Humor & Satire
Mailied reloaded

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"Mailied reloaded"
Veröffentlicht am 07. Mai 2021, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Hum... Ich habe Troja brennen sehen...soll ich noch mehr sagen? Aber nachdem der Rauch sich verzogen hatte, musste ich die langen Jahrhunderte standesgemäß hinter mich bringen und so gewöhnte ich mir an, viele gute und auch mal weniger gute Bücher zu lesen, Musik zu hören und zu machen, im Garten zu pütschern, zu schreiben...Jau, das wär's dann mal.
Mailied reloaded

Mailied reloaded

Wie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüten Aus jedem Zweig Und tausend Stimmen Aus dem Gesträuch

Und Freud' und Wonne Aus jeder Brust. O Erd', o Sonne! O Glück, o Lust!

O Lieb', o

Liebe! So golden schön, Wie Morgenwolken Auf jenen Höhn!

Du segnest herrlich Das frische Feld, Im Blütendampfe Die volle Welt.

O Mädchen, Mädchen, Wie lieb' ich dich! Wie blickt dein Auge! Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche Gesang und

Luft, Und Morgenblumen Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, Die du mir Jugend Und Freud' und Mut

Zu neuen Liedern Und Tänzen gibst. Sei ewig glücklich, Wie du mich liebst! Dieses mitreißende Gedicht schrieb der junge Goethe 1776 während seines Studiums der Rechtswissenschaften. In

Straßburg, irgendwo in der Nähe des EU-Parlaments. Ob er wirklich fleißig studierte, sei dahingestellt, jedenfalls gab es Wein, Weib und Gesang im schönen Elsass und der junge Stürmer und Dränger, der ja vor allem den Franzosen durch seinen Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ bekannt wurde (Napoleon hatte eine französische Ausgabe des Romans in seinem Rucksack und im Felde dabei; was daraus geworden ist, wurde spätestens 1815 auf dem Wiener Kongress aktenkundig, als die Alten Mächte Europa restaurierten...) Liest man das „Mailied“ dieser Tage, so wird eines blitzartig klar: Es kann sich

bei diesem lyrischen Erguss nur um eine Wahnvorstellung handeln! Da ist einem Studi der schwere Traminer oder welcher Wein auch immer arg zu Kopf gestiegen, und das wohlgefüllte Dekolleté des Schankmädchens dürfte ein übriges getan haben! Und da übermäßiger Alkoholgenuss Körperempfindungen wie Kälte und Schmerz sowie sonstige Wahrnehmungen verfälscht, dürfen wir die Botschaft getrost als Fantasmagorie des Lümmels aus Frankfurt ansehen. Somit reduziert sich die Aussage des Gedichtes auf folgende Botschaft: 1. der Mai 1776 war eben nicht so warm

und glänzend,wie JWG uns weiszumachen versucht 2. das erwähnte Mädchen ist beileibe keine schöne Helena, die hat JWG sich schön gesoffen 3. aber die sprachlichen wie auch formalen Aspekte dieses Liedes sind, vom Alkohol unbeeinflusst, kunstvoll und zeugen von Jöthens Genialität. Und schaffen das je-ne-sais-quoi erhabener Kunst Und wir Coronageschädigten sollten den laufenden nasskalten Monat demütig hinnehmen, wie er nun einmal ist, und es machen wie der große Alte aus Weimar: ein gutes Glas Wein, ein Feuer im Kamin

und ein liebend Herz an der Seite. Dann kann Corona erst einmal einpacken und sich schon einmal einen anderen Planeten aussuchen. Das elende Mistvieh.

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Über den Autor

cassandra2010

Hum... Ich habe Troja brennen sehen...soll ich noch mehr sagen? Aber nachdem der Rauch sich verzogen hatte, musste ich die langen Jahrhunderte standesgemäß hinter mich bringen und so gewöhnte ich mir an, viele gute und auch mal weniger gute Bücher zu lesen, Musik zu hören und zu machen, im Garten zu pütschern, zu schreiben...Jau, das wär's dann mal.

