Romane & Erzählungen
Mira & Dawson - 5. Kapitel

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"Mira & Dawson - eine unmögliche Liebe"
Veröffentlicht am 08. September 2015, 42 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

22 Jahre jung und Studentin im 6.Semester Soziale Arbeit. Schon als ich klein war, habe ich es geliebt mir Geschichten auszudenken und diese aufzuschreiben, außerdem lese ich viel und gerne. Es ist einfach ein tolles Gefühl neue Welten, Charaktere und Handlungen zu erschaffen. Ich liebe das Gefühl völlig ins Schreiben vertieft zu sein und sowohl die Zeit als auch alles andere um mich herum zu vergessen.
Mira & Dawson - eine unmögliche Liebe

Mira & Dawson - 5. Kapitel

5. kapitel

Die nächsten Tage zogen dahin, ohne dass irgendetwas nennenswertes passierte. Insgesamt wurden zwölf Bewerber an der RDA angenommen. Zu meiner großen Freude zählten auch Elizabeth und Cora dazu. Leider hatten es auch zwei von den fünf fiesen Lästerschwestern geschafft: Cicely und Portia. Ich verbrachte viel Zeit mit Toby, Beth und Cora. Wir unternahmen oft etwas zu viert. Manchmal brachte Toby einen der Jungs, die es ebenfalls an die RDA geschafft hatten, mit. Tristan, der Junge, der in der letzten Runde bei uns gesessen

hatte, war nicht angenommen worden. Meistens hing nun Carson Davis mit uns ab. Er hatte dunkelblondes, mit Gel in Form gebrachtes Haar, einen etwas mürrischen Gesichtsausdruck und war übersät mit Tattoos. Er sagte zwar kaum ein Wort, dennoch fand ich ihn auf Anhieb sympathisch. Vermutlich gerade weil er so einen starken Kontrast zu meinen anderen Freunden bildete. Eine Woche bevor der Unterricht losgehen sollte, trafen wir uns alle in Oxford, um zusammen ins Kino zu gehen. Toby nahm mich auf seinem Roller mit. Beth und Cora warteten bereits drinnen auf uns. Kurz bevor der Film losging, fiel Toby plötzlich ein,

dass er doch gerne ein paar Nachos hätte. Da ich ganz am Rand saß, bot ich an, sie ihm zu holen. Ich stellte mich in die kurze Schlange und wippte ruhelos mit dem Fuß. „Warum so ungeduldig Prinzessin?“ Erschrocken fuhr ich herum. Direkt vor mir, viel zu nah für meinen Geschmack, stand der fremde Typ, mit dem ich schon zwei Mal das zweifelhafte Vergnügen hatte. Genervt verdrehte ich die Augen und starrte ihn wütend an. „Was willst du denn schon wieder?“, giftete ich, doch er ließ sich von meinem abweisendem Verhalten nicht beirren. Unverblümt wanderte sein Blick in meinen Ausschnitt und dieses Grinsen,

das ich so hasste, breitete sich wieder auf seinem Gesicht aus. „Was ist das, Körbchengröße B?“, stichelte er. Röte schoss mir ins Gesicht. Ich hatte noch nie ein Problem mit meinem Körper gehabt, aber der abfällige Tonfall und sein Blick kratzten dann doch an meinem Selbstwertgefühl. „Keine Sorge Schätzchen, es soll auch Männer geben, die auf kleinere Brüste stehen.“ Dem Klang seiner Stimme nach zu urteilen, gehörte er jedoch nicht dazu. Er zwinkerte mir zu und ging dann einfach davon. Zornig blickte ich ihm hinterher. „Hey Mira. Tut mir leid, ich bin spät dran. Toby hat mir eine Nachricht geschrieben, dass er schon

