Lurchi
Vorgegebene Wörter : Freund,Lachen,Schlaf,Krankheit,Intelligent,Häftling,schmecken...
"Hei, habt ihr Lust, ein Weithüpfen zu machen?" ruft Frosch Berti, "lasst uns sehen, wer
am weitesten kommt." Seine kleine Schwester Vroni ist nicht so begeistert. Ihre Eltern
haben sie gewarnt, nicht so weit auf die Wiese zu gehen. Es ist die Zeit gekommen, in der
die Bauern das Gras mähen, sie in der
Mähmaschine zerfetzt werden können. Die
größere Gefahr sind aber die Störche und Reiher, die auch Junge haben, jeden Tag für sie
was zu fressen finden müssen....
Und sie als Frösche stehen auf der Speisekarte ganz oben...
Berti denkt in seinem Übermut weder an die Mähmaschinen, noch an die Störche und
Reiher.
Er ist gut drauf, will den anderen Jungfröschen imponieren, Freund Lurchi, den
Salamander überzeugen, dass auch er hüpfen kann. Wenn nicht, soll er einfach
los
rennen. Es amüsiert die Anderen, wenn er mit seinen Beinen im Watschelschritt hinter
ihnen her rennt.
Lurchi sieht auch als Erster den dunklen Schatten, der über den Fröschen auftaucht.
"Heeeee.. passt auf," ruft er ihnen zu, "da ist was ganz Böses über euch!!! "
Aber die kleinen Frösche sind zu weit voraus gehüpft, können ihn nicht mehr hören.
Berti hüpft als Erster direkt in den Schnabel eines riesigen Vogels, der durch das Gras
schreitet, nach eventuellen
schmeckenden, Leckerbissen Ausschau hält. Mit aufgeregtem
Geklapper meldet der Vogel seine Entdeckung an die anderen Vögel weiter. Mit wenigen,
gezielten Schnabelhieben verschlucken sie alle Jungfrösche, die Berti hinterher gehüpft
sind, ihn ein und überholen wollten, weiter hüpfen als er.
Schreckensbleich muss Lurchi mit ansehen, wie die Vögel einen Frosch nach dem Andern
lebendig verspeisen, kann an ihren langen Hälsen sehen, wie sie verzweifelt versuchen,
sich zu
retten.
"Lasst meine Freunde in Ruhe...ihr.... ihr..." schreit er laut, will einem der Vögel ins Bein
beißen. Aber der schüttelt ihn mit Leichtigkeit ab, erhebt sich mit mächtigen
Flügelschlägen in die Luft, landet ein paar Meter weiter weg, um in Ruhe weiter nach
Beute zu suchen. Der Wirbel, den die riesigen Flügel machen, schleudert ihn zurück.
Etwas unsanft fällt er in ein Gebüsch. Geschockt und deprimiert bleibt er eine Weile auf
einem dicken Ast
liegen.
"Das werd ich Mama und Papa erzählen, das sollen die bösen Vögel büßen," macht er
sich dann auf den Weg zu ihrer Höhle, die sie an dem kleinen Tümpel gebaut haben, an
dem er zur Welt gekommen ist.
Daggi, seine Mama sieht schon an seinem aufgeregten Gang, dass etwas Schlimmes
passiert sein muss. Sie kennt ihren Lurchi, weiß, dass er sich nicht so schnell aus der
Ruhe bringen lässt.
"Mama...da waren riesige Vögel....die haben...sie haben alle meine Freunde
gefressen...wir müssen was
tun.."
Daggi legt sich bequem in ihre Schlafecke.
"Komm her, mein Schatz," deutet sie Lurchi, sich zu ihr zu legen. "Da können wir nicht
mehr helfen," streicht sie Lurchi mit der Zunge über das Gesicht, " das waren sicher
Störche und Reiher. Wie haben die Vögel ausgesehen?"
"Sie....sie waren riesig groß....und... die Einen waren weiß, haben riesige rote
Schnäbel...."
"Und die Anderen grau, genau so groß?" ergänzt Daggi.
