Kurzgeschichte
Die Rentnerband

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"Die Rentnerband"
Veröffentlicht am 05. November 2017, 20 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Die Rentnerband

Die Rentnerband

Vorbemerkung

Dies ist ein Randbeitrag zur

Forumsbattle 64.

Es handelt sich um die Bremer Stadtmusikanten, allerdings ziemlich frei nach den Gebrüdern Grimm erzählt.

Die Vorgabeworte wurden alle eingebaut.


Gute Unterhaltung!

(neu eingestellt 01.01.2020)



Copyright: G.v.Tetzeli

Cover G.v.Tetzeli

Internet:

https://www.welpenweste.de

Die Rentnerband

„Mensch Günter, alter Klepper, geh‘ doch ins Bett“, riet mir meine Holde fürsorgend. „Bei der Erkältung sollst du dich gesund schlafen.“ Also kuschelte ich mich in die Decke und schlief ein.

Irgendwie war ich nun ein Esel, nur leider war das Glieder Reißen der Erkältung geblieben.

Ich stand neben einem ziemlich verwahrlosten Bauernhof. Der Bauer kam auf mich zu gerannt, eine Gerte schwingend. „Komm sofort her, du störrischer Esel. Es warten noch Zementsäcke auf dich!" Bin ich blöde?

Ich sah zu, dass ich Land gewann.

Esels-Galopp ging ganz gut, fand ich und entkam.


Ich klapperte mit meinen Hufen schließlich einsam auf einem Feldweg dahin, als ich Lisa begegnete. Die Gute war nun nicht gerade eine Claudia Schiffer der Katzen, aber sie war sympathisch. „Ich wurde von meinem Bauernhof, meinem zu Hause fort gejagt, weil ich keine Mäuse mehr fangen kann“, miaute sie. „Komm einfach mit mir“, bot ich an. „Zu Zweit tut man sich leichter. Du kannst auf meinem Rücken mitreisen.“

Kurz darauf stand ein Hahn aufgelöst mitten auf dem Feldweg. „Die wollten mich glatt in den Suppentopf stopfen“, rief er entsetzt, „ich

sah schon die Geflügelschere auf mich zukommen.“ „Begleite uns einfach. Zu Dritt geht es besser.“

"Puh, anstrengend, jeden Tag eine gute Tat." Warum bin ich eigentlich immer ich hier der Barmherzige?


Kurz bevor wir in ein Waldstück einbogen, kam uns ein kläffender Hund entgegen. „Könnt ihr mich mitnehmen“, fragte er. „Ich bin zu alt, als dass ich auf der Jagd noch mitmachen könnte. Da wollte mir der Jäger an den Kragen.“

„Um den kleinen Köter ist es nun auch schon Wurst“, dachte ich genervt.

Es war Abend geworden und endlich waren

die Kollegen von meinem Rücken gestiegen. Natürlich war ich der Chef der Rasselbande, das hatte ich mir schließlich verdient.


Hier im Wald, machte ich es mir unter einem Baum bequem. Die Katze Lisa lag an meinem nicht unbeträchtlichen Bauch gekuschelt, Hund Lucky hatte einen vermodernden Knochen ausgebuddelt, war also beschäftigt, und der Hahn Egon hatte einen Wipfel angeflogen, um Ausschau zu halten. „Siehst du was“, rief ich.

„Da vorne ist Licht, so eine Art Hütte.“

„Mitten im Wald?“

„Steht auf einer Lichtung“, kam Egon angeflattert. „Ist bestimmt gemütlicher, als hier auf dem kalten Waldboden“, gähnte Lisa. „Du

musst gerade reden“, maulte ich, „du hast es dir doch auf meinem Fell gemütlich gemacht.“

„Der Kochen schmeckt auch nicht“, lamentierte Lucky.

Einer musste hier ja den Chef geben und das Zepter schwingen.

„Also los“, forderte ich auf, “schauen wir uns den Kasten mal an.“ Wir lugten durch das Dickicht und flüsterten. "Was isn‘ das“, fragte Lucky.

„Eine alte Mühle", schätze ich. „Und was ist das für ein flacher Anbau?“ „Schau doch auf das alte Schild“, gab ich zum Besten. „Da steht Disco zur Mühle.“

„Disco für Landpomeranzen, bäh“, schüttelte sich Egon. „Da plappert der richtige“, fuhr ich den Hahn an. „Einer, der auf dem Mist, auf

Gülle steht und dann auch noch auf vornehm tun will.“ „Still ihr zwei“, schnurrte Lisa. „Neben dem Wassermühlenrad, hinter dem Fenster ist Licht.“

„Strom hat die Hütte also noch“, stellte ich fest. „Sieht mir eher aus, wie Taschenlampen. "Das flackert so“, warf Lucky ein. „Jedenfalls kommt aus dem Schornstein kein Rauch.“

„Einer muss die Sache ausspionieren.

