Sonstiges
Eiscafé

Eiscafé

Beobachtungen

► Große Menschen gibt es. Dem Mann reiche ich gerade mal bis zum Brusthaar. Und schon ist er an mir vorbei gegangen. ► Eine junge Mutter mit ihrem Töchterchen im Kindergartenalter. Ich sehe die erwachsene Frau und ihr Inneres Kind in Person Eis schleckender Weise an meinem Bistrotisch vorbeigehen. ► Ein Mann in Arbeitshose mit einem dicken Werkzeugkoffer in der einen Hand und einem kabelreichen Messgerät in der Anderen, geht zügig auf dem Bürgersteig entlang. Er hat keinen Blick für die Eisessenden. Ich sehe, so lange ich kann, dem Arsch in anziehender Hose hinterher. Ein Arbeitsmensch. Ich liebe Männer, die mit ihren Händen arbeiten. ► Eine Dame, älter als ich, schaut

griesgrämig durch ihre rötlich gefärbte Sonnenbrille. Ich mag sie nicht länger ansehen, denn sie strahlt Verbitterung und Misstrauen aus. Dieses Spiegelbild mag ich nicht. ► Die junge, marokkanisch wirkende Bedienung lächelt mir stets zu, wenn sich unsere Blicke treffen. Ihre knackig sitzende Jeans und der dezent getragene Busen beeindrucken mich immer wieder. In ihrem Alter hatte ich zwar die gleiche Körperhöhe, doch mindestens das dreifache Körpergewicht. Ich finde es nett von ihr, mich anzulächeln, wo ich doch ihre Mutter sein könnte. ► Der Eisdielenbesitzer fährt gestylt mit Sonnenbrille in seinem offenen Zweisitzer

Mercedes in einer geräuschvollen Dunstwolke davon. Die vielen Blicke, welche Energie der Aufmerksamkeit schenken, machen das Leben doch direkt reicher. ► Ein sechzig jähriger Rennradfahrer nimmt seinen Helm erst ab, nachdem er sich mit seinem Eishörnchen an einen einsamen freien Tisch gesetzt hat. Ob er darauf bedacht ist, niemanden mit seinem Schweißgeruch zu belästigen? Graue Haare kommen nun zum Vorschein und ich wertschätze diesen älteren Herrn für seine Fähigkeit, seinem Rentendasein einen sportlichen Sinn zu geben und sich etwas gönnen zu können. Wenn ich jetzt gefragt werden würde, ob er wohlhabend ist, oder sich sein teures Rennrad vom Mund

absparen musste, würde ich auf ersteres tippen. ► Nun kommt die junge Radfahrergeneration auf das Eiscafé zu. Zwei Schuljungs, die offensichtlich die besten Freunde der Welt sind. Augenblicklich muss ich an meinen Bruder Hartmut denken. Er war in ihrem Alter, als er mit seinem Fahrrad direkt gen Himmel fuhr. Ich wünsche den Beiden, dass sie ihr Leben lang Freunde sind und auch später noch zusammenhalten und aufeinander Acht geben. Während sie ihr Eis lutschen, planen sie ihre weitere Wegstrecke und besprechen ausführlich, wo sie überall hin fahren wollen. Dann ziehen sie mit ihren Rädern los. ► Die mürrisch wirkende, durch die rötliche Sonnenbrille versteckte, ältere Frau ruft lange

erfolglos nach der Bedienung, weil sie bezahlen will. Offensichtlich braucht sie einen Grund, um sich zu ärgern, denn aus einem unerfindlichen Grund steht sie auf und ruft der jungen Frau immer wieder „Bezahlen!“ hinterher. Kurz darauf geht die gebeugte alte Frau, bepackt mit schweren Einkaufstüten, welche ich zuvor nicht bemerkt hatte, schlürfend über die Straße. ► Der Senior Rennradfahrer macht sich nun zügig wieder auf den Weg. Er genießt die Zeit im Sattel offensichtlich mehr als im Bistrostuhl. ► Der Eisdielenbesitzer ist unauffällig zurück und sein Wagendach ist nun geschlossen. Lässig steht er mit Sonnenbrille und Zigarette neben dem Mercedes und quatscht mit einem

bärtigen Kumpel. Geschätztes Alter: 30 Jahre. Wenn Männer gut aussehen, sind junge Frauen meist nicht weit entfernt. Doch noch habe ich keine in seiner Nähe entdeckt. Na ja, ist ja noch früh am Tag. ► Als ich im Ladenlokal an der Theke bezahlen möchte, ist die junge Bedienung mit einer anderen Kundin beschäftigt. Ich warte gerne. Doch der coole Chef lässt seine Kunden nicht warten und steht vom Gyros auf und kassiert. ► Während ich über den Bürgersteig entlang gehe, kommen junge Leute in Mannschaftsdress offensichtlich gut gelaunt von einem Fußballspiel über die Straße gerannt.