Kurzgeschichte
Sie und der Lehrer

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"Sie und der Lehrer"
Veröffentlicht am 27. Dezember 2013, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin jemand der sehr gerne liest und von Fantasy Romanen absolut fasziniert ist, wobei ich inzwischen auch gefallen an Thrillern gefunden habe. Ich schreibe immer wenn ich Zeit hab an meinen "größeren" Projekten und zwischendrin an kleinen Gedichten über Alle möglichen Themen. Am besten funktioniert das mit schöner Hintergrundmusik!! Ansonsten male ich sehr gerne und bin seit meinem 6. Lebensjahr eine leidenschaftliche Tennis Spielerin.
Sie und der Lehrer

Sie und der Lehrer

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Jedes Mal wenn ich ihn sah stieg eine unbändige, alles verzehrende Wut in mir auf, ein unbeschreiblicher Zorn der mich aufzufressen drohte, gemischt mit purer Verzweiflung. Sein stets selbstgefälliges Grinsen weckte in mir den Wunsch auszuholen und ihn mit aller Kraft zu schlagen, ihn anzubrüllen, ihm genauso weh zu tun wie er sie verletzte. Das was ich für ihn empfand war purer Hass, eine so tiefgehend Abneigung wie ich sie noch nie jemanden entgegengebracht hatte. Doch sein Anblick sorgte auch für ein

Gefühl der Hilflosigkeit, ein Gefühl der Ohnmacht und hatte mir deutlich gezeigt wie wenig die Stimme eines minderjährigen in einem entscheidenden Moment zählen konnte. Als sie mir das erste Mal erzählt hatte was sie für ihn empfand, hatte ich dem keine große Beachtung geschenkt, im Grunde ist eine Schwärmerei für einen Lehrer nichts so außergewöhnliches. Solch eine Phase ging sowieso vorbei und irgendwann lacht man darüber. Das es in diesem fall anders sein könnte hätte ich nie gedacht, es wäre mir nie im Traum eingefallen. Vielleicht war ich zu naiv , vielleicht hatte ich ihr einfach nicht richtig zugehört und ihre starke

Hingabe für ihn auf die leichte Schulter genommen. So oder so hatte ich die Situation hoffnungslos unterschätzt und vor allem hatte ich ihn unterschätzt. Seine Reaktion auf ihr Geständnis, wie er die Umstände schamlos ausgenutzt hatte, wie er sie behandelt hatte, als wäre sie Nichts, einfach nur Dreck, ein lustiges kleines Spielzeug das man wegwirft sobald es einem nicht mehr gefällt. Sie war in einer für sie scheinbar hoffnungslosen Lage gewesen als sie mit ihrem Kummer und ihren Gefühlen zu ihm gegangen ist. Er hat sie aufgefangen, sie getröstet, war für sie da, hat die Worte gefunden, die ihre

Freunde nicht gefunden haben, konnte ihr genau das geben was sie in dem Moment gebraucht hatte. Er hat angefangen auch außerhalb der Schule mehr Zeit mit ihr zu verbringen, sodass ich sie kaum noch zu Gesicht bekommen habe. Jedes Mal wenn ich sie darauf angesprochen habe, haben wir gestritten, uns angeschrieen und sie hat sich noch mehr distanziert. Nach einiger Zeit hat sie mir dann erzählt, dass er ihr seine Liebe gestanden hat und für sie seine Frau und seine Kinder verlässt. So glücklich hatte ich sie lange nicht mehr gesehen, ihre Augen leuchteten und dieses lächeln das ich schon lange

vermisst hatte umspielte ihre Mundwinkel. Ich war unfähig auch nur irgendetwas darauf zu erwidern. Schließlich meinte ich nur das sie vorsichtig sein soll. Das war Alles …. „sei bitte vorsichtig“. Ich hätte so gerne mehr gesagt, hätte sie gerne einfach beschützt aber ich hatte Angst das sie dann völlig den Kontakt abbrechen würde. Die nächsten Wochen erschien sie kaum zum Unterricht, jedes Mal wenn ich sie sah war sie wieder ein Stück dünner geworden, bis sie nur noch ein Schatten ihrer Selbst war. Ihre Augenringe schienen sich in ihre Haut eingebrannt zu haben und die Erschöpfung auf ihrem

