Neulich bekam ich eine Mitteilung vom Finanzamt. Es handelte sich um eine dringende und letzte Mahnung.
Sehr geehrte Frau Ayobie,
hiermit stellen wir Ihnen den Betrag von 20.123,47 Euro für die Instandsetzung des Sockels des Theresia Aiobie Denkmals in Halle, Marktstraße 147 in Rechnung. Dies ist die letzte Zahlungsaufforderung, falls der Betrag nicht innerhalb der nächsten Woche bei uns eingegangen ist, sehen wir uns gezwungen die Zwangsvollstreckung einzuleiten.
Ich überlegte: Bisher hatte ich noch gar keine Zahlungsaufforderung vom Finanzamt bekommen. Auch der Name
Theresia Aiobie sagte mir nichts. Zur Sicherheit wühlte ich den Familienstammbaum heraus. Wie ich schon vermutet hatte, befand sich unter den mit mir verwandten Ayobies keine Theresia. Überhaupt – war die Denkmalspflege nicht Sache der Stadt?
Voller Schwung rief ich beim Finanzamt an und wurde mit dem zuständigen Sachbearbeiter, einem Herrn Knorrz, verbunden, dem ich die Sachlage schilderte.
„Verstehe“, knorzte er ins Telefon. „Die Mahnungen werden automatisch von unserem Zentralcomputer erstellt. Seit dem letzten Update haben wir Probleme mit der Software. Ich kümmere mich
persönlich um Ihren Fall. Betrachten Sie die Mahnung als gegenstandslos.“
Eine Woche später klingelte der Gerichtsvollzieher bei mir. Begleitet wurde er von zwei stämmigen Möbelpackern. Nachdem er mit einem Pfändungsbescheid vor meiner Nase herumgewedelt hatte, deutete der Exekutor auf meinen nagelneuen 120 Zoll Fernseher. Verzweifelt warf ich mich zwischen das Teil und die Möbelpacker. „Sehe ich vielleicht aus, als würde ich ein Denkmal haben? Noch dazu eins, dessen Sockel restauriert werden muss? Das ist ein Irrtum. Ich habe die Zusage von Herrn Knorrz, dem
zuständigen Sachbearbeiter vom Finanzamt, dass mein Fall gegenstandslos ist“, kreischte ich verzweifelt.
„Knorrz, Knorrz.“ Ein Blättern in diversen Papieren. „Hier haben wir ihn ja. Da muss ich demnächst auch noch hin. Auf geht’s, meine Herren.“ Der Schuldeneintreiber ließ sich nicht beeindrucken. Munter winkte er den muskelbepackten Möbelträgern zu. Den Tränen nahe musste ich zusehen, wie der nagelneue Fernseher, mein ganzer Stolz, aus der Wohnung getragen und in einem Transporter verstaut wurde.
Noch in der gleichen Woche erhielt ich erneut Post vom Finanzamt. Mir wurde
mitgeteilt, dass sich meine Schulden verringert hatten. Nunmehr waren es noch 16.623,47 Euro.
Nach der ersten Trauerphase, rief ich meinen Sachbearbeiter, Herrn Knarrz, an. „Sie sind es“, flüsterte er. „Die Software Probleme im Zentralcomputer konnten immer noch nicht behoben werden. Nicht nur das. In Ihrem speziellen Fall hatte ich etwas ungeschickt formuliert: Ich verbürge mich, war mein Wortlaut in der internen Mitteilung. Das hat der Computer falsch verstanden. Jetzt habe ich über sechzehntausend Euro Schulden und den Gerichtsvollzieher auf dem Hals …“ Mit einem Schluchzen beendete er
das Gespräch.
Gestern habe ich wieder einen Brief bekommen. Von meinem Freund, dem Zentralcomputer des Finanzamts. Mir wurde mitgeteilt, dass ich 16.623,47 Euro zuviel für die Restaurierung des Sockels des Theresia Aiobie Denkmals gezahlt habe. Dieser Betrag wird mir in Kürze überwiesen.
Bin gerade auf dem Sprung, muss unbedingt zum Media Markt – 140 Zoll Fernseher anschauen ….