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Lesen im kleinsten Kreis

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"das Lampenfieber hat mich voll im Griff"
Veröffentlicht am 14. Mai 2017, 12 Seiten
Kategorie Sonstiges
© Umschlag Bildmaterial: pixabay
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Wir schreiben heute den 24.Mai 2014 und ich trete voller Erwartung in die Gefielde von "myStorys" ein. Ich bin A.B.Schuetze. Wir kreuzen das Sternenbild "Schütze" und erkunden dessen Eigenschaften. Da wir gerade davon sprechen ... vergesst alles, was ihr über Schütze-Frauen gelesen habt. So ganz unter uns ... ihr werdet mein Wesen darin nicht entdecken. Hab ich eure Neugier erweckt? Wollt ihr mich kennen lernen? Nichts leichter ...
das Lampenfieber hat mich voll im Griff

Lesen im kleinsten Kreis

19. Autoren-Challenge



LAMPENFIEBER

"Starke Nervosität, die jmd. spürt, bevor er öffentlich auftritt."



... und der Mittelpunkt unseres heutigen Themas.

Heute.

Heute ist der Tag. Der Tag, dem ich so lange als nur möglich aus dem Weg gegangen bin. Ich habe die Termine abgelehnt. Abgesagt. Vor mir hergeschoben. Immer in der Hoffnung, die überlegen sich das vielleicht noch und entlassen mich aus der Pflicht.

Aber denkste. Und nun? Nun ist es bald so weit. In wenigen Minuten.

Die Zeiger der Uhr rücken unaufhaltsam vorwärts.

Seit Stunden sitze ich auf dem Platz, der in den letzten Tagen zu meinem Stammplatz geworden ist. Auf dem Klo.

Ich schaukel vor und zurück. Meine Hände krallen sich kalt und verkrampft an der

Toilettenbrille fest.

Wenn jetzt einer klopft und fragt, ob es mir gut geht, dann raste ich aus. Ich kenne das. Es ist immer so.

Mein ganzer Körper ist in Aufruhr. Er kämpft mit allen Mitteln gegen solche Situationen. Solche Situationen, in die mich mein Hirn, mein Verstand gebracht haben. An letzterem möchte ich schon fast zweifeln. Denn hätte sich mein Verstand eingeschaltet, wüsste er, was mein Körper will und hätte eine andere Lösung gefunden.

Ja, ja. Ich weiß.

Es ist nicht immer zu verhindern. Wie zum Beispiel ein Besuch beim Zahnarzt. Oder Frauenarzt. Die verursachen nämlich die gleichen Symptome. Nicht nur, dass ich im

Mittelpunkt stehe. Okay. In diesen Fällen liege. Und das ist schon unangenehm.

Aber nein.

Sie starren mich an. In mich hinein. Wenden das Innere nach außen. Dann … dann kommt die Diagnose. Das Urteil.

Ich höre die Uhr ticken.

Und? Und? Nun sagt doch schon.

Ich verdrehe die Augen. Mein Magen rebelliert. Ich knete das Taschentuch in meinen Händen.

Ja, genau so ist es.

Ist es nicht? Dann ist es aber wie beim Halten eines Referates. Beim Rezitieren eines Gedichts. Reden vor versammelter Mannschaft.

Da hilft es mir auch nicht weiter, dass ich alle

Anwesenden kenne. Das macht es wahrscheinlich nur noch schlimmer.

Sie starren mich an, um nicht das Geringste zu verpassen. Warten auf einen Fehler von mir. Sehen meine Knie zittern. Oder das Blatt Papier in meinen Händen. Sie sehen meine roten Flecken, die langsam den Hals und das Dekolleté erobern. Entgegen zu meiner blassen Nasenspitze. Schweißperlen, die an meiner Schläfe herunterkullern. Die scheinen aus meiner Spucke gemacht zu sein, denn mein Mund ist ganz trocken. So trocken, dass kaum das erste Wort über meine Lippen kommt. Es bleibt einfach stecken und ich muss mich räuspern. Wie peinlich. Das gibt dann wieder Gesprächsstoff für die nächsten Wochen. Natürlich hinter meinem Rücken.

Habt ihr schon gehört? …


Es ist so weit.

Jetzt muss ich … gehen natürlich. Noch einen Blick in den Spiegel. Noch einmal drüber pudern. Haare? Sitzen. Alles perfekt? Geht so. Oder ... besser geht es nicht.

Tief durchatmen. Du packst das schon.

Immer dran denken, in einer Stunde hast du es überstanden. Oder auch nicht.

Ich schleiche zu meinem Wohnzimmer.

Komm schon. Schulter zurück. Brust raus. Bauch rein. Du kannst das. Hoffe ich.

Ich greife nach der Klinke. Jetzt sind meine Hände nicht nur kalt und verkrampft sondern auch feucht. Nur niemanden mit Händedruck begrüßen. Ich werde einfach 'Hallo' sagen

und 'Schön, dass ihr alle da seid'. Dann gehe ich zu meinem 'Lesepult' und setzte meine Lesebrille auf. Das sieht dann schon sehr professionell aus.

Genau so mache ich das.

Noch mal tief durchatmen und dann … ab in die Höhle des Löwen.


Ich komme ins Zimmer und meine Familie und Freunde grinsen mich an. Am Lesepult sitzt meine Tochter.

„ Wir dachten, ich übernehme die Lesestunde und lese aus deinen Büchern vor. … weil du doch immer so ein Lampenfieber hast.“ Sie zwinkert mir aufmunternd zu.