Gesicht versetzte meinem Herzen jedes mal auf s neue einen schmerzhaften Stich. Bei einem ihrer seltenen Besuche des Sportunterrichts fielen sie mir das erste Mal auf. Narben. Auf ihrem Unterarmen und ihren Beinen. Unzählige Narben und frische Schnitte die aussahen als wären sie nicht älter als einen Tag. Ich sprach sie darauf an, doch sie blockte komplett ab und rannte schließlich unter Tränen aus dem Raum. Ich blieb allein in der Umkleidekabine zurück. Mir war schlecht und ich zitterte. Ich war am Boden zerstört und fühlte mich schuldig. Ich hätte ihr helfen müssen und hatte es nicht

gekonnt, Ich hätte mehr für sie da sein müssen, doch ich war es nicht gewesen. Ich hatte Alles falsch gemacht und nun ging es ihr schlecht, sie war am Ende und ich hatte nichts unternommen. In diesem Moment beschloss ich mit irgendjemanden darüber zu sprechen und die erste die mir in den Sinn kam war unsere Schulpsychologin. Ich machte ich auf den Weg ins Lehrerzimmer um nachzusehen ob sie noch da war. ich wusste nicht ob sie die richtige Ansprechpartnerin war aber ich wollte einfach bei ihr anfangen. An der Tür zum Lehrerzimmer zögerte ich kurz. Ich atmete tief ein und aus, wollte unbedingt diese unkontrollierte zittern

loswerden. Als ich von einem Bein aufs Andere trat hörte ich aus dem Zimmer plötzlich Stimmen. Ein Kreischen, dann eine laute Männerstimme. Ohne überhaupt richtig nachzudenken drückte ich die Türklinke hinunter und stellte schockiert fest das abgeschlossen war. Panik schnürte mir die Kehle zu und ich konnte mir zunächst nicht erklären weshalb, bis die Gewissheit wer sich hinter der Tür befand langsam in meinen Verstand sickerte. Ich fing an wie besinnungslos an die Tür zu hämmern und zu schreien. Ich hatte Angst, war verwirrt, wütend, verzweifelt.

Ich hörte wie sich ein Schlüssel drehte und er öffnete die Tür mit solch einem Ruck das ich fast gegen ihn stolperte. Mir stockte der Atem als ich in das Zimmer sah. Sie lag halb nackt da, Tränen liefen ihre Wangen hinunter und sie schluchzte unkontrolliert. Sie blickte mit leeren, ausdruckslosen Augen in meine Richtung.

Sie hatte die Arme um sich geschlungen und wiegte sich auf dem Tisch vor und zurück. Ihre Hände krallten sich in ihren Körper, die Knöchel weiß. Ich registrierte schockiert wie dürr sie war. Kaum mehr als Haut und Knochen.

Ich wollte zu ihr. Wollte einfach nur zu ihr. Sie in den Arm nehmen, sie halten, sie beschützen. Doch als ich einen Schritt nach vorne machte versperrte er mir den Weg. Die Hände an die Türrahmen gestützt sah er zu mir herab.

Überheblichkeit und Grausamkeit sprachen aus seinem Blick und eine Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper. " Du hast nichts gesehen! Verstehst du mich !!"

Sein Ton war bestimmend und schneidend.

Wie betäubt nickte ich.

"Und jetzt verschwinde! "

Ich rührte mich nicht, war wie erstarrt,

konnte einfach nicht klar denken.

"Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt!? Verzieh dich!"

Plötzlich hörte ich Schritte im Treppenhaus und ich hätte vor Erleichterung beinahe angefangen zu weinen.

Er hatte es auch bemerkt, trat blitzschnell einen Schritt zurück und schloss die Tür vor meinen entsetzten Augen.

Ohne zu zögern, rannte ich den Gang entlang Richtung Treppe.

Ich stolperte fast über meine eigenen Füße fing mich jedoch rechtzeitig.

"Ich brauche hier Hilfe!! " schrie ich noch bevor ich mein Ziel errreicht hatte.

Ich konnte die bodenlose Verzweiflung in meiner Stimme hören.

Ich stieß fast mit einer Lehrkraft zusammen die gerade um die Ecke bog. Sie gab einen misbilligenden Laut von sich und wollte gerade etwas sagen als sie meinen Gesichtsausdruck sah.

Ohne nachzudenken packte ich sie am Arm und zerrte sie hinter mir her während ich versuchte ihr knapp zu erzählen was vorgefallen war. Meine Stimme überschlug sich immer mehr.

Vor dem Lehrerzimmer angekommen zog sie entschlossen einen Schlüssel aus ihrer Tasche und sperrte die Türe auf.

Auf das schlimmste gefasst spähte ich in den Raum.

Doch anstatt des bestürzenden Anblicks der sich mir beim ersten Mal geboten hatte, war nun Alles sehr unspektakulär.

Sie saß ihm gegenüber auf einem Stuhl, beide hatten Skripte in der Hand und blickten überrascht auf, wir den Raum betraten.

Meine Freundin warf mir einen langen gequälten, entschuldigenden Blick zu.

"Was geht hier vor sich ?" Wollte die Lehrkraft zu meiner Linken wissen.