eine Karte für mich gekauft hat?“ Ohne dass ich es gemerkt hatte, war Carson neben mir aufgetaucht. Er hob eine Augenbraue als er sah, wie aufgebracht ich war. „Was ist denn mit dir los?“, fragte er und trat sicherheitshalber einen Schritt zurück. Mürrisch knallte ich einen Zwanzig-Pfund-Schein auf den Tresen und bestellte Nachos und eine Cola. „Mache Kerle denken wirklich, sie können mit einem reden wie sie wollen!“, schimpfte ich und wartete auf meine Bestellung. „Meinst du mich?“, fragte Carson und hob nun auch noch die zweite Augenbraue. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich meine diesen

arroganten und völlig von sich eingenommenen Typen, der mir dauernd mit seinen blöden Sprüchen kommt.“ „Toby?“ Erneut widersprach ich: „Nein, ich weiß nicht wie er heißt. Aber er war eben noch hier. Er ist gegangen, kaum eine Minute bevor du aufgetaucht bist.“ Jetzt war es an Carson mit dem Kopf zu schütteln. „Ich stand schon eine Weile da vorne beim Eingang und habe telefoniert. Deshalb war ich auch zu spät. Meine Schwester hat Probleme mit ihrem Freund. Schon den ganzen Nachmittag hat sie sich bei mir ausgeheult. Ich habe gesehen, wie du aus dem Kinosaal kamst und habe das Gespräch beendet. Da war niemand bei dir.“ So viele aufeinander

folgende Sätze hatte ich noch nie aus seinem Mund gehört. Verwirrt sah er mich an. „Geht es dir gut?“ Ein seltsamer Unterton klang in seiner Stimmer mit. Hielt er mich etwa für eine Lügnerin, oder noch schlimmer: für verrückt? Wie konnte es sein, dass er diesen Typen nicht gesehen hatte? Es war unmöglich, dass ich ihn mir eingebildet hatte! So heiß fand ich ihn dann auch nicht, dass ich ihn mir herbei fantasierte! Zumal er dann sicher nicht so arrogant gewesen wäre. Den ganzen Film über grübelte ich über diesen Fremden und Carsons Worte. Er musste sich irren! Vielleicht hatte er ihn bei dem gedämpften Licht einfach

übersehen. Ja, das musste es sein! Eine Werbetafel oder irgendetwas in der Art könnte ihn auch verdeckt haben. Ich steigerte mich da einfach viel zu sehr rein. Ich sollte den Film und den Abend mit meinen Freunden genießen und mir nicht über solch einen Schwachsinn den Kopf zerbrechen. Dennoch nagte dieses Gefühl der Angst an mir. Sollte mich schließlich doch das gleiche Schicksal ereilen wie meine Mutter? Den nächsten Tag verbrachte ich im Bett. Ich war ausgelaugt und müde. Mein Kopf schmerzte, das kleinste Geräusch hörte sich in meinen Ohren an, wie hämmernde Pressluftbohrer. Das Licht stach in meinen Augen. So schlecht hatte ich

mich noch nie gefühlt. Dabei hatte ich am Abend zuvor nicht einmal etwas getrunken! Nachdem ich auch das letzte bisschen Flüssigkeit, das sich in meinen Magen befand, in die Toilette gespuckt hatte, setzte ich mich auf die Fensterbank und lehnte meine Stirn an die kühle Scheibe. Der Kopfschmerz hatte endlich nachgelassen, doch noch immer fühlte ich mich schwach und alles um mich herum drehte sich. Als ich meinen Blick über die Straße wandern ließ, traute ich meinen Augen nicht: Der fremde Kerl, der mir so viel Kopfzerbrechen bereitete, stand auf der anderen Straßenseite. Wie immer war er

in dunklen Farben gekleidet und hatte seine Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Er legte den Kopf schief und grinste. Konnte er mich etwa von da draußen aus sehen? Hastig wich ich zurück, beobachtete ihn aber weiter. Ich wollte endlich wissen, was es mit diesem mysteriösen Typen auf sich hatte! Doch vermutlich war es unmöglich ein vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen, ohne dass er wieder beleidigend wurde oder mich wieder mit diesem anzüglichen Blick musterte. Wie als hätte er meinen gedanklichen Wunsch gehört, machte er einen Schritt nach vorn. Er überquerte die Straße, ohne auf möglichen Verkehr zu achten

