Kurzgeschichte
Der Künstler

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"Autoren-Challenge 15"
Veröffentlicht am 27. Dezember 2016, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Meistens bin ich ruhig. Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands. Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann. Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Ergänzung: Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste ...
Autoren-Challenge 15

Der Künstler

Autoren-Challenge 14


Thema: Stell Dir vor Du bist Galerist/IN und in Deiner Galerie stellt im Januar ein regional sehr bekannter Künstler/IN, auf Vermittlung des Landrates, seine Arbeiten aus. Zur Vernissage kommen erfahrungsgemäß nicht nur Hinz und Kunz sondern alle die Rang , Namen und Geld haben. Auch der Ministerpräsident des Landes und weitere Vertreter aus Politik, Kunst und Wissenschaft haben sich angekündigt. Die Bilder sollen horrende Summen erzielen. Einen Teil davon will der Künstler dem Land zur Förderung von Kunst und Kultur spenden.


Normalerweise machst Du, als erfahrene Galerist/In, solche Eröffnung mit links . Doch diesmal ist es anders. Die Bilder des Künstlers scheußlich und nur hingeluscht, sind überteuert und als Krönung des Ganzen, hat er Dich und Deine Galerie vor der Presse mit Worten wie "zu poplig ,zu klein, zu unprofessionell" runtergemacht und dich ständig im Vorfeld mit seinen Allüren genervt. Schreibt eine realistische Eröffnungsrede die mindestens 3 und max. 20 Textseiten nicht wesentlich unter - oder überschreiten sollte. Ich bin sehr, sehr neugierig wie jeder Einzelne von Euch diese Situation meistern wird

Der Künstler Gläserklirren, ein gemischtes Publikum und fragende Blicke. Hier und da Tuscheln hinter vorgehaltener Hand, ab und zu ist ein Hüsteln zu hören, bis endlich die Galeristin in Erscheinung tritt … „Liebe Gäste, ich freue mich, Sie wieder einmal in meiner Galerie begrüßen zu dürfen. Besonders glücklich bin ich, dass auch Sie, Herr Ministerpräsident, und Sie, Herr Landrat, die Zeit gefunden haben, an dieser ganz besonderen Vernissage teilzunehmen.

Wie Sie alle wissen, bin ich keine Freundin langer Reden. Außerdem lässt die

Beleuchtung den Sekt in den Gläsern warm werden. Darum nur einige wenige Worte. Leider ist unser geschätzter Künstler noch nicht anwesend. Er verspätet sich durch einen Stau auf der Autobahn, bat mich jedoch, Sie nicht länger warten zu lassen. Er ist sehr stolz, die Gelegenheit nutzen zu können, seine vielfältigen Werke hier ausstellen zu dürfen und auch ich bin sehr dankbar, dass er meine Räumlichkeiten dazu nutzt. Wenn Sie später einen Blick auf die Ausstellungsstücke werfen, werden Sie mein tiefe Begeisterung teilen. Ehrlich, lebensverbunden und erfrischend ist jedes Werk auf seine Weise. Ich bin davon überzeugt, dass viele der präsentierten Bilder

in wenigen Stunden den Besitzer wechseln werden. Unser liebenswerter Künstler möchte mit dem Erlös Kunst und Kultur in unserem Land fördern und fünfzig Prozent seines Gewinns dafür spenden. Schon jetzt möchte ich meine Hochachtung dafür aussprechen und Dank sagen. Liebe Gäste, schauen Sie sich um und werden Sie fündig. Zuerst aber lassen Sie uns das Glas erheben.

Noch einmal herzlich willkommen und viel Freude!

Da ich einige fragende Blicke wahrnehme, erlauben Sie mir noch kurz folgende

Erklärung: Die erwartete und geplante Zusammenarbeit mit Herrn Schurzigel kam *räusper* nicht zustande. Er war letztendlich nicht bereit, seine selbsternannten Kunstwerke in diesen Räumen zu zeigen, da meine Galerie, seiner Meinung nach, zu poplig, zu klein und zu unprofessionell sei. Ehrlich gesagt hält sich mein Schmerz in Grenzen. Zu solch herber Kritik lasse ich mich nicht hinreißen. Allerdings befürchtete ich im Gegenzug, dass es der Erfolg der Ausstellung mit den Bildern Herrn Schurzigels, anders als seine Bewertung meiner Galerie, nicht in die Schlagzeilen geschafft hätte. Die hier gezeigten Werke gehören ausschließlich dem Nachwuchskünstler Rainer

Fröhlich, der sehr gern und kurzfristig die entstandene Lücke füllte. Ich bin begeistert, seien Sie es auch! Zum Wohl!“ Die Vernissage wurde ein voller Erfolg, die erzielte Spendensumme war außerordentlich hoch.

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Über den Autor

Memory
Meistens bin ich ruhig.
Im wahren Leben habe ich einen Mann, zwei Töchter, eine Hand voll Enkelkinder, zwei Katzen und alle zusammen leben wir im Süden Deutschlands.
Wenn ich nicht schreibe, fotografiere ich, denn Fotos sind für mich auch kleine Geschichten - wenn man sie lesen kann.
Ansonsten bin ich optimistisch, (fast) immer gut drauf und stehe mit beiden Beinen fest im Leben.
Ergänzung:
Das wahre Leben gibt es nicht mehr. Ich musste meinen Mann, meine große Liebe, ziehen lassen. Seit dem steht die Welt still.