Er sah sie freundlich lächelnd an.

"Wir üben hier nur etwas für das Schüler -Lehrer Theaterstück. Sie wollte bei einer bestimmten Passage meine Hilfe und ich dachte da spricht nichts dagegen. Wieso ? Gibt es etwas

ein Problem?"

Die Lehrerin ignorierte ihn und wandte sich meiner Freundin zu.

"Stimmt das was er sagt ", fragte sie mit sanfter Stimmer "Du brauchst keine Angst zu haben, sag mir einfach die Wahrheit !"

Meine Freundin schenkte ihr ein strahlendes Lächeln " Natürlich stimmt das !"

Ich starrte sie fassungslos an. Was redete sie da bloß.

Mir fielen die Worte die sie einst zu mir gesagt hatte wieder ein. Die Worte die sie herausgeschrieen hatte als ich ihr eröffnet hatte das ich mit einer Lehrkraft darüber sprechen würde.

"Das darfst du nicht ", hatte sie außer sich gebrüllt.

"Ach ja und wieso nicht !?"

" Weil er dann Ärger bekommt und das will ich nicht. Ich liebe ihn verstehst du das nicht !!"


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Hörbuch

Über den Autor

fibiyy
Ich bin jemand der sehr gerne liest und von Fantasy Romanen absolut fasziniert ist, wobei ich inzwischen auch gefallen an Thrillern gefunden habe.
Ich schreibe immer wenn ich Zeit hab an meinen "größeren" Projekten und zwischendrin an kleinen Gedichten über Alle möglichen Themen. Am besten funktioniert das mit schöner Hintergrundmusik!!
Ansonsten male ich sehr gerne und bin seit meinem 6. Lebensjahr eine leidenschaftliche Tennis Spielerin.

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Brubeckfan Plastisch und leicht lesbar beschrieben.
"Ich" hat sich nichts vorzuwerfen, "sie" muß erst so weit unten sein, daß sie wieder für andere ansprechbar wird. "Ich" kann ihr nur zureden wie einem kranken Pferd.
In einer "normalen" Partnerschaft ist diese Art Verhältnis schon schrecklich; in der Doppelrolle als Lehrer oder Vorgesetzter wird es nochmal komplizierter.
O Mann.
Vor langer Zeit - Antworten
fibiyy Irgendwie weiß man gar nicht so richtig wie man sich verhalten soll. Es ist einfach eine Situation die gar nicht so zustande kommen sollte und es passiert trotzdem viel zu häufig !!
Danke für deinen Kommentar :)
LG fibiyy
Vor langer Zeit - Antworten
Caliope Ich bin sehr erschüttert,denn auch ich fürchte,diese Geschichte ist nicht rein fiktiv.... Besonders der Schluss hat mich zu dieser Überzeugung gebracht..
Mehr kann ich momentan nicht schreiben. Aber:Thumb up!!
glG
Caprice..
Vor langer Zeit - Antworten
fibiyy Es gibt so Sachen von denen man nie denkt, dass man sie mal erlebt oder das man mit dabei ist.... leider ist das dann aber manchmal doch der Fall und es ist gar nicht so einfach richtig damit umzugehen!!
gglG fibiyy
Vor langer Zeit - Antworten
Karimela Eine ziemlich krasse Geschichte und ich fürchte sogar, sie ist nicht unbedingt fiktiv. Handeln ist in einer solchen Situation mehr als wichtig und es ist niemals zu spät, damit zu beginnen. Wegsehen dagegen ist ein Verbrechen. Natürlich ist Eingreifen nicht immer einfach, besonders wenn man minderjährig ist und es gegen einen Lehrer geht oder einem die Freundin trotz aller Mühe "zu entgleiten droht". In dieser Situation sind Mut und Stärke gefragt. Möge sie die Freundin immer haben, damit so etwas nicht alltäglich wird.
LG
Karimela
Vor langer Zeit - Antworten
fibiyy Es ist auf jeden Fall keine einfache Situation aber man muss definitiv handeln, auch wenn der oder die betroffene sich zunächst mit Händen und Füßen dagegen wehrt....
LG fibiyy
Vor langer Zeit - Antworten
Sealord Heftig! Gut geschrieben! Man muss zuhören und handeln, wobei zuhören ein wichtiger Teil des Handelns ist!
LG Uwe
Vor langer Zeit - Antworten
fibiyy Allerdings, da stimm ich dir voll und ganz zu !!!
LG fibiyy
Vor langer Zeit - Antworten
Tianshij O.O
Scary as fck, wirklich gut geschrieben... bin angemessen schockiert...
Puh. Ganz schön heftig.
Vor langer Zeit - Antworten
fibiyy Danke !!
Lg fibiyy :)
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