Biografien & Erinnerungen
Ein Wintermärchen

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"Ein Wintermärchen"
Veröffentlicht am 09. Dezember 2013, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen. Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen ...
Ein Wintermärchen

Ein Wintermärchen

Ein wintermärchen

Ein Wintermärchen – der Saxophonspieler Alle Märchen fangen mit dem bekannten Satz: „Es war einmal ...“, an. Das weiß jeder, der mit Märchen je zu tun hatte. Ich habe als Kind alle Märchen verschlungen aber als Erwachsene nie eines geschrieben. Vermutlich bin ich ein echter Spätzünder, der alles in sich hortet und lange reifen lässt. Vielleicht so wie man es auch mit Weinen zelebriert, die lange im Dunkel lagern und ihrem Auftritt in aller Zurückgezogenheit und Ruhe

entgegen sehen. Aber wenn es so weit ist, dann weiß man nicht genau, ob da wirklich etwas Gutes entstanden ist. Darüber befinden die Feinschmecker dieser Welt. So ähnlich verhält es sich mit den Märchen, die in mir schlummern. Eines scheint nunmehr endlich ans Tageslicht zu begehren, so will ich es auch herauslassen. Für mich ist es das Beste. Es war einmal ein Mann, der eine Frau suchte und eine Frau, die, wen wundert es noch, einen Mann suchte. Nicht dass sie niemanden gefunden hätten, denn Frauen und Männer liefen und laufen ja weiß Gott genug zu allen Zeiten auf der

Erde herum, die ähnliche Wünsche verspürten und alles versuchten, sie sich zu erfüllen. Alles braucht Zeit und Geduld, unendliche Geduld. Doch wer hat unendliche Zeit für unendliche Geduld? Sie mussten etwas unternehmen. Viele Menschen begegnen sich, trennen sich wieder und die Jahre vergehen. Der Mann und die Frau waren schon ein wenig traurig, denn sie wollten nicht allein und einsam ihr Leben, das letzte Drittel ihres Lebens verbringen. So entschlossen sie sich unabhängig voneinander, in einem sehr kalten und nicht enden wollenden Winter in die

Unendlichkeit zu wandern, zu der man heute Internet sagt. Es ist die Welt, in der alles möglich ist. Sie vereint Gutes und Böses, in ihr tummeln sich alle Dämonen, die Engel, die Weisen und die Dummen aber auch die Abenteurer, die erschreckend große Zahl der Verzweifelten, aber vor allem sind die Suchenden in dieser Welt unterwegs. Es gibt hier die Zufälle schicksalhafter Begegnungen, die das Leben in alle Richtungen verändern lassen können, sagt man. An einem dieser verheißungsvollen Portale, zu dem eine breite tief verschneite Treppe führte, gesäumt von

Figuren, die auf Säulen standen und im kalten Winter sehr zu frieren schienen, stand ein Saxophonspieler. Es war als würde er alle erwärmen wollen. War er aus der Unendlichkeit gekommen, um Menschen, um suchende, verzweifelte Menschen zu verführen, durch das Portal zu treten, um ihr Glück dort zu suchen? Man fragt sich erstaunt, warum hüpfen die Statuen nicht herunter und versuchen ihr Glück zu finden, denn der Eingang in eine andere Welt war geöffnet, wenn auch dort zunächst keine Spur des Sommers, der Wärme zu entdecken war. Der

Saxophonspieler gab alles bis schließlich alle, wirklich alle sich an seinem Spiel erwärmten, von ihren Sockeln sprangen und sich in die moderne Unendlichkeit begaben, voller Hoffnung, mit blanken Augen. Ja, und wie es der Zufall will, auch der Mann und die Frau, um die es hier geht, betraten durch das Portal diese wunderbare, geheimnisumwitterte Welt. Sie sahen sich um und surften durch die verzerrten aber auch schönen Landschaften bis sie sich begegneten. Keiner weiß warum und wie es dazu kam. Es geschah einfach.

Sie verabredeten sich wieder und wieder und sie trafen sich, die Kälte um sie herum nicht mehr spürend, denn sie hatten sich unglaublich viel zu erzählen. Wo sie auch saßen, sie waren mit sich beschäftigt. Sie wollten ihr ganzes Leben voreinander ausbreiten, sie begehrten sich so von allem Schmerz, von allen Ungerechtigkeiten vergangener Zeiten zu befreien. Die furchtbare Kälte, die Dunkelheit, das Drehen der Räder der grellen Lebensjahrmärkte wurde nun gemeinsam durchlaufen, doch merkwürdigerweise schien alles nur noch halb so schlimm und was das

Erstaunlichste war, es verblasste zunehmend. Schließlich geschah das Wunder überhaupt. Die beiden entschlossen sich, das Portal in Richtung Wirklichkeit zu verlassen. Ein Risiko, denn die Welt ist so geblieben wie sie schon immer war, hart und unberechenbar und die Winter sind nicht minder kalt. Doch sie schritten nun unbeirrt eng nebeneinander, vertraut und hoffnungsvoll durch den Schnee und hatten sich immer noch sehr viel zu erzählen...und wenn sie nicht gestorben sind, dann reden sie noch heute miteinander, einfach über alles, was sie

bewegt. Nur so haben sie eine Chance und das wissen sie ganz genau. Der Saxophonspieler jedoch gibt immer noch sein Bestes. Dass er allen Menschen, den Weg zum Glück frei spielt, ist allerdings wirklich ein Märchen.