„Das mache ich“, erbot sich Lisa. „Ich habe die leisesten Pfoten.“

Ich war damit einverstanden. Sie kam zurück.

„Die suchen einen Schatz, wahrscheinlich von irgendeinem Einbruch. Der eine nennt sich Jasper, der andere Fred.“

„Und wo sollen wir jetzt schlafen?“

Ich war gefragt.

„Wir müssen die Kerle vertreiben“, sinnierte ich. „Schauen wir mal, warum sich eigentlich das Wasserrad nicht dreht.“

Die anderen schauten sich ratlos an.

„Wenn das Rad plötzlich los klappert, dann nehmen sie Reißaus, klar?“

Wir folgten dem Flussbett. Tatsächlich hatte ein umgefallener Baum den Fluss praktisch umgeleitet. Eine Sturmböe musste ihn umgerissen haben. Die geschickten Katzenpfoten flochten Zweige in meinen Halfter und ich zog. Es ging nichts, doch plötzlich löste sich der Stamm und das Wasser floss in sein ursprüngliches Flussbett zurück.

Mann, tat mir der Rücken weh! Ischias.

Die Neugier trieb uns zurück.

Das Wasserrad klapperte, ächzte und knarrte. Tatsächlich, die beiden Einbrecher flohen. „Was habe ich gesagt", triumphierte ich. „Lasst uns die Mühle erobern!“

Die Türe zum flachen Anbau ließ sich öffnen und Egon pickte auf den Lichtschalter. „Unglaublich, Licht“, wunderte sich Hund Lucky, „sogar richtiger Strom.“

Ich war natürlich schlau.

„Klar, weil das Wasserrad der Mühle wieder läuft. Generator und so.“

„Seht doch, eine Bühne mit Instrumenten“, gellte die Katze begeistert.

„Seid doch mal alle still“, mahnte der Hahn. „Die haben doch sicher bemerkt, dass jetzt sogar elektrisches Licht an ist. Die kommen zurück, will ich wetten.“

„Er hat recht“, überlegte ich. „Wir brauchen einen Plan.“ Auf der Bühne sah ich mir die Verstärker an. Ich nahm sie in Betrieb. Schien alles noch zu funktionieren. Ich erläuterte den Plan. "Lisa, du legst dich hinter der Türe auf die Lauer. Egon, du krähst so laut du kannst, wenn sie hier drin sind. Nicht vorher! Hier, direkt in das Mikrofon! Ich gehe draußen mit Lucky in Stellung. Als Erstes aber schaut Egon nach, ob sie zurück kommen.“ Egon flatterte davon und war bald zurück. „Die sind jetzt mit Knüppeln bewaffnet", berichtete er. „Die haben aber schlechte Laune! Ihre Rachegelüste sieht man ihnen direkt an.“ „Also“, sprach ich, „auf die Stationen! Und Licht aus! Wir brauchen den Überraschungseffekt.“

Draußen presste sich Lucky ins Gras und ich versteckte mich hinter einem Baum. Es dauerte nicht lange, als sich die zwei Strahlen aus den Taschenlampen durch die Dunkelheit fingerten. Die beiden Verbrecher schlichen. Sie waren leise, aber wir konnten sie hören. Wir waren schließlich Tiere mit ausgeprägtem Gehör. Die Beiden betraten den Tanzraum mit der Bühne. Ich rief ein langgezogenes „Iaah“.

Das war das Zeichen.

Hahn Egon schrie sein Kikeriki so laut er konnte. Die Verstärker waren voll aufgedreht.

Die Wirkung war bombastisch. Man meinte, dass die Wände wackelten. Die Beiden rasten entsetzt aus dem Gebäude. Da sprang Lisa mutig hervor und zerkratzte das Gesicht von

Jasper, während Fred weiter lief. „Jetzt“, rief ich.

Lucky startete durch, bellte und verbiss sich in das Bein von Fred. Ich staunte nicht schlecht. Da meinte ich, dass Lucky keiner Fliege etwas zu leide tun könnte und nun schrie Fred vor Schmerz auf. Ich nahm Maß und schlug mit meinen Hinterhufen zu, dass es Fred nur so herum wirbelte. Die beiden stolperten in die Nacht hinein so schnell sie konnten.