"Ja...ach Mama...warum können wir da
nichts mehr machen? Wenn Papa und all seine
Freunde mitkommen, können wir die Vögel beißen... und.. dann.."
"Das wird nichts nützen," leckt Daggi weiter Lurchi´s Gesicht, " bis wir da hin kommen, wo
es passiert ist, sind deine Freunde alle tot und beißen können wir die Vögel nicht.
Sie fliegen einfach weg."
"Aber ich hab an ihren langen Hälsen gesehen, wie meine Freunde versucht haben,
wieder raus zu kommen," wendet Lurchi ein.
"Ich weiß," versucht Daggi, ihren Sohn
zu beruhigen, " aber es ist ein Naturgesetz, dass
Störche, Reiher und andere großen Vögel Frösche, Molche, Mäuse und andere Kleintiere
fressen. So wie wir Schnecken, Würmer und Insekten."
"Aber warum haben sie mich nicht gefressen.... ich hab einen in seinen Fuß gebissen.."
fragt Lurchi, immer noch etwas aufgeregt.
"Die haben Angst vor uns," erklärt Daggi, "sie sehen die gelben Streifen an unserem
Körper, haben Angst, dass wir giftig sind, und somit eine Krankheit
haben.
"Aber wir sind doch nicht giftig.." hakt Lurchi noch mal ein.
"Das wissen die nicht. In der Natur haben Tiere, die giftig sind, gelbe oder rote Streifen.
Und das ist unser Schutz."
Lurchi weiß, dass seine Mama recht hat, kann sich aber noch nicht so recht entspannen.
Zusehen müssen, wie all seine Freunde von den Vögeln gefressen werden, war eine der
bittersten Erfahrungen, die er in seinem noch jungen Leben gemacht hat.
Daggi´s Nähe und Wärme beruhigen ihn dann aber doch und er schläft erschöpft
ein.
Der Schlaf dauert aber nur kurz.
"Kommt schnell, wir müssen weg," stürmt Vater Arthur in die Höhle," da kommt eine
Ringelnatter."
Müde und mit schmerzenden Beinen rennt Lurchi seiner Mama hinterher, flitzt nach ihr
aus dem Bau. Vater Arthur versucht noch, den Eingang mit Erde zu verschließen, muss
aber feststellen, dass die Schlange schon zu nah ist, sich durch den Eingang wühlt.
"Papa, komm schnell," ruft Lurchi ihm zu, muss entsetzt zusehen, wie die
Schlange
seinen Vater am Schwanz packt.
"Mama....die Schlange frisst Papa...." schreit er mit weit aufgerissenen Augen, will ihm zu
Hilfe kommen.
"Bleib da," hält Daggi ihn fest, " er kommt schon raus. Hab keine Angst."
Lurchi will sich trotzdem los reißen, sieht dann aber, wie sich bei seinem Papa der
Schwanz vom Körper löst, zappelnd am Boden liegen bleibt, die Schlange ablenkt. Mit
weit aufgerissenem Maul stürzt sie sich drauf, verschlingt ihn. Papa Arthur flitzt so
schnell
er kann aus dem Bau, fängt an, den Ausgang mit Erde und kleinen Steinen zu
verschließen.
Damit die Schlange nicht entrinnen kann, und wie ein Häftling eingeschlossen ist.
"Wie hast du das gemacht, Papa, " sieht Lurchi seinen Vater erstaunt an.
"Das hat die Natur uns geschenkt, damit wir nicht so schnell von anderen Tieren
gefressen werden können. Wir können unseren Schwanz abstoßen. Er zappelt noch eine
Weile, lenkt den Angreifer ab. Das hilft uns, zu fliehen, uns in Sicherheit zu bringen."
Lurchi hat zwar schon davon gehört, es
aber zum ersten Mal gesehen.
"Der Schwanz wächst in kurzer Zeit wieder nach und alles ist gut."
Das ist Intelligent, meint Lurchi und ist ein wenig beruhigt. Er trauert noch um seine
Freunde, hat aber verstanden, dass es in der Natur nun mal so ist.
Es wird noch eine weile dauern bis Lurchi wieder lachen kann...