größer wurden und fast breiter waren, wie das ganze Kerlchen lang war.

Die Sonnenblumenkerne befreite er aber

immer erst von ihrer Umhüllung, bevor er sie sich in die Backentaschen steckte. Manchmal mauste ich ihm welche und aß sie selber. Er hatte richtige winzig kleine Händchen, mit denen er ganz geschickt hantierte. Es machte richtig Spaß, ihm zuzuschauen und ich war mächtig stolz auf mein „Haustier“. Später hatte ich ihm auch ein Häuschen gebastelt, welches er eines Nachts als Startrampe für einen Ausbruch benutzte. Niemand hätte gedacht, dass er die glatten Glaswände des Aquariums überwinden könne. Aber er hatte es doch tatsächlich geschafft.

Am nächsten Morgen suchten wir Wuselchen, aber er war nirgends zu sehen.

Dann entdeckte meine Oma ein großes Loch in ihrer Sofadecke, die man damals zum

Schutz über das Sofa legte und als sie diese hochhob, lag unser Wuselchen zusammengerollt in der Ecke zwischen Seiten- und Rücklehne und schlief friedlich.

So bekam er dann ein ausbruchsicheres "Gefängnis", indem wir Hasendraht über das Aquarium legten und die Kanten so bogen, dass dieser wie eine Haube darauf lag. Dann kam jener Tag, den ich im Leben nicht vergessen werde. Es war Weihnachten geworden und Oma hatte meine Puppenstube wieder schön hergerichtet. Sie hatte mir sogar elektrisches Licht hineingelegt und es war recht heimelig, wenn ich im Halbdunkel vor meiner

Puppenstube saß und die kleinen Lämpchen brannten.

Für ein Puppenstubenpüppchen hatte ich ein kleines Taufkleidchen. Es war rosa, vorn mit Spitze benäht und hinten offen. Auf einmal hatte ich die wohl blödeste Idee in meinem Leben. Ich wollte meinem Wuselchen dieses Taufkleidchen anzuziehen, weil ich es taufen wollte. Ich nahm es also aus seiner Behausung und versuchte ihm das Kleidchen anzuziehen. Zuerst zog ich einen Ärmel über ein Vorderbeinchen und versuchte dann auch das zweite in den anderen Ärmel zu stecken. Natürlich wollte Wuselchen sich das nicht gefallen lassen und strampelte tüchtig, so weit es seine winzigen Kräfte

zuließen. Dabei hatte ich es wohl zu fest angefasst, denn auf einmal wurde der kleine Körper schlaff.

Wuselchen rührte sich nicht mehr. Da halfen alle Tränen und alles Jammern nichts - und ich war schuld.


Lange Zeit konnte ich mich nicht beruhigen. Ich hatte ein Tier getötet, weil ich es zu etwas zwingen wollte, was es gar nicht mochte.

Das war das schlimmste Weihnachtsfest meines Lebens.

Dies war mir aber für immer eine Lehre, denn damals hatte ich mir vorgenommen, nie wieder einem Tier meinen Willen aufzwingen zu wollen oder gar zu quälen und diesen Vorsatz habe ich bis zum heutigen Tag

eingehalten. © Baesta

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Hörbuch

Über den Autor

baesta
Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, manchmal etwas bissig, manchmal ernsthaft, machmal übermütig, aber niemals bösartig.
Diesen Aphorismus kann ich nur ans Herz eines jeden Menschen legen: Sich selbst bekriegen - der schwerste Krieg.Sich selbst besiegen - der allerschönste Sieg! - Friedrich Freiherr von Logau
(1604 - 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw)

