Kinderbücher
Eine Nacht im Stall - Die Sache mit dem Henner

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"Eine Nacht im Stall - Die Sache mit dem Henner"
Veröffentlicht am 25. März 2017, 14 Seiten
Kategorie Kinderbücher
© Umschlag Bildmaterial: Andrea Minutillo
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich - eindeutig rot - freiheitsliebend - in mir drin schon mal unsicher, beinahe verklemmt - nach außen der Fels in der Brandung - die Person, auf die man sich verlassen kann - auch mal anlehnen, kein Problem - ein dunkles samtiges Rot also - richtig viel Farbe - dicke Haufen davon auf der Leinwand - Struktur - Kunstschule Zürich - zahlreiche Ausstellungen in der Region - flippig - flapsig - bunt in mir drin - auch mal ...
Eine Nacht im Stall - Die Sache mit dem Henner

Eine Nacht im Stall - Die Sache mit dem Henner

Eine Nacht im Stall



Meine Geschichte handelt von einem kleinen Mädchen. Ein Mädchen namens Jaqueline. Doch da aber auch alle(!) Schackeline zu ihr sagten, (und zwar genau so, wie es hier geschrieben steht!) wollen auch wir sie so nennen.


Schackeline war klein und mager, meist etwas blass um die Nase, aber das soll uns nicht stören. Schackeline konnte nämlich etwas ganz besonderes, und davon möchte ich heute erzählen.


Alles das geschah am vorigen Morgen.

Also am Morgen vor besagter Nacht. Die Bilder hatten sich tief in Schackelines Gedächtnis hineingegraben.

Eines war ihr vom ersten Augenblick klar: So etwas würde sie nie wieder zulassen!

Es war der Spalt im Holz gewesen, der ihre Aufmerksamkeit herausforderte. Und es war der Henner gewesen, der mit den hohen Stiefeln.

Schackeline konnte bisher viel mit ihm lachen, aber damit war von heute an Schluss! Geweint hatte sie an diesem Tag viel und heftig.

Ja, den ganzen Taschentuchberg ihrer Oma hatte sie durchnässt.

Und der war sehr stattlich, das muss an dieser Stelle erwähnt werden!


Irgendwann waren die Tränenkanäle leergespült, doch die getrübte Stimmung wollte nicht von dem Mädchen abfallen. Selbst dann nicht, als Oma Lolle mit ihr hinüber zum Spielplatz gegangen war.


Schackeline war wirklich eine begeisterte Schauklerin, doch ihre Oma konnte sie noch so hoch schwingen lassen …

Es half nichts.


Tief in ihrem Gemüt war das Mädchen sehr traurig, ja, geradezu unglücklich.


Am Abend, vorm Einschlafen, erzählte Oma Lolle ihrer Enkelin mit unheimlich viel Fingerspitzengefühl sehr fantasievolle Geschichten mit Schmetterlingen, Ameisen und allerlei liebem Getier.

Und weil die Oma schon ganz viel Schlafsand in der Stimme hatte, schloss Schackeline ihre Augen und atmete sehr tief.


Oma Lolle war sich sicher gewesen, nach den vielen Erlebnissen des Tages musste ihre kleine Schackeline in einen tiefen Schlaf gesunken sein.

Mit knackenden Gelenken stand die Großmutter auf, löschte das Nachtlämpchen und lehnte beim Hinausgehen ganz sachte

die Tür an.

In diesem Moment klappten Schackelines Augen auf.

Ab jetzt würde sie einfach wach bleiben.

Nie wieder würde sie schlafen können, das war dem kleinen Mädchen völlig klar.

Nicht bei den Schreien, die sie gehört hatte. Nicht bei dem vielen Blut, das sie gesehen hatte.

Sobald sie ihre Augen schloss, sah sie die Schatten. Die Schatten der sachte schwebenden Federn.

Als es vorbei war und nur noch das Blut floss.

Sie stellte sich vor, wie sie aus ihrer Socke geschlüpft wäre und damit des Hahnes Kopf verbunden hätte.

Aber das hatte sie einfach nicht geschafft.

Wie angewurzelt stand sie vor dem Spalt im Holz. Ihre Beine waren steif und eingefroren gewesen. Sie konnte kaum denken, bei dem Hahnengeschrei!


