Kurzgeschichte
Der belogene Hahn - Forumsbattle 32

Erregung machte sich in ihm breit. Heute war der große Tag da, an dem sie, Sepia, endlich hier einziehen würde. Der Sonnenschein tauchte den herrschaftlichen Hof, in ein Meer aus reflektierendem Licht. Alles sah perfekt aus, für das neue Geschöpf, welches er, Gino, bisher noch nicht kannte. Obwohl er der Herr einer riesigen Hühnerwirtschaft war, konnte er doch nie genug bekommen, von diesen herrlichen Tieren. Zum ersten mal in seinem Leben, hatte sich Gino sogar im Nestbau versucht. Dabei hatte er aus versehen die, so teuere, Fallschirmseide von Uwe benutzt, der sie wieder einmal nicht weggeräumt hatte.

Alles war fertig, nahezu perfekt. Das einzige was noch fehlen würde, war das romantische Leuchten einer Kerze. Doch zu seinem Leidwesen war Gino allergisch gegen Kerzenwachs, so dass er lieber darauf verzichtete. Und nun hieß es warten. Warten auf die Ankunft seiner Sepia.

Endlich hörte Gino  aus großer Ferne, dass Rattern des alten Hoftraktors, mit dem der Bauer vor Stunden den Hof verlassen hatte. Und in ihm machte sich nun der gute alte Überdruck bemerkbar, der ihn immer überfiel, wenn eine neue Henne auf den Hof kam.

Das alte klapprige rostige Vehikel hielt, der Bauer stieg aus und Gino traf der Schlag. In

einem einfachen Weidenkorb konnte Gino Federn erkennen, wunderschöne Federn. Dann die Flügel. Und zum Schluss stand eine stinknormale Gans vor ihm. Wütend plusterte sich der Hahn auf, stürzte sich mit wütendem Gegacker auf den Bauern, während die Bäuerin aufgeregt aus dem Haus kam, die leere Linsentüte noch in der Hand.

„Was ist denn hier los?“, rief sie verwirrt, ihrem Mann zu. „Nichts, Magda. Unser Gino hat wohl nur mitbekommen, dass Sepia keine Henne sondern eine Gans ist.“ “Wäret ihr Menschen nicht immer so Zweideutig, hätte ich euch gleich durchschaut!”, dachte der betrogene Hahn, der wieder einmal auf eine Lüge hereingefallen war. Mit hängendem

Kopf trollte sich Gino zurück, in seinen Harem aus Hennen, um sich von diesen trösten zu lassen.