und steuerte mein Haus an. Und in diesem Moment schoss ein dunkelrotes Auto um die Ecke. Panisch stand ich auf und hämmerte gegen die Scheibe! Ich schrie ihn an, die Straße zu verlassen, doch natürlich hörte er mich nicht. Der Abstand des Wagens zu ihm verringerte sich mit jeder Sekunde, die verstrich. Er wurde einfach nicht langsamer und raste direkt auf ihn zu. Schnell wendete ich den Blick ab. Ich wollte das nicht mit ansehen! Ich rannte die Stufen nach unten und schnappte mir das schnurlose Telefon von der Kommode im Flur. In meine Schuhe schlüpfend, wählte ich die 999.

„Sie haben den Notruf gewählt. Wie kann ich Ihnen helfen?“, meldete sich eine nasale Frauenstimme am anderen Ende der Leitung. Ich riss die Tür auf und stürmte nach draußen. „Hallo? Sind Sie noch dran? Benötigen Sie einen Krankenwagen?“ Schwer atmend eilte ich die Stufen der Veranda nach unten. Von dem roten Auto, das ich gesehen hatte, fehlte jede Spur. Dieser Mistkerl hatte Fahrerflucht begangen! Wo war er? Irgendwo hier musste er doch liegen! War er schwer verletzt? Oder tot? Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus, Eis kroch durch meine Adern und ließ mich zittern.

Hektisch blickte ich mich um, konnte ihn aber nirgends entdecken. „Was zur Hölle?“, wisperte ich mit erstickter Stimme. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich das Telefon nach wie vor fest umklammert an mein Ohr presste, jedenfalls bis die Frauenstimme wieder ertönte: „Miss, was ist bei Ihnen los? Geht es Ihnen gut?“ Ich räusperte mich und ordnete meine Gedanken. Noch einmal suchte ich mit meinen Blicken die Straße ab, doch nichts deutete darauf hin, dass hier vor wenigen Augenblicken ein schwerer Unfall geschehen war. „Es tut mir Leid“, murmelte ich abwesend in den Hörer. „Ich habe mich geirrt.“ Dann beendete ich das Gespräch ohne auf eine

Antwort zu warten und ließ meine Hand sinken. Ich wusste nicht, wie lange ich regungslos und nur mit meinem Morgenmantel bekleidet, so dastand und auf die leere Straße starrte. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Ein leichter Wind fuhr mir durch die Haare und ließ mich frösteln. Es war mir egal. Mrs Murphy, die alte Dame von gegenüber, kam von ihrem täglichen Spaziergang zurück und sah mich verwirrt, mit großen Augen und gerunzelter Stirn an. Doch auch das war mir egal. Mein Geist war wie leer gefegt. Das einzige was ich tun konnte, war still

dazustehen, ruhig und regelmäßig zu atmen und nicht durchzudrehen. Ich weiß, was ich gesehen habe!, redete ich immer wieder gedanklich auf mich ein und versuchte mich so vor einer nahenden Panikattacke zu schützen. Ich bin nicht wie sie! Tränen stiegen mir in die Augen, ich ließ sie stumm an meinen Wangen herablaufen. Nach Stunden, wie es mir schien, hatte ich mich endlich soweit beruhigt, dass ich zurück ins Haus gehen konnte. Ich ging gerade die Stufen der Veranda hinauf, als ich eine Gestalt neben der Eingangstür wahrnahm. ER war es! Abrupt blieb ich stehen und musterte ihn

atemlos. Er war nicht verletzt, nicht ein Kratzer zierte seine makellose Haut. Wie konnte das sein? Mein Kopf drehte sich, die Welt versank in vollkommener Dunkelheit und der Boden raste in waghalsiger Geschwindigkeit auf mich zu. Als ich wieder aufwachte, war das erste, das ich spürte, das weiche Kissen, auf dem mein Kopf ruhte. Ich öffnete blinzelnd die Augen und erkannte, dass ich mich in unserem Wohnzimmer befand. Jemand hatte mich auf das Sofa gelegt und eine Decke über mir ausgebreitet. Verwirrt sah ich mich um und erkannte schließlich eine Gestalt, die im Sessel

