Kurzgeschichte
Sternenkinder - SP 103

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"Im Gedenken an alle vermissten Kinder"
Veröffentlicht am 21. Juni 2024, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich liebe das Leben, diskutiere gern und mache gern Spaß. Respekt und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Mein Buch "Die Liebe trifft das Leben" ist am 6.2.15 erschienen.
Im Gedenken an alle vermissten Kinder

Sternenkinder - SP 103

SternenkindER

Das Thema der Schreibparty 103:

Unheimliche Geschichten Vorgabeworte: Nachtigall, Nebelkrähe, Sternschnuppe, Insel, Höhle Coverbild: by Pixabay


Die Geschichte ist frei erfunden und Ähnlichkeiten rein zufällig.



Das Sternenkind


Seit Freitagmorgen um 8.00 Uhr wird die zehnjährige Anika aus Gelsenkirchen vermisst. Ihre Eltern haben das Bett der Kleinen leer vorgefunden. Eine sofortige Suche nach dem autistischen Mädchen in Haus und Umfeld blieb ergebnislos.

Am Abend zuvor, ihrem Geburtstag, hatte ihr ihre Oma ein Teleskop geschenkt. Es wurde sogleich im Kinderzimmer auf-gebaut.

Ob die besondere Inselbegabung Anikas zu ihrem Verschwinden beigetragen hat?

Seit geraumer Zeit war den Eltern bewusst, dass ihre Tochter mit einer besonderen Fähigkeit ausgestattet war.

Sie zeichnete Motive, die sie lange Zeit zuvor beobachtete, unsagbar präzise und für ihr Alter beeindruckend in Form und Farbe.

Dafür musste sie über ein fotografisches Gedächtnis verfügen. Jede Einzelheit wurde festgehalten. Von der Nachtigall bis zur Nebelkrähe konnte die Kleine nicht nur Vögel, sondern auch deren

Umgebung eins zu eins wiedergeben. Und nicht nur das. Anika betrachtete

gern den Sternenhimmel. Die Gestirne weckten ihr Interesse. Seit der letzten Sternschnuppe wünschte sie sich ein Teleskop, hatte sie später ihrer Oma anvertraut.

Jedwede Veränderungen und die damit

verbundenen Aufregungen machten der Autistin aber schwer zu schaffen. Ihr Vorstellungsvermögen könnte ihr zum Verhängnis geworden sein. Oder war es vielleicht ihrem Bewegungsdrang zuzuschreiben, dass sie sich allein nachts aus dem Haus machte? Was auch immer. Anika war ganz allein da draußen und eine groß angelegte Suche begann.

Nachbarn wurden aufgefordert überall nachzuschauen, ob sich das aschblonde kleine Mädchen eventuell auf deren Grundstück versteckt hielt. Die Polizei- und Hilfskräfte durchforsteten den nahegelegenen Wald. Eine unverzüglich angeforderte Hundestaffel bahnte sich ebenfalls ihren Weg durch das Unterholz.

Zwei Tage vergingen und keine Spur von der einen Meter dreißig großen Zehnjährigen.

Anikas gemalte Bilder und Skizzen wurden auf Hinweise überprüft. Wo konnte sie nur sein? Es war bereits Herbst und die Nächte empfindlich kalt. Anika, offensichtlich nur mit ihrem hellblauen Nachthemd, einer schwarzen Strickjacke sowie blauen Hausschuhen mit gelben Sternen bekleidet, war bislang keinem aufgefallen.

Auf drei ihrer Bilder hatte das Mädchen eine Gestalt im Hintergrund, allerdings nur als Umriss mit Bleistift gezeichnet.

Das war auffällig: Eine Gestalt, nur ein Umriss, keine Details, warum? Hatte sie

zu dieser Person Kontakt? Wer war es und wo war Anika? Wie kommt sie allein zurecht oder fahndet die Polizei nach einem toten Kind?

Es wurde auch in und entlang der Emscher, dem Flusslauf in der Nähe, gesucht. Die Kleine könnte verletzt, in den Fluss oder einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein. Die Presse gab Suchmeldungen mit Fotos des jungen Mädchens heraus.

