Kurzgeschichte
Der schwarze Brief

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"Der schwarze Brief"
Veröffentlicht am 24. Oktober 2018, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: yuliaglam - Fotolia.com
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Der schwarze Brief

Der schwarze Brief

Der schwarze Brief

Es war eine kalte Nacht, als es passierte. Ich hatte gerade Feierabend und ging nach Hause. Mein Kopf schmerzte. Jeden Tag musste ich das selbe machen: Die Unterlagen sortieren und sämtliche Rechnungen kontrollieren. Ich hatte es einfach satt immer die Drecksarbeit zu erledigen und dann so einen niedrigen Gehalt zu bekommen, der mir gerade noch dazu reichte die Miete meiner 30 Quadratmeter Wohnung zu bezahlen und mich über Wasser zu halten. Und dann auch noch dieser Kollege. Immer musste er mich korrigieren und auf einen Fehler hinweisen. Es war einfach schrecklich. Manchmal war ich kurz davor ihm die Papiere ins Gesicht zu werfen und „mach deinen Dreck doch selbst, wenn du es so gut kannst!“, zu schreien. Jedoch hielt ich mich jedes Mal zurück, denn ich wusste, dass es mich meinen Job kosten würde. Ja, ich hatte immer schlechte Laune nach Feierabend. Doch in dieser

Nacht war es besonders schlimm. Die Straßen waren leer und ich fühlte mich einsam. Ich spürte, wie die Kälte meine löchrige Jacke durchdrang und auf die Haut kroch. Die eisige Luft tat in meinen Lungen weh. Ich grub mein Gesicht in meinen Schal und lief schneller. Die schwere Umhängetasche schlug mir bei jedem Schritt aufs Bein und hinderte mich beim Gehen. Plötzlich donnerte es. Ich zuckte zusammen und stolperte, konnte jedoch noch das Gleichgewicht halten und fiel glücklicherweise nicht hin. Es fing an zu regnen. Nein, es schüttete eher und nach kurzer Zeit war ich vollkommen durchnässt. Als ob ich nicht schon genug Pech hätte, trat ich in eine Pfütze und spürte sofort das kalte Nass auf meinen Füßen. Ich fluchte laut und trat vor Wut einen Stein weg, der, wie ich sofort bemerkte schwerer war, als ich ihn eingeschätzt hatte. Ein beißender Schmerz durchdrang meinen Fuß und ließ mich laut aufschreien. Plötzlich lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich wusste, dass es nicht am Schmerz, sondern an etwas anderem lag. Irgendetwas beunruhigte mich. Ich schaute mich um. Nirgendwo

ein Zeichen von Leben. Vielleicht war es diese Einsamkeit zur späten Stunde, vielleicht war es die Kälte oder die Dunkelheit. Egal was, aber ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich fühlte es. Ich ging weiter, nun etwas schneller, denn meine Beunruhigung entwickelte sich zu Nervosität und meine Nervosität zu Angst. Panischer Angst. Das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach, war das regelmäßige Aufkommen meiner Schuhe auf den kalten Asphalt und das aufgeregte Plätschern des Regens. Auf einmal blieb ich stehen. Ein paar Meter weiter von mir entfernt, lag ein Mann. Er regte sich nicht und ich rührte mich auch nicht. Ich durchlebte ein einziges Gefühlschaos. Einerseits war ich froh endlich einem Menschen auf der Straße zu begegnen und andererseits war ich erschrocken und ängstlich zugleich. Jedoch riss ich mich zusammen und ging auf den Mann zu. Er war anständig gekleidet und ungefähr mittleren Alters, wahrscheinlich ein Geschäftsmann. Plötzlich fiel mir ein, dass der Mann vielleicht gerade am Sterben war und ich vielleicht mal den Notarzt rufen sollte, doch als ich in meiner