mir gegenüber saß und in einer Zeitschrift blätterte. Er merkte, dass ich wach war. Ein ernster Ausdruck lag auf seinen Zügen. Mein Mund war staubtrocken, also räusperte ich mich und setzte mich aufrecht hin. „Hast du Durst?“, fragte er und legte die Zeitschrift beiseite. Stumm nickte ich. Er lehnte sich in dem Sessel nach vorne, nahm das Glas Wasser, das auf dem kleinen Holztisch stand und führte es an seine Lippen. Er trank es in einem Zug leer, stellte es zurück auf den Tisch und ließ seine Zunge über seine Lippen gleiten. „Wie erfrischend“, sagte er und lächelte mich herausfordernd an. Ist das dein

Ernst!? Zorn flammte in mir auf und ließ mich meine Erschöpfung vergessen. Ich riss mir die Decke vom Körper und baute mich direkt vor ihm auf. „Was fällt dir eigentlich ein? Das ist mein Haus! Was machst du hier überhaupt? Und wer zur Hölle bist du? Ich will endlich Antworten!“ Ich ballte die Hände zu Fäusten und blickte auf ihn herab. Ein bitteres Lachen kam über seine Lippen und wieder musterte er mich von oben bis unten. Dass ich in diesem Moment nur ein Top und Unterwäsche unter meinem Morgenmantel trug, war mir egal. Ich wollte wissen, was hier gespielt wurde und zwar

sofort! „Wenn es dir lieber gewesen wäre, dass ich dich auf der Veranda liegen lasse, bitte. Das nächste Mal wenn du umkippst, fange ich dich nicht auf. Nicht mein Problem wenn du dir dann den Kopf anschlägst oder von jedem, der vorbei kommt, angegafft wirst.“ Perplex starrte ich ihn an. Natürlich war es die einzig logische Erklärung, dass er mich auf das Sofa gelegt hatte. Warum war ich da nicht gleich drauf gekommen? Röte stieg mir in die Wangen. Es war mir peinlich ihm gegenüber eine solche Schwäche gezeigt zu haben, dennoch war ich ihm dankbar. Was ich ihm selbstverständlich nicht auf

die Nase binden würde! Er stand auf und drängte sich an mir vorbei Richtung Tür. „Wo willst du hin?“, fragte ich mit leicht hysterischer Stimme. Ich biss mir auf die Zunge. „Weg“, sagte er einfach und war schon beinahe im Flur als ich ihn am Arm erwischte und zum Stehenbleiben zwang. „Ich will Antworten!“, verlangte ich noch einmal, diesmal mit fester Stimme. „Was willst du hören?“, blaffte er mich an und riss sich von mir los. „Ich möchte“, begann ich ruhig und atmete einmal tief ein, „wissen wer du bist, warum du ständig in meiner Nähe auftauchst und...“ Ich stockte. Unmöglich konnte ich ihn nach dem

Unfall fragen! Er würde mich für völlig durchgeknallt halten, wenn er dies nicht schon längst tat. Er hob fragend eine Augenbraue. „Und ich möchte wissen, warum du so ein Arsch bist! Habe ich dir irgendetwas getan, was dein Verhalten rechtfertigt?“, wich ich aus und erwiderte seinen Blick. Er seufzte und verdrehte die Augen. „Wenn du mich dann endlich in Ruhe lässt, von mir aus. Erstens: mein Name ist Dawson. Zweitens: ich kann nichts dafür, dass du an den Orten auftauchst, an denen ich mich aufhalte. Und drittens“, er machte eine kurze Pause während der er mir tief in die Augen sah. Er trat einen Schritt auf mich zu, sodass