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Hörbuch

Über den Autor

Helgaschreibt
Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen.

Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen "Michel", den modernen Spießbürger, die großen Schlappen unserer Gesellschaft aufs Korn. Aber manchmal möchte ich auch poesievoll den Sinn des Lebens unterstreichen, allerdings immer den Boden der Tatsachen, stets lebensbejahend, im Auge behaltend. Ich liebe den Witz mit Geist und biete viel Hintergründiges an. Das Lachen über sich selbst aber auch über die allgegenwärtige Dummheit im Allgemeinen, scheint mir trotz aller schlimmen Erfahrungen immer geholfen zu haben, mich aus brenzligen Phasen oder Situationen zu bringen.

Ein intensives Nachdenken, Aufarbeiten mit einhergehendem Aufschreiben, und nicht zuletzt die eigene Malerei, sind meine Methoden mit dem Leben im positivsten Sinne umgehen zu können.

Falls sich jemand für meine Malerei interessiert, der besucht bitte meine kleine Online-Galerie. (im Augenblick noch in Beabeitung...die neusten Bilder fehlen..)

http://helga-siebecke.magix.net

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Willy Lovestory nicht von anderen Stern und wenn sie auch leicht märchenhaft daherkommt, ist es keins, (wie du uns verrätst). Man gönnt die dein Glück und dankt für die schöne Erzählung.
LG
Sweder
Vor langer Zeit - Antworten
Helgaschreibt Donnerwetter...so viele Leser und so schöne Kommentare! Das freut mich sehr. Dass Euch dieses "Märchen" gefallen hat, tut auch gut. Das Schönste ist aber, falls es jemand entdeckt hat, es läuft unter Autobiografisches. Mein Mann und ich wir kennen uns nunmehr 10 Jahre und wir haben uns genauso kennen gelernt....der Saxophonspieler wäre das Schmankerl, ein Aquarell von mir, um die Geschichte noch märchenhafter zu gestalten.
Ich danke Euch allen fürs Lesen.


LG Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Albatros99 Einen schönen, wenn auch gerade trüben Tag, Helga. Es freut mich, dass ich dich gefunden habe, da ich ganz und gar die gleichen Auffassungen teile. Vor allem stichel ich auch so gern. Dein Märchen ist erste Klasse, von Inhalt und Text. Ich schaue bald wieder vorbei. Liebe Grüße aus Niesky nach Berlin von Christine
Vor langer Zeit - Antworten
Gelixx Wie alle Märchen enthält auch dieses eine große Portion Wahrheit und eine Aussage.
Früher hat man sich mit den Nachbarn ausgetauscht, die Türen weit geöffnet, ich kenne Erzählungen aus meiner Kindheit. Die Kinder haben gemeinsam gespielt und die Erwachsenen geklönt. Die Zeiten sind lange vorbei. Es gab Tanz und es gab kein Internet. Die verzweifelte Suche nach Kontakten ist es oft. Wer im realen Leben mit wirklichen Menschen zu tun hat, der wird höchstens abends reinschauen und dann vermutlich weniger bei facebook und co. Foren sind oft Kampf, gerade die Buchforen, jeder kämpft um Anerkennung und merkt nicht wie albern das ist. Freundschaften sind wirklich selten, man kenn den Menschen nicht, selbst wenn man mal mit ihm gesprochen oder sogar gesehen hat. Das soll alles nicht negativ klingen, auch ich surfe herum und bin eine Suchende wie alle anderen auch. Aber ich sehe auch aus dem Fenster. Eine gute Geschichte Helga, die mir gefallen hat. Gruß in den Advent Geli
Vor langer Zeit - Antworten
Misspelled Hallo Helga,

wie sagt man so schön lieber später als nie. Das Märchen hat alles was ein Märchen haben sollte. Eine Prinzessin, die einen Prinz sucht. einen Prinzen der seine Prinzessin rettet vor der Einsamkeit. Was wollen wir mehr.

Gut geschriebenes modernes Märchen, das im Happ end endet. Glücklich bis ans Lebensende, wünsche ich den beiden.

Lg Miss
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Ein modernes Märchen mit einem wahren Gehalt.
Die Welt des Internets ist wirklich manchmal "geheimnisvoll", nicht bis ins Letzte durchschaubar, obwohl viele ja annehmen, sie könnten es.
Was bewegt die Menschen, gerade hier Wege aus der einsamkeit zu suchen? Warum scheint es in der realen Welt so viele hemmschwellen zu geben? Ist diese virtuelle Welt wirklich zunächst freundlicher, weniger hart? Ich denke, nein. Aber man muss sich nicht völlig öffnen, kann ein wenig anonym bleiben.
Hier in dem Märchen haben beide sehr rasch Vertrauen gefasst, animiert durch die Wärme, die der Saxophonspieler gespendet hat.
Ein Wunder, dass diese Wärme sich nicht verflüchtigt hat.
Ist es Zufall oder Schicksal, eine großartige Fügung, dass die beiden den Schritt in die Wirklichkeit nicht bereuen mussten?
Das ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass sie nicht aufgehört haben zu kommunizieren, miteinander gegangen sind, statt nebeneinander her.
Aber wer weiß das schon?
Es kann so geschehen, oft läuft es anders.

So bleibt deine sehr schön erzählte Geschichte ein Märchen mit - wie gesagt - möglicher Wahrheit.
Gefällt mir sehr gut, liebe Helga.

Liebe Grüße
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
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