Humor & Satire
Oma Ilse packt aus - Teil 5

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"Manche moderne Technik raubt Zeit, statt Zeit zu sparen"
Veröffentlicht am 22. Januar 2021, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, ...
Manche moderne Technik raubt Zeit, statt Zeit zu sparen

Oma Ilse packt aus - Teil 5

Thermomix und Co.

Also der Heini, was unser Sohnemann ist, der bringt uns zu Weihnachten immer solche neuen technischen Geräte an. >>Damit ich mehr Zeit zum Ausruhen habe!<< meint er. Pah! Dieser Mixer, der auch gleichzeitig kocht, den er mir letztes Jahr geschenkt hat, na ich weiß ja nicht, wo da mehr Zeit zum Ausruhen sein soll. Wenn man so ein Dings benutzt hat, hat man hinterher immer ewig mit dem Putzen dieses Gerätes zu tun. Vorletztes Jahr bekamen wir so einen Fernseher geschenkt, mit dem man auch Striemen könne, sagte er. Einen Fernseher mit "Striemen"? Was soll denn das sein? Unser alter hatte manchmal Streifen, aber Striemen.

Wieder so was Neues aus Digitalien. Man könne damit Filme ansehen, die nicht im Programm stehen, meinte der Heini. Noch was, damit man nur noch seine freie zeit vor der Glotze verbringt?


Apropo, Striemen hatte ich als Kind immer, wenn ich nicht gefolgt hatte und meine Mutter mir eine mit dem „Ochsenziemer“ verpasste. Das war natürlich ein breiter Ledergürtel, aber den nahm sie immer, damit ihr die eigenen Hände nicht so weh taten, wenn sie mir Manieren beibringen wollte. Wenn ich das Ding sah, bin ich natürlich schnellstes stiften gegangen und damals war ich eben doch schneller als sie. Naja, allzu oft geschah es ja nicht, nur wenn ich frech war, was bei Kindern

doch ab und zu passiert. Ich war ja ein sogenanntes „Schlüsselkind“. Mutter musste den ganzen Tag arbeiten und irgendwie musste ich ja nach der Schule in die Wohnung kommen. So schleppte ich eben Mutters Schlüsselbund mit mir rum. Meistens hängte ich ihn an den Griff meines Holzrollers, weil der ja ziemlich schwer war. Und so düste ich nachmittags nach der Schule mit diesem Roller durch die Stadt. Einmal traf ich eine Klassenkameradin, die kleinwüchsige Ursel und die bat mich, sie doch auch mal mit dem Roller fahren zu lassen. Ihre Mutter war noch ärmer, als meine und weil mir die Ursel leid tat, gab ich ihr den Roller mit dem Schlüsselbund dran. Sie fuhr ein paar mal hin und her auf der Straße und ließ plötzlich den

Roller fallen. Unglücklicherweise gerade über einer Gosse - so ein viereckiges Ding, welches die Kanalisation am Rand der Straße verdeckte – es machte „Plums“ und mein Schlüssel war zwischen den Gitterstäben durchgerutscht. Wir standen ratlos da und schauten in die Tiefe, wo das Wasser rauschte. Mutter fiel aus allen Wolken, als ich ihr das Unglück beichten musste, denn es war ja unser einziger Schlüssel, der uns Zugang zur Wohnung gestattete. Nun war guter Rat teuer, aber auch damals gab es schon hilfreiche Menschen. Sie sauste los und holte einen Schmied, der den Rinnstein heraushob und in den Kanal kletterte. Zum Glück gab es damals noch nicht

so viele dicke Menschen, wie heute, denn groß war das Loch ja nicht, in das er hinein kletterte. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder auftauchte. Als er wieder aus dem Kanal herausgeklettert war, zuckte er bedauernd die Schultern und meinte: „Tut mir leid, der Schlüsselbund ist weg.“ Sein Schmunzeln verriet ihn jedoch und meine Mutter sah ein rotes Bändchen aus seine Brusttasche heraushängen. Dieses Bändchen hatte sich an irgendwas da unten verfangen und so war der Schlüssel hängen geblieben, bevor es weiter in die Tiefe ging. Welch ein Glück. Wenigstens der Ochsenziemer blieb mir erspart und die kleine Ursel hatte sich auch inzwischen klammheimlich aus dem Staub gemacht, hatte wohl Angst vor dem

Reformandel meiner Mam. Aber da bin ich ja schon wieder abgeschweift. Auf was man so alles kommt, wenn man vom „Striemen“ schreibt. Jedenfalls steht der Kochmixtopf ungenutzt im Schrank. Die Putzerei danach ist mir einfach zu viel.