ich meinen Kopf in den Nacken legen musste, um seinen Blick halten zu können, „deine pure Anwesenheit kitzelt dieses Verhalten in mir hervor Schätzchen! Denk mal drüber nach.“ Gerade als ich etwas dazu sagen wollte, schwang die Tür auf und Dad trat über die Schwelle ins Haus. Schnell sprang ich zurück, weg von Dawson. Schwer atmend huschte mein Blick zwischen ihm und Dad hin und her. Es schien ihn zu belustigen, doch ich steckte ihm nur kurz die Zunge heraus und wandte mich dann Dad zu. Was würde er wohl dazu sagen, dass ich ganz allein mit einem fremden jungen Mann zu Hause war, noch dazu in

meinem dürftigen Aufzug? Nie hatte er sich über derlei Dinge Gedanken machen müssen. Bis jetzt. Überrascht sah er mich an und runzelte die Stirn. „Warum stehst du hier im Flur herum?“ Er legte seine braune Ledertasche, die er für die Arbeit benötigte, auf der Kommode ab und schlüpfte aus seinen Schuhen. „Erwartest du jemanden?“ Verwirrt blickte ich ihn an. Er sah doch, dass ich hier zusammen mit Dawson stand. Doch er würdigte ihn keines Blickes. Was sollte dieses Verhalten? Ich sah Dawson an, doch der zuckte nur mit den Schultern und lehnte lässig an der Wand.

Dad folgte meinem Blick, aber wieder kam, abgesehen von einem Stirnrunzeln, keine Reaktion. „Ähm“, stotterte ich unbeholfen, „ich wollte gerade nach oben gehen“, fügte ich schnell hinzu und setzte meinen Fuß auf die erste Stufe. Ich warf Dawson einen auffordernden Blick zu, dass er mich begleiten sollte und stolperte dann nach oben. Zu meiner großen Verwunderung und Erleichterung folgte er mir tatsächlich. Kaum dass Dawson hinter mir mein Zimmer betreten hatte, schloss ich die Tür und lief aufgeregt hin und her. Er ließ sich auf das Sofa fallen und streckte seine langen Beine aus. Die Arme legte

er links und rechts auf der Rückenlehne ab. „Das ist nicht gut! Gar nicht gut!“, sprudelte es unkontrolliert aus mir heraus. Geistesabwesend fuhr ich mir mit den Händen durch die Haare und kaute auf meiner Unterlippe herum. „Könntest du mal damit aufhören?“ Aufgebracht wirbelte ich herum und funkelte Dawson an. „Was?“, fragte er unschuldig und fuhr sich ebenfalls durch das dunkle Haar, das nun noch wilder aussah und ihn wirken ließ, als sei er gerade eben erst aufgestanden. „Du kapierst es einfach nicht oder?“, herrschte ich ihn an. Er zuckte nur mit den Schultern. „Mein Dad hat dich nicht gesehen. Gestern im Kino hat Carson

dich auch nicht bemerkt und dann diese Sache mit dem Auto vorhin! Wer zum Teufel bist du!?“ „Hast du dir vorhin vielleicht doch den Kopf angestoßen? Du führst dich auf wie eine Irre!“, sagte er in genervtem Ton, aber mit einem amüsierten Ausdruck im Gesicht. Mit diesem Satz traf er einen wunden Punkt bei mir. War ich wirklich verrückt? Nein, das konnte nicht sein! Ich war nicht wie sie, verdammt nochmal! „Wenn es dich wirklich gibt, dann beweise es mir!“, forderte ich ihn auf und hoffte inständig, dass er meine Zweifel widerlegen konnte. „Hey, das muss ich mir echt nicht bieten

lassen. Ich verschwinde!“ Er stand auf und machte einen Schritt Richtung Tür, doch wie schon zuvor im Flur, hielt ich ihn auch jetzt wieder auf, indem ich ihm meine Hände auf die Brust legte und mich mit all meiner Kraft gegen ihn stemmte. Dabei spürte ich seine starken Muskeln unter dem dünnen Stoff seines Hemdes. Flehend sah ich ihm in die Augen und sagte voller Verzweiflung: „Bitte!“ Es war mir egal, was er in diesem Moment von mir dachte. Ich wollte Gewissheit! Er seufzte übertrieben und beugte sich schließlich zu mir herunter. Dabei schwebten seine Lippen nur Millimeter von meinen entfernt. Sein Atem kitzelte