Tasche nach meinem Handy kramte, regte sich der Mann und öffnete die Augen. „Du...“, flüsterte er. Ich war wie versteinert und musterte den Mann. „Ich - ich wollte gerade den Notarzt rufen“, hörte ich mich selbst sagen, doch der Mann entgegnete nur „Nein, hör mir zu “, in dem Moment vernahm ich laute Männerstimmen, die näher zu kommen schienen. Ich blickte zurück und sah in der Ferne fünf schwer gebaute Männer, die alles andere als nett aussehend in unsere Richtung sprinteten. Auf einmal packte jemand meinen Arm und ich drehte mich ruckartig um. Es war der Mann. Er hielt mir einen schwarzen <Briefumschlag hin und zog mich zu sich herunter. Unvorbereitet auf diese Handlung fiel ich neben ihn auf die Knie und guckte ihn etwas beleidigt an. Er überging dies und drückte mir etwas grob diesen eigenartigen Briefumschlag in die Hand. Nervös fing er an, etwas zu murmeln. Seine Sätze rauschten an mir vorbei, da die anderen immer näher kommenden Männer meine panische Angst zurück riefen. In all der Aufregung konnte ich nur einige Dinge wie „hüte diesen Brief, wie einen Schatz“,

„laufe so schnell wie möglich zu der Avenue Street 68“, „ein Mann wird dich in Sicherheit bringen“ aufschnappen. Ich wollte ihn nach dem Sinn des ganzen fragen, doch noch bevor ich meinen Mund aufmachen konnte, richtete sich der Mann mit viel Mühe auf und zerrte mich wieder hoch. Erst jetzt bemerkte ich die Blutspuren auf seiner durchnässten Kleidung. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und jetzt nahm ich wahr, dass der Mann mich die ganze Zeit anschrie, dass ich wegrennen und das tun, was er mir gesagt hatte, solle, doch ich reagierte nicht. Zu geschockt und verwirrt fühlte ich mich und starrte ihn einfach nur mit offenem Mund an. Erst als ich einen ohrenbetäubenden Knall hörte, bekam ich wieder einen klaren Kopf und realisierte, was geschah. Wie automatisch fing ich an zu rennen. Erst etwas unsicher und langsam, dann aber immer schneller. Ich schaute zurück und sah, wie der Mann mir noch immer hinter her schrie, ich solle laufen, bis die fünf anderen ihn erreichten. Zwei von ihnen hielten an und schlugen den armen Mann zusammen, während die anderen drei weiter liefen. Plötzlich

verstand ich, dass die Männer wegen dieses Briefes, nun hinter mir her waren. Mir wurde schlecht. Mein Magen verkrampfte sich und meine Beine wurden schwer wie Blei. Der Fuß tat mir immer noch wegen des Steins weh und wieder spürte ich die klirrende Kälte auf meiner Haut. Meine durchnässte Kleidung war schwer und klebte an mir, ich fühlte mich einfach nur elend. Doch meine Angst ließ mich all das vergessen. Mir flogen tausende Fragen durch den Kopf, ich wusste nicht, was es mit diesen Männern auf sich hatte und warum sie unbedingt diesen Brief wollten. Aber vor allem fragte ich mich, warum ich den Brief überhaupt angenommen hatte und rannte. Ja, mir wurde klar, dass es allein meine Schuld war, dass diese Männer mich verfolgten. Ich schaute zurück. Sie holten langsam auf und schienen immer schneller zu werden. Daraufhin stopfte ich den Brief in meine Tasche und versuchte schneller zu werden, was mir wegen der auf mein Bein schlagenden Tasche schwer fiel. Also nahm ich sie in die Hände und sprintete weiter. Ich rannte an Häusern und Läden vorbei, sprang über umgekippte Mülltonnen

und Pfützen. Langsam wurde das Laufen zur Qual, denn meine Füße schmerzten, der Regen erschwerte mir das Sehen und meine Lungen brannten. Doch ich blieb stark. Aus einem unerklärlichen Grund hatte ich das dringende Verlangen diesem Mann im Anzug seinen Wunsch zu erfüllen. Plötzlich fielen mir seine Worte ein: „Avenue Street 68“. Sofort suchte ich ein Schild zur Avenue Street und fand es schnell. Ich lief in die Richtung und sah in der Ferne ein altes großes Haus mit der Nummer 68. „Avenue Street 68“, flüsterte ich und sprintete zielsicher auf das Haus zu. Ich hörte wie meine Verfolger etwas unverständliches schrien und eine Waffe luden. Mein Herz raste und der Angstschweiß floss mir mitsamt dem Regen über mein Gesicht. Meine Augen brannten. Endlich erreichte ich den Vorgarten des Hauses und ohne lange zu überlegen, sprang ich mühsam über das niedrige Tor. Bei der Landung rutschte mir die Tasche aus meinen steifen Fingern und fiel zu Boden, brachte mich zum Schwanken, sodass ich stolperte und fiel. Ein dumpfer Schmerz durchzog meinen Körper, doch ich schnappte mir die

Tasche und rannte weiter. Die Tür des Hauses stand offen und ich stolperte mit viel Krach hinein. Sofort knallte ich die Tür zu und zuckte zusammen, als erneut ein ohrenbetäubender Knall zu hören war. Es war eine Waffe. Dieser Gedanke trieb mich weiter. Ich hetzte panisch zwei Treppen hoch und hörte wie die Männer den selben Weg nahmen. Mit viel Gefluche stampften sie die Treppen hoch. Ich war inzwischen auf der dritten Etage des Hauses und hielt an. Ängstlich schaute ich mich um. Mit Bedauern musste ich feststellen, dass ich in der Falle saß. Ja, ich fing an mich vom Leben zu verabschieden und war sauer auf mich selbst, dass ich mich auf diesen Lügner eingelassen hatte. Hier war niemand, der mich in Sicherheit bringen würde und würde es auch niemals sein. Ich fing an zu schluchzen. Die Männer kamen immer näher und ich konnte nichts tun. Plötzlich zog mich jemand in einen Raum. Ich wollte schreien, doch der andere war schneller: Er hielt meinen Mund zu und zerrte mich weiter in einen schmalen Gang. Ich versuchte mich zu wehren, doch der Fremde packte mich nur noch fester und flüsterte:

„Wenn dir dein Leben noch etwas wert ist, dann würde ich an deiner Stelle den Mund halten. Vertrau mir und ich bringe dich in Sicherheit“. Ich stockte und dachte fieberhaft darüber nach, ob ich einfach darauf vertrauen konnte, dass dieser Fremde genau derjenige ist, der mich in Sicherheit bringen sollte. Doch ehe ich eine Entscheidung treffen konnte, nutzte er mein Stocken aus und zog mich weiter in den dunklen Gang hinein. Trotz meines Missmutes ließ ich mich von ihm führen, denn dieser Fremde gab mir nach allem, was ich in den letzten Minuten durchgemacht hatte, das für mich wertvollste Gefühl, das es gab:

Hoffnung

...... von Enileve mit möglicher Fortsetzung

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FLEURdelaCOEUR 
Schade, dass du dich nicht zum Weiterschreiben aufraffen kannst, das ist ärgerlich ...

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Hallo Enileve,
die Geschichte beginnt spannend. Warum nur eine "mögliche Fortsetzung" ?
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Enileve danke! Es gibt nur eine mögliche Fortsetzung, weil ich zuerst schauen wollte, wie der erste Teil ankommt.

LG
Enileve
Vor langer Zeit - Antworten
Myriel Guten Morgen Enileve,
spannende Geschichte, die du geschrieben hast. Bin neugierig, freue mich auf ihre Fortsetzung.
Liebe Grüße von
Myriel
Vor langer Zeit - Antworten
Enileve Vielen Dank, das freut mich sehr!
Liebe Grüße
Enileve
Vor langer Zeit - Antworten
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