Kurzgeschichte
Idioten unter sich 8 - Dummheit schlägt zurück

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"Nach sieben kommt acht, und die acht die lacht."
Veröffentlicht am 24. August 2016, 20 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Nach sieben kommt acht, und die acht die lacht.

Idioten unter sich 8 - Dummheit schlägt zurück

Idioten unter sich 8 - Dummheit schlägt zurück

Ich hockte immer noch da, die Augen fest geschlossen, den Bauch voller Schnaps und Pillen, fest in mein Schicksal ergeben. Jetzt würde wohl abgerechnet werden. Gleich würde der fiese stinkende Atem des tobenden Racheengels meine doch recht unschuldige Seele verbrennen. Da war ich mir sicher. Die olle Schwarte hatte vor blinder Wut und Hass ja richtig gedampft. Ich konnte sie hören wie sie über den schartigen Rasen tobte, direkt

auf uns zu.

„Aber Gisela, mein lieblicher Honigkuchen. Was biste denn so

angepisst?“

Diese alles erklärende Frage kam vom unerschütterlichen Meister Zupfhahn, und tatsächlich tat sie ihre Wirkung. Die haltlose Furie stoppte tatsächlich in ihrem sicherlich Todbringenden Vorhaben. Sie stutzte, wurde sichtlich unsicher, die Welle ihrer vernichtenden Wut  verebbte. Verdutzt glotzte sie den alten Sachenbauer Zupfhahn an, gut sichtbar sah man es arbeiten in ihrem wutverzerrten Gesicht.

„Bist Du das, Malte?“ Kam es fragend von dem verdutzten Schlachtross. Ihre

speckigen weißen Hände mit den aufgeschürften Knöcheln fuhren ihr ungläubig über die blinzelnden Schweinsäuglein.

„Aber sicher bin ich das, mein Täubchen. Da biste ganz schön aussem Häuschen, wa? Aber was treibt dich zu so später Stunde noch auf meine Länderei?“

Die Olle war immer noch tief verwundert. Stand da wie so ne Reklametafel. Ganz starr, nur ein leises zittern ihrer Kopfhaut ließ vermuten das sie noch nicht eingepennt war. Vorsichtig linste ich zu ihr rüber. Beguckte mir ihre schreckliche Gestalt da im Abendlicht, Ich machte keinen

Mucks, traute mich nicht ihre etwaige Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Konnte ja sein das sie gleich wieder aus ihrer schweißnassen Haut fuhr wenn sie mich erkannte. Also guckte ich nur, stumm und steif. Die alte Scharteke war noch sichtlich aufgeregt, auch wenn sie im Moment den Pausenknopf gedrückt hatte. Das konnte ich so richtig riechen. Bibbernd wie n großer Pudding hob und senkte sich ihr enormer Busen unter ihrem geblümten Kaftan. Ihre wulstigen Lippen zitterten ebenso haltlos. Das musste man im Auge behalten. Und nur gut, dass sich die beiden frisch Verliebten sich aus dem allgegenwärtigen Staub gemacht hatten.

So wie ich die alte Fregatte da einschätzte, hätte es sicherlich laute Gewalttätigkeiten gegeben. Die Olle schien jetzt ihren anfänglichen Schock verdaut zu haben. Sie fing an zu quasseln:

„Das is ja mal ne heftige Überraschung! Du hier… ? Und immer noch in diesem Misthaufen von Ansiedlung? Das hätte ich jetzt nich gedacht. Immerhin warste früher in der Schule immer der Pfiffigste von uns. Mensch…! Und ich dachte immer gerade Du hättest es zu was Ordentlichem geschafft!“

„Es kommt wie es kommt, Gisela. Und Du? Was haste so getrieben in den Jahren? Komm mal her, setz dich doch.

Und erzähl ma n bisschen.“

Tatsächlich raffte die schaurige Gestalt ihren Kaftan zurecht und setzte sich ganz brav. Und fing an zu erzählen. Das dauerte dem entsprechend. Schließlich war sie trotz ihres martialischen Auftretens nur eine weitere kleine Frau die jemanden zum Zuhören brauchte. Auch wenn sie so aussah, als hätte sie die kleine Frau zum Frühstück gefressen. Das zog sich also hin da mit dem Gerede, den laschen Beichten, melancholischen Lebenserinnerungen und faden  Erklärungen. Hätte ich die Pillen und den Schnaps nicht in Reichweite gehabt, wäre ich einfach gegangen. Denn ich bin ja eher der

pragmatische Typ. Doch so blieb ich da, und hörte zu.