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Albatros99 Oja, liebe Bärbel, ich hab mit dir mitgelitten. Bei mir sind auch furchtbar viele Tiere aus Liebe gestorben oder gesundgepflegt worden. Es hing immer davon ab, wie gut ich die Sache schon beherrschte bzw. wie ihr vorausgegangener Zustand war. Meistens gab es eine Katastrophe, die meine Mutter dann veranstaltete, weil sie das Fütterungsprocedere nicht mitmachte. Ich könnte da dicke Bücher schreiben, auch von den unendlichen geflossenen Tränen. deshalb wollte ich unbedingt Tierarzt werden, was leider nicht geklappt hat. Aber sehr schön hast du die Geschichte geschrieben. Liebe Grüße Christine
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Danke für den netten Kommi. Da haben wir ja einiges gemeinsam. Tierarzt wollte ich früher auch werden. Leider konnte (oder wollte) mir meine Mutter das Abitur nicht ermöglichen, was auch verständlich war, da sie für alles allein aufkommen musste und ich ihr dann viel zu lange auf der Tasche gelegen hätte. Aber mit Tieren hatte ich schon immer Umgang gehabt, hatte auch schon allerlei in Pflege und alle sind auch recht alt geworden, bis auf unser Zwergkaninchen, das aber durch unseren Sohn, der damals auch noch klein war, ums Leben kam. Bin aber dabei, zu allen meinen Tieren noch etwas zu schreiben.
Liebe Grüße und einen netten Sonntag
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW Liebe Bärbel, ich bin ja noch nicht solange hier und muss mich erst durch die Geschichten und Gedichte lesen - das dauert. Aber eins von den ersten Büchern war Deine Geschichte mit "Wuselchen". So lieb hast Du das geschrieben, es hat mir (bis auf den Schluss) Spaß gemacht zu lesen. Mein Bruder und ich hatten auch einmal Hamster - Max und Moritz. Aber da es Männchen waren, die man nicht zusammen halten sollte (wussten wir damals auch nicht) und die ständig gerauft haben, hat sie mein Vater wieder weggegeben. Stattdessen bekamen wir Schildkröten - auch keine direkten "Streicheltiere".
Es tut mir sehr Leid was mit "Wuselchen" passiert ist. Aber mache Dir keine Vorwürfe mehr und denke einfach: der Himmelpapa hat für ein kleines Mädchen im Himmel einen Hamster gebraucht .... Freilich als Kind ist das Erlebnis schon schrecklich. Aber ich kann gut nachfühlen, denn ich leide heute noch darunter, weil wir vor fünf Jahren unsere Katze "Maunze", die wir 21 (!) Jahre gehabt hatten, einschläfern lassen mussten.
Jetzt haben wir halt einen schwarzen "Gastkater" (Kasperl) der kommt und geht wie es ihm beliebt und der in allen umliegenden Häusern gern gesehen ist.
LG
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Ganz lieben Dank für den netten Kommi. Ich hatte auch schon viele Haustiere, Fische, Schildkröten, Meerschweinchen, Zwerghasen und Wellensittiche. Mein jetziges "Haustier" ist der Kater, der auf meinem Bild zu sehen ist. Den haben wir schon 16 Jahre und ich hoffe, er bleibt noch etwas. Allerdings fängt er jetzt auch an zu kränkeln und entwickelt auch so diverse Macken. Allerdings ist er auch nur in der Wohnung. So nach und nach werde ich auch zu meinen anderen Haustieren noch was schreiben. Kann nur nicht so lange am PC sitzen, da dauert es immer, bis ich was neues fertig habe.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
otello05 liebe Bärbel, auch ich kann mir nicht vorstellen, daß du so grob warst, denn die Tierchen sind rech zäh, ich vermute mal, daß der streß der "Modenshow" zu viel für das kleine Herzchen war und du weist auch nicht, wie alt das Tierchen war, als du es bekommen hast, denn die Händler schwindeln gern beim Alter, damit sie einen Ladenhüter los werden und bedenke auch, daß so ein Tierchen eine Lebenserwartung von max. 2 Jahren hat...aber wie dem auch sei, es ist gut daß du was daraus gelernt hast...
super geschrieben ne glatte 1
glg karin
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Doch, ich war sicher etwas grob, weil er ja gestrampfelt hat und sich frei machen wollte. Aber als Kind denkt man halt nicht dran, ob man einem Tier weh tut. Dass die kleinen Tierchen nicht so alt werden, wußte ich ja schon.
Danke für den netten Kommi und die Talerchen.

GLG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du als 6-jähriges Kind ihn so derb angefasst hast, dass er daran starb. Vielleicht hat er von dem Stress einen Herzschlag bekommen ... Vielleicht war auch sein Leben schon abgelaufen, die werden ja nur ca. 2 Jahre alt, manchmal auch weniger.
So ist das Taufkleidchen zum Totenhemd geworden ...

Als mein Sohn klein war, hatten wir auch zwei Hamster, nacheinander ... mit denen haben wir auch tolle Sachen erlebt ...
Jetzt haben die Enkelinnen Meerschweinchen.

Sei nicht mehr traurig, der hat bestimmt nicht lange gelitten, und du konntest das in dem Alter doch keinesfalls überblicken.
Ich habe als Kind unserm Dackel auch Puppensachen angezogen, Haarschleifen in die Ohren gebunden und ihn im Puppenwagen ausgefahren. Der hat sich brav alles gefallen lassen ...

Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Du jast natürlich recht, wenn Du annimmst, dass er einen Herzschlag erlitten hat. Aber dennoch war es durch meine Schuld, weil ich ihm unbedingt diese verflixte Taufkleidchen anziehen wollte. Er war ja noch gar nicht alt damals, vielleicht ein halbes Jahr under noch jünger. Ob er lange gelitten hat, kann ich auch nicht sagen. Er hat sich doch aus Leibeskräften dagegen gewehrt und einige Minuten wird es schon gedauert haben.
Allerdings einen Dackel in Puppensachen zu stecken, ist ja nicht so schlimm. Hunde lassen sich doch mehr gefallen. Inzwischen hat sich mein Kater neben mir breit gemacht und will, dass ich mich nur mit ihm beschäftige und streichle. Sobald ich die Finger am PC habe. fängt er an zu schimpfen. Abends habe ich mir halt nur Zeit für ihn zu nehmen. Also dann gute Nacht. Danke für die tröstlichen Worte und den Favo.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Re: -
Zitat: (Original von NORIS am 21.10.2010 - 18:03 Uhr) .....eine berührende geschichte, die durch deine gewonnene erkenntnis ein stück ihres schreckens verliert....

lg heidemarie



Aber mir tuts heute noch leid. Danke für Deinen Kommi.
lg BÄrbel
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS .....eine berührende geschichte, die durch deine gewonnene erkenntnis ein stück ihres schreckens verliert....

lg heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
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