Kurzgeschichte
Systemrelevant

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"Systemrelevant"
Veröffentlicht am 27. Juli 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Alles Infos unter artemzolotarov.com Ich schreibe seit 2010 Gedichte, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Songs. Ich habe bis jetzt drei Gedichtbände und zwei Poetry Slam Textsammlungen mit Hörbuchfassungen veröffentlicht. Eine Übersicht gibts auf meiner Homepage. Auf meiner Facebookseite gibt es täglich aktuelle Infos, Gedichte, Geschichten, Videos, Musik und und und. Ich würde mich sehr über euren like ...
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Da sitzt ein alter Mann auf der Straße und weint. Er sitzt vor einer Bank und weint, weil er kein Geld bekommt, um für sich und seine Frau Essen und Medikamente zu kaufen. Um ihn herum sind tausende Menschen, aufgebracht, sie schreien, sie protestieren. Die Polizei versucht sie zu stoppen, sie muss für Ordnung sorgen. Bald fliegen nicht nur Worte. Die Menge ist wütend. Ihre Wut entlädt sich in Gewalt. Dabei können die Polizisten nichts dafür. Sie müssen ihren Job machen, um nicht auf der anderen Seite zu stehen. Die Angst ist ein strenger Ratgeber. Und sie schlagen zu. Und sie verhaften. Und abends gehen sie nach Hause, zu Frau und Kind, und sehen

sich die Nachrichten an. Und da ist ein Mann, der sagt, dass er weiß, wo es lang geht. Er führt das Land aus der Krise. Er hat einen Plan. Er muss es sagen. Er muss lügen, weil er Politik macht und weiß, dass Wahrheit eine Sache der Perspektive ist. Seine Partei hat Interessen. Seine Freunde haben Interessen. Und es ist ganz bestimmt in seinem Interesse, die Interessen der anderen zu befolgen. Die anderen, die wirklich Macht haben, die wirklich regieren, die haben es nicht nötig, sich in Fernsehdebatten zu streiten. Und der Mann fährt nach Brüssel. Und er spricht mit den anderen Kaspern in diesem Theater. Aber die anderen wollen streiten. Sie wollen mehr Geld. Mehr Geld, wo schon lange kein Geld mehr ist. Und sie haben auch

Interessen und Interessen von Freunden, die im Hintergrund stehen und nicht mal mehr mit dem Baseballschläger wedeln müssen, nein, es ist alles so viel einfacher in Zeiten von Whatsapp und Co. Und da ist eine Frau, die kein Whatsapp hat. Und sie trägt einen Hosenanzug und spricht so ein komisches Englisch. Aber sie hat Macht und alle hören ihr zu und versuchen zu verstehen, was sie da sagt. Aber es ist schwer, sie zu verstehen, nicht nur akustisch. Aber ihr ist es egal, ob man sie versteht. Sie versteht sich oft selbst nicht mehr. Die Berater werden das schon übersetzen. Nicht nur das Englische, auch das Finanzkauderwelsch. Irgendwie wird das schon alles geregelt. Bloß keine Meinung haben, keine Position

beziehen. Sie hat Interessen. Nein, eigentlich nur ein Interesse: An der Macht bleiben. Da muss man schon mal Alternativloses alternieren lassen. Die nächste Wahl kommt. Die Meinungsumfragen lügen nicht und sie kann es sich nicht mehr leisten, die Mundwinkel noch weiter nach unten rutschen zu lassen. Und die Zeitung schreibt für die da unten. Eine Zeitung, die Meinung bildet. Und die Schlagzeilen müssen nichts, außer schlagen. Sie schlagen zu. Unter die Gürtellinie. Der Redakteur weiß, was sich verkauft, was er schreiben darf. Und er könnte schon lange kotzen, wenn er seine Zeitung lesen müsste. So viel Hass und so viel Lügen auf einem Haufen. Aber was soll er machen? Er hat

Interessen und Freunde, die Interessen haben und ehrlicher Journalismus … also bitte. Nicht mal der Weihnachtsmann antwortet ehrlich auf seine Post. Und der Postbote liefert die Zeitung. Und alle lesen. Und wer keine Zeit zum denken und sich informieren hat, glaubt, was in der Zeitung steht. Heute ganz groß auf Seite 1: „Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxus-Rente?“ und „Weniger Steuern, mehr Rente und Immobilien.Griechen reicher als wir!“ und klein daneben noch die „Gänsehaut-Geste. Australier hilft weinendem Griechen-Rentner.“ Und der kleine Mann regt sich auf, wieso ihm keine hilft. Wo bleibt seine Gänsehaut-Geste? Wenn er von morgens bis abends schuftet und dann noch zum Amt muss, um überleben zu

können. Doch er vergisst seine Wut schnell, trinkt noch ein Bier und guckt fern, bis er schlafen muss. Immer dasselbe. Und das Programm wird immer schlechter. Aber was soll man machen? Es ist, wie es ist. Wenn er sich morgen auf die Straße setzen und weinen würde, würde ihm auch niemand helfen. Mitleid muss man sich leisten können und systemrelevant ist es schon lange nicht mehr.

