Kurzgeschichte
Mein schönstes Erlebnis II - Schreibparty 98

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"Mein schönstes Erlebnis II - Schreibparty 98"
Veröffentlicht am 30. Mai 2022, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

"Friedemann" ist nur mein Vorname, für meinen Nachnamen "Kriegsfuß" reichte (aufgrund der von myStorys vorgegebenen Obergrenze von 14 Zeichen) leider der Platz nicht mehr. Mein Name besagt, dass ich im Grunde ein sehr friedliebender Mensch bin, der aber verbalen Auseinandersetzungen nicht grundsätzlich aus dem Weg geht. Diese sind gelegentlich die Folge von satirischen Texten, für die ich schon seit meiner Schulzeit (als noch Lehrer und ...
Mein schönstes Erlebnis II - Schreibparty 98

Mein schönstes Erlebnis II - Schreibparty 98

Vorwort: Hier mein Beitrag zur Schreibparty 98 zum Thema „ Erinnerung.“ Diesmal eine Party-Einladung ohne jegliche Vorgaben-Wörter, die diesem Thema entgegenkommt, weil in den Beiträgen die Erinnerungen nicht durch vorgegebene Umwege verzerrt werden. So geschehen bei der Einladung zur Schreibparty 72, zu der ich bereits „mein schönstes Erlebnis“ als Beitrag eingestellt hatte, bei dem ich dieses Erlebnis jedoch den Zugaben zuliebe mit 10 erfundenen Szenen bereicherte. Hier nun „mein schönstes Erlebnis II“ wie ich es - ohne diese 10 Zugaben – in Erinnerung habe, und in Stil und Grammatik eines Zehnjährigen verfasst.

Mein schönstes Erlebnis II Der Tag, an dem ich mein schönstes Erlebnis erleben durfte, begann garnicht so schön wie er hinterher endete. An dem winterlichen Freitagnachmittag hätt ich nämlich nach der Schul viel lieber draußen bei der Schneeballschlacht mitg'mischt als in der Küche auf der Eckbank herumsitzen und zum Geheiß meiner Mama meine Hausaufgaben machen. Sie saß gegenüber mir am Tisch und rührte in ihrem Kuchenteig rum und leierte mal wieder ihre alte Leier runter „was du heute kannst besorgen …“ und ich hab schnell „ja, jaa, jaaa“ g’sagt, damit ich nicht wieder die ganze Litanei hab anhören müssen. Dann wollt sie wissen, was wir heut als Hausaufgabe kriegten und ich hab ihr g’sagt, dass d'Hubere („das Fräulein Huber“ korrigierte die Mama) heut gottlob nicht so bissig wie sonst sondern recht gut drauf war und uns g’sagt hat, dass wir diesmal schreiben dürfen,

was wir wollen. „Au, ja“ hab ich g'sagt wie alle anderen und mir gleich ein Thema ausdenkt, während die Ersten schon ihre Vorschläg durcheinander brüllt hab'n. Da hat's Frollein Huber „so geht’s nicht“ g'sagt und hat uns „mein schönstes Erlebnis“ als Aufsatz-Thema mitgeben. Dann hat d’Mama neugierig g'fragt, was ich als mein schönstes Erlebnis ausg’sucht hab und ich hab ihr g’sagt, dass dies der mordsmäßige Sturz von meinem ärgsten Feind war, dem depperten Xaverl. Den hat’s damals ja sauber derbröselt, als er mir beim Fangerles-Spielen b’sonders raffiniert von hinten ein Bein stellen wollt' und sich dabei aber so deppert ang’stellt hat, dass er selber auf d’Schnauzen g’fallen ist und wie ’ne abgestochene Sau aus der Nase blutet hat und dann auch noch wie’n kleins Madel plärrt hat - was mich natürlich prima g’freut hat! „Ja spinnst denn du“ hat mich drauf d’Mama g’schimpft, „du kannst doch nicht solch boshaftes Zeugs schreiben, da würden wir

doch hinterher wieder einen Mordskrach mit den hinterkünftigen Eltern vom Xaver kriegen! Warum schreibst nix Schöneres? Warum schreibst denn nix über unseren schönen Spaziergang vom letzten Sonntag?“ Drauf hab ich g'sagt „weil mir d’Füß so weh taten“, weil ich lieber nicht g’sagt hab dass ich vor lauter Langweile fast ein'gangen wär'. Weil mir aber nix anderes einfallen wollt - erst recht nix, weil ich g'hört hab, dass draußen immer noch die Schneeballschlacht tobte - hab ich meiner Mama zuguckt, wie sie mit zufriedenem G’sicht den Kuchen für’n Sonntag fertig dekoriert hat. „Warum schreibst denn nix?“ hat sie gfr’agt und ich hab g'sagt: „Weil mir nix einfällt ... aber ich könnt ja schreiben, dass ich jetzt zur Schneeballschlacht geh und mir hinterher hungrig Deinen Kuchen schmecken lass, dann wird dies mein schönstes Erlebnis sein!“ „So so“ hat sie g’sagt, „jetzt ist

