Biografien & Erinnerungen
Der aus dem Fasse kam - Schreibparty 102

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"Der aus dem Fasse kam - Schreibparty 102"
Veröffentlicht am 08. Mai 2024, 6 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Der aus dem Fasse kam - Schreibparty 102

Der aus dem Fasse kam - Schreibparty 102


Erinnerungen werden mit den Jahren immer schöner, geht es Euch auch so? Etwas „normal arbeiten“ im Gegensatz zum Bücherblättern, das war doch immer toll; man sah danach seine nützliche Lei-stung. Dagegen später … Schwamm drüber Um ein wenig Geld zu verdienen, suchten wir nach Ferienjobs. Mußten freilich kämpfen gegen das Verlangen nach Ur-laub im Thüringer Wald, in der Tatra, am Goldstrand oder auf Usedom. Wer drei Wochen in der Brauerei der Stadt aushel-fen konnte, durfte großspurig lachen über die anderen Schüler, welche etwa

Kinderkonfektion verpackten oder ma-schinell geschälte Kartoffeln sortierten. Die Brauerei am Stadtrand bot nämlich bei weitem die besten Löhne und gar sechs Flaschen Deputat pro Tag! Leider war dies für uns noch nicht Volljährige nur Malzbier. Ein Angestellter indes ver-wechselte manchmal die Sorte; doch dazu später. Im heißesten Sommer stand ich nun täglich warm bekleidet in Fässern von zwanzig Hektolitern Volumen, die nach Leerung von Heferesten befreit werden mußten. Wasserstrahl, Schrubber und Lampe gehörten zu dieser recht kalten, nassen und klebrigen

Arbeit. Ob nicht der Braumeister die nächste Füllung des Fasses einleitet, während ich noch drin schrubbe? Das kann er schließ-lich nicht an seinem Armaturenbrett se-hen? Nein nein, lachte der Kollege, die Tür des Tanks bleibt offen, solange ein Lampenkabel heraushängt. Doch verges-sene Schrubber, das käme schonmal vor. Nach drei Wochen hatten sich etliche Flaschen lockend in meinem Kinder-zimmer versammelt, die standen also im Weg, zudem ohne bekanntes Haltbar-keitsdatum, und während ich mit Ab-wasch an der Reihe war, allein in der

Wohnung – damals arbeitete mein Vater noch wie jeder am Sonnabend – allein stand ich also in der heißen Küche an den großen Waschschüsseln – unseren jungen Lesern sei hier erläutert, man füllte damals eine Schüssel mit kaltem Wasser zum Spülen und die andere mit Spülmittel und Wasser, das man auf dem Gas erhitzt hatte – und nach so vielen gekünstelten Einschüben ahnt Ihr jetzt, ich hatte schlicht Durst. Viel Durst. Es war der fröhlichste und langwierigste Abwasch meines Lebens. Fröhlich sein und singen! Es wurde auch die erste und letzte Erfahrung, wieviel Alkohol Kopf und Magen wohl akzeptieren … Und das WC befand sich eine halbe Treppe

tiefer. Dann erschienen Vater und Oma; ich grüßte sie herzlich und verdrückte mich – gewiß schwankend – ins Bett. Der Abwasch der Familie stand da aber fertig abgetrocknet und korrekt einsor-tiert im Schrank. Ich war halt schon immer ein Steher. Hi©k, 2024 Brubeckfan