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abschuetze :) :) :)
Das kaufwillige Publikum unter falschen Tatsachen in die Galerie gelockt? Die wollten doch höchstwahrscheinlich die Kunst des Herrn Schurzigel sehen. Auf die Schlagzeilen in der Presse bin ich ja gespannt.
Nichtsdestotrotz, Aufgabe bewältigt und tolle Rede gehalten.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Die Zeitung ist schon durch :))
Danke dir, liebe Antje.
Liebe Grüße zu dir
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Wolkenstill Kunst und seine Vielfalt.

EInes nehme ich mit aus dieser Challenge - Galerist möchte ich nicht werden.
Mir fiel die Aufgabe schon schwer, noch schwerer ist es zu "bewerten" .

In der Rede steckst Du, mit allem was ich als Leser hier von Dir erlesen durfte ...Feinfühlig, niemals herb oder übergriffig ....

Liebe Grüße zu Dir
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Nee, Galeristin möchte ich auch nicht werden ...
Und mit dem zweiten Teil fahre ich jetzt lächelnd zur Arbeit. DANKE!!!

Lieben Gruß zu DIR
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Shehera Deine Rede hat mir wunderbar gefallen...passt sie zum Thema? Ich denke eigentlich eher nicht, weil es ja keine Rede für einen netten Künstler werden sollte. :)) Aber egal....sie ist gut geschrieben, gerade richtig lang und ich hab mich gefreut, dass der eigentliche Künstler erst gar nicht ausstellen konnte. :))

Liebe Grüße
Shehera
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
So gesehen hast du natürlich Recht :)
Ich freue mich aber, dass dir die Rede trotzdem gefallen hat :)
Danke dir und liebe Grüße
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Hallo Sabine,
da ich Dir den tatsächliche Hintergrund der Challengethemenstellung durch meine Antwort auf Deinen Kommentar zu meinem Beitrag nähergebracht habe, kann ich nur sagen: "Daumen hoch für Deine Lösung dieser Aufgabe. Ich wäre sehr froh gewesen, wenn der Künstler nicht bei mir ausgestellt und anwesend gewesen wäre. Leider, leider war er da und hat sich hinterher tierisch beschwert weil von den 150 Bilder nur 25 wirklich verkauft wurden .Einen großen Teil seiner Arbeiten hat er für einige Monate dem Land und der Stadt als Leihgaben mit Verkaufsangebot zur Verfügung gestellt. Die mußten sich dann damit rumärgern öffentliche Räume , Wände und Personal für die Präsentation zu finden.Ob dort tatsächlich von diesen Exponaten welche verkauft wurden, entzieht sich meiner Kenntnis und hat mich auch nicht weiter interessiert. Ab und zu google ich mal seinen Namen um zu sehen was aus ihm geworden ist. Aber bis auf einige kleine Ausstellungen in privaten Galerien hier im Land (die sich sicher auch sehr bemüht haben) kann er bisher nichts weiter aufweisen.
Schadenfroh bin ich zwar nicht, aber wundern tut es mich auch nicht.Welcher Galerist ,Händler oder Kunstexperte will sich so was schon öffentlich antun. Ich nehme an, seine Allüren haben sich rumgesprochen. Da die Branche sowieso finanziell auf dem letzten Loch pfeift, kann und wird sich niemand zusätzliche und vor allem unnütze Ausgaben und Probleme leisten.
Ich wünsche Dir noch einen schönen 6. Januar. (Bei uns ist Feiertag) die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Das klingt alles sehr kompliziert und ich habe bis heute nicht gewusst, dass die Präsentation und der Verkauf von Kunst im Grunde ein Politikum ist. Das klingt wirklich nach einem harten Brot.
Gut, dass es der "wahre" Held unserer Geschichten nicht wirklich zu Rang und Namen geschafft hat.
Die Challenge war jedenfalls klasse! Eine sehr gute Auseinandersetzung und viele verschiedene Meinungen. Danke dir noch einmal für das / Dein Thema.
Lieben Gruß - auch aus einem Feiertags-Bundesland :)
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Ein Politikum nicht immer, doch wenn der Landrat den Ministerpräsidenten und die gesamte Landesregierung einlädt, dann wird es zwangläufig dazu.Weder Bürgermeister noch jemand der in der Wirtschaft gut da steht und weiterkommen will kann sich drücken.Selbst die städtischen Abgeordneten aller Parteien drängeln sich um und in diesen illustren Kreis..Meistens jedoch ist die Eröffnung einer Vernissage das Endprodukt einer fruchtbaren und schönen Zusammenarbeit zwischen Künstler , Galerie und Publikum. Allerdings muss man auch sagen, dass eher wenig, bis manchmal gar nicht die angebotenen Kunst gekauft wird.Leider ,leider sagt traurig die Kornblume
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Eine excellente Problemlösung, Sabine. Gefällt mir sehr in dieser Konsequenz. Auch der Aufbau ist gekonnt mit diesem Aha-Effekt. Bei "unser liebenswerter Künstler" habe ich schon kurz tief durchgeatmet, so nach dem Motto "Häh, falscher Film oder was?" Aber dann....!!!
Eins mit Stern und liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
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