Mein Beitrag zur 97. Schreibparty
Vorgabeworte:
Haubentaucher
Garten
Hausputz
Brille
Fußpilz
Bratklops
Wobei ich direkt sagen muss, dass ich die letzten zwei Vorgabeworte nicht untergebracht habe. Sie schienen mir nicht passen und nur, damit sie im Text erscheinen ... och nö ...
Ein Blatt Papier: „Ich will dich sehen! A.“
Darunter eine Telefonnummer, nicht mehr.
Das war so typisch für sie. Niemals bat sie. Niemals war sie kompromissbereit, alles oder nichts schien ihr Lebensmotto zu sein.
Unbeholfen wie er gewesen war, hatten die Kumpel ihm den Spitznamen HAUBENTAUCHER verpasst. Deshalb war er unglaublich stolz, als dieses ganz besondere Mädchen, das jeder haben wollte, sich mit ihm, auf ihn eingelassen
hatte.
Sie tranken billigen Rotwein direkt aus der Flasche am Lagerfeuer vor seinem winzigen Zelt, das sie am Ufer des nahegelegenen Sees aufgebaut hatten. Sie liebten sich, lachten miteinander, schienen für eine Weile unzertrennlich zu sein.
Doch während er emsig an einer gemeinsamen Zukunft bastelte, schienen ihr schillernde Flügel zu wachsen, die sie in andere Regionen trugen. Plötzlich war sie distanziert, schien meilenweit weg zu sein. Er hatte geglaubt sie erden zu können, doch letztendlich war sie ihm davongeflogen.
Zunächst hatte er gewartet, ganz fest
daran geglaubt, dass sie wieder zurückkommen würde, mit gestutzten Flügeln. Dann hätte er sie sanft aufgefangen und sie wieder aufgerichtet, sie glücklich gemacht. Doch der Wunschtraum war nicht in Erfüllung gegangen, er hörte nie wieder von ihr.
Jetzt, nach all den Jahren diese Nachricht! Zornig zerknüddelt er den Zettel, wirft ihn in den Papierkorb.
In dieser Nacht träumt er von ihr. Sie liegt neben ihm. Immer, wenn er sie berühren will, scheint sie sich von ihm zu entfernen. Beim Aufwachen hat er ihren ganz besonderen Duft in der Nase und ihm wird klar, dass er sie treffen
muss.
Er sieht sie schon von weitem. Wie verabredet sitzt sie auf der Parkbank, fest in ihre Jacke gehüllt, so, als würde sie frieren. Sie trägt jetzt eine BRILLE, hat sich ansonsten kaum verändert, ist mit den Jahren noch zerbrechlicher geworden. Sie scheint in Gedanken versunken, schreckt auf, als er sich neben sie setzt. Stumm schauen sie sich an, Vertrautheit, trotz all der Jahre.
„Da bist du ja!“ Sie hat ihr funkelndes Lächeln nicht verloren. Wie um sich zu vergewissern legt sie ihre Hand auf seinen Arm.
„Ihr Lächeln ist immer noch ansteckend“,
denkt er und sagt: „Ja, hier bin ich, wenn ich auch nicht verstehe warum.“
Sie schüttelte sanft den Kopf, legte die Hand auf seine Lippen. „Nicht reden, noch nicht.“
Schließlich kann er die Stille nicht mehr ertragen. „Warum bist du weggelaufen? Gab es einen anderen?“ Er fühlt sich erleichtert, endlich hat er es gesagt.
Sie schaut ihn aufmerksam an. „Hast du das gedacht? Oh ja, es gab viele andere. Sie haben mir nichts bedeutet. Aber nach dir, nicht während unserer Zeit.“
„Und ich, habe ich dir auch nichts bedeutet?“
Wieder ihr Lächeln, jetzt wehmütig. „Ich weiß es nicht", Schweigen. Dann: "Du
hast mich durch mein Leben begleitet. Oft hatte ich Sehnsucht, aber es wäre nicht richtig gewesen. Vielleicht fehlt mir auch die ... Liebesfähigkeit“, sie zögert. „Das ist jetzt egal“ , fügt sie leise hinzu.
Für einen Moment weiß er nicht, was er sagen sollte, nimmt sie zögernd in den Arm. „Sag, bist du glücklich“, fragt sie. „Hast du eine Frau? Kinder?“
Er löst sich von ihr. „Ja, ich habe Kinder, ich habe geheiratet, aber das ist lange her. Die Ehe war nicht so, wie sie sein sollte. Wir sind geschieden. Und du?“
Sie nickt, als ob sie es erwartet hätte. „Ich habe nie geheiratet. Ein Mann,
Kinder, ein Haus mit GARTEN, HAUSPUTZ – das tägliche Alltags Einerlei, das war nichts für mich. Jetzt bin ich allein, das ist der Preis und ich war immer bereit, ihn zu zahlen.“
„War es das? Wolltest du dich nicht binden? Bist du deshalb gegangen?“, fragt er heftig, will sie verstehen, will endlich ins Reine kommen.
„Ich wollte immer frei sein“, sagt sie leise. “Tun was ich will, ohne dass mir jemand die Zügel anlegt.“
„Und jetzt? Du sagst du bist allein? Vielleicht können wir noch einmal von vorn ...“
Wieder legt sie ihm die Hand sacht auf den Mund. „Ich möchte dich küssen.
Davon habe ich so lange geträumt. Deine Lippen spüren, deinen Duft einatmen.“ Der Kuss ist erst sanft, tastend, leidenschaftlich dann und alles vergessen machend.
Er löst sich von ihr. „Wir könnten...in der Nähe ist ein Hotel...“
Sie lächelt. „Ein verlockender Gedanke, aber nein. Das ist nicht möglich. Ich will mich verabschieden. Wollte dich ein letztes Mal sehen.“
Er fasst sie an beiden Schultern, hält sie fest. „Oh nein, so schnell kommst du mir nicht davon, ich lasse dich nicht einfach gehen! Nicht ohne eine Erklärung!“
Sie hat ihr Lächeln verloren, strahlt nicht mehr, sackt unmerklich in sich
zusammen. „Die Zeit reicht nicht mehr. Was mir noch bleibt reicht, um Abschied zu nehmen, von den Menschen, die mir wichtig sind, wichtig waren. Es tut mir leid. Was ich für dich empfand, kam der Liebe schon ziemlich nahe, glaube ich. Das wollte ich dir sagen.“ Sie ist immer leiser geworden, flüstert.
Ihm ist, als hallen ihre Worte in seinem Kopf wider. Er lässt sie los.
Sie strafft sich, setzt ihre Maske auf, ist wieder makellos, arrogant, unangreifbar. „Ich gehe jetzt, bitte dreh dich nicht um.“
Er bleibt lange sitzen, schaut ihr nicht nach. Nicht weil sie es so wünscht, er
will einfach nicht, dass sie seine Tränen sieht.