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Hörbuch

Über den Autor

baesta
Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, manchmal etwas bissig, manchmal ernsthaft, machmal übermütig, aber niemals bösartig.
Diesen Aphorismus kann ich nur ans Herz eines jeden Menschen legen: Sich selbst bekriegen - der schwerste Krieg.Sich selbst besiegen - der allerschönste Sieg! - Friedrich Freiherr von Logau
(1604 - 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw)

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KaraList Der Ferseher könnte vielleicht mal ein paar "Striemen" gebrauchen ... als Strafe für das, was über den Bildschirm flimmert. :-)
Verlorene Schlüssel sind ein Thema für sich. Ich glaube, es gibt einige, die ihre Erfahrungen damit gemacht haben.
Das Titelbild erschreckt mich jedes Mal, liebe Bärbel. :-))
Schmunzelgrüße
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Oh je, das Titelbild erschreckt Dich? Dann muss ich mir wohl was anderes einfallen lassen und elber eine Oma malen? Das mit den verlorenenn Schlüsseln habe ich als Füllstoff eingebaut, weil mir wieder mal die Ideen ausgegangen sind. Im Prinzip will ich ja ein wenig und auf lustige Art und Weise gegen diesen überdimensionierten Digitalisierungswahn "querschiwßwn".
Vielen Dank für Kommi und Talerchen.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Herrlich, Bärbel!
Thermomix habe ich auch nicht, aber 'nen Römertopf. Der kann in die Spülmaschine und erspart oft das Putzen vom Backofen. Passt auch in das Platz sparende Topfkarussell in meiner neuen Küche. "Striemen" ;-))) Ich tu mich noch schwer mit Magenta TV ... Das mit dem verlorenen Schlüsselbund hattest du schon mal irgendwo erwähnt ...
Liebe Grüße
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Das mit dem Schlüsselbund hast Du richtig erkannt. Weiß aber nicht mehr in welcher meiner "Geschichten" ich das schon mal erwähnt hatte.
Mit einem Römertopf habe ich noch nie versucht zu kochen. Mein Mann und Schwiegertochter wollen immer alles mit viiiiiiel Soße. Ein Thermomix hätte in meiner kleinen Küche gar keinen Platz, deshalb habe ich nur einen Mixer und der steht meistens auch nur rum, weil ich ihn nur selten benutze.
Danke Dir und noch einen schönen Sonntagabend wünsche ich Dir.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
AnneSchrettler 
Liebe Bärbel,
ich habe eine kleine Pause gemacht und bin nun wieder dabei.
Was für eine herrliche Geschichte!
Es hat mir richtigen Spaß gemacht, Omas Erzählung zu lauschen.

Danke für das Schmunzeln, das du mir geschenkt hast.

Ganz herzliche Grüße und einen schönen Sonntag
Anne
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Anne, ich freu mich, auch von Dir nach langer Zeit mal wieder zu lesen. Freu mich, dass es Dir Spass gemacht hat, muss eben auch mal sein in dieser verrückten Zeit.
Danke für Kommi und Geschenke.

Viele liebe Grüße an Dich
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Das Leben wird durch Technik nicht besser, oder einfacher. Hauptsache man verliert man darüber nicht seine Erinnerungen.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Man muss halt abwägen können, was man alles braucht. Ich hab nicht eines von diesen Gerätschaften. Aber mal sehen, was mir alles noch so einfällt.
Vielen Dank fürs Lesen und Kommi.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre Liebe Bärbel,
das ist eine tolle Geschichte aus deiner Kindheit...ja manchmal braucht man nicht in Fantasien zu kramen, das Leben schreibt die besten Geschichten, wie man an deinem Beispiel hier sieht.
ich wünsche dir ein schönes Wochenende
und bleib gesund....
lieben Gruß
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Das aus meiner Kindheit stimmt sogar. Das andere ist alles reine Fantasterie.Danke Dir, auch für die Geschenke.
Bleib auch gesund.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
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