Kurzgeschichte
Kage - Schreibparty 112

Schreibparty 112

Thema Tiere im Haus

Vorgabe Wörter sind:

Freund , Lachen . Schlaf , Krankheit,

intelligent, Häftling , schmecken

Vorwort:

Die „Schatten von Hiroshima" sind dauerhafte Abdrücke auf Oberflächen wie Beton oder Stein, die durch die extreme Hitzestrahlung der Atombombe entstanden sind, welche die an diesen Stellen kurzzeitig stehenden Menschen

nicht verbrannte. Diese "Schatten" zeigen die Umrisse der menschlichen Körper, die durch die Verbrennung der umgebenden Materialien und die Hitzeverwitterung des Bodens zurückblieben und heute ein eindringliches Mahnmal sind.

Hashi no soba no ie no kage

Ich heiße Hinako, sechzehn Jahre alt. Unser kleines Haus lehnt sich an die T-Brücke. Wenn ich hinausblicke, zieht der Fluss still vorbei – so still wie meine Welt. Neben mir schläft meine Katze, mein einziger Freund. Ihr Schnurren spüre ich als Vibration, wie ein verborgenes Lachen, das nur in mir lebt. Die Nacht brachte keinen Schlaf. Immer wieder sah ich in Gedanken Akiras Gesicht. Er beobachtet meine Hände, meine Bewegungen. Manchmal nickt er – doch ich weiß nicht, ob er sie wirklich versteht. Ob er mich versteht. Und doch:

Wenn sich seine Lippen bewegen und seine Augen weich werden, bilde ich mir ein, dass er meine Gebärden für intelligent hält, voller Bedeutung. Dieser Gedanke allein lässt mein Herz brennen. Am Morgen fraß meine Katze hastig den Reis, als würde er ihr süß schmecken. Ich streichelte ihr Fell und dachte: Vielleicht ist Glück nichts Großes, sondern klein – ein Tier im Haus und ein Mensch, der wartet. Doch draußen zeigen die Menschen Hunger, Krankheit, Furcht. Der Krieg macht uns alle zu unsichtbaren

Häftlingen. Ich binde meinen Kimono. Meine Finger zittern. Der Sommerwind streift meine Haut wie eine leise Umarmung. Dann gehe ich hinaus. An der Brücke sehe ich ihn. Akira. Sein Kopf hebt sich, seine Augen suchen meine. Ich antworte mit Blicken, mit einer Bewegung – einem stummen Versprechen. Für einen Atemzug glaube ich, die Welt könnte uns gehören. Doch dann zerreißt ein Licht den Himmel. Heller als jede Sonne,

gnadenlos. Hiroshima verstummt in einem einzigen Feuer. Ich strecke die Hand nach ihm aus. Er tut das Gleiche. Doch die Glut liegt zwischen uns. Und es bleiben nur Schatten – unsere Schatten, eingebrannt in die Mauern. Stumm wie ich. Und doch lauter als jedes Wort.