meine Haut, sein sinnlicher Duft hüllte mich ein. Ich konnte die Lichtreflexe auf seinen Pupillen erkennen, das tiefe und saftige Grün seiner Augen. Meine Atmung verlangsamte sich. Mein Herz stolperte unregelmäßig in der Brust, ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und ließ mich schwer schlucken. „Du willst, dass ich dir beweise, dass ich wirklich existiere, dass ich real bin und nicht nur ein Hirngespinst deiner Fantasie?“, fragte er mit rauer Stimme. Langsam nickte ich. „Ja.“ Es war nur ein Hauch, der über meine Lippen kam, doch er war so nah, dass er mich ohne jeden Zweifel verstehen konnte. „Dann komm mit!“, forderte er mich mit

barscher Stimme auf und die angespannte elektrische Atmosphäre, die gerade noch zwischen uns geherrscht hatte, war verschwunden. Er zog mich mit sich zum Sofa. Dort ließ er sich wieder in die Kissen fallen und zog mich stürmisch mit nach unten, sodass ich unbeholfen, wie ein nasser Sack Kartoffeln, neben ihn plumpste. „Gib mir dein Handy“, verlangte er und streckte die Hand aus. Überrascht starrte ich ihn an. Er verdrehte die Augen und wiederholte seine Forderung. Ich schnappte mir die Handtasche, die unter dem kleinem Tischchen vor uns lag und wühlte darin herum. Ich hatte das Handy nach unserem Kinobesuch gestern darin

vergessen. Als ich es gefunden hatte, reichte ich es Dawson und sah ihn abwartend an. „Was jetzt?“ Doch er überhörte mein Frage und tippte schon wild auf dem Display herum. Dann hielt er es sich ans Ohr und wartete. „Hi wie geht’s? Hier ist Dawson. Ich soll Mira beweisen, dass ich existiere. Könntest du sie zurückrufen und ihr klar machen, dass sie vollkommen durchgeknallt ist? Ok alles klar, das war´s schon. Ciao.“ Mit einem breiten Lächeln im Gesicht reichte er mir das Handy. Ich starrte ihn mit offenem Mund an. „Wen hast du angerufen?“, fuhr ich ihn an und scrollte durch die letzten Anrufe. Ganz oben

stand der Name „Toby“. Was würde er nach diesem peinlichen Anruf bloß von mir halten? „Was hat er gesagt?“, fragte ich vorsichtig nach. Er zuckte mit den Schultern. „Er ist nicht ran gegangen also hab ich ihm auf die Mailbox gequatscht.“ Eine Welle der Erleichterung durchströmte mich. Toby hörte seine Mailbox nie ab! Gott sei Dank! Er würde mich also nicht für total durchgeknallt halten. „Ein Freund von dir?“, wollte Dawson wissen. Ich nickte. „Ja, aber das geht dich nichts an! Was denkst du dir dabei so etwas ohne mein Einverständnis zu tun?“ „Du wolltest doch, dass ich dir beweise,

dass es mich gibt.“ „Aber doch nicht so!“, widersprach ich. „Dann hättest du dich deutlicher ausdrücken sollen!“ Ich schnaufte frustriert. „Okay, dann eben Plan B“, sagte Dawson und schnappte sich wieder mein Handy. Ich wollte protestieren, doch er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er richtete das Smartphone in meine Richtung, ein heller Lichtblitz blendete mich. „Perfekt. Du siehst zwar unmöglich aus, aber deine Kamera scheint zu funktionieren.“ Er zeigte mir den Schnappschuss, auf dem ich wirklich wie eine wandelnde Vogelscheuche aussah, dann reichte er mir das Telefon. Ich machte ein Foto von ihm und wartete

