die flucht der Tiere
Elvira, die Maus schaffte es gerade noch rechtzeitig sich mit einem mächtigen Sprung in Sicherheit zu bringen. Denn der Fuchs Anton war ihr diesmal verdammt nahe gekommen. Rasch schlupfte sie in ihr Mausloch und verharrte ruhig. Vor dem Loch drehte Anton enttäusch noch ein paar Runden und verschwand im Dickicht. Gerade als Elvira sich wieder in Sicherheit fühlte hörte man von oben ein lautes Krächzen. Ute die Eule entdeckte sie als erstens. Sie saß wie jeden Tag auf einen der höchsten Bäume am Waldrand. Da es
noch früh am Morgen war und die Sonne noch tief stand musste sie mit zugekniffenen Augen genau schauen. Vom Weiten hörte man laute Geräusche der Fahrzeuge die sich schnell dem Wald näherten. Als sie sah, was da auf sie zukam, flatterte sie auf und mit lautem Geschrei flog sie in den Wald um ihre Mitbewohner zu warnen. Der Fuchs schimpfte verärgert, denn durch den Lärm welchen die Eule verursachte flohen alle Mäuse in ihre Löcher.
Lautstark erzählte Ute den anderen was sie soeben beobachtet hatte. Die Wildsau Hannelore horchte kurz auf um gleich darauf wieder mit ihrem Rüssel im
Morast herumzuwühlen. Auch die Hasen die gerade fangen spielten ließen sich von Utes Geschrei nicht den Spaß verderben und liefen lustig umher. Der alte Igel Thorsten blickte kurz in die Baumkrone wo Ute saß, senkte aber wieder seinen Kopf um seinen Weg fortzusetzen. Die Waldbewohner schlugen Utes Warnung in den Wind.
Vor dem Wald bereiteten die Männer die in den Fahrzeugen heran kamen ihre schweren Kettensägen vor. Mit ihren schweren Schuhen stapften sie zu den ersten Bäumen und begannen mit ihrer Arbeit. Die Kettensägen heulten auf und bald fiel der erste Baum. Als Gerda die
Blindschleiche sah was da vor ihren Augen sich abspielte, schlängelte sie sich so schnell wie nur irgendwie möglich in den Wald.
Jetzt erst erkannten die Tiere im Wald was da tatsächlich vorging. Ein Baum nach dem anderen wurde von den Holzfällern um geschnitten. Die Tiere in ihrer Not liefen tiefer in den Wald und trafen sich an einer Lichtung. Alle sprachen aufgeregt im Durcheinander. Keine konnte den anderen verstehen. Anton erhob laut seine Stimme, sodass alle andere ruhig wurden. Er sagte: „Das ist nicht der Förster, der dann und wann einen alten, kranken Baum aus dem Wald holt. Diesmal haben wir es mit brutalen
Baummöder zu tun.“ Alle blickten sich betroffen an. Gerda sagte: „Wir müssen schnell etwas unternehmen, sonst vernichten sie den ganzen Wald und unsere Heimat.
Schweigend standen alle da, denn keiner wusste auch nur im Geringsten was zu tun wäre. Hannelore bot sich an, sie werde sich den Menschen in den Weg stellen. Thorsten, der sich gerade aus einem Blätterhaufen heraus bemühte widersprach Hannelore. „Du ganz alleine gegen einen Trupp Holzfäller, das wir nicht gehen. Sie werden dich sofort verjagen oder sogar töten“ Hannelore nickte und war irgendwie sogar froh darüber. Gerda meldete sich zu Wort:
„Lasst uns einen Plan schmieden. Wir dürfen den Menschen unseren Wald nicht kampflos übergeben. Wir müssen sie irgendwie daran hindern, dass sie alle Bäume roden.“ Elvira, die alles von ihrem sicheren Versteck mit angehört hatte kam lautlos aus ihrem Loch hervor und huschte sogleich davon.
Die Tiere beratschlagten noch eine ganze Weile, doch sie konnten zu keinem brauchbaren Ergebnis kommen.
In der Zwischenzeit waren schon einige Bäume gefällt worden und es machte den Anschein, dass es nicht so schnell zu einem Ende kommen würde. Ute, die von oben alles genau überblickte sagte: „in wenigen Tagen wird der komplette Walde
den Motorsägen zum Opfer gefallen sein. Uns bleibt also nicht mehr viel Zeit wenn wir noch etwas retten wollen.
Tag für Tag mussten sich immer mehr Tiere ein den restlichen Wald teilen. Es wurde immer enger. Nur Elvira blieb verschwunden.
Die Angst der Waldbewohner, dass sie ihre Heimat für immer verlieren wuchs von Stunde zu Stunde. Einige von ihnen dachten schon an Flucht. Panikartig liefen sie in den immer kleiner werdenden Wald umher. Anton war noch Herr der Lage und sagte zu seinen Mitbewohnern: „Wenn wir schon flüchten müssen, dann bleiben wir
wenigstens zusammen, denn für den Einzelnen würde es den sicheren Tot bedeuten. Niemand weiß wohin wir sollen oder müssen.“ Da piepste es plötzlich aus einem Erdloch und Elvira kam zum Vorschein.
Ihr kleines Herz pochte vor lauter Aufregung und sie brachte kaum ein Wort heraus.
Es dauerte einige Zeit bis sie sich beruhigt hatte und dann sprach sie so laut sie konnte: „ Ich bin bis zum anderen Ende der Stadt gelaufen, und habe dort einen neuen Jungwald gefunden. Groß genug, dass wir alle darin Platz finden. Nur Ute müsste sich ein wenig gedulden, denn die Bäume sind
noch klein.“ Gerda und Thorsten zwinkerten sich zu und der Igel meinte: „Wir beide werden sicher genug Platz finden.“ Anton übernahm das Kommando und sprach zu den anderen: „Heute Abend im Schutz der Dämmerung werden wir uns auf den Weg machen, und alle zusammen den neuen Wald aufsuchen.“ Elvira konnte es kaum erwarten, denn sie war es die den anderen den Weg zeigen durfte. Endlich war es so weit. Anton führte die Tiere an und Elvira machte sich auf seinen Rücken bequem. Mit ihrer piepsenden Stimme erklärte sie Anton wo es lang ging. Es war schon ein komisches Gefühl, ausgerechnet auf dem Fuchs zu sitzen, der sie sonst immer
jagte. Sie brauchten die ganze Nacht um auf die andere Seite der Stadt zu gelangen. Immer wieder mussten sie sich in der Dunkelheit verstecken um nicht von den Menschen entdeckt zu werden. Gerade bis zum Morgengrauen hatten sie es geschafft den rettenden Wald zu erreichen. Gleich durchstreiften sie den Wald und jedes Tier fand sofort einen Lieblingsplatz. Nur Ute war ein wenig betrübt, denn von den kleinen Bäumen konnte sie nicht so weit sehen, wie sie es von den hohen gewohnt war. Alle freuten sich, dass sie nun eine neue Heimat gefunden hatten in der sie in nächster Zeit in Sicherheit leben
konnten.