Gedichte
Verzehren

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"Verzehren"
Veröffentlicht am 30. Mai 2015, 8 Seiten
Kategorie Gedichte
© Umschlag Bildmaterial: annaluu
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich habe mich noch nicht selbst gefunden, möchte die Welt bereisen, entdecken, möchte ganz frei und ungezwungen schreiben und zeichnen und meiner Wanderlust nachgehen.
Verzehren

Verzehren


ver·zeh·re


Verb [mit OBJ] (jmd. verzehrt etwas)

1. 1.

essen (und trinken).

"Auf der Reise verzehrte er seinen Proviant."


Verb [mit SICH] (jmd. verzehrt sich)

1. 1.

sich so sehnen, dass man darunter leidet.

"Er verzehrte sich in Liebe zu ihr."


Picknick im gleißenden Sommerschein

eine Libelle sirrt mit Silberflügeln

die Hitze dörrt uns,

flimmernder Horizont wie ein schmelzendes Wachsgemälde zerfließend

Wir knabbern an Zwieback, Butterkeksen, Bröseln

qualmender Rauch

Delikatessen  

alles so trocken, in hustenden Kehlen Nur nicht in uns, unter dampfenden Achseln, brodelndes Blut

Säfte werden getauscht,

unsere trockenen Lippen wie Fusionsschläuche

plumpe Zungen, Zementkrümel zwischen den Zähnen

Der Tag gießt sein letztes Licht auf die Wiese, auf unsere ausgebreitete Decke auf unsere ausgebreiteten Seelen,

die sich in einem gemeinsamen, befreienden Tanz befinden

sich wiegen

umarmen

umgarnen


Wir knabbern an Ohren, Lippen, an Haut

dunkel sickert die Nacht

Delikatessen

alles so saftig, elastisch und weich,

in unseren schlagenden Herzen

Einander spüren in der Dunkelheit,

die Krümel auf wollernem Grund Grasabdrücke auf Oberschenkeln, wie

kleine Falten im Fleisch

Wir fühlen, tasten, streichen

salzig, rau, klebrig und süß

Der Tag hat ziehende Sonnenbrandflecken auf uns hinterlassen

Aber wir glühen vielmehr vor Liebe


Wir leben hinter geschlossenen Lidern brauchen nichts außer den fremden Atem im Mund

Wir zerfließen wie Wachsfiguren ineinander

alles auf diesen Moment gepolt

Es ist finster

blaue Schwäne, raschelndes Federkleid tastende Fingerkuppen, rastendes Herzverankern

Wir riechen den qualmenden Rauch, schmecken bröslige Hintergrundgedanken

Wer löst sich zuerst?  

Es ist ein Spiel der erwartenden Macht

Wer setzt das Ende?  

Unsere schwindende Kraft

Die lauernde Kälte der Nacht

in kalter Knöcheltiefe wabert sie heran erreicht uns, den erstarrten Wachsklumpen

mit packendem Griff

Es erdrückt uns die Nähe,

alles ist klamm

erkalteter Schweiß, zerdrückte Grashalme

Keine Worte

alles das Begehren der Nacht

Sie knabbert an uns, trocknet die Säfte,

löst unsere pulsiernden Körper

sengende Stille

brennt

in

mir  



Ich habe keine Worte mehr


stumme Gedanken, stummes Fokussieren der Nebensächlichkeiten

Wir biegen in verschiedene Richtungen ab

Ich sehe eine Libelle, tot  

mit zerbröselten Silberflügeln im Rinnstein

Dumpfgrollend zieht ein Gewitter heran

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Über den Autor

annaluu
Ich habe mich noch nicht selbst gefunden, möchte die Welt bereisen, entdecken, möchte ganz frei und ungezwungen schreiben und zeichnen und meiner Wanderlust nachgehen.

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HipHipHurra Flirrende Worte, die traumhafte Bilder eines heißen Sommers aufblitzen lassen. Mir gefällt auch besonders das Motiv der Libelle am Anfang und Ende, vielleicht hör ich im Nachklang die Zikaden in der Dämmerung...
Im Kontrast dazu ein formal-strenger Anfang über eine Wortbedeutung.

Sehr schön und wirklich beeindruckend ! Wie wäre es mit einer weiteren Kostprobe :) ?
Liebe Grüße, Olaf
Vor langer Zeit - Antworten
Francisco Hey Annaluu,
Dir ist ein Gedicht auf höherem Niveau gelungen. Das hat mich beeindruckt. Auch deine Ausdrucksweise ist schön.
Daumen nach oben.
Grüße Francisco
Vor langer Zeit - Antworten
erato 
Gerade wieder gelesen und
es gefällt mir immr besser.....
jetzt kommt noch ein FAVO
hinzu... :-)))
GghG Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
RSchulz wunderbar Annaluu
Vor langer Zeit - Antworten
annaluu Ich danke Dir für dein Lob!
Herzlichst,
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
erato 
Facettenreiche Worteflut, die mir
ungemein gefällt, liebe Anna...
GghG Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
annaluu Was für eine wundervolle Beschreibung für diesen Text! Bin begeistert und glücklich über deine lieben Worte.
Liebste Grüße,
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
hannaq der text ist so wunderschön atmosphärisch und gefühlvoll, ich bin begeistert!
Vor langer Zeit - Antworten
annaluu Wow vielen Dank, Hanna... Das macht mich glücklich, dass er dir gefällt!!
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Du schreibst so wahnsinnig plastisch, da bleibt mir glatt die Spucke weg ....
Großes Kompliment!

LG fleur
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