ungeduldig, dass die Galerie das Bild lud. Erleichtert fiel ich in die Kissen zurück. Dawson war eindeutig zu erkennen. Er hatte einen extra grimmigen Gesichtsausdruck aufgesetzt, doch er war zu sehen. Ich war also nicht verrückt! In meinen Händen hielt ich den Beweis dafür. Vielleicht wollte Dad einfach indiskret sein und mir vor Dawson keine Szene machen. Im Kino war es dunkel gewesen und das mit dem Auto... naja vielleicht hatte ich die Entfernung falsch eingeschätzt und Dawson war rechtzeitig über die Straße gekommen. Zumal er mich auch ins Haus getragen hatte. Wie sollte er das bewerkstelligen, wenn er

nur meiner Einbildung entsprang? So betrachtet, kam ich mir dumm vor, wie ich mich Dawson gegenüber verhalten hatte. „Da das nun geklärt ist, ist es mir jetzt erlaubt zu verschwinden?“, holte er mich aus meinen Gedanken. Er klag genervt. Röte schoss mir in die Wangen. Schnell richtete ich mich auf und lief zur Tür. „Ja klar... ähm Sorry!“ Ich fühlte mich wie eine komplette Vollidiotin. „Ich bring dich noch zur Tür“, stammelte ich und wartete, dass Dawson mir folgte. Nachdem ich mir etwas passenderes angezogen hatte, eine Jogginghose und ein ausgewaschenes Sweatshirt, ging ich runter in die Küche, um Dad Gesellschaft

zu leisten. Er stand mit dem Rücken zu mir am Herd und bereitete das Abendessen zu. „Kann ich dir helfen?“ Er nickte, reichte mir ein Messer und deutete auf das gewaschene Gemüse, das auf dem Küchentresen lag. Ich machte mich sofort an die Arbeit und schnitt Paprika und Tomaten in kleine Würfel. „Dad?“ Er brummte etwas unverständliches zum Zeichen, dass er mir zuhörte. „Wegen vorhin“, begann ich zögerlich. Ich wusste nicht wie ich das Thema am besten ansprechen sollte. „Also, du musst jetzt nicht denken, dass ich ständig irgendwelche fremden Männer mit nach Hause bringe. Mir ging es nicht gut und da ist Dawson plötzlich

aufgetaucht. Ich mag ihn nicht einmal, aber dauernd taucht er in meiner Nähe auf und dann war ich so aufgewühlt... Plötzlich saßen wird dann zusammen im Wohnzimmer und...“, sprudelte es unaufhörlich und durcheinander aus mir heraus. Dad drehte sich mit gerunzelter Stirn zu mir herum und hob beschwichtigend die Hände. „Moment Mira, schalt mal einen Gang runter. Du willst mir also gerade beichten, dass du heute Besuch von einem Mann hattest, den du zwar nicht magst, mit dem du aber dennoch Zeit verbringst?“ Erkenntnis flackerte über sein Gesicht. Eine Zornesfalte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen.

„Heute?“, hakte er nach. „Du meinst, als ich nach Hause gekommen bin und du im Flur herumgelungert hast?“ Unbehaglich nickte ich. Dieser Tonfall gefiel mir ganz und gar nicht. „Du hattest kaum etwas an!“, stellte er wütend fest. „Habt ihr...? Nein, sag es lieber nicht! Wer war er? Kenne ich ihn?“ Was war denn plötzlich in ihn gefahren!? So aufgebracht hatte ich ihn ja noch nie erlebt. Ich legte das Messer beiseite und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dad was denkst du denn von mir? Es ist nichts passiert! Und wenn, wäre das meine Sache. Ich bin kein kleines Kind mehr.“ Ungläubig schnaufte er. „Solange

du unter meinem Dach wohnst, gelten meine Regeln Mirika und ich will, dass du dich an diese hältst!“ Er musste wirklich stinksauer sein, er nannte mich NIE bei meinem vollen Namen. Aber von welchen Regeln sprach er da? Er hatte nie welche aufgestellt. Herrgott nochmal! „Warum hast du dann vorhin nichts gesagt?“, beschwerte ich mich, nun ebenfalls mit zornerfüllter Stimme. „Hätte ich davon gewusst, dann“ Ich unterbrach ihn: „Gewusst? Du hast ihn doch gesehen, deutlicher geht es doch gar nicht!“ Jetzt runzelte er die Stirn. Er schien sich die Begegnung von vorhin noch einmal durch den Kopf gehen zu