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DoktorSeltsam Es gibt definitiv schlechtere Arten den Tag (und die Nacht) zu verbringen, als mit Wein, Weib und Gesang. Dass der alte Herr Geheimrath ein schlimmer Finger war, insbesondere was die Mädels anbelangt, ist hinlänglich bekannt. Ich persönlich vertrete ja die Ansicht, dass Menschen, die ein Leben wie katholische Heilige führen, keine große Werke hervorzubringen vermögen.
Mein Lieblingsgedicht von Jöthe soll entstanden sein, als man ihn herausforderte, aus dem Stehgreif und zwei vorgegebenen Worten ein Kunstwerk zu drechseln. Das Ergebnis ist keineswegs verbürgt, aber trotzdem sehr lustig:

Die Haustürklingel an der Wand,
der Mädchenbusen in der Hand
sind beides Dinge artverwandt.
Denn, wenn man beide leis‘ berührt,
man innen drinnen deutlich spürt,
dass unten draußen einer steht,
der sehnsuchtsvoll nach Einlass fleht …

In diesem Sinne ein angenehmes Wochenende,
Dok
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 
Goethe, der alte Saubär, wie er leibte,lebte, liebte und dichtete! Es scheint mir eines der "Gelegenheitsgedichte" aus seinen Sudelbüchern zu sein;)
„Die Kaufleute haben ihr Waste book (Sudelbuch, Klitterbuch glaube ich im Deutschen), darin tragen sie von Tag zu Tag alles ein was sie verkaufen und kaufen, alles durch einander ohne Ordnung, aus diesem wird es in das Journal getragen, wo alles mehr systematisch steht, und endlich kommt es in den Leidger at double entrance nach der italiänischen Art buchzuhalten. In diesem wird mit jedem Mann besonders abgerechnet und zwar erst als Debitor und dann als Creditor gegenüber. Dieses verdient von den Gelehrten nachgeahmt zu werden. Erst ein Buch worin ich alles einschreibe, so wie ich es sehe oder wie es mir meine Gedanken eingeben, alsdann kann dieses wieder in ein anderes getragen werden, wo die Materien mehr abgesondert und geordnet sind, und der Leidger könnte dann die Verbindung und die daraus fließende Erläuterung der Sache in einem ordentlichen Ausdruck enthalten.“
– Georg Christoph Lichtenberg: Sudelbuch E, Eintrag 46

Womit vermutlich zu beweisen wäre, dass er wirklich der Sohn Caspar Goethes ist, der als Jurist ja auch eine echte Sauklaue gehabt haben soll!

Wie möcht' sie doch so gerne ein Veilchen wieder seh’n!
Ach, lieber Mai, wie gerne en groupe spazieren geh’n...

la principessa, noch leicht bibbernd

Vor langer Zeit - Antworten
Nereus Ja liebe Cassandra und der Schiller hat Äpfel in seiner Schreibtischlade verfaulen lassen und sich an diesem Geruch in Stimmung gebracht.
So mancher Schreiberling war dem Alkohol zugetan ( Remarque, Heinrich Mann, Fallada u.u.)
Viele Künstler haben ihre Kreativität aus Drogenbrunnen geschöpft, manche werden höchst kreativ nach erlebten Belastungen. Van Gogh trennte sich von einem Ohr. Die Reihe ist endlos, doch dadurch sind wir reich geworden.
dankend lieben gruß
markus
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 Lieber Markus,
nicht nur die Kreativen, nicht nur diese! Über Marcus Antonius, Deinen Namensvetter, munkelt man, er habe seine Schlachten nur im Rausch zu schlagen vermocht - weil kein Blut sehen konnte. DAS hat ihm der liebe Vincent locker voraus.
LG und ein schönes Mai-Wochenende
Cassy
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Danke für die gelungene Gedichtinterpretation. 1+. Setzen.
Sicher hat Wolferl schon damals an die Nachwelt gedacht und alles passend schöngefärbt. Ich vertraue Dir ja, daß Du ausreichend recherchiert hast, die Lochkarten des Elsässer Wetterdienstes jenes Jahres ausgewertet usw.

Gerd,
mit Hagelkörnern aufm Fensterbrett und Aromes de France (noch) im Schrank.
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 
Hach, Gerd, wie wahr, wie wahr! Auf die Lochkarten des Elsässer-Wetterdienstes konnte ich leider, leider nicht zurückgreifen, alldieweil selbige zum Beuteschatz der Preußen 1871 gehörten und seitdem verschwunden sind. Ich vermute ja, dass sich ein fahneflüchtiger Fähnrich selbige unter den schmutzigen Nagel gerissen hat, um bei seinen Liebschaften Eindruck zu schinden. Nebst einiger Flacons Eau des égouts~~~

Sonniges WE in Sicht!
Cassy
Vor langer Zeit - Antworten
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