Am Nachmittag hatte sie den Hahn nicht mehr gesehen.

Und Oma Lolle hatte sie nicht mehr aus den Augen gelassen.

Immer wieder strebte sie in Richtung Stall,

um zu sehen, ob der Hahn bereits verblutet sei, doch über ihre Angst um das Tier, hatte sie mit der Oma nicht gesprochen, denn die Worte wollten einfach nicht an ihrer Kehle vorbei.

Leise schlüpfte das Mädchen aus dem Bett und tapste zu ihrer lieben Oma. Ganz vorsichtig kuschelte sie sich an den warmen Leib. Doch Oma Lolle hatte noch nicht richtig geschlafen und nahm die Kleine in ihren Arm.

„Ich dachte, du schläfst schon.“ „Nein, Oma. Ob der Hahn noch lebt?“ „Oh, Schackeline! Natürlich lebt der Hahn! Mach dir keine Sorgen um das Tier. Wir werden ihn morgen nach dem Frühstück besuchen.“ „Könnten wir nicht jetzt …?“ „Jetzt schlafen wir doch schon fast, meine Kleine.“ „Ich schlafe nicht, du etwa?“

„Ach, mein Schackelinchen! Wir können doch nicht einfach …“ „Warum? Vielleicht ist er ganz allein und hat Angst oder er ist schon tot.“ „Ganz sicher lebt er und schläft. Er würde sich nur erschrecken …“ „Vor mir? Oma! Das glaube ich nicht!“

Und so redeten die beiden noch eine ganze Weile, ehe Oma Lolle mit einem Seufzer aufgab.

In Unterrock und Pantoffeln schlichen die Oma und ihre Enkelin über den Hof hinüber zum Stall.

Leise knarrend schoben sie die Tür auf. Eine kleine Lampe strahlte ein diffuses Licht aus. Sie konnten den Henner ausmachen.

Er saß ein wenig zusammengesunken auf dem alten Holzstuhl. Den Hahn hielt er behütend in seinem Arm. Als sie näher kamen, flatterte das Federtier ein wenig auf und Henner erwachte.

Ein bisschen erschreckt starrte er auf das irrwitzige Bild. Die alte Lolle im Unterrock und das Mädchen im Pyjama an ihrer Hand.

Kurz räusperte er sich und fragte ganz freundlich, was sie in seinem Stall machten.

Und dann sprudelte es aus dem Mädchen heraus. So erleichtert war sie, dass Henner doch ein Herz zu haben schien. Dass sie am Morgen durch den Spalt gesehen hatte und das viele Blut und die Federn!

Die Schreie vergaß sie an dieser Stelle.

Henner erklärte dem Mädchen so einiges über Tierzucht und Festessen, über artgerechte Haltung und die Dinge, die eben so laufen. Über Kapaune und über Geld, das verdient werden will und Genießer, die so ein feines weißes Fleisch lieben. Aber auch über seine Liebe zum Federvieh und ein gutes Tierleben, wobei er seinem Hahn zärtlich über die Federn strich. Dann griff er nach dem Korb hinter sich und holte für alle gegrillte Polenta hervor. Gewissermaßen als kleine Friedensmahlzeit unter Nachbarn.

Das schmeckte wunderbar inmitten der warmen und duftenden Tiere.

Sie saßen sehr gemütlich zusammen in dieser Nacht.

Von dem Hahn konnte Schackeline kaum ihren Blick wenden. Dieser Hahn lebte für ein Festessen. Nur für ein Festessen! Hatte wirklich jedes Leben einen Zweck?

Wofür lebte sie dann?

Immer neue Fragen entstanden in ihrem Kopf. Ihr gefiel der Gedanke, das der Henner dem Hahn das kurze Leben so schön wie möglich machte und nahm sich vor, das Tier jeden Tag zu besuchen. Schackeline überlegte noch lange daran,

ob sie jemals wieder ein Stück Fleisch essen wolle.

Bis dahin aß sie einfach ganz viel Obst und Gemüse und natürlich die leckere Polenta vom Henner. Mit dem Henner konnte sie wieder lachen,

jetzt, wo sie wusste, dass er jedes einzelne seiner Hühner liebte wie eine Glucke ihre Küken.