lassen. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe niemanden gesehen.“ Mit geweiteten Augen und geöffnetem Mund sah ich ihn an. Er MUSSTE ihn gesehen haben! Die beiden hatten direkt nebeneinander gestanden. Mein Mund wurde trocken, ich spürte wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. „Was meinst du damit? Natürlich hast du ihn gesehen“, flüsterte ich mit Tränen in den Augen. Dad trat einen Schritt auf mich zu. Unsicherheit lag in seinem Blick. Schnell wühlte ich in der Gesäßtasche nach meinem Handy. Mit zitternden Fingern entsperrte ich das Display und rief die Galerie auf. Auf dem vorletzten

Foto war ich zu sehen, wie ich im Bademantel und mit wirrem Haar auf dem Sofa saß. Schnell rief ich das Bild von Dawson auf. Ein hysterischer Laut kam über meine Lippen als ich statt des mysteriösen Jungen nur mein Sofa und die darauf liegenden Kissen entdeckte. Meine Welt schrumpfte in sich zusammen. Ich bekam keine Luft, drohte zu ersticken. Was war nur los mit mir?

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Über den Autor

LilaLilime
22 Jahre jung und Studentin im 6.Semester Soziale Arbeit. Schon als ich klein war, habe ich es geliebt mir Geschichten auszudenken und diese aufzuschreiben, außerdem lese ich viel und gerne. Es ist einfach ein tolles Gefühl neue Welten, Charaktere und Handlungen zu erschaffen. Ich liebe das Gefühl völlig ins Schreiben vertieft zu sein und sowohl die Zeit als auch alles andere um mich herum zu vergessen.

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Memory 
Nun habe ich die gleichen Fragezeichen im Kopf wie Mira.
Was geht da vor und wer ist dieser mysteriöse Typ?
Wie bisher, ganz toll geschrieben und die Spannung bleibt. Wann gehts weiter?
Lieben Gruß Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
LilaLilime jetzt muss ich mich nebenbei leider auch meinen Hausarbeiten widmen, die schreiben sich auch nicht allein obwohl ich lieber über Mira und Dawson schreibe :) Aber der nächste Teil kommt auch in den nächsten Tagen
Vor langer Zeit - Antworten
minimaus21 Oh-oh, hoffentlich geht es gut aus ... :o
Bin gespannt.
LG minimaus21
Vor langer Zeit - Antworten
LilaLilime Man jetzt hast du aber schnell gelesen :D
Das Ende ist schon fertig getippt und gefällt mir auch eigentlich ganz gut ;)...fehlt nur noch der Mittelteil
Vor langer Zeit - Antworten
minimaus21 Super! ^^ Freut mich sehr. Bin echt gespannt, und ich finde es ehrlich sehr shön formuliert und spannend geschrieben.
Vor langer Zeit - Antworten
Moscito Na, da hat sich ja ein wundersames Geschöpf an Mira gehangen. Nun bin ich mal gespannt, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege... Ich freue mich auf ganz viel mehr.
Lieben Gruß Silke
Vor langer Zeit - Antworten
LilaLilime mich würde ja mal interessieren welche Vermutung du hast.. :)
Vor langer Zeit - Antworten
Albatros99 Das wird ja immer mysteriöser. Aber ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass der junge Mann kein Gespenst ist. Mit Fantasy kann ich immer so wenig anfangen, und die Liebe ist ja im wahren Leben auch schon kompliziert genug, dafür aber viiiiel schöner.
Lieben Gruß
Christine
Vor langer Zeit - Antworten
LilaLilime ich kann dich beruhigen liebe Christine, es ist kein Geist, jedenfalls nicht wirklich. Aber ich fürchte ein bisschen übernatürlich ist es doch...
Vor langer Zeit - Antworten
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