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Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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..."Der aus dem Fasse kam..."
Zuerst dachte ich da an den Philosophen Diogenes, der ja bekanntlich in einem Fass lebte und dort sogar einige eher unzüchtige Dinge auch in aller Öffentlichkeit getrieben haben soll... ...grinst*
Aber dann entpuppte sich die ganze Story, als eine Art Schüler-Job während der Schuferien, wie auch als eine gut geschriebene Geschichte... ...smile*
LG und frohe Pfingsten... ...smile*
Louis :-)
Heute - Antworten
FranckSezelli Hallo, eine interessante geschichte. Ja, in den Ferien habe ich auch immer gearbeitet, sobald mein Alter (ab 14 Jahre ?) das erlaubte. Sehr verschiedene Arbeiten habe ich da im Lauf der Jahre kennengelernt.
Und natürlich haben wir auch in gleicher Weise Geschirr aufgewaschen. da hebe ich keinerlei Verständnisschwierigkeiten. Wie du aber mit Malzbier zu der Alkoholerfahrung gekommen bist, habe ich nicht verstanden.
Im Übrigen fehlt ein Vorgabewort: trampen.
Schade!
Freundliche Grüße
Franck
Vergangene Woche - Antworten
Brubeckfan Statt des Malzbiers hatte sich auch einiges Pils angesammelt, unerlaubt eigentlich. So kam ich zur Erkundung meines Limits, erlebte nie einen Filmriß.
Ja und "trampen" wollte ich nicht gewaltsam reindrücken. (Will ja auch nicht siegen, pssst ...)
Dank und Gruß,
Gerd
Vergangene Woche - Antworten
FranckSezelli Alles klar!
Diese Woche - Antworten
Enya2853 Was für eine tolle Geschichte, lieber Gerd. Ich erinnere mich auch noch an meine zahlreichen Ferienjobs, angefangen in einer Modeschmuckfiliale, in der ich Schmuckteile verpacken musste, bis hin zum besten Job als Hilfssekretärin in einedm Büro für Verfahrenstechnik. Dazwischen Kinderbetreuung in Ferienlagern, Einräumen von Lagern oder Aushilfe beim Tierarzt.

Ich finde, du hast ja richtige Schwerarbeit geleistet. Die Flaschen in deinem Zimmer hätte ich gern mal gesehen.
Übrigens haben wir früher auch noch das Geschirr mit Hilfe zweier Waschschüsseln gespült. Unser Herd wurde noch mit Kohle befeuert.

Es sind doch irgendwie spannende Erinnerungen, die wir mit uns tragen. Deine habe ich sehr gern gelesen.

Liebe Grüße
Enya
Vergangene Woche - Antworten
Brubeckfan Ach ich fand das damls im Kessel gar nicht so schwer. Die größte Arbeit erledigte ja der Wasserstrahl aus dem Kompressor.
Aber Du hast bei der Anzahl von Jobs offenbar Winter- und Sommerferien genutzt.
Hm, noch was "Krasses" kennst du sicher auch: Vor Anschaffung der arg lärmenden ersten Waschmaschine fand Wäsche im Keller statt, dort wurde der Ofen geheizt und Kleidung manuell in Zinkwannen gespült. Zarte Dessous kannten wir ja nicht ...
Viele Grüße und vielen Dank!
Gerd
Vergangene Woche - Antworten
Darkjuls Ja, lieber Gerd, ich kann mich auch gut an die Ferienarbeit erinnern. Nur Malzbier gab es keines. Ich half oft in der Kinderkrippe aus. Nach 6 Wochen dort, war ich mit den Nerven am Ende. Deine Erzählung hat mich wieder daran denken lassen. Wir konnten doch gar nicht schnell genug erwachsen werden, was? Heute gibt es richtiges Bier für gestandene Männer. Ich habe Nerven wie Drahtseile und selber zwei Kinder. Liebe Grüße Marina
Vergangene Woche - Antworten
Brubeckfan "Erwachsen werden", das stimmt. Ich war wohl nie ein bockiges, tobendes, fußballspielendes, sich prügelndes Kind.
Und Glückwunsch zu den Kindern! Ich glaube, die tauchten hier noch nicht auf.
Vielen Dank und viele Grüße,
Gerd
Vergangene Woche - Antworten
Memory 
Irgendwann und irgendwie muss man ja lernen, was wie schmeckt :)
Mein Bruder hat damals auch in den Ferien in der Brauerei gearbeitet. Mitgebracht hat er leider nur Kakerlaken in der Arbeitswäsche.
Kann aber sein, dass er "Freigetränke" gut versteckt hat, wir waren ja drei daheim.

Schöne Erinnerung.
Lieben Gruß
Sabine
Vergangene Woche - Antworten
Brubeckfan Puh, Kakerlaken sind nun nicht die Erinnerung, die man bewahren möchte. Betreffs Deputat kann ich nur von der einen Brauerei sprechen, vielleicht waren andere geizig zu Schülern?
Herzlichen Dank für alle Belobigungen,
und viele Grüße!
Gerd
Vergangene Woche - Antworten
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