Kurzgeschichte
Einer dieser Tage - Leben mit einer Depression

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"Einblick in den Tag eines depressiven"
Veröffentlicht am 13. September 2020, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
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Einblick in den Tag eines depressiven

Einer dieser Tage - Leben mit einer Depression

Einer dieser Tage

Heute ist wieder einer dieser Tage. Ich wache auf und mein erster Gedanke befasst sich damit wieso ich überhaupt aufstehen sollte. Es ist wie ein Kampf mit mir selbst. Ein Teil möchte ein normales Leben führen und der andere Teil will einfach nur liegen bleiben. Nach zwei quälenden Stunden der Verhandlung mit mir selbst habe ich nun endlich mein Bett verlassen. Ich fühle mich schon jetzt ausgelaugt und leer. Ich fange an kleine Punkte meiner To Do Liste abzuarbeiten doch spüre ich danach keine Freude oder Erleichterung darüber etwas getan zuhaben. Stattdessen fühle ich mich erschöpft. Erschöpft von einer Tätigkeit die

selbstverständlich sein sollte sowas wie duschen gehen.Mir wird langsam klar, der heutige Tag wird eine Qual. Ich widerstehe erneut dem Drang mich hinzulegen und meinen Gedanken zu ergeben doch auch dies kostet Kraft. Kraft die ich eigentlich nicht habe. Ich zwinge mich dazu auf die Arbeit zu fahren in der Hoffnung aus Mangel an Alternativen doch irgendwie produktiv zu sein. Meine Gedanken kreisen auf der Fahrt dort hin um den Tod. "Was wenn du es jetzt einfach beendest?" "Du bist schnell genug los reiß einfach das Lenkrad nach rechts der Baum sieht dick genug aus". Ich versuche diese Gedanken zu unterdrücken doch wie unterdrückt man Gedanken die in einem drin stecken? Wo kommen sie her? Ich will doch

eigentlich nicht sterben! Ich will nur, dass es aufhört.. Auf der Arbeit angekommen kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Mein Kopf zwingt mich dazu meinen Gedanken zuzuhören die Gedanken die ich eigentlich gar nicht haben möchte. Selbstzweifel überkommen mich.. Was wenn ich irgendwann nicht mehr stark genug bin dem Drang zu widerstehen? Dem Drang dessen Ursprung mein Unterbewusstsein ist. Wie soll man einen Kampf gewinnen wenn der Gegner man selbst ist? Ich kann nicht mehr.. Ich sacke zu Boden. Dort verweile ich.. wie lang weiß ich nicht und es ist mir auch egal denn in diesem Moment fühle ich einfach gar nichts. Keine negativen Gedanken, keine positiven Gedanken. Einfach nur Leere. Der erste Gedanke der mir wieder

in den Kopf schießt ist " was machst du hier eigentlich? Bist du nicht mal in der Lage ein normales Leben zu führen?" Ich schreie nach Hilfe so laut ich kann! Ich spüre wie ich anfange zu weinen ich kann es nicht zurückhalten. Doch nichts passiert. Nach außen hin bleibt mein Mund stumm und mein Gesicht leer und emotionslos wie eine Puppe. Ich bin gefangen in meinen Gedanken. Ich versuche aufzustehen doch es gelingt mir nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die meistens nicht länger als 10 bis 30 min andauert, stehe ich auf und fahre nach Hause denn heute werde ich nicht produktiv sein können. Ich bin fertig ich kann nicht mehr. Meine einzige Chance ist den Tag zu beenden und mich hinzulegen und zu hoffen, dass es

morgen besser wird doch ich weiß, es wird weitere dieser Tage geben.Immer und immer wieder...

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MrSilverlight

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Buhuuuh Schlimm ist das es erst (mit-)geteilt werden muss um geteilt werden zu können! Vermeindlicher Trugschluss.

Das noch!

P.S. Jeder dem schlecht oder schlecht geht wünscht sich jemand der's nimmt oder abgleicht/ausgleicht/bessert - das natürlich.
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Mitgefühl ist zwingend um Depression nachempfinden zu können. Daran hapert es aber oft - sehr oft - immer. Sich in jemanden zu versetzen und hineinzudeneken ist nicht mehr In in einer MItgefühlsarmen schnellen Scheinhilfswelt. Da machen Ärzte, ... keine ...
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Wie Kara schreibt, ist es leider immer noch ein Tabuthema. Oftmals zählen nur "sichtbare" Krankheiten.
Ein guter Text, der mehr Aufmerksamkeit verdient.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Immer noch ein Tabuthema ... leider! Der Leidensweg der Betroffenen ist oftmals lang. Diesen zu verlassen gelingt nicht ohne professionelle Hilfe.
Angehörige und Freunde stehen der Situation meistens hilflos gegenüber.
Aus Deiner Geschichte spricht das eigene Erleben.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Belphegor Sehr bedrückend.
Ich nehme an, ärztliche Hilfe wurde gesucht, aber nicht gefunden?
Der Kernsatz scheint mir zu sein:
"Wie soll man einen Kampf gewinnen, wenn man selber der Gegner ist?"

Man kann das alles wirklich nur sehr schwer nachvollziehen. Insbesondere, wenn man selbst so positiv im Denken und lebensbejahend ist.
Einmal, vor langer Zeit, wurde ich mit Magersucht konfrontiert; als Nichtbetroffener KANN man nicht begreifen, warum sich ein Mädchen, das nur noch aus "Haut und Knochen" besteht, im Spiegel sieht und sich selbst als "fett" bezeichnet.
Dass es dabei wohl um Kontrolle geht, mag helfen, aber nicht wirklich.

Vielleicht ist das Schreiben über diese (deine) Krankheit der erste Schritt - ich weiß es nicht.
Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Kraft auf diesem Weg vom Dunkel ins Licht.
Sicher der schwerste, den du in deinem Leben je gehen musst/est.


Liebe Grüße
K.

Vor langer Zeit - Antworten
MrSilverlight Vielen Dank für den Kommentar! Ich habe HIlfe in Anspruch genommen und bin auch auf dem Weg der Besserung. Mir ist nur aufgefallen, dass Depressionen von unbeteiligten schwer nachempfunden werden können deshalb wollte ich mal einen Einblick in einen der düsteren Tage geben.
Vor langer Zeit - Antworten
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