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Hörbuch

Über den Autor

koollook
Alles Infos unter artemzolotarov.com

Ich schreibe seit 2010 Gedichte, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Songs.
Ich habe bis jetzt drei Gedichtbände und zwei Poetry Slam Textsammlungen mit Hörbuchfassungen veröffentlicht. Eine Übersicht gibts auf meiner Homepage.

Auf meiner Facebookseite gibt es täglich aktuelle Infos, Gedichte, Geschichten, Videos, Musik und und und. Ich würde mich sehr über euren like freuen:

https://www.facebook.com/artem.poetry

http://www.bookrix.de/_ebook-artem-zolotarov-fuer-c/

http://www.bookrix.de/_ebook-artem-zolotarov-verstehst-du-mich-1/

Ich vertone meine Gedichte und Geschichten auch seit ein paar Monaten.
Auf soundcloud könnt ihr meinen letzten Band komplett vorgelesen hören (alle Gedichte sind auch downloadbar):

https://soundcloud.com/koollook_poesie

Seit Januar 2013 führe ich ein Projekt das "Ich schreibe über DICH!" heißt. Dabei kann mir jeder ein Bild von sich schicken und ich schreibe ein Gedicht dazu. Mit dem Projekt versuche ich Lyrik näher an den Leser zu bringen, um zu zeigen, dass sie nicht immer unverständlich und kompliziert sein muss ohne dabei in den Kitsch von Teetassenpoesie zu verfallen.
Wer mitmachen möchte, kann mir seine Bild an koollook_poesie@gmx.de schicken.
Hier könnt ihr die bisherigen 167 Bilder und Gedichte sehen:

http://ichschreibueberdich.tumblr.com/

Seit 2014 nehme ich auch an Poetry Slams teil. 2015 wurde ich Rheinland-Pfalz Meister in dieser Disziplin.
Videos von Auftritten gibt es bei youtube.

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FLEURdelaCOEUR 
Ein ganz tolles Buch!
Es ist entwürdigend, ich wünsche dem griechischen Volk von Herzen, dass sie das alles überstehen und da heil rauskommen!
Und doch muss man es wohl etwas differenzierter sehen.
Es heißt, das griechische Rentensystem sei anders als unseres, sie hätten dort keine Betriebsrenten, nur die staatlichen.
Doch auch in den NBL sind Betriebsrenten ein Fremdwort, nur die Deutsche Rentenversicherung zahlt und die Wessis schreien immer noch, dass wir Ossis doch dort gar nix eingezahlt hätten ...
Unsere Intelligenzrenten, die im Einigungsvertrag angeblich übernommen wurden, sind nur Schall und Rauch... einfach nur Beschiss eben ... Mein Mann und ich haben als Akademiker nach jeweils 40 Berufsjahren keine 1500 € Rente, aber wir beklagen uns nicht, obwohl wir schon sauer sind ... Doch dem griechischen Volk werden wir das nicht anlasten. Und die Reichen haben ihr Geld schon längst außer Landes gebracht...
Das griechische Staatssystem bedarf ganz sicher eines Umbaus in effizientere Strukturen, doch war das nicht schon viel früher bekannt?
Warum mussten sie für hohe Kredite U-Boote und Panzer von Deutschland kaufen?
Die Kanzlerin mit den hängenden Lefzen lasse ich mal außen vor und verabschiede mich in die Nachtruhe
LG fleur

Als Nachsatz möchte ich dir noch sagen, dass ich deine Bücher sehr schätze, auch zum FB 40 hatte ich eins zu bewerten.
Doch dann einfach abzutauchen und sich der Jurorentätigkeit zu entziehen - das gehört sich nicht. Punkt und Schluss.
Vor langer Zeit - Antworten
koollook Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich habe mich nicht so sehr mit der Materie Griechenland beschäftigt, schreibe eben nur von dem, was man so aus den Medien mitbekommt. Aber so ausführlich wie das Thema breitgetreten wurde, ist ja fast jeder in Deutschland ein vermeintlicher Experte.
Zum Thema FB -- ich bin nicht abgetaucht. Es ist schlichtweg so, dass die Jury mich nicht involviert hat. Ich habe mich beim Juryführer gemeldet und gefragt, wie die Planung aussieht, darauf kam zurück, dass der Wettbewerb bereits läuft und ich gerne mitmachen könnte. Bums und aus. Aber ich wollte mich auch nicht sehr einmischen. Wenn es läuft, dann lass ich es laufen. Nur ist es schade, dass nach außen scheinbar ein anderes Bild gezeichnet wurde.
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Ja, das ist schade. Offensichtlich hatte es die Jury anders gesehen. Du hättest auf ihre Anschreiben nicht geantwortet, hieß es. Tut mir leid. Das kannst du nur mit ihnen selbst klären, wenn dir etwas daran liegt.
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Systemrelevant ist: Alternativlos kotzen beim Gelaber unserer selbsternannten Eliten.
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Da hast Du den Finger in die Wunde gelegt. Man kann gar nicht so viel essen, wie man kot... möchte.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Nur zu wahr!
Man darf aber ruhig die Bankverbrecher beim Namen nennen.
Lg
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
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