Oft und gerne besuchte sie ihn im Stall.

Meist saß sie dann auf dem alten Holzstuhl und streichelte ihren Lieblingshahn, während sie den Henner dabei beobachtete, wie er die Kuh Bertha abpumpte.

Ein Becher warme Milch war ihr immer sicher. Henner meinte, etwas Besseres gäbe es nicht, um gesund und munter zu bleiben. Und tatsächlich!

Schackeline fühlte sich großartig.

Mit der körperwarmen Milch von Bertha im Bauch und dem Hahn auf dem Schoß genoss sie ihre Stunden im Stall.

Während sie mit ihren Fingerchen durch das Gefieder strich, konnte sie wunderbar nachdenken.

Warum die Schmetterlinge gern auf den einen Blüten ihre Pause einlegten und nicht auf den anderen.

Und warum die Leute so gern stritten.

Und warum Fliegenpilze so lustige Tupfen hatten.

Und warum die blaue Farbe am Schuppen doch nicht wirklich aussah wie der Himmel. Und dass sie vielleicht, ganz vielleicht …

Ja, vielleicht würde sie irgendwann eine Tierärztin werden.

Aber vielleicht hatte ihr Leben auch einen ganz anderen Zweck. Doch da musste sie erstmal drüber schlafen …

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Hörbuch

Über den Autor

Frettschen
Ich
- eindeutig rot
- freiheitsliebend
- in mir drin schon mal unsicher, beinahe verklemmt
- nach außen der Fels in der Brandung
- die Person, auf die man sich verlassen kann
- auch mal anlehnen, kein Problem
- ein dunkles samtiges Rot also
- richtig viel Farbe - dicke Haufen davon auf der Leinwand
- Struktur
- Kunstschule Zürich
- zahlreiche Ausstellungen in der Region
- flippig - flapsig - bunt in mir drin
- auch mal nachdenklich
- manchmal introvertiert
- stets auf der Suche nach Neuem
- in meinem Bereich versteht sich
- Sternzeichen Löwe
- Querdenker und Rebell
- reiße mir die guten Seiten des Alltags unter die Nägel
- manchmal erwische ich auch die weniger Guten,
doch die schüttele ich hastig ab

ich liebe:
- einsame Orte
- den Wind
- das Geklapper der Taue an den Masten
- ob an Fahnen oder Booten, ist mir egal
- die Ruhe im Wald
- der Schutz eines Baumes - wenn man sich darauf einlässt
- das Eintauchen in die Arbeit an der Staffelei
- wenn`s gelingt
- das sichere und untrügliche Gefühl,
etwas Besonderes entstehen zu lassen
- das Spielen mit unserer Sprache
- gutes Essen
- ein unerwartetes Lächeln
- Musik - alle Richtungen
- am besten schön laut
- Tanzen
- Ausdruck
- Profil
...

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Buhuuuh Ach und ein gelungenes eigenes Coverkonzept! :)
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Frettschen Dankeschön :D
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Buhuuuh Guter Text Frettschen, heute zum fertig lesen gekommen. :)
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schnief Einfach toll, ich bin begeistert!
Liebe Grüße Manuela
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Frettschen So eine kleine Schackeline würde ich ich bei uns aufnehmen ... :)
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Shehera Ganz ganz toll...bin sehr begeistert!

Liebe Abendgrüße
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Frettschen Ich schreib ja, Schackeline ist was ganz besonderes ... :)
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FLEURdelaCOEUR 
Wunderbar, ich habe Bild für Bild vor mir gesehen, eigentlich einen ganzen Film ... Und dazu die anrührenden Gedanken der kleinen Schackeline!
Hier ist es wirklich schade, dass die Geschichte außer Wertung laufen muss.

Sonnige Grüße
fleur
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Frettschen Kein Problem, die nächste Schackeline kommt bestimmt :D
Und dann darf sie auch gewertet werden ...
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Lindenblatt 
Vom Cover bis zur letzten Seite ein sehr ansprechendes Kinderbuch.
Du hast ein Talent, viel Spannung in eine Geschichte zu legen,
Als Randbeitrag, so finde ich, ist die Geschichte viel zu schade.
Aber als Jurymitglied muss es so sein. Gutes Beispiel!
Lieben Gruß
Linde
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