Wir versammelten uns im Tanzsaal und feierten. „Die haben vielleicht eine Abreibung bekommen!“ „Und das von uns ältlichen Tieren, die man ausrangieren wollte.“ „Vom alten Eisen nicht die Rede“, frohlockte ich und vergaß die Rückenschmerzen.

Lisa war schon auf der Bühne und holte sich die Bassgitarre. Mit ihren Pfoten begann sie den ersten Lauf. Nun hielt es uns auch nicht mehr. Lucky eroberte das Schlagzeug und ich griff mir die Gitarre. Der Hahn Egon blieb gleich als Front Man am Mikrofon. Auf geht es: Ein, zwo, drei! Es rockte. Unser erster Song war natürlich ein fetziger Rock’n Roll! Der Text war zu Ehren unseres Hunde-Schlagzeugers etwas abgeändert worden, der so trefflich nuanciert mit dem Schwanz die Becken-Rides einzusetzen verstand.

Go Go Go Lucky Go Go Go Go

Lucky B.

Goode Nach dem Schlussakkord schlidderte ich nach bester Manier auf den Knien. Der Bühnenboden war rutschig, weil noch Staub darauf lag und ich durchstieß mit den Hufen die Bespannung der Base Drum.

"Bist du verrückt", bellte mich Lucky an und schlug mit dem Schwanz empört auf das Becken. Ich war ganz schön schuldbewusst, aber dann entdeckte ich etwas.

„Seht mal“, rief ich. „In der Trommel ist Geld. Ein ganzer Haufen Geld!"

Deswegen hatte die Base Drum auch so wenig knackig, so dumpf geklungen! Das war also das Versteck, der Schatz, den die Verbrecher gesucht hatten.“

Welch eine Freude!

Um es kurz zu machen, wir nutzten das Geld, um die Disco zur Mühle wieder her zu richten, betrieben eine eigene Website und wurden bekannt. Anfänglich hatten wir noch Schwierigkeiten mit der Namensgebung der Band. "Die Ollen Kleppers" wurden genauso verworfen, wie "die Grufties", oder „die Rollatoren“. Nein, wir waren die „Four Animals“.

Unser Video auf You Tube ging durch die Decke.

Wir wohnten auch in der Mühle und sogar ein kleiner Wasserfall plätscherte an der Seitenwand der Tanzfläche, natürlich LED beleuchtet. Das Geschäft brummte so sehr, dass wir auf Buchhaltung und eine Rechenmaschine nicht verzichten konnten

Natürlich gab es immer wieder einen Anlass ein Festmahl zu feiern. Die Musik, die Aufgabe, das Geschäft hielt uns jung, machten uns glücklich.

In der Küche, direkt neben dem Ofen, hatten wir einen Thron bauen lassen, auf dem die kaputte Base Drum, die ehemalige Schatztruhe, ruhte. Sie hatte dort ihren Ehrenplatz.

Irgendein Follower wollte uns gar mit den altmodischen Bremer Stadtmusikanten vergleichen. Da waren wir doch viel agiler drauf, moderner, zeitgemäß!

Es blieb dabei, das absolute Highlight war, wenn die Four Animals die Bühne stürmten. Ich war voll in meinem Element und schlug mit den Hufen.

Na, sag' einmal", war meine Holde besorgt, "du hast ja die ganze Decke weg gestrampelt. Hast du schlecht geträumt?“

„Es war nur ein wenig aufregend“, schnupfte ich erkältet.

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welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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CarmyllaHughes Dein Märchen rockt! ;D Die beste Bandentstehungsgeschichte, die ich je gelesen habe, und ich sehe das ursprüngliche Märchen jetzt mit ganz anderen Augen.
Viele Grüße
Carmy :)
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welpenweste Das freut mich. Cool, dass ich auch jüngere Leserschaft erreiche!
Danke
Günter
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AngelaFinck Sehr cool.
Gerne gelesen.
LG Angela
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welpenweste Huhu! Danke! Danke! Freut mich!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Na da hat sich ja einer sehr intensiv mit den Bremer Stadtmusikanten beschäftigt.
Na dann viel Spaß beim Auswerten der anderen Beiträge.
LG Bärbel
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FLEURdelaCOEUR 
Sehr schöne Geschichte!
Dann noch viel Spaß in der Jury!

LG fleur
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welpenweste Kann nicht bei den Hauptbeiträgen mitmachen, bin in der Jury.
Auf jeden Fall vielen lieben Dank für Dein großes Lob!
Günter
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