Kurzgeschichte
Unterwegs - SP 76

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"Diese Reise war längst überfällig."
Veröffentlicht am 27. April 2019, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich liebe das Leben, diskutiere gern und mache gern Spaß. Respekt und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Mein Buch "Die Liebe trifft das Leben" ist am 6.2.15 erschienen.
Diese Reise war längst überfällig.

Unterwegs - SP 76

Unterwegs

Vorgaben zum Thema "Zugfahrt" sind:

heimlich träumen rattern Notbremse Dampf Weiche Verspätung unterwegs Ungeheuer


- Coverbild kostenlos by Pixabay -




Es war eine Fahrt ins Ungewisse, eine Aufarbeitung der Vergangenheit, welche mich mit einiger Verspätung einholte. Nun brodelte es schon seit Wochen. Die Gedanken ratterten und ich hatte ein Gefühlsleben, das mächtig unter Dampf stand. Natürlich war ich bemüht, dies meiner Umgebung zu verheimlichen, die Überforderung so gut wie möglich zu überspielen und somit unangenehmen Fragen auszuweichen. Solchen nach meinem Befinden oder der Feststellung, wie erschöpft ich aussah. Sicherlich würde jeder nach endlos durchwachten Nächten fertig aussehen. Der sonst verklärte, leicht verträumte Blick wich einer Starre. Mein Fokus lag auf dem

Inneren, welches mich zu Überrollen drohte. Wirre Bilder tanzten in mir, so dass ich oft schweißnass um Atem rang. Mein Körper geriet scheinbar immer mehr in Alarmbereitschaft, desto stärker ich mich zur Wehr setzte. Ich wollte mich nicht erinnern, nicht wieder diese Angst und das Gefühl der Ohnmacht durchleben.

Damals war das Wort "Mobbing" noch nicht gegenwärtig, aber durchaus schon gängige Praxis. Meine Kollegen schienen sich prächtig zu amüsieren bis ich den Raum betrat. Derbe Sprüche unter der Gürtellinie wurden nicht nur hinter meinem Rücken geschwungen. Sie zwängten mich in eine Opferrolle, aus

der ich nicht mehr mit eigener Kraft herauskam. Hilflos fragte ich mich, was ich ihnen getan hatte? Oft wurde ich aus Versehen angerempelt und was immer ich tat mit den Worten: "Du Loser", ins Lächerliche gezogen.

Für mich ungeheuer schwer zu ertragen die Tatsache, dass all das von meinem damals "besten Freund" auszugehen schien. Er wusste doch um meine Nöte, dem dringenden Bedürfnis nach Harmonie. Ich wollte keinen Ärger und bloß nicht auffallen. Eigentlich war ich immer bemüht, nur mit der Masse zu schwimmen. War das mein Problem?

Als ich Markus vor einigen Wochen zufällig wiedersah, wurde eine Lawine

der Erinnerung losgetreten. Es waren nur Minuten, doch ich habe ihn erkannt als den Verräter, der er in meinen Augen war. So sehr ich auch versuchte die Notbremse zu ziehen, wollte und musste das Geschehen endlich aufgearbeitet werden. Mir wurde das letztlich klar und ich griff zum Hörer, um mir Hilfe bei einem Fachmann zu holen. Der Gesprächstermin lag zwar in weiter Ferne, doch ich war bereits unterwegs auf den Pfaden in die Vergangenheit. Der Zug hatte seine Fahrt aufgenommen. Ich war gewillt, einen Zustand der inneren Ausgeglichenheit für mich zu erreichen. Markus würde ich einen langen Brief schreiben, aber alles zu seiner Zeit.



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Über den Autor

Darkjuls
Ich liebe das Leben, diskutiere gern und mache gern Spaß. Respekt und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Mein Buch "Die Liebe trifft das Leben" ist am 6.2.15 erschienen.

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FLEURdelaCOEUR 
Sehr realistisch geschriebene Geschichte, liebe Marina, toll diese Vergleiche mit der Bahn ...
LG fleur
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Darkjuls Danke sehr für den Besuch und das Feedback. LG Marina
Vor langer Zeit - Antworten
hingekritzelt Liebe Marina,
Du hast ein schwieriges Thema gut umgesetzt.
Um es etwas blumig auszudrücken: Durch die gesamte Geschichte wabert der Gestank eines eitrigen Gesellschafts-Geschwürs, das nicht nur unverständlich, sondern auch völlig überflüssig ist. Mobbing. Und dann wundern sich die Leute, wenn der eine oder andere Hunde für die besseren Menschen hält.
LG Uli
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Ja, die Hunde sind ehrlich in ihrem Verhalten. Danke sehr und sei lieb gegrüßt von mir. Marina
Vor langer Zeit - Antworten
Friedemann 
Liebe Marina,
ich drück Dir die Daumen, dass Du endlich diesen bohrenden Schmerz aus Deiner Erinnerung löschen kannst (und Dir dieser ominöse „Fachmann“ eine Hilfe ist). Sehr berührend verfasst.

Liebe Grüße
Friedemann
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Danke sehr, die Zeit wird es zeigen. Lieben Gruß Marina
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Unterwegs - SP 76..."
Das ist interessant, sogar alle Eisenbahnelemente in einer
Nicht-Eisenbahn-Geschichte unterzubringen, das hat schon was...
Allerdings hab ich auch zu deinem Thema mal eine Schulgeschichte
geschrieben und ganz ehrlich, ich möchte diesen Typen in meinem
ganzen restlichen Leben auch niemals wieder begegnen wollen...
Im Gegenteil, wenn ich heute wüsste, dass es ihn auf dieser Welt
nicht mehr gäbe, würde es für mich sogar eine gewisse Befriedigung
bedeuten, obwohl es nun schon fast beinahe sechzig Jahre her ist...
Diese Demütigungen kann ich nicht vergessen und will sie ihm auch
niemals vergeben wollen. Ich kann also nicht einmal mehr ein guter
Christenmensch werden, obwohl ich damals als Kind sogar katholisch getauft wurde...
LG
Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Vielen Dank Louis, jeder geht anders damit um, entscheidend ist doch, seinen Frieden zu finden und nicht immer diese quälenden Altlasten mit sich zu schleppen. Ich dachte schon, die Geschichte ist schlecht geschrieben, da viele lesen und kaum einer kommentiert. Ich denke, das Thema Mobbing schreckt auch ab. Lieben Gruß in den Abend von Marina
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Damals nannte man es: "Ausgedotzt"
- - - zumindest bei uns.
Bedrückend gute Zeilen.
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Darkjuls Ich danke Dir, einige haben selbst damit Erfahrungen gemacht. Das Thema ist heute leider noch aktuell. LG Marina
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