Zusammen und gefasst ergab dann das ganze Gesabbel folgende Geschichte:

Die Ollen da, die kannten sich alle seid ihren ungezogenen Kindertagen, waren zusammen aufgewachsen, zur Schule gegangen, ihr Pausenbrot geteilt und hatten ihre Freizeit gemeinsam verschwendet. Und wie das nun manchmal so passiert wenn die Hormone zum Leben erwachen und man seine dreckigen Triebe entdeckt, verliebte sich einer in die andere, und der andere war dazu verdammt schmalzige Liebesbriefe hin und her zu tragen. Natürlich unentgeltlich und aus reiner

Freundschaft. Das ging dann soweit, dass sich die bös Verliebten eines Tages vor einem lallenden Standesbeamten wiederfanden um sich gegenseitig zu versichern, dass von nun an Freud und Leid bis ans Lebensende zu teilen sind. Feine Sache. Wenn denn tatsächlich alles nach dem Plan des großen Schöpfers gegangen wäre. Tat es natürlich nicht. Die eigenen Begierden und das eher lockere Verhältnis zu so dummen Konzepten wie Treue, Vertrauen und Moral führte letztendlich dazu, dass alle wild durcheinander Geschlechtsverkehrten. Das ging dann auch nicht so recht gut. Man trennte sich, und zwar mit allerlei hasserfüllten

Wünschen und groben Drohungen für die dunkle Zukunft des einzelnen. Die Olle war schwanger und zog es vor in die große Stadt zu verschwinden. Die Beiden Amateurswinger blieben einfach da. Wahrscheinlich schien ihnen das die billigste und weniger anstrengendste Entscheidung zu sein. Malte Zupfhahn widmete sich in seinem langsam verfallenden Elternhaus dem Tüfteln und Basteln an allerlei Schnickschnack, während sich der weitaus schwerer getroffene Krummholtz sich dem einfachen Fremdenhass und dem Vorurteilsvollen Irrglauben an einen bescheuerten Rassismus hingab. Ebenfalls in einem schimmelnden

Elternhaus. Das dicke Weib gebar ihre Tochter, eine wahr und wirklich von Krummholtz gezeugtes zauberhaftes Wesen. Man mochte es kaum glauben. Sie verwendete ihre spärliche Zeit um die Kleine zu säugen, zu kleiden und ihr viele gute Ratschläge in Puncto fiese Männerwelt zu geben. Was nur dazu führte, dass die Kleine recht früh anfing Unfug zu treiben, armselige Typen zu daten und diese Knallchargen dann auch noch ihrer zeternden Mutter vorzuführen. Soviel also zum Thema gutes Beispiel. Außerdem erklärte das den doch recht skurrilen Geschmack des Mädels, die jetzt irgendwo mit meinem besten Freund zugange war.

Alles das deutete doch auf eine Wiederaufnahme der Vergangenheit hin, bedachte ich besorgt und leicht verängstigt in meinem armen Grützkasten. Das musste nu nicht gerade sein. Da musste man entschieden gegen an arbeiten.

Die Bank knarrte bedenklich als sich die dicke Alleinerzieherin sich mir zuwandte und wissen wollte, was ich denn nun mit all diesen Ärgerlichkeiten zu tun hätte.

„Eigentlich nix.“ Beteuerte ich recht lau, ihr Gesicht spiegelte recht schön wieder, dass sie mir kein Wort glaubte. Also erzählte ich dann mal. Die ganze Geschichte, die mit einer großen gelben

Blume begann, sich fortsetzte mit dem schuldlosen Verlust unserer schmucken Fußbekleidung und dem garstigen Tod ihres ehemals Angetrauten und der darauffolgenden kleinen spontanen Feierlichkeit im kleinen Kreis. Den Missbrauch des Dielenschranks als Ersatzurinal verschwieg ich vorsichtshalber - war ja auch nur ein unbedeutendes Detail, in der ansonsten recht lebhaften Geschichte. Und zum Schluss musste ich dann doch noch die Sprache auf das stille Kapital in Form eines nicht unerheblichen Vorrats an Leergut bringen.

Was war denn jetzt damit? Schließlich waren wir doch der letztendlich zufällige

und unschuldige Grund dafür, dass jetzt alle Beteiligten hier so nett versammelt waren, oder etwa nicht? Das war doch eine kleine Belohnung wert, gab ich zu bedenken.

Die olle Mutsch da neben mir glotzte mich an als wäre ich n totaler Verkehrsunfall. Ganz ungläubig wirkte ihre speckige Visage. Dann verzog sich diese unbewohnte Gesichtslandschaft hin zu einer finsteren und offen feindseligen Fratze. Oberflächlich betrachtet hatte die Olle ne bescheuerte Eingebung. Die sie auch sofort und ungefragt in den Raum schmiss.

„Also, wenn ich das richtig verstehe, dann seid ihr beiden Blödmänner Schuld

am Tod eines ehemals geliebten Menschen. Mag der Mensch mit der Zeit auch den Verstand verloren haben, so hat er solch ein erbärmliches Ende wohl nicht verdient. Und dafür wollt ihr auch noch belohnt werden, ihr Mistkerle?“

„Ja, wenn ´s nicht all zu viel ausmacht!“ Wagte ich einen Schuss ins Blaue.