Na prima. Das hätte mir auch jemand im Vorfeld sagen können. Dann wäre mir die

ganze Aufregung der letzten Tage und besonders der letzten Stunden und Minuten erspart geblieben. Denke ich und es fällt mir ein Stein von Herzen. Oder nicht?

Ich spüre die Unruhe in mir. Mein Magen verkrampft sich erneut.

Schon drängt sich die Frage in den Vordergrund, wie finden sie alle meine Bücher? Meinen Schreibstil. Die Handlung. Die Protagonisten. Hab ich es geschafft, alle von meinem Können zu überzeugen? Wie wird das Urteil ausfallen?

Oh mein Gott. Die Zeit zieht sich dahin.

Mit wackligen Beinen setze ich mich zwischen die Zuhörer. Schaue lächelnd in die Runde. Nick dem einen oder anderen freundlich zu. Mein Gesicht zu einer Maske verkrampft.

Ich kann mich nicht auf das Vorlesen konzentrieren. Meine Gedanken wuseln wie wild durch meinen Kopf.

Bleib ruhig. Alles wird gut.

Hoffe ich und ...

knete mein Taschentuch in den Händen.

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Hörbuch

Über den Autor

abschuetze
Wir schreiben heute den 24.Mai 2014 und ich trete voller Erwartung in die Gefielde von "myStorys" ein.
Ich bin A.B.Schuetze.

Wir kreuzen das Sternenbild "Schütze" und erkunden dessen Eigenschaften.

Da wir gerade davon sprechen ... vergesst alles, was ihr über Schütze-Frauen gelesen habt. So ganz unter uns ... ihr werdet mein Wesen darin nicht entdecken.

Hab ich eure Neugier erweckt? Wollt ihr mich kennen lernen?

Nichts leichter als das.
Ich treibe mich meist auf myStorys ... lest meine "Bücher" ... oder auf Facebook, Google u.s.w. herum :))
Irgendwo werdet ihr mich schon finden.

LG von Antje

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Kornblume Ja, liebe Antje, genauso fühlt es sich an "Das Lampenfieber". Selbst die ganz, ganz Großen sind dagegen nicht gefeiht. Wenn ich es auch nicht gut heiße, kann ich doch verstehen, dass viele Drogen, Alkohol oder Tabletten vor dem Auftritt konsumieren .
Lampenfieber vor dem Zahn- oder Frauenarztbesuch ist einfach nur die Angst vor dem Entbößen vor dem privaten klein-und hilflos ausgeliefert sein. Doch haben wir unsere Ängste erst mal überwunden, wirkt Lampenfieber beflügelnd, lässt uns euphorisch den Augenblick genießen, Großes vollbringen, an das wir uns ein Leben lang gern erinnern werden.
Erfolg macht schön, in diesem Sinne , nur Mut ,Kopf hoch und durch.
Deine Familie kann stolz auf Dich sein. Sie sollte kleine Unzulänglichkeiten nicht nur tolerieren ,sondern sie lieben ,weil sie Dich und Deine Persönlichkeit ausmachen. Ich glaube aber eher, Du bist selbst Dein kritischter Kritiker.
Grüße schickt die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Lampenfieber löst ja sehr unterschiedliche körperliche Reaktionen aus. Bei mir war kurz vor Beginn einer Schulung, die ich durchführen sollte, die Stimme weg. Meine begrüßenden Worte klangen recht heiser. Glücklicherweise gab sich das nach wenigen Minuten.
Ich konnte mich in Deine bildhaft erzählte Geschichte gut einfühlen. Eine Lesung im Familienkreis sollte aber eine zu bewältigende Hürde sein. :-)
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze ... das sollte man meinen. Aber du kennst meine Familie nicht. Außer wenigen Ausnahmen wissen die meisten nicht einmal, dass ich schreibe. Und sie haben so ihre festgefahrenen Meinungen. Da sagt man am besten nichts falsches :-)
Schön, dass es bei dir besser ging. Ich habe in meiner Prüfung (10.Klasse) sogar den Text vergessen, dann die Melodie und als ich dann das Leitmotiv der 5. von Beethoven (oder war's die neunte?) vorsingen sollte, war's ganz aus ...lach... Du siehst, bei mir ist das schon krankhaft.

Lieben Dank für deine Zeilen.
Antje
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Sehr nahe an der Realität, liebe Antje! Besonders das Toilettenthema erinnert mich da an wen ;-)))
Du hast das gestellt Thema gut getroffen und ausgestaltet. Na ja, ein bisschen oft fangen deine Sätze mit "ICH" an, das wär`s dann aber auch schon, was meine Kritik betrifft!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze So sollte es sein. Realitätsgetreu. ...und ja, es ist schwer, aus der ich-Perspektive zu schreiben und dann nich mit 'ich' anzufangen. Ich arbeite daran :-)

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Klasse Geschichte, liebe Antje.
Die Pointe sehr gut ausgedacht und auch, wenn ich das Thema nicht kennen würde, wäre ich begeistert.
Lieben Gruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Oh ... da gab's 'ne Pointe? Ist mir wohl so zugeflogen ....lach....
reut mich, wenn es dir gefallen hat.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Absolut glaubwürdiges und gut beschriebenes Lampenfieber. Die Sitzung vor der Sitzung kenne ich auch. Deine Geschichte findet ich sehr gelungen. Lieben Gruß Marina.
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Vielen lieben Dank Marina. :-)

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
mohan1948 Eine überaus gut erzählte Geschichte (kenne es aus eigener Erfahrung)
liebe Grüße
Hannelore
Vor langer Zeit - Antworten
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