der Kuchen schon fertig zum Backen, drum kannst dir die Schneeballschlacht spar'n!“ Du freches Luder, hab ich mir gedacht und ihr griesgrämig hinterherg'schaut, wie sie 'ne Streichholzschachtel aus der Schublade holte, die Klappe vom Gasbackofen aufmachte und das Gas anzünden wollte, was ihr aber nicht gelang. Dann zündelte sie immer schneller mit einem Streichholz nach dem anderen und wurd' immer ärgerlicher. „KruzifixHalleluja!“ hab ich sie dann vor sich hin fluchen g’hört. Aber ganz leise, weil sie ja nicht will, dass man sie fluchen hört, weil sie sonst immer den Papa wegen seiner gotteslästerlichen Flucherei ausschimpft. Ich hab’s aber trotzdem g’hört und hab hinter ihrem Rücken grinsen müssen. Mit ihrem „HimmelHerrgottSaggrament“ beim nächsten missglückten Zündelversuch hat sie schon lauter g’flucht, und wie sie sich dann auch noch d'Finger an einem Streichholz verbrannt hat, hat sie gleich dreimal

hintereinander „ScheissGlumpVerreckts“ so zornig g’flucht, dass ich mein Kichern nimmer z’ruckhalten konnt. „Du Saubub!“ schrie sie mich mit hochroten Kopf an, „wennst jetzt nochmal lachst kriegst a solchene Watsch’n, dass du durch d'Küche fliegst.“ Jetzt war sie fuchsteufelswild und zündete gleich mehrere Streichhölzer auf einmal an, worauf's plötzlich eine Stichflamme und einen lauten Rumms aus dem Ofen gab, drauf qualmte eine dicke Rauchwolke heraus und mittendrin hab ich d’Mama g’sehn, wie sie rückwärts gegen die Wand neben der Eckbank purzelte und dort fluchend liegenblieb. Im ersten Augenblick hab ich mich - wirklich! - ganz arg erschrocken, auch wenn’s d’Mama hinterher net hat glauben wollen. Doch als sie sich dann zum Hinsitzen aufg’richt und zu mir herg’schaut hat und ich ihr verrußtes G’sicht g’sehn hab, dann hat sie genauso ausg’schaut

wie der schwarze Mohr im Heiligen-Drei-König-Spiel in unserer Schule, bei dem sich jed’s Jahr der gleiche Lehrer sein G’sicht voller Ruß schmiert und uns Kinder zum Lachen bringt, ohne dass er's will. Wegen dem und auch weil d’Mama drauf so sprachlos zu mir herg’schaut hat, musste ich auf einmal so arg lachen wie noch nie und hab mich g'freutdass ich jetzt endlich ein Thema für „mein schönstes Erlebnis“ g'funden hab, obwohl ich g'fürchtet hab, dass mir d’Mama ’ne Watsch’n reinhau'n wird, wenn sie sich aufg’rappelt hat. Und jetzt ist sie selber durch d'Küche g'flogen! Schlimmer oder auch schöner geht’s nimmer! Doch als sie im Spiegel ihr eig’nes G’sicht sah, hat sie selber s’Lachen ang’fangen und ich hab wieder mitlachen dürfen und mich sogar schon auf’s G’sicht vom Papa g’freut, wenn er heimkommt und im Dunkeln der Mama einen Kuss gibt und 'ne verrußte Nasen kriegt. So

ging „mein schönstes Erlebnis“ dann doch noch mit einem Häppi-End zu Ende, und ich hab dann die ganze G’schicht in einer zwar verräucherten, aber wohlig warmen Küche fertig schreiben können.

Nachlese: Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, die allerdings nicht mir widerfuhr, sondern einem Studienfreund, der sie mir zusammen mit seinem damaligen Opfer (seiner Mutter) Jahrzehnte später noch brühwarm und nun auch lachend in allen Details schilderte. Ich hätte es nicht gewagt, meine Eltern über solch einen Streich zu informieren. Beispiel hierzu: Wenn ich, als Neuling innerhalb eines Jahres mit Vaters Autos zweimal aus der gleichen Kurve geflogen wäre, hätte ich mir als Begründung sicherlich irgendeine Ausrede ausgedacht. Mein Freund hingegen erwiderte – so wie es mir sein Vater erzählte – auf Vaters Frage: „Ich wollte nur sehen, ob ich die Kurve nicht doch mit 80 km/h schaffe!“

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Hörbuch

Über den Autor

Friedemann
"Friedemann" ist nur mein Vorname, für meinen Nachnamen "Kriegsfuß" reichte (aufgrund der von myStorys vorgegebenen Obergrenze von 14 Zeichen) leider der Platz nicht mehr. Mein Name besagt, dass ich im Grunde ein sehr friedliebender Mensch bin, der aber verbalen Auseinandersetzungen nicht grundsätzlich aus dem Weg geht. Diese sind gelegentlich die Folge von satirischen Texten, für die ich schon seit meiner Schulzeit (als noch Lehrer und Mitschüler ihre Opfer waren) eine Vorliebe habe. Gemäß meinem Motto - Humor ist das Knopfloch, mit dem wir verhindern können, dass uns der Kragen platzt - kommt hierbei allerdings der Humor (meistens) nicht zu kurz.