„Das is ja wohl die Höhe! Ich sollte dafür sorgen dass man euch einsperrt. Ins Kittchen gehört ihr, besser noch in die nächste Klapsmühle, wo man euch mal so richtig Elektroschockt, ihr verrückten Leergutschnorrer!“

„Kann schon sein. Aber sowie ich das sehe läuft das jetzt hier auf n Tauschgeschäft hinaus.“

„Wie meinen?“

„Na, is doch klar. Wenn wir in den Knast gehen, dann zu dritt. Deine kleine Dörte wird so was von mitkommen. Und zwar freiwillig. Dann biste sie auf ziemlich lange Zeit los was sicher Schade wäre. Doch so weit wird es sicher nicht kommen. Entweder man schleppt uns vor Gericht, wo wir sicherlich als bekloppt und schuldunfähig durchkommen, oder wir machen jetzt n kleinen Deal.“

Das hatte die alte Schreckschraube wohl nicht erwartet. Ein Blödian der freche Bedingungen stellte. Sie überlegte zusehends. Ich stocherte noch mal nach. Hier musste man hart bleiben, konnte

sich keine Schwachheiten erlauben.

„Ich sorg dafür dass dein kleiner Engel zu dir zurückkommt, und wir kassieren n bisschen Flaschenpfand, machen uns aus dem Staub und schweigen still. Alle sind zufrieden und gehen ihrer Wege.“

Als ich den Namen ihres Töchterleins erwähnte fing die Olle tatsächlich an eine dicke Träne abzudrücken. Sicherlich ein lausiger Trick um harte Herzen weich zu kochen. Da musste ich jetzt eisern durch, unerschütterliche Coolness vorzeigen. Die Schwarte schnäuzte sich und schluchzte ihr Einverständnis.

„Also gut du erbärmlicher erpresserischer Halsabschneider, du

sorgst dafür das ich mein Engelchen wiederbekomme, dafür könnt ihr dann das verdammte Leergut einsammeln.“

„Hand drauf!“

„Hand drauf.“

Und es war abgemacht. Doch anders als versprochen hatte ich nicht die leiseste Absicht meinen Teil dieses Abkommens einzuhalten, dafür war mir diese alte Erbtante mit ihrem überheblichen Getue viel zu unsympathisch. Der musste man einfach Paroli bieten. Zumindest was das schöne Leergut anging. Den schnöden Rest konnte sie sich ruhig unter die abgekauten Nägel reißen. Das war mir Wurscht.

„Dann geh ich jetzt mal die beiden

Turteltäubchen suchen, alles klar machen, am besten du wartest hier auf uns. Und dann ziehen wir die Sache durch, wa!“

Mit diesen Worten verabschiedete ich mich, stand auf, schüttelte meine Beine und machte mich auf die Suche nach den frisch Verliebten. Ich konnte mir schon denken wo sie zu finden waren.






Text:harryaltona

Cover: Günther Schad/www.Pixelio.de



 

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tooshytowrite Hand drauf ist gut... aber ich bring wohl eben schnell mein Leergut weg. Deine grimmige Alte nehm ich mir bei Gelegenheit als Vorbild - ich möchte auch mal massenhaft Männer auf Zehenspitzen davonschleichen sehen. GROAR!
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Uuuuh bitte nicht. So ein Vorbild hat Folgen.
Tausend Dank, Nottoshytobegrimmig!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Eine herrliche Charakterstudie der ollen Schwarte ... wie gut, dass es auch "Herzbuben" gibt. :-))
Du hast mich wieder in die ´Dödelwelt` mitgenommen. Dankeschön!
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Gern geschehen. und wie immer:
Tausend Dank, Kara!!!
lg... harryaltona
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sugarlady Ich könnte mich kringeln vor lachen.
Humorvoll dargestellt grins.
Schöne Grüße
Andrea.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Das hätte ich gerne gesehen.:-))))
Tausend Dank, Andrea!!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Newcomer Erneut erzählst Du wieder ganz köstlich lieber Harry, und in dieser Reihe steckt noch eine ganze Menge Potential! Zur Ideenfindung bin ich Dir gerne behilflich, denn nach der acht kommt die neun, über die wir uns alle jetzt schon ungeduldig freun!
Herzliche Grüße von Marko
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Danke Marko, Ber wenn ich eins habe, dann sind das Idee. Ich weiß, ich hör mich jetzt an wie n Angeber. Soll auch nicht irgendwie böse oder abweisend sein. Außerdem liegt mir Teamarbeit nicht so wirklich. Trotzdem tausend Dank, Marko, und bloß nicht böse mit mir sein.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Newcomer Auf keinen Fall, Harry! Teamarbeit liegt mir auch nich' aber ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass in dieser Reihe noch 'ne Menge Potential steckt! Deswegen kann sie noch lange am Leben erhalten werden, oder siehst Du das anders?
Herzliche Grüße von Marko
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Klar ist da noch Potential. Könnte auch unendlich weitergehen. Nur... hat die Leserschaft nicht irgendwann die Nase voll? Und erst der Auto!!!
Der muss ja auch mal was anderes machen. (Das sehr bald hier zu lesen ist.) Aber so viel Material und Ideen hab ich noch für so ein oder zwei Fortsetzungen. Kann man ja so nicht stehen lassen. Da fehlt ja noch so ein richtig krachendes Finale. Und auf jeden Fall vielen Dank für dein Interesse und dargereichte Hilfe.
Dir noch einen schönen Super Sonnentag!!!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
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