Am 3. Tag der Suche fanden Polizisten in einer aus Ästen zusammengestellten Behausung im vier Kilometer entfernten Wald einen blauen Hausschuh mit gelben Sternen. Diente dieser Unterschlupf der Kleinen als Schutz oder einer Art Höhle,

in die sie sich zurückgezogen hatte? War sie selbst überhaupt dazu in der Lage? Die Spurensuche arbeitete fieberhaft. Das Wissen um ihre besonderen Fähigkeiten könnte einen potentiellen Entführer daran hindern, sie laufen zu lassen. Wenn doch, würde sich Anika zu helfen wissen und wieder nach Hause finden? Fremde Menschen machten ihr Angst. Sie würde sich nicht mit der Bitte um Hilfe an ihr Unbekannte wenden.

Die Verzweiflung ihrer Eltern und Angehörigen wuchs von Stunde zu Stunde. Auch eine Vermutung der Oma, es handle sich bei der gezeichneten Gestalt um den Nachbarn, bestätigte sich nicht. Alle direkten Anwohner wurden

befragt und hatten ein Alibi.

Weiteren Hinweisen aus der Bevölkerung geht man nach, doch Anika bleibt seit Freitag, den 24. September 2021 verschwunden und am Himmel funkeln die Sterne.





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Darkjuls
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matzetino Liebe Marina,
definitiv eine unheimliche Geschichte, die leider viel zu oft tatsächlich passiert. Mir gefällt der Schreibstil auch sehr gut.

Liebe Grüße
Martina
Vergangenes Jahr - Antworten
FranckSezelli Ja, auch wenn du diese konkrete Geschichte frei erfunden hast, solche traurigen Fälle passieren immer wieder. Ich erinnere mich an mehrere solche Meldungen in letzter Zeit sowohl im deutschen als auch im französischen Fernsehen. Dein Bezug zu den Sternen und den Sternenkindern lässt die Geschichte unter die Haut gehen.
Trotz des traurigen Inhalts deiner Geschichte musste ich über die Näbelkrähe lachen.

Liebe Grüße
Franck
Vergangenes Jahr - Antworten
Darkjuls Danke Franck, ja die Krähe ist mir durch die Lappen gegangen. Liebe Grüße Marina
Vergangenes Jahr - Antworten
derdilettant Liebe Marina,
ich kann mich nur anschließen! Die Geschichte ist richtig gut, das Thema super umgesetzt!
LG
Alan
Vergangenes Jahr - Antworten
Darkjuls Ich danke Dir für Deine Worte zu der Geschichte. Liebe Grüße Marina
Vergangenes Jahr - Antworten
FLEURdelaCOEUR Liebe Marina, auch mir gefällt deine Geschichte sehr, weil sie so neutral geschrieben ist und alles offen bleibt. Wünsche dir viel Erfolg damit!
LG fleur
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Darkjuls Danke Fleur, sei lieb gegrüßt von mir, Marina.
Vergangenes Jahr - Antworten
Lagadere 

Liebe Marina,
mir gefällt besonders die Idee für die Umsetzung des Themas. Man hat bei Gruselgeschichten ja gleich Bilder im Kopf und erwartet dann nicht, dass - wie bei Alan - die Story in einer Tankstelle abläuft oder wie hier zu lesen.
Gut! Gerade diese Vielfältigkeit macht ja das Battle so interessant!
Dazu gefällt mir der nüchterne, emotionslose Erzählstil aus der Distanz. Ohne Wertungen, aber mit den richtigen Fragen,die angesprochen werden.
Rundum gut!

LG Uli

Vergangenes Jahr - Antworten
Darkjuls Ich danke Dir, Uli. Liebe Grüße Marina
Vergangenes Jahr - Antworten
Kornblume Hallo Marina,
wenn es um verschwundene Kinder geht, bekomme ich sofort eine Gänsehaut.
Man liest und hört täglich davon.
Ich hoffe und wünsche mir, dass für die Eltern, die Oma und vor allem für Annika Deine Geschichte irgendwann mit einem positiven Satz endet.
Die erschrockene Kornblume
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