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Gast Also, jetzt hat´s mich vor Lachen fast vom Stuhl gehauen. Wenn ich nicht die nachlese gelesen hätte, wäre ich doch glat, auf die Idee gekommen, dass es Dir selber passiert ist.
Muss mal wieder viel nachholen, weil ich die letzten zwei Jahre doch recht selten hier bei MS war.
Danke für diese nette Lachgeschichte. Talerchen haben aber leider immer noch "Ausgangssperre".

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Pardon, war schon mal wieder rausgeflogen. Der Kommentar war von mir.
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Ja, liebe Bärbel,
auch mich hat's damals vor Lachen fast aus dem Sessel gehauen, als das damalige Opfer dieses „schönsten Erlebnisses“ – Peterles Mutter – uns im Nachhinein lachend dieses Erlebnis schilderte und Peter wohl schon zum hundertsten mal mitlachte. Ich lachte nicht nur, sondern staunte auch, weil in meiner Kindheit zuhause bei solchen Streichen gern die elterlichen Hände ausrutschten (in meiner Story „Ab Acht wird gelacht“ berichtete bereits darüber).

Liebe Grüße und herzlichen Dank für das Plätzchen in Deinem Bücherregal für diese Geschichte,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Muss mich langsam wieder mal um Dein "Bücherregal" kümmern. Vielleicht schaffe ich es noch dieses Jahr :o)

LG Bärbel
PS: Hab gerade mal nachgeschaut und ja, ich habe es schon gelesen. Die Talerchen sind auch noch da.
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Da hab ich doch wirklich erst einmal gestaunt, zu was der nette Friedemann alles fähig war als kleiner Bub. Aber die Nachrede hat mich schnell darüber aufgeklärt, dass du es garnicht gewesen bist. Das muss ja ein toller Bursche sein , dein Freund. Du hast es aber so herzerfrischend aufgeschrieben, dass ich den Kopf deiner Mutter bildlich vor mir gesehen habe. super geschrieben . Vielen Dank für die nette Geschichte. Liebe Grüße und ein wunderschönes und sonniges Wochenende. Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Liebe Brigitte,
mich freut es sehr, dass Dir diese originelle Kindergeschichte gefällt, und mir machte es viel Spaß sie zu verfassen. Toll und fast einzigartig an dem damaligen Kind war bis zuletzt sein humorvolles Gemüt.

Liebe Grüße und ein herzliches Dankeschön für Dein Lob, Deinen großen Geschenkkorb und das mitgeschenkte schöne, sonnige Wochenende, dessen Rest ich auch Dir gönne,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Lieber Friedemann,
diese Erinnerung hat mich gleichermaßen lachen wie staunen lassen. Kaum zu glauben, dass ein solches Ereignis für jemanden zum "schönsten Erlebnis" wurde. Aber in dem Moment muss es sich wohl so angefühlt haben.
Dein Schreibstil ist einfach herrlich, so kommt alles aus der Sicht deines Ich-Erzähles sehr authetisch rüber.
Und die doch ungewohnt fluchende Mama, einfach spitze.
Tragisch-komisch mit einem sehr versöhnlichen Ende. Super.

Liebe Grüße
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Ja, liebe Enya,
dieses Lachen und Staunen kannten wir alle, die unseren Freund zum Freund hatten. Auch er selbst lachte immer mit, insbesondere bei seinen legendären Stürzen beim Skifahren. Da waren wir immer froh, wenn er sich lachend aus dem Tiefschnee herausbuddelte und wir mitlachen konnten. Hinzu kam noch, dass er eine „ehrliche Haut“ insofern war, dass er stets sagte, was er dachte. Als ihn sein Vater nach einem Automobilunfall beim Krankenhausbesuch tief besorgt fragte, unter welchen Umständen es passieren konnte, dass er an der gleiche Strecke verunglückte und hören musste „ich wollte nur ausprobieren, ob ich die Kurve nicht doch mit 80 km/h schaffe“, hätte er ihn gerne im Krankenbett verprügelt – so erzählte es uns sein Vater und Besitzer der beiden Unfallwagen.

Mit lieben Grüßen bedanke ich mich herzlichst für Dein Herzchen und Deine lobenden Worte,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Lieber Friedemann,
das ging ja nochmal gut. Doch was wurde eigentlich aus dem Kuchen?
Schön lebendig geschrieben, und von Dir kann man ja immer was lernen ("hinterkünftig"? mei).
Viele Grüße!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Beifall, lieber Gerd,
vermutlich hätte nicht einmal Sherlock Holmes nachgeforscht, was ausgerechnet mit dem Auslöser zu diesem Geschehen – dem Kuchen – geschehen ist. Vermutlich wurde aus ihm der Ruß in Mamas Gesicht – also die eigentliche Tragödie. Ich freue mich, dass es Dir gefiel und Du auch hinzugelernt hast (hinterkünftig ist noch böser als hinterlistig).

Liebe Grüße und herzlichen Dank für das Futter für mein Sparschweinchen,,
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
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