Journalismus & Glosse
Der verflixte Hans

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"Der Inselstreit"
Veröffentlicht am 16. Juni 2018, 14 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Der Inselstreit

Der verflixte Hans

Vorbemerkung

Zwei verschiedene Länder streiten um eine Insel, natürlich um Seerechte, um Besitzansprüche, Fischerei und natürlich auch um vielleicht vorhandene Bodenschätze am Meeresgrund.

Da kriselt es ordentlich!

Inzwischen herrscht weit über 30 Jahre lang Krieg.


Gute Unterhaltung!




Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: Wikipedia

Der verflixte Hans

Hans, die einsame Insel, misst nur ungefähr 1,4 km in der Länge und 1,1 km in der Breite. Dieser Felsen ist unbewachsen, kahl, kalt. Die Insel liegt genau in der lange gesuchten Nordwestpassage. (siehe auch Titelbild) Im sogenannten Kennedy Kanal, ein Teil der Nares-Straße, gibt es sowieso nur drei Inseln, nämlich außerdem nur Crozier und Franklin Eiland. Das vegetationslose Eiland ist ungefähr in 350 Km nördlicher Richtung von Qaanaaq (Thule) zu finden, sofern man will. (ich nicht) Der Kanal trennt Grönlands Norden von den sogenannten Ellesmere Insel.

Hans Eiland interessierte natürlich niemanden, zu abgelegen und überhaupt trostlos ist die Felsformation. Aber beginnen wir von vorne. Die Inuit kannten dieses Stück Fels schon seit Jahrhunderten, weil sie den Kanal, der zum Teil zugefroren war, durchquerten. Sie nannten das Eiland Tartupaluk. Ob nun damals die Wikinger, die Grönland besiedelten, sich an diesem arktischen Felsen erfreuten, ist unbekannt. Ich denke nicht, wegen fehlendem Interesse. Eine Besiefelung war damals wie heute sinnlos.

In den Weiten der Arktis war damals von der Expedition des berühmten Polarforschers Sir John Franklin nichts mehr zu hören. Sie war

verschollen. Nun suchte man verzweifelt. Was war geschehen, gab es überhaupt Überlebende?

1845 war Franklin aufgebrochen. Ab 1847 kamen der Admiralität in England Zweifel am Erfolg der Expedition auf und schließlich wurden erst dann Expeditionen auf den Weg gebracht, die nach den Verschollenen suchen sollten. Tatkräftig warb Franklins Frau aktiv mit Geld und Einfluss für weitere Rettungsaktionen. So kam es, dass für damalige Verhältnisse ungewöhnlich viele Schiffe in den eisigen Gewässern herum schipperten. Solche Unternehmungen waren auf Jahre ausgelegt. Nebenbei wurde kartographiert, erforscht. Wann also wurde also Hans entdeckt, wann

fand das Eiland offiziell seine Erwähnung? Hier fängt es schon an strittig zu werden.

In den Jahren 1920 bis 1923 wurde die ganze Region der nördlichen Grönlandküste haarklein erfasst. Es handelte sich um die dänische Celebration Expedition. Außenpolitisch vertritt nämlich Dänemark Grönland, während die Ellesmere Insel zu Kanada gehört. Und genau in der Mitte des Kennedy Kanals (benannt nach dem Polarforscher William Kennedy) liegt nun dieses Stück Fels. Seit 1933 sprach der Internationale Gerichtshof Grönland den Dänen zu. Nun ging es los.

Hans würde noch zu Dänemark gehören, zur

Kommune Qaasuitsup, was sonst! Die Sonstigen, die Kanadier waren natürlich anderer Meinung. Es gehöre nämlich zu ihrem Territorium Nunavit.

(r. Ellesmere - Kanada, links Grönland - Dänemark; roter Punkt Hans)

1972 wurde die Sache fast beigelegt. Die Meeresgrenze unmittelbar nördlich und

südlich der Hans-Insel wurde in dem von Grönland und Kanada ratifizierten Festlandsockelabkommen festgelegt und am 17. Dezember 1973 den Vereinten Nationen vorgelegt, das es dann seit dem 13. März 1974 in Kraft setzte. Rekord:

Es war der längste jemals abgeschlossene Grenzvertrag über die Schelffläche und war möglicherweise die erste kontinentale Schelfgrenze überhaupt, die von einem Computer entwickelt wurde. (wen es interessiert: entwickelt auf Grund akribischer Messdaten von Canadian Hydrographic Service und dänischem Personal in der Nares Strait) Einen Haken gab und gibt es. Die Grenzlinie

ist auf den Zentimeter klar definiert, bis auf, ja, bis auf die Hans Insel. Sie wurde bei der Vereinbarung in den Punkten 122 und 123 des Vertrags ausgeklammert. Da bestehe keine Grenze. Man würde sich irgendwann später einigen. Auch weitere Übereinkommen zwischen Kanada und Dänemark wurden geschlossen, nämlich über Nutzung und Forschung, usw. (1984). Hansilein blieb der Knackpunkt. 1984 ließ der zuständige Minister für das dänische Grönland die Flagge auf Hans Eiland hissen. Jetzt haben wir Tatsachen geschaffen, so war wohl seine Meinung. Seine Leute hinterließen bei der Flagge auch eine Pulle Schnaps, hochprozentig. Alles andere würde

ja gefrieren. Dabei war auch noch eine nette Nachricht: „Velkommen til den danske ø" Es dauerte nicht lange, bis die Kanadier die Insel besuchten und ihrerseits die Kanadische Flagge hissten. Vorher wurde das Geschenk ausgesoffen, dann eine Nachricht hinterlassen „Welcome in Canada“ und eine Flasche Canadian Club hinterlegt. Diese gar grausame, gegenseitige Kriegserklärung zwischen den beiden Ländern dauerte bis 2005, also ganze 30 Jahre.

Jedes Jahr wechselten einmal die Fahnen, die Nachrichten und die Spirituosen.

So wünscht sich jeder einen Krieg, oder nicht?

Man muss dazu anmerken, dass die Gegend in und um Hans Eiland tatsächlich keinerlei Bodenschätze beherbergt, kein Öl, einfach nichts, außer Wasser. Das Eis geht ja zurück, so dass der Kennedy Kanal inzwischen ganz gut befahrbar ist.

2005 trafen die "Armeen" beider Kontrahenten

aufeinander. Die ein Dutzend Männer, vornehmlich Wissenschaftler und Seeleute hissten gemeinsam ihre Nationalflaggen. Man probierte die leckeren, hochprozentigen Flüssigkeiten der anderen, schüttelten sich die Hände und zogen wieder ab. Auch dieser Brauch ist seither einmal im Jahr Gang und Gebe. Mehrere Akademiker schlugen vor, dass man sich doch auf ein „Kondominium“ beider Staaten einigen könnte, aber Politiker lieben solche einfachen Lösungen eben nicht. Aber am 23. Mai 2018 kündigten Kanada und Dänemark die Schaffung einer gemeinsamen Task Force zur Bestimmung der Grenze zwischen Kanada und Grönland an, einschließlich des Schicksals von Hans Island. Besser fände ich es jährlich eine Art Ting

abzuhalten, in dem Dänemark und Kanada überhaupt über die Bewahrung der Natur ihrer beiden so ökologisch empfindlichen Teile der Arktis zu sprechen.

Was wäre das ein Fortschritt! Aber ich bin eben ein Optmist.

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Über den Autor

welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Brubeckfan Danke für die interessante und erfrischende Reportage.
Viele Grüße!
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Um was Menschen alles so streiten müssen. Dabei gehört es doch weder der einen noch der anderen Partei, wurde sie doch von Mutter Natur geschaffen.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Einen solchen Streit lobe ich mir. Was wäre, wenn dort Ölvorkommen ausgemacht worden wären?
Danke fürs Lesen!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Dankeschön - mal was anderes und interessant.
Klein und fei der Hans...um den sie sich streiten...
Viele Grüße
Loraine
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Danke schön!
Ich habe diesen Beitrag herein gestellt, weil endlich einmal ein friedliche, nette Lösung einer strittigen Landaufteilung offensichtlich möglich ist.
Es macht Mut, dass Krieg eben nicht die Lösung ist.
